OGH 7Ob10/91

OGH7Ob10/9118.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Sparkasse, *****, vertreten durch Dr.Utho Hosp und Dr.Wolfgang Weis, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei A*****aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang R.Gassner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 1,861.443 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 15.Jänner 1991, GZ 2 R 169/90-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22.März 1990, GZ 10 Cg 408/89-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben; die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit der Behauptung, die Disco Clinic Gaststätten GmbH habe ihr die Ansprüche auf Versicherungsleistung aus einer Feuerversicherung abgetreten, begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von S 1,861.443 samt 12 % Zinsen seit 4.11.1986. Unbestritten ist, daß die im Versicherungsvertrag als Versicherungsnehmerin genannte "Diskothek Clinic in G*****", am 1.9.1986 einen Brandschaden erlitten hat.

Im ersten Rechtsgang war strittig, ob zwischen der Disco Clinic Gaststätten GmbH und der Beklagten der Feuerversicherungsvertrag zustande gekommen ist. Dazu wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Die Disco Clinic Gaststätten GmbH wurde am 19.Jänner 1986 im Handelsregister des Landesgerichtes S***** eingetragen. Laut Gesellschaftsvertrag wurde die Gesellschaft von den Geschäftsführern Gerhard K***** und Robert H***** gemeinsam vertreten, wobei einzelne Geschäftsführer zur selbständigen Vertretung ermächtigt werden konnten. Unternehmensgegenstand war unter anderem die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsform einer Diskothek, insbesondere der Disco Clinic in G*****. Hinsichtlich dieses Betriebes wollte die Gesellschaft eine Feuerversicherung abschließen, wobei sie sich an Dieter M***** wandte, damit dieser einen entsprechenden Vertrag zustande bringe. Gerhard K***** übergab am 31.Juli 1986 Dieter M***** eine Vollmacht folgenden Inhaltes:

"Ich bevollmächtigte Herrn Dieter M*****, geboren....., wohnhaft...., die Discothek "Clinic", in *****, gegen die Risken Feuer, FBU, ED, LW + HP zu versichern. Er darf daher rechtsverbindliche Erklärungen abgeben und Versicherungsanträge im Vollmachtsnamen unterzeichnen."

Bei seinen Verhandlungen mit der Beklagten wies Dieter M***** diese Vollmacht vor. Der an die Beklagte gerichtete Antrag auf Abschluß des Versicherungsvertrages wurde nach den Angaben des Dieter M***** ausgefüllt und von diesem nach Durchsicht unterschrieben. Im Antrag vom 31.7.1986 scheint als Versicherungsnehmer die "Disco Clinic, *****, auf. Auf die Frage des Vertreters der Beklagten gab M***** an, daß die Versicherung auf "Disco Clinic" lauten solle. Von einer Gesellschaft mbH war keine Rede. Der Antrag auf Abschluß des Versicherungsvertrages bezog sich auf die unter der angeführten Adresse betriebene Diskothek.

In Entsprechung des Antrages vom 31.7.1986, stellte die Beklagte die Polizze vom 5.August 1986 aus, in der als Versicherungsnehmer "Diskothek Clinic, *****", aufscheint. An diese Anschrift wurde von der Beklagten die Polizze zugestellt.

Zwischen Robert H***** und Gerhard K***** war die Vorgangsweise hinsichtlich der Neuversicherung des Diskothekenbetriebes vor Ausstellung der Vollmacht an Dieter M***** abgesprochen worden.

In seinem einen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes bestätigenden Beschluß 7 Ob 33/89 (= JBl 1990, 519) führte der Oberste Gerichtshof dazu in rechtlicher Hinsicht aus, daß bei erkennbarem Abschluß in fremdem Namen in jenen Fällen, in denen nur ein Unternehmen genannt wird, dessen Bezeichnung keinesfalls die einer physischen oder juristischen Person sein kann, der Inhaber des Unternehmens als Vertragspartner gilt, es sei denn, der Erklärungsempfänger lege unzweifelhaft dar, daß er über die mögliche Person des Vertragspartners in Irrtum geführt worden sei und daß dieser Irrtum für seinen Geschäftsabschluß wesentlich war. Eine Erklärung, die einen für den Erklärungsempfänger wesentlichen Zweifel über den Vertragspartner zuließ, sei im vorliegenden Fall aber nicht zu ersehen.

Im fortgesetzten Verfahren trug die Klägerin ergänzend vor, daß die Abtretung der Forderung durch die Disco Clinic Gaststätten GmbH aus dem Versicherungsvertrag der Abdeckung des ursprünglich von beiden Gesellschaftern aufgenommenen Kredits gedient habe. Dieser Kredit sei zur Anschaffung des Betriebsvermögens der Disco Clinic Gaststätten GmbH verwendet worden.

Die Beklagte bestritt die Zession der Forderung aus dem Feuerversicherungsvertrag mit der Behauptung, daß nicht die GmbH sondern Gerhard K***** und Robert H***** die Vertragspartner der Klägerin gewesen seien und anläßlich der Zession von einer GmbH nicht die Rede gewesen sei.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht die Klage neuerlich ab. Dabei traf es folgende ergänzende Feststellungen:

Gerhard K***** und Robert H***** traten gegenüber der Klägerin zur Erlangung der für den Betrieb "Discothek Clinic" erforderlichen Mittel als Kreditnehmer auf. Nach der Gründung der GmbH kam es zu keiner Veränderung dieses Kreditverhältnisses, doch wurde das Kreditkonto auf die Firma der Gesellschaft geändert.

