Spruch:
Keinem der beiden Rekurse wird stattgegeben.
Die Rekurswerber haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Kläger haben mit Vertrag vom 4.April 1989 eine rund 6 ha große landwirtschaftlich genutzte Fläche, die von einer Rechtsvorgängerin der Verkäufer wiederholt, zuletzt mit Vertrag vom 10.März 1983 für die Vertragszeit vom 1.März 1983 bis 28. Februar 1993, den Beklagten verpachtet worden war, gekauft. Dabei erklärten die Käufer zwar ausdrücklich, vom Pachtverhältnis Kenntnis zu haben, übernahmen aber weder gegenüber der Verkäuferin eine Verpflichtung, in diesen Pachtvertrag auf dessen volle Dauer einzutreