Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 38 Jahre alte Johann N***** des Vergehens des versuchten schweren Diebstahls nach §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er im gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verurteilten Wolfgang O***** am 18.Jänner 1990 in Dornbirn in der Oberdorfer Kirche, mithin in einem der Religionsausübung dienenden Raum, "dem dortigen Verfügungsberechtigten" fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert, wegzunehmen versucht.
Der vom Angeklagten gegen dieses Urteil erhobenen, auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.
In der Hauptverhandlung am 5.November 1990 beantragte der Beschwerdeführer die Einholung einer Strafregisterauskunft hinsichtlich des Zeugen Wilhelm H***** sowie Abfrage des Bundeskriminalamtes Wiesbaden über Straftaten des Genannten, weiters die Einholung des Aktes Vr 473/90 des Landesgerichtes Feldkirch und der sich daraus ergebenden Akten zum Beweis dafür, daß der Zeuge H***** "in mehreren Verfahren Unwahrheiten zu verantworten und von sich gegeben hat", sowie die Einvernahme des Mesners Johann K***** als Zeugen zum Beweis dafür, daß die Pfarre Dornbirn-Oberdorf oftmals von Opferstockdieben heimgesucht wird und auch in der letzten Woche wieder ein neuerlicher Einbruch "in der Türe der Pfarre" stattgefunden hat und daß bei Kenntnis dieses Umstandes es möglich und verständlich sei, daß ohne weiteres zwei Täter mit gleicher Vorgangsweise zusammentreffen (S 215). Das Schöffengericht wies diese Anträge mit der Begründung ab, daß das Vorleben des Zeugen H***** nichts über dessen Glaubwürdigkeit aussage und amtsbekannt sei, daß die Kirche in Dornbirn-Oberdorf öfter von Opferstockdieben heimgesucht wird (S 215).
Durch die Ablehnung dieser Beweisanträge erachtet sich der Nichtigkeitswerber in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt (Z 4); dies jedoch zu Unrecht.
Dem Erstgericht ist darin beizupflichten, daß weder aus den Strafregistereintragungen über den Zeugen H***** noch aus Aufzeichnungen des Bundeskriminalamtes Wiesbaden über dessen Straftaten und dem Inhalt des Aktes Vr 473/90 des Landesgerichtes Feldkirch sowie der dort angeschlossenen Vorakten (betreffend H*****) Anhaltspunkte dafür zu gewinnen sind, der Genannte - von dem im Beweisantrag nicht behauptet wurde, daß er wegen falscher Zeugenaussage oder wegen Verleumdung verurteilt worden ist (vgl abermals S 215) - könnte im vorliegenden Verfahren als Zeuge (unter Wahrheitspflicht) die Unwahrheit gesagt haben, wozu kommt, daß ein Motiv dieses Zeugen zu einer Falschbezichtigung des Angklagten nicht zu erkennen ist und auch in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgezeigt wird.
Auch der zweite Beweisantrag verfiel zu Recht der Ablehnung; denn die Tatsache, daß die erwähnte Pfarrkirche oftmals von Opferstockdieben heimgesucht wird und es daher möglich ist, daß ohne weiteres zwei Täter mit gleicher Vorgangsweise zusammentreffen, besagt nichts über einen Ausschluß der Täterschaft des Beschwerdeführers.
Entgegen der vom Nichtigkeitswerber vertretenen Auffassung haften dem Ersturteil aber auch die behaupteten Begründungsmängel (Z 5) nicht an: In den Entscheidungsgründen wird mit logischer und nachvollziehbarer Begründung dargetan, weshalb das Schöffengericht den belastenden Aussagen des Zeugen H***** folgte, wobei es zugleich auf eine Reihe von Tatumständen verweist, die einen mit den Denkgesetzen durchaus vereinbarten Schluß auf das gemeinsame Diebstahlsvorhaben des Angeklagten und des abgesondert verfolgten und inzwischen wegen dieser Tat bereits rechtskräftig verurteilten Wolfgang O***** (Betreten der Kirche durch N***** und O***** in kurzem zeitlichen Abstand, das Platznehmen des Beschwerdeführers in der Kirche in unmittelbarer Nähe des als Diebstahlsobjekt vorgesehenen Opferstocks, Besitz von speziell zur Begehung von Opferstockdiebstählen tauglichen Gegenständen bei beiden Personen zur Tatzeit - vgl S 223) zulassen.
Die reklamierte Aktenwidrigkeit der Urteilsannahme über das auf Verübung eines Opferstockdiebstahls gerichtete Vorhaben des Nichtigkeitswerbers kann schon nach dessen Verantwortung in der Hauptverhandlung nicht vorliegen; hat er doch ausdrücklich zugegeben, diese Kirche mit Diebstahlsvorhaben aufgesucht zu haben (S 204, 205).
