OGH 7Ob33/89

OGH7Ob33/8919.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** S***, Salzburg, Alter Markt 3, vertreten durch Dr. Utho Hosp und Dr. Wolfgang Weis, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei A*** E*** Versicherung AG, Wien 1., Bösendorferstraße 13, vertreten durch Dr. Wolfgang R. Gassner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 1,861.443,- S s.A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 16. Mai 1989, GZ 2 R 339/88-19, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 8. September 1988, GZ 10 Cg 393/87-11, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit der Behauptung einer Abtretung der Forderung der Disco C*** Gaststätten GesmbH auf Versicherungsleistung an sie begehrt die Klägerin von der Beklagten aus einer Feuerversicherung 1,861.443 S s.A. Unbestritten ist, daß die im Versicherungsvertrag genannte "Diskothek C*** in Golling, Markt 111", am 1. September 1986 einen Brandschaden erlitten hat.

Strittig ist im derzeitigen Verfahrensstadium nur, ob zwischen der Beklagten und der Disco C*** Gaststätten GesmbH ein Versicherungsvertrag zustande gekommen ist. Diese Frage wurde vom Erstgericht, das das Klagebegehren mangels Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen hat, verneint, wobei das Erstgericht von folgenden wesentlichen Feststellungen ausging:

Die Disco C*** Gaststätten GesmbH wurde am 19. Jänner 1986 im Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg eingetragen. Laut Gesellschaftsvertrag wurde die Gesellschaft von den Geschäftsführern Gerhard K*** und Robert H*** gemeinsam vertreten, wobei einzelne Geschäftsführer zur selbständigen Vertretung ermächtigt werden konnten. Unternehmensgegenstand war unter anderem die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsform einer Diskothek, insbesondere der Disco C*** in Golling. Hinsichtlich dieses Betriebes wollte die Gesellschaft eine Feuerversicherung abschließen, wobei sie sich an Dieter M*** wandte, damit dieser einen entsprechenden Vertrag zustande bringe. Gerhard K*** übergab am 31. Juli 1986 Dieter M*** eine Vollmacht folgenden Inhaltes:

"Ich bevollmächtige Herrn Dieter M***, geboren ...., wohnhaft ...., die Discothek "C***", in 5440 Golling, Markt 111, gegen die Risken Feuer, FBU, ED, LW + HP zu versichern. Er darf daher rechtsverbindliche Erklärungen abgeben und Versicherungsanträge im Vollmachtsnamen unterzeichnen."

Gerhard K*** unterfertigte diese Vollmacht, wobei über seiner Unterschrift "Gerhard K***, Geschäftsführer" stand. Bei seinen Verhandlungen mit der Beklagten wies Dieter M*** die erwähnte Vollmacht vor. Der an die Beklagte gerichtete Antrag auf Abschluß des Versicherungsvertrages wurde nach den Angaben des Dieter M*** ausgefüllt und von diesem nach Durchsicht unterschrieben. Im Antrag vom 31. Juli 1986 scheint als Versicherungsnehmer "Disco C***, 5440 Golling, Markt 111", auf. Auf die Frage des Vertreters der Beklagten gab M*** an, daß die Versicherung auf "Disco C***" lauten solle. Von einer Gesellschaft mbH war keine Rede. Der Antrag auf Abschluß des Versicherungsvertrages bezog sich auf die unter der angeführten Andresse betriebene Diskothek.

