OGH 3Ob19/91

OGH3Ob19/9110.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Z***** Aktiengesellschaft *****, vertreten durch Dr. Harry Zamponi ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die verpflichtete Partei Dr. Maximilian G*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H***** Gesellschaft m.b.H. & Co zu S 31/84 des Kreisgerichtes Wels, wegen S 191.047,64 sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 23. Jänner 1991, GZ R 64/91-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 14. Dezember 1990, GZ 10 E 5913/90-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Geldforderung an Prozeß- und Exekutionskosten bewilligte das Erstgericht der betreibenden Bank am 9. November 1990 gegen den verpflichteten Masseverwalter die Forderungsexekution durch Pfändung und Überweisung der Ansprüche aus drei Kontoverträge bei einer anderen Kreditunternehmung.

Der Masseverwalter verband seine am 13. Dezember 1990 erhobene Klage auf Unzulässigerklärung dieser Exekutionsführung mit einem Aufschiebungsantrag. Die auf den Konten angelegten Gelder müßten erst den beiden Konkursmassen zu S 31/84 und zu S 37/84 des Kreisgerichtes Wels zugeordnet werden. Solange diese durch Sachverständige zu ermittelnde Auseinandersetzung ausstehe, komme mangels liquider Mittel eine Befriedigung der Massegläubiger nicht in Betracht.

Das Erstgericht wies den Aufschiebungsantrag ab. Die schon wirksame Forderungspfändung werde bei einer Aufschiebung nicht aufgehoben. Der Masseverwalter könne im Umfang der Pfändung über die Konten daher ohnedies nicht verfügen. Die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles der Konkursmasse bestehe nicht, weil ein Rückstellungsanspruch gegen die betreibende Bank voraussichtlich nicht uneinbringlich sein werde.

Das Rekursgericht schob die Forderungsexekution bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreites auf und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Unzulässigkeit der Masse sei mit Klage nach § 36 Abs 1 Z 1 EO geltend zu machen. Da der Masseverwalter nach § 47 Abs 2 KO fällige Masseforderungen sogleich und bei Unzulänglichkeit der Masse verhältnismäßig zu befriedigen habe, aber geleistete Zahlungen nicht zurückfordern könne, sei der durch Ungleichbehandlung der Massegläubiger drohende unersetzliche Vermögensnachteil dargetan. Die Befriedigung der betreibenden Partei werde durch die Exekutionsaufschiebung nicht gefährdet, weil nur die Ausführung der Überweisung der gepfändeten Forderung zunächst unterbleibe.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Aufschiebung der Exekution kann auf Antrag ua bewilligt werden, wenn eine der in den §§ 35, 36 oder 37 EO erwähnten Klagen erhoben wird (§ 42 Abs 1 Z 5 EO) und die Exekution nicht fortgesetzt werden kann, ohne daß dem Aufschiebungswerber die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles droht; dieser Umstand ist bei einer Forderungsexekution im allgemeinen nicht offenkundig und muß daher vom Aufschiebungswerber behauptet und bescheinigt werden (Heller-Berger-Stix 547; EFSlg 32.167; EFSlg 44.179; EFSlg 57.906 ua). Anders ist dies im Fall des Zugriffes auf die Konkursmasse. Masseforderungen können jederzeit ohne Rücksicht auf den Stand des Konkursverfahrens geltend gemacht und gegen den Masseverwalter auch exekutiv eingetrieben werden (RdW 1990, 16), doch verpflichtet § 47 Abs 2 KO den Masseverwalter, die Befriedigung der Massegläubiger in den drei Gruppen nacheinander und, wenn die Masse zur Bezahlung aller Masseforderungen nicht ausreicht, innerhalb der gleichen Gruppe nur quotenmäßig vorzunehmen (Heil, Insolvenzrecht, Rz 92). Er kann aber (nach dem Schlußsatz der Bestimmung) entgegen dieser Anordnung geleistete Zahlungen nicht zurückfordern. Aus § 47 Abs 2 KO ist keine Beschränkung des materiellen Anspruches, sondern nur ein Vollstreckungshindernis abzuleiten, so daß bei Ausbleiben der Zahlung zwar Exekution zur Hereinbringung einer Masseforderung bewilligt werden, der Masseverwalter aber mit Impugnationsklage geltend machen kann, daß die Masse zur (vollständigen) Befriedigung nicht zureicht (SZ 56/148; SZ 60/201 ua). Der Grundsatz des § 124 Abs 1 KO, daß die Massegläubiger ohne Rücksicht auf den Stand des Verfahrens zu befriedigen sind, sobald ihre Ansprüche feststehen und fällig sind, läßt sich nur verwirklichen, wenn genügend Massevermögen vorhanden ist, um alle diese Masseforderungen zu berücksichtigen. Für den Fall, daß die Masse nicht für alle gleichzeitig befriedigungsberechtigten Forderungen zureicht, hat es zu einer gegenseitigen Einengung des Zugriffsrechtes zu kommen (Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 536; SZ 56/148 ua). Da nach § 47 Abs 2 KO geleistete Zahlungen nicht zurückgefordert werden können und insoweit eine Ausnahme vom Grundsatz der rang- oder verhältnismäßigen Befriedigung der Massegläubiger besteht, muß vermieden werden, daß ein Massegläubiger Zahlung erhält, obwohl diese vom Masseverwalter nach § 47 Abs 2 KO nicht oder nur gekürzt zu leisten wäre, weil nach dem Stand der Masse nicht alle Masseforderungen vollständig befriedigt werden können. Insoweit besteht hier wegen des Verbotes der Rückforderung entgegen § 47 Abs 2 KO erlangter Zahlungen schon nach der Rechtslage zumindest Gefahr, daß der Konkursmasse als gemeinsamem Befriedigungsfonds aller Masse- und Konkursgläubiger ein unersetzlicher Vermögensnachteil droht und andere Massegläubiger in ihren Ansprüchen gesetzwidrig verkürzt werden könnten. Diese Gefahr ist offenkundig und bedarf keiner Behauptung und Bescheinigung durch den um Aufschiebung einkommenden Masseverwalter. Würde (mit dem Hinweis auf die Rückforderbarkeit) die Exekutionsaufschiebung verweigert, so käme es im Falle der exekutiven Hereinbringung von Masseforderungen zu dem unerwünschten Ergebnis, daß in dem Wettlauf der Massegläubiger jener einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil erlangt, der rascher Zahlung erlangt, obwohl die Masse unzureichend ist.