Das Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) ist - wovon sich der Oberste Gerichtshof nach eingehender Prüfung der Einwände überzeugt hat - nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken, und zwar insbesondere auch nicht unter dem von der Beschwerde in den Vordergrund gestellten Aspekt übereinstimmender Angaben des Beschwerdeführers und des als Zeugen vernommenen Mittäters O*****.
In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) werden dem Ersturteil angeblich anhaftende Feststellungsmängel geltend gemacht, weil diesem nicht zu entnehmen sei, welchen Tatbeitrag der Angeklagte zu dem Diebstahlsversuch des O***** geleistet haben soll. Die Rüge geht indes nicht vom gesamten Urteilssachverhalt aus, sodaß sie nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist.
Die Tatrichter haben nämlich ausdrücklich als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer im gewollten Zusammenwirken mit Wolfgang O***** Bargeld aus dem Opferstock zu stehlen versucht hat (S 223). Als konkretes Tatverhalten wird dem Nichtigkeitswerber im angefochtenen Urteil angelastet, daß er zu dem Zeitpunkt, als O***** gerade dabei war, Geld aus dem Opferstock "herauszufischen" (S 219), in unmittelbarer Nähe dieses Opferstockes in einer Kirchenbank saß. Die weitere, von ihm vermißte Feststellung, daß er hiebei Aufpasserdienste für O***** leistete, ergibt sich entgegen den Beschwerdeausführungen eindeutig und unmißverständlich aus einer Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe. Darin werden nämlich zunächst die den Angeklagten eindeutig belastenden Angaben des Zeugen H***** wiedergegeben, nach denen der Beschwerdeführer ihm erzählt habe, daß er damals in dieser Kirche auf einer Bank neben dem Opferstock gesessen sei und aufgepaßt habe, daß niemand kommt (S 220). Die leugnende Verantwortung des Nichtigkeitswerbers in der Hauptverhandlung, der behauptet hatte, daß der gemeinsame Aufenthalt mit O***** in dieser Kirche damals purer Zufall gewesen und ein gemeinsames Diebstahlsvorhaben nicht vorgelegen sei, wurde vom Erstgericht unter anderem auf Grund dieser für glaubwürdig erachteten Zeugenaussage für widerlegt erachtet (S 222). Die Urteilsbegründung läßt nun keinen Zweifel daran, daß das Erstgericht die vom Zeugen H***** wiedergegebene und auf einem Eingeständnis des Angeklagten gegenüber diesem Zeugen beruhende Schilderung, wie der Opferstockdiebstahl ausgeführt werden sollte (S 222), zum Inhalt seiner Feststellungen über den Tathergang erhoben hat. Solcherart ist aber - was die Beschwerde übergeht - festgestellt, daß der Beschwerdeführer und O***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken auf die Begehung eines Opferstockdiebstahls abgesehen hatten, bei dem O***** als unmittelbarer Täter das Geld aus dem Opferstock herausholen und der Nichtigkeitswerber für O***** Aufpasserdienste leisten sollte.
Rechtliche Beurteilung
In diesem Zusammenhang sei vermerkt, daß eine Aufpassertätigkeit im Zuge eines von einem anderen zu verübenden Diebstahls zwar nur einen sonstigen Tatbeitrag (§ 12, dritter Fall StGB) zur Diebstahlstat darstellt, daß aber die rechtsirrige Beurteilung einer bloßen Aufpassertätigkeit als unmittelbare Täterschaft statt richtig als Beitragstäterschaft angesichts der grundsätzlichen rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB angeführten Täterschaftsformen keine Urteilsnichtigkeit bewirkt.
Die Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite in bezug auf die Diebstahlsqualifikation nach § 128 Abs. 1 Z 2 StGB behauptende Rechtsrüge entbehrt gleichfalls einer gesetzmäßigen Ausführung, weil sie die ausdrückliche Feststellung negiert, dem Angeklagten sei zur Tatzeit bewußt gewesen, daß er den hier in Rede stehenden Diebstahl in einem der Religionsausübung dienenden Raum begehen wollte (S 223). Damit sind nämlich sowohl die Wissens-, als auch die Willenskomponente festgestellt.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich Feststellungen über einen freiwilligen Rücktritt vom Diebstahlsversuch vermißt (Z 9 lit b), genügt es, ihn (erneut) auf den Urteilssachverhalt zu verweisen, demzufolge die Ausführung des Diebstahls infolge Einschreitens der Gendarmerie unterblieben ist (S 219).
Die teils unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO; § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO). Gleiches gilt für die angemeldete, gegen schöffengerichtliche Urteile aber unzulässige Schuldberufung (13 Os 135/89).
Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe ist das Oberlandesgericht Innsbruck zuständig (§ 285 i StPO).
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