In Entsprechung des Antrages vom 31. Juli 1986, stellte die Beklagte die Polizze vom 5. August 1986 aus, in der als Versicherungsnehmer "Diskothek C***, 5440 Golling, Markt 111", aufscheint. An diese Anschrift wurde von der Beklagten die Polizze zugestellt, wobei auf die Zusendung keine Reaktion erfolgte. Zwischen Robert H*** und Gerhard K*** war die Vorgangsweise hinsichtlich der Neuversicherung des Diskothekenbetriebes vor Ausstellung der Vollmacht an Dieter M*** abgesprochen worden.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, mangels Offenlegung sei mit der Gesellschaft mbH kein Versicherungsvertrag zustande gekommen. Demnach sei die Klägerin, die sich nur auf eine Abtretung seitens der Gesellschaft mbH berufe, aktiv nicht legitimiert. Das Berufungsgericht hat die erstgerichtliche Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und hiebei in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen ausgeführt, M*** sei nicht im eigenen Namen, sondern offenkundig im Namen des Betreibers der "Diskothek C***" aufgetreten. Trete jemand im Namen "eines Unternehmens" auf, so verpflichte und berechtige er den jeweiligen Unternehmensträger. Dies wäre die Gesellschaft mbH gewesen. Nur wenn es die Beklagte aus bestimmten, von ihr plausibel zu machenden Gründen abgelehnt hätte, mit einer Gesellschaft mbH zu kontrahieren und sich daher durch die unvollständige Benennung ihres Vertragspartners durch M*** in bestimmten Erwartungen und das Versicherungsverhältnis betreffenden wesentlichen Vorstellungen getäuscht gesehen hätte, käme dem Umstand, daß M*** nichts von einer Gesellschaft mbH erwähnt hat, Bedeutung zu. Diese Frage müsse demnach noch erörtert werden. Vorerst wäre jedoch zu klären, ob überhaupt eine Zession an die Klägerin rechtswirksam zustande gekommen sei. Die von der Beklagten bestrittene Aktivlegitimation der Klägerin liege nur dann vor, wenn diese beweisen könne, daß ihr die von der Disco C*** Gaststätten Gesellschaft mbH behauptete Forderung aus dem Versicherungsvertrag abgetreten worden sei. Eine solche rechtswirksame Abtretung setze die Bestimmtheit der abgetretenen Forderung, einen Rechtsgrund für die Abtretung und deren Annahme voraus. Auch diese Frage sei bisher nicht erörtert worden. Schließlich müsse im Falle der Bejahung der Aktivlegitimation der Klägerin auf die Behauptung von Vorpfandrechten eingegangen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist nicht berechtigt. Die Beklagte beruft sich auch in ihrem nunmehrigen Rechtsmittel wieder darauf, daß Dieter M*** durch sein Vorgehen den Grundsatz der Offenlegungspflicht hinsichtlich der ihm erteilten Vollmacht verletzt habe. Jedoch kann aus der von der Beklagten zitierten Literatur und Judikatur nicht die behauptete rechtliche Konsequenz in dieser Schärfe abgeleitet werden. Die zitierte Judikatur bezieht sich durchwegs auf die im Rekurs genannte Literatur. Die diesbezüglichen Entscheidungen hatten immer den Fall zum Gegenstand, daß unklar war, ob der Kontrahent im eigenen Namen oder im Namen eines von ihm Vertretenen einschreiten wollte oder nicht. Es stand also immer die Alternative der Verpflichtung oder Berechtigung entweder des Vertretenen oder des Vertreters zur Diskussion. Dagegen hatten diese Entscheidungen nicht einen dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt zum Gegenstand, nämlich die Frage, wen der Vertreter vertreten hat. Sämtliche Entscheidungen verweisen auf die Vertrauenstheorie, derzufolge Erklärungen so zu verstehen sind, wie sie der Erklärungsempfänger verstehen mußte. Es wurde demnach keinesfalls der Rechtssatz aufgestellt, daß in jedem Fall der Vertreter im eigenen Namen zu haften habe, wenn er den Vertretenen nicht nennt. Wenn nämlich der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH in der dem Erwerber bekannten oder doch erkennbaren Absicht, eine Gesellschaft zu vertreten, mit seinem bürgerlichen Vor- und Zunamen ohne Hinweis auf seine vertretungsrechtliche Stellung zeichnet, so ist nur die vertretene Gesellschaft verpflichtet (SZ 55/35). Überhaupt wird der Vertretene immer dann verpflichtet werden, wenn dies dem Erklärungsempfänger aus den Umständen ohne weiteres erkennbar ist (EvBl. 1987/202, EvBl. 1979/12 ua.). Da im vorliegenden Fall Dieter M*** eindeutig als Vertreter eines Dritten aufgetreten ist, kann er nach den aufgezeigten Grundsätzen nicht als Vertragspartner in Frage kommen. Es war daher nur mehr zu klären, wer der Vertragspartner der Beklagten ist.