Da die erhobene Klage nach § 36 EO nach ihrem Vorbringen nicht von vorneherein als wahrscheinlich aussichtslos zu beurteilen ist, weil es dem Masseverwalter zusteht, die Unzulänglichkeit der Konkursmasse nachzuweisen - daneben behauptet er auch, daß Gelder, auf die mittels der Forderungsexekution gegriffen wurde, gar nicht in diese, sondern in eine andere Konkursmasse gehören und es erst der Aufteilung der auf den Anderkonten angelegten Gelder auf die beiden von ihm vertretenen Konkursmassen bedarf -, liegen alle Voraussetzungen für die vom Rekursgericht verfügte Exekutionsaufschiebung vor. Es bleibt die Pfändung zunächst aufrecht, doch kommt es nicht zur Zahlung an die betreibende Partei (Heller-Berger-Stix 547; SZ 24/3 ua), so daß auch keine Sicherheitsleistung des Antragstellers zu fordern ist. Die Drittschuldnerin hat überdies inzwischen den von der betreibenden Partei in Exekution gezogenen Betrag nach § 1425 ABGB bei Gericht hinterlegt.

Soweit die Revisionsrekurswerberin ausführt, es dürfe bei der Befriedigung der Gläubiger feststehender und fälliger Masseforderungen nicht auf künftig erwartete Sachverständigenkosten oder weitere Masseforderungen Rücksicht genommen werden, verkennt sie, daß bei der Entscheidung über den Aufschiebungsantrag nur nach den Behauptungen in der Impugnationsklage und der Aktenlage eine Prüfung der Erfolgsaussichten vorzunehmen, nicht aber dem Prozeßergebnis vorzugreifen ist (MietSlg 30.813; RdW 1986, 113). Der zur Abwehr von Exekutionsschritten, denen das Vollstreckungshindernis der Unzulänglichkeit der Masse entgegensteht, allein berufene Masseverwalter, der selbst auf die Interessen aller Massegläubiger Rücksicht zu nehmen hat, hat in der Klage, soweit sie auf § 36 EO und nicht darauf gestützt ist, daß auf Gelder der anderen Konkursmasse gegriffen wird, die Unzulänglichkeit der Masse geltend gemacht und behauptet, die nach § 124 Abs 1 KO zu befriedigenden Ansprüche der Massegläubiger in den beiden Konkursen (S 31/84 und S 37/84 des Kreisgerichtes Wels) lägen weit über den vorhandenen - erst aufzuteilenden - Massemitteln. Er hat die Klage nicht darauf gestützt, daß die Unzulänglichkeit der Masse erst durch die künftig auflaufenden Sachverständigenkosten, die dann allerdings nach § 47 Abs 2 KO als Verfahrenskosten nach § 46 Abs 1 Z 1 KO anzusehen sein werden, eintrete, sondern nur seinen Aufschiebungsantrag damit begründet, daß ohne diese Aufschiebung die Fortsetzung des mit Sachverständigenkosten verbundenen Verfahrens zur Auseinandersetzung der Massen der beiden im Konkurs befindlichen Gesellschaften vereitelt würde. Ob das tatsächliche Vorbringen des Masseverwalters zutrifft, wird erst im Prozeß zu klären sein.

Die Bewilligung der Exekutionsaufschiebung erfolgte daher in dem besonderen Fall des Ausschlusses der Rückforderung empfangener Zahlungen vom Massegläubiger, der hier offenkundig ist, ohne Rechtsirrtum. Daß der Grundsatz des § 47 Abs 2 KO auf exekutiv durchgesetzte Zahlungen jedenfalls unanwendbar wäre und nur gelte, wenn der Masseverwalter freiwillig Zahlung leistete, kann dem Gesetz nicht mit Sicherheit entnommen werden, weil mit dem Ausschluß des Rückforderungsanspruches erkennbar jede spätere Beseitigung der erlangten Befriedigung eines Massegläubigers aus dem Grund, daß sich die Unzulänglichkeit der Masse herausstellt, verhindert wird. Ist strittig, ob die unbeschränkte Einzelverfolgung zugunsten der Gleichbehandlung der Massegläubiger zurückzutreten hat, so muß der Masseverwalter auch erreichen können, daß es im Rahmen einer noch nicht durch Zahlung beendeten Exekutionsführung zur Befriedigung des einzelnen Massegläubigers kommt, bevor Klärung im Prozeß erfolgt.

Die Entscheidung über die Revisionsrekurskosten beruht auf § 78 EO und den §§ 40 und 50 ZPO.

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