Am 8.9.1986 richtete die Klägerin ein Vinkulierungsansuchen an die Beklagte. Mit Schreiben vom 18.9.1986 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß am 1.9.1986 ein Schaden eingetreten ist und der Versicherungsvertrag vermutlich wegen Risikowegfalles beendet werde; im übrigen fehle die für eine Vinkulierung erforderliche Zustimmung der Versicherungsnehmer. Am 23.9.1986 teilten Gerhard K***** und Robert H***** der Klägerin schriftlich mit, daß sie der Vinkulierung der Versicherung zugunsten der Klägerin zustimmen; im Kopf dieses Schreibens ist die "Clinic-Gaststätten GmbH" angeführt. Am 23.9.1986 unterfertigten Gerhard K***** und Robert H***** den auf das Schreiben der Beklagten vom 18.9.1986 gesetzten Vermerk folgenden Inhalts:

"Schreiben gesehen - und treten außerdem auch die komplette Schadenssumme (laut Schaden vom 1.9.1986) an die S***** Sparkasse ***** ab".

Anläßlich dieser Abtretung wurde die Disco Clinic Gaststätten GmbH nicht erwähnt. Die Klägerin ging dabei davon aus, daß eine gegenüber der Beklagten bestehende Forderung des Gerhard K***** und des Robert H***** abgetreten werde.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht aus diesem Sachverhalt, daß die - allein aus dem Versicherungsvertrag berechtigte - Disco Clinic Gaststätten GmbH nicht die Partnerin des mit der Klägerin geschlossenen Zessionsvertrages gewesen sei. Selbst wenn die handelnden Personen dabei die Absicht gehabt hätten, als Geschäftsführer der GmbH aufzutreten, wäre eine Abtretung einer Forderung der GmbH nicht bewirkt worden, weil im Zweifel ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen sei. Ein Handeln der Genannten für die Gesellschaft sei für die Klägerin nicht erkennbar gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und trat auch dessen rechtlicher Beurteilung bei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der zum "unternehmensbezogenen Rechtsgeschäft" ergangenen Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Wegen des das Stellvertretungsrecht beherrschenden Offenlegungsgrundsatzes kann die Wirkung der direkten Stellvertretung nicht eintreten, wenn der Wille des Handelnden, in fremdem Namen zu handeln, für den anderen Teil nicht eindeutig erkennbar war (EvBl 1979/12; JBl 1980, 535; EvBl 1981/168; SZ 53/138; SZ 55/35; EvBl 1987/202). Einer Offenlegung der Stellvertretung bedarf es nur dann nicht, wenn der Geschäftspartner ohne weiteres oder doch aus den besonderen Umständen erkennen kann, daß der Vertreter nicht im eigenen Namen handeln will. Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat (SZ 57/198; JBl 1989, 39; vgl auch JBl 1990, 519), trifft das nicht nur auf das offene oder das verdeckte (echte) Geschäft für den, den es angeht, sondern auch auf das "unternehmensbezogene Geschäft" zu, sofern der Vertragspartner auch mit dem Unternehmensträger kontrahiert hätte; ein unternehmensbezogenes Geschäft ist anzunehmen, wenn der Handelnde offenkundig im Namen eines bestimmten Unternehmens abschließt und damit den jeweiligen Unternehmensträger berechtigt und verpflichtet. Ist der Handelnde selbst Rechtsträger des Unternehmens, kontrahiert er im eigenen Namen, sonst hingegen schließt er im Namen des jeweiligen Unternehmensträgers ab.

Beim Abschluß des vorliegenden Abtretungsvertrages war den Beteiligten noch gar nicht klar, wer im Rahmen des Versicherungsvertrages der Vertragspartner der Beklagten ist. Es sollte nur die Forderung des Versicherten zur Hereinbringung der Kreditforderung der Klägerin abgetreten werden. Die Interessenlage entsprach hier einem "unternehmensbezogenen Geschäft". Abtretender sollte der Unternehmer sein, der das versicherte Unternehmen betreibt, also den Versicherungsschutz aus dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag genießt. Da das hier eindeutig die Disco Clinic Gaststätten GmbH war, ist auch der Abtretungsvertrag zwischen dieser und der Klägerin zustande gekommen. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin den Abtretungsvertrag gerade nicht mit der versicherten GmbH hätte schließen wollen, bietet der vorliegende Sachverhalt nicht. Daraus, daß die GmbH bei Abschluß des Abtretungsvertrages nicht genannt wurde und die Klägerin davon ausging, eine Forderung der handelnden physischen Personen zu erwerben, kann nicht abgeleitet werden, daß es die Klägerin abgelehnt hätte, mit der GmbH zu kontrahieren. Damit steht aber auch der festgestellte Sachverhalt nicht, wie das Berufungsgericht meint, dieser Zuordnung des Abtretungsvertrages entgegen.

Die Sachlegitimation der Klägerin darf daher nicht damit verneint werden, daß sie den Abtretungsvertrag nicht mit der aus dem Versicherungsvertrag berechtigten Person geschlossen habe. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die weiteren Anspruchsgrundlagen und die dagegen erhobenen Einwendungen zu prüfen haben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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