OGH 5Ob112/90

OGH5Ob112/9015.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin *****, vertreten durch Dr. Kurt Asamer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einverleibung eines Bestandrechtes und anderer Grundbuchseintragungen infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 31.Oktober 1990, AZ 22 R 620/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 23.August 1990, TZ 10661/90, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die am 15.2.1934 geborene Susanna ***** ist zu 120/48.172stel Anteilseigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB ***** (KG 56527 Salzburg). Ihr steht als Wohnungseigentümerin das ausschließliche Nutzungsrecht an der Wohnung 705 und dem Abstellplatz 81 zu. Im Lastenblatt der Grundbuchseinlage ist unter C-LNr 257 lit a ein Fruchtgenußrecht der ***** Siedlungsgemeinschaft ***** am Kfz-Abstellplatz sowie unter C-LNr 534 lit a ein Belastungs- und Veräußerungsverbot hinsichtlich des ganzen Liegenschaftsanteils zugunsten der am 5.3.1964 geborenen Susanna ***** einverleibt.

Am 13.7.1990 bzw. 25.7.1990 vermietete Susanna ***** sen. ihren Kfz-Abstellplatz bis 30.6.2190 an die nunmehrige Antragstellerin. Sie erklärte sich in Punkt X dieses Vertrages damit einverstanden, das Bestandrecht ob ihrem Liegenschaftsanteil einzuverleiben und die Vorauszahlung des Mietzinses bis 30.6.2190 ersichtlich zu machen. Mit Zustimmung der ***** Siedlungsgemeinschaft ***** war überdies vorgesehen, das unter C-LNr 257 lit a einverleibte Fruchtgenußrecht zu löschen. Die Löschungsbewilligung wurde in Vertragspunkt VIII an die Bedingung geknüpft, daß die Antragstellerin ohne weiteres Entgelt das Nutzungsrecht am fraglichen Kfz-Abstellplatz erhält. Eine Zustimmungserklärung der Verbotsberechtigten Susanna ***** jun. liegt nicht vor.

Auf Grund dieses Mietvertrages begehrte die Antragstellerin beim Grundbuchsgericht die Einverleibung der Löschung des vorhin erwähnten Fruchtgenußrechtes, die Einverleibung ihres Bestandrechtes und die Ersichtlichmachung der Mietzinsvorauszahlung. Das Erstgericht wies diesen Antrag jedoch ab, weil das Veräußerungs- und Belastungsverbot einer Verbücherung des Bestandrechtes entgegenstehe und die Löschung des Fruchtgenußrechtes vom Bestehen des neuen Bestandrechtes abhänge.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit dem Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000 übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zu. Aus § 1095 ABGB, der den verbücherten Bestandvertrag gleich einem dinglichen Recht behandle, vor allem aber aus § 1121 ABGB, der verbücherte Bestandrechte bei der Zwangsversteigerung den Dienstbarkeiten zurechne und sie damit in der Rangwirkung den anderen Sachenrechten gleichstelle, sei nämlich mit Faistenberger (Das Vorkaufsrecht, 105) zu schließen, daß sich ein dingliches Belastungsverbot auch auf die Verbücherung eines Bestandrechtes erstrecke. Wenngleich die Entscheidung MietSlg 38.024 offenlasse, ob der Oberste Gerichtshof die Auffassung Faistenbergers billige oder ablehne, teile das Rekursgericht dessen Standpunkt, daß ein eingetragenes Veräußerungs- und Belastungsverbot der (grundbücherlichen) Durchführung eines - im übrigen als Verpflichtungsgeschäft wirksamen - Bestandvertrags entgegenstehe. Dem Rekursargument, wonach das fragliche Bestandrecht wegen der (wirtschaftlichen) Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung gar keine Belastung der Liegenschaft darstelle, sei nicht zu folgen.

Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin fristgerecht Revisionsrekurs mit dem Begehren erhoben, ihn im Sinne einer Bewilligung der abgelehnten Grundbuchseintragungen abzuändern. Sie beharrt auf dem Rechtsstandpunkt, daß verbücherte Bestandrechte nicht den beschränkten dinglichen Nutzungsrechten zuzurechnen seien und daher auch nicht von einem dinglichen Veräußerungs- und Belastungsverbot erfaßt werden. In diesem Sinn seien etwa die Ausführungen von Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II8, 44 i.V.m. 149, zu verstehen, die unter "beschränkten dinglichen Nutzungsrechten" nur Dienstbarkeiten, Reallasten und das Baurecht verstehen. Für die Meinung Spielbüchlers in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 364 c, ein eingetragenes Belastungsverbot hindere die Verbücherung eines Bestandrechts, finde sich keine Begründung. Auszugehen sei davon, daß ein Verbotsberechtigter - mangels gegenteiliger Vereinbarung - keinen obligatorischen Anspruch auf Unterlassung der Bestandgabe habe. Selbst den Abschluß langfristiger Bestandverträge könne er nicht verhindern. Für Bestandrechte, die verbüchert werden sollen, gelte folgerichtig nichts anderes, weil sie nach herrschender Auffassung und dem klaren Wortlaut des § 1095 ABGB eben nicht zu den dinglichen Rechten gehörten. Die dingliche Wirkung, die sich aus der Verbücherung eines Bestandrechts ergebe, erstrecke sich nur auf den Bestandnehmer und den Eigentümer des Bestandobjekts bzw. dessen Rechtsnachfolger; keinesfalls erfasse sie dritte Personen, insbesondere nicht den eingetragenen Verbotsberechtigten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat in einem vergleichbaren Fall schon einmal entschieden, daß ein eingetragenes Belastungsverbot der Eintragung eines Bestandrechtes entgegensteht (NZ 1989, 339). Diese Rechtsansicht war schon früher von Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 364 c, sowie von Faistenberger-Barta-Call-Eccher, Österr.Sachenrecht, 155, mit dem Hinweis auf Faistenberger, Vorkaufsrecht, 105, vertreten worden und hat mittlerweile noch weitere Zustimmung der Lehre erfahren (Hofmeister, NZ 1989, 341, billigte ausdrücklich Ergebnis und Begründung der genannten Entscheidung).

Demnach ist ein Bestandvertrag, wenn er in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, gemäß § 1095 ABGB als ein dingliches Recht zu betrachten, welches sich auch der nachfolgende Besitzer (der Bestandsache) gefallen lassen muß. Bei einer zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung (der Bestandsache) ist das eingetragene Bestandrecht gemäß § 1121 Satz 1 ABGB gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln; hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muß ihm der Bestandnehmer gemäß § 1121 Satz 2 ABGB nach gehöriger Aufkündigung weichen. Erschöpft sich die Wirkung der Verbücherung eines Bestandrechtes nach § 1095 ABGB auch darin, daß jeder spätere Erwerber der Liegenschaft entgegen § 1120 ABGB an den einverleibten Bestandvertrag für die übrige Zeit gebunden bleibt (SZ 23/121; MietSlg 19.102, 21.155 und 22.121; Würth in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 1095 mwN; Binder in Schwimann, ABGB, Rz 8 zu § 1095), so wird ein verbüchertes Bestandrecht durch § 1121 ABGB doch in einem weiteren wichtigen Punkt (Rang) einem anderen Sachenrecht gleichgestellt: An den verbücherten Bestandvertrag ist der Ersteher gemäß § 150 Abs 1 und 3 EO gebunden (hat also kein Recht zur vorzeitigen Aufkündigung), wenn die Einverleibung entweder dem Recht des ersten betreibenden Gläubigers im Rang vorausgeht (ohne Anrechnung auf das Meistbot) oder im Meistbot Deckung volle Deckung findet (Würth aaO, Rz 2 zu § 1121;

Faistenberger-Barta-Eccher, Österr.Schuldrecht - Besonderer Teil und Schadenersatz, 135). Ein verbücherter Bestandvertrag schmälert also die Haftungsgrundlage, die nach dem typischen Inhalt eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes dem Verbotsberechtigten erhalten bleiben soll.

Die Ausführungen im vorliegenden Revisionsrekurs bieten insoweit keinen neuen Gesichtspunkt und daher auch keinen Anlaß, diese Rechtsansicht zu revidieren. Um die begehrten Grundbuchseintragungen zu bewilligen, hätte es daher der Zustimmung der Verbotsberechtigten bedurft.

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