Geht man von der oben erwähnten Vertrauenstheorie aus, so ist zu prüfen, wie die Beklagte bei Abschluß des Vertrages im Hinblick auf die vorangegangenen Umstände die Erklärung Dieter M*** in Beziehung auf ihren Vertragspartner verstehen mußte. Richtig ist, daß eine Gesellschaft mbH nicht genannt wurde. Als Vertragspartner wurde der Beklagten eine "Diskothek C***" genannt. Eine derartige Bezeichnung kann unmöglich eine physische Person benennen. Es handelt sich hiebei auch nicht um eine nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässige Firma. Vielmehr ist klar erkennbar, daß damit nur ein in einem bestimmten Lokal betriebenes Unternehmen gemeint sein konnte. Der Beklagten mußte also klar sein, daß Versicherungsnehmer eine nicht genannte Person, sei es eine physische, sei es eine juristische, war. Der Unterfertiger der Vollmacht Gerhard K*** schied als Vertragspartner infolge seiner in der Vollmacht genannten Funktion als "Geschäftsführer" aus. Dieser Zusatz legte die Vermutung nahe, daß eine Gesellschaft Vertragspartner sein sollte. Es wäre der Beklagten freigestanden, sich nach der Identität ihres Vertragspartners zu erkundigen. Da sie dies unterlassen hat, muß davon ausgegangen werden, daß ihr diese Person gleichgültig war. Geht man von der Vertrauenstheorie aus, so hat also die Beklagte den Willen gehabt, jene Person als Versicherungsnehmer zu akzeptieren, die das von ihr versicherte Unternehmen betreibt. Diese Überlegungen haben auch zu der in der Bundesrepublik Deutschland herrschenden Rechtsansicht geführt, daß, wer als Dritter "mit einem Unternehmen" kontrahiert, im Zweifel mit dem Unternehmensträger in Vertragsbeziehung treten will, auch wenn er dessen genaue Identität nicht kennt (Schmidt, Handelsrecht3 112, Soergel, BGB I Rz 32 vor § 164, Pallandt, BGB48 157 und die jeweils zitierte Judikatur des Bundesgerichtshofes, etwa BGHZ 62, 216 ff.). In Österreich hat sich Peter Bydlinski in der vom Berufungsgericht zitierten Kritik an der Entscheidung JBl. 1983, 97 (P. Bydlinski JBl. 1983, 99) der in der Bundesrepublik Deutschland vertretenen Rechtsansicht angeschlossen. Hiebei richtet sich die Kritik an der Entscheidung nicht so sehr gegen die dort enthaltenen Rechtssätze sondern dagegen, daß der Sachverhalt nicht entsprechend gewertet worden sei. Wie bereits oben dargelegt, entspricht die in der Bundesrepublik Deutschland vertretene Rechtsansicht auch dem Grundsatz, daß Willenserklärungen nach der Vertrauenstheorie zu beurteilen sind. Es ist demnach Peter Bydlinski dahin beizupflichten, daß bei erkennbarem Abschluß in fremdem Namen in jenen Fällen, in denen nur ein Unternehmen genannt wird, dessen Bezeichnung keinesfalls die einer physischen oder juristischen Person sein kann, der Inhaber des Unternehmens als Vertragspartner gilt. Von diesem Grundsatz wird man nur dann eine Ausnahme machen können, wenn der Gegner unzweifelhaft dartut, daß er über die mögliche Person des Vertragspartners in Irrtum geführt worden sei und daß dieser Irrtum für seinen Geschäftsabschluß wesentlich war. Durch die aufgezeigten Erwägungen werden die Grundsätze des Vertretungsrechtes nicht berührt. Natürlich muß bei unrichtiger Deklaration der gutgläubige Erklärungsempfänger geschützt werden. Im Zweifelsfall wird daher die unrichtige Bezeichnung des in Betracht kommenden Vertragspartners zu Ungunsten des Erklärenden auszulegen sein. Im vorliegenden Fall lag aber keine Erklärung vor, die einen für den Erklärungsempfänger wesentlichen Zweifel über den Vertragspartner zuließ. Ob ein solcher Zweifel gerechtfertigt ist, muß nämlich ebenfalls im Weg der Auslegung gelöst werden. Daß aber für eine solche Auslegung die Grundsätze der Vertrauenstheorie zu beachten sind, wurde bereits oben dargetan.

Die angefochtene Entscheidung erweist sich sohin als richtig. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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