OGH 5Ob113/90

OGH5Ob113/9015.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Flossmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin *****, vertreten durch Dr. Kurt Asamer und Dr. Christian Schubert, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Einverleibung eines Bestandrechtes und Löschung eines Fruchtgenußrechtes ob Miteigentumsanteilen an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 31.Oktober 1990, AZ 22 R 621/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 23.August 1990, TZ 10662/90, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin, ob den Miteigentumsanteilen des ***** an der im Kopf genannten Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum an einer Wohnung und einem Abstellplatz verbunden ist,

a) die Einverleibung der Löschung eines Fruchtgenußrechtes,

b) die Einverleibung des Bestandrechtes für die Antragstellerin und

c) die Ersichtlichmachung der Vorauszahlung des Mietzinses

zu bewilligen, mit der Begründung ab, der begehrten Eintragung des Bestandrechtes stehe ein im Range vorangehendes Belastungs- und Veräußerungsverbot nach § 364 c ABGB entgegen. Eine Zustimmungserklärung der Verbotsberechtigten sei nicht vorgelegt worden. Die Einverleibung der Löschung des Fruchtgenußrechtes könne nicht bewilligt werden, weil der Verzicht darauf an das neue Bestandrecht geknüpft sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs wegen Fehlens einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum Problem der Verbücherung von Bestandrechten trotz bestehendem bücherlichen Belastungs- und Veräußerungsverbot zulässig sei.

Zum entscheidungswesentlichen Rechtsproblem führte das Rekursgericht aus, aus § 1095 ABGB, der den verbücherten Bestandvertrag gleich einem dinglichen Recht behandle, vor allem aber aus § 1121 ABGB, der verbücherte Bestandrechte bei der Zwangsversteigerung den Dienstbarkeiten zurechne und sie damit in der Rangwirkung den anderen Sachenrechten gleichstelle, sei mit Faistenberger (Das Vorkaufsrecht, 105) zu schließen, daß ein dingliches Belastungsverbot auch die Verbücherung eines Bestandrechtes verhindere. Wenngleich die in MietSlg.38.024 veröffentlichte Entscheidung offenlasse, ob der Oberste Gerichtshof diese Auffassung Faistenbergers billige oder ablehne, teile das Rekursgericht dessen Standpunkt. Dem Argument, daß dieses Bestandrecht wegen der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung gar keine Belastung der Liegenschaft darstelle, sei nicht zu folgen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin, in dem diese die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin begehrt, daß ihren Eintragungsbegehren Folge gegeben werde, ist nicht berechtigt. Der Oberste Gerichtshof hat erst einmal in der in NZ 1989, 339 veröffentlichten Entscheidung ausgesprochen, daß ein eingetragenes Belastungsverbot der nachfolgenden Eintragung eines Bestandrechtes ohne Zustimmung des Verbotsberechtigten entgegensteht. Diese Rechtsansicht, die schon früher von Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 364 c, sowie von Faistenberger-Barta-Call-Eccher, Österreichisches Sachenrecht 155, mit Hinweis auf Faistenberger, Vorkaufsrecht 105, vertreten und mittlerweile von Hofmeister in der Besprechung der oben genannten Entscheidung ebenfalls gebilligt worden war (NZ 1989, 341), wird vom Obersten Gerichtshof in dem hier zu beurteilenden Fall ebenso aufrecht erhalten wie in der am heutigen Tag zu 5 Ob 112/90 ergangenen Entscheidung über einen Revisionsrekurs der Antragstellerin in einem gleichgelagerten Fall. Diese Rechtsansicht wird aus folgenden Erwägungen abgeleitet:

Ein Bestandvertrag ist, wenn er in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, gemäß § 1095 ABGB als ein dingliches Recht zu betrachen, welches sich auch der nachfolgende Besitzer (der Bestandsache) gefallen lassen muß. Bei einer zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung (der Bestandsache) ist das eingetragene Bestandrecht gemäß § 1121 Satz 1 ABGB gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln; hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muß ihm der Bestandnehmer gemäß § 1121 Satz 2 ABGB nach gehöriger Aufkündigung weichen. Erschöpft sich die Wirkung der Verbücherung eines Bestandrechtes nach § 1095 ABGB auch darin, daß jeder spätere Erwerber der Liegenschaft entgegen § 1120 ABGB an den einverleibten Bestandvertrag für die übrige Zeit gebunden bleibt (SZ 23/121; MietSlg 19.102, 21.155 und 22.121; Würth in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1095 mwN; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 8 zu § 1095), so wird ein verbüchertes Bestandrecht durch § 1121 ABGB doch in einem weiteren wichtigen Punkt (Rang) einem anderen Sachenrecht gleichgestellt. An den verbücherten Bestandvertrag ist der Ersteher gemäß § 150 Abs 1 und 3 EO gebunden (hat also kein Recht zur vorzeitigen Aufkündigung), wenn die Einverleibung entweder dem Recht des ersten betreibenden Gläubigers im Rang vorausgeht (ohne Anrechnung auf das Meistbot) oder im Meistbot Deckung volle Deckung findet (Würth aaO, Rz 2 zu § 1121;

Faistenberger-Barta-Eccher, Österr.Schuldrecht - Besonderer Teil und Schadenersatz, 135). Ein verbücherter Bestandvertrag schmälert also die Haftungsgrundlage, die nach dem typischen Inhalt eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes dem Verbotsberechtigten erhalten bleiben soll.

Die Ausführungen im Revisionsrekurs, die im wesentlichen nur die im Verhältnis zwischen Bestandgeber und Bestandnehmer durch die Verbücherung des Bestandvertrages entstehenden dinglichen Wirkungen nach § 1095 ABGB zum Gegenstand haben, nicht aber die anderen oben angeführten Umstände, bieten daher keinen Anlaß, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Zur Bewilligung der begehrten Eintragung des Bestandrechtes in das Grundbuch hätte es daher der Zustimmung der Verbotsberechtigten bedurft.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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