OGH 14Os27/91

OGH14Os27/919.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1991 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Winge als Schriftführer, in der Strafsache gegen Erika G***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 15.Mai 1990, AZ 11 Bl 37/90, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, der Verurteilten Erika G***** und des Verteidigers Dr. Reif-Breitwieser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 15.Mai 1990, AZ 11 Bl 37/90 (GZ U 95/89-28 des Bezirksgerichtes Horn) verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 369 StPO, soweit damit in Stattgebung der Berufung des Privatbeteiligten Gernot G***** diesem ein Betrag von 30.000 S zugesprochen wurde.

Das angefochtene Urteil wird in diesem Ausspruch aufgehoben und insoweit gemäß § 292 StPO erkannt:

Der Berufung des Privatbeteiligten Gernot G***** wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Horn vom 2.Februar 1990, GZ U 95/19, wurde die Lehrerin Erika G***** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 (erster Fall) StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Privatbeteiligte Gernot G***** wurde mit seinem Schmerzengeldanspruch gemäß § 366 Abs. 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Nach den insofern nur kursorischen Urteilsfeststellungen handelte es sich bei der zum Unfall führenden Fahrt um einen Schulausflug, den die Angeklagte mit ihrem PKW gemeinsam mit einer Lehrerkollegin und mit drei im Fond des Fahrzeuges sitzenden Schülern, darunter auch G*****, unternahm. Daß es sich um einen Schulausflug gehandelt hat, erwähnte die Beschuldigte schon anläßlich ihrer Verantwortung vor der Gendarmerie und weist darauf auch ein im Akt erliegendes Schreiben des Heimdirektors an den Bezirksschulinspektor hin.

Das Kreisgericht Krems an der Donau als Berufungsgericht gab mit Urteil vom 15.Mai 1990, AZ 11 Bl 37/90 (ON 28), der Berufung des Privatbeteiligten G***** Folge und verurteilte die Angeklagte gemäß §§ 366 Abs. 2, 369 StPO, diesem Privatbeteiligten aus dem Titel Schmerzengeldanspruch den Betrag von 30.000 S zu ersetzen. Die einen Haftungsausschluß geltend machenden Einwände der Angeklagten in ihrer Gegenausführung zur Berufung des Privatbeteiligten überging das Berufungsgericht mit Stillschweigen und führte zur Begründung des Zuspruchs bloß aus, daß das zuerkannte (Teil-)Schmerzengeld schon durch das Sachverständigengutachten begründet sei.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 369 StPO: Gemäß § 1 Abs. 1 AHG haftet das Organ eines der dort genannten Rechtsträger dem Geschädigten nicht für Schäden am Vermögen oder an der Person, die es ihm in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten schuldhaft zugefügt hat. Die Haftung für derartige Schäden trifft vielmehr den Rechtsträger selbst, dem allenfalls ein Regreßanspruch gegenüber dem Organ zusteht (§ 3 Abs. 1 AHG). Der Lehrer ist in Erfüllung seiner Aufgaben nach dem SchulunterrichtsG, wozu auch die Beaufsichtigung der Schüler bei Schulveranstaltungen gehört, als Organ im Sinn des § 1 AHG tätig (EvBl. 1978/101). Damit ist die persönliche Haftung des Lehrers gegenüber dem geschädigten Schüler grundsätzlich ausgeschlossen (SSt. 41/77). Daran ändert auch der Umstand nichts, daß im vorliegenden Fall die Beförderung der Schüler im eigenen PKW der Lehrerin erfolgte. Das Berufungsgericht hätte daher einen Privatbeteiligtenzuspruch an den Schüler nur dann fällen dürfen, wenn diese Voraussetzungen des § 1 AHG nicht vorgelegen wären. Da dies aber vom Berufungsgericht unbeachtet blieb, war die aufgezeigte Gesetzesverletzung gegeben.

Der die Verurteilte benachteiligende Zuspruch im Adhäsionsverfahren war aufzuheben und die erstgerichtliche Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg wieder herzustellen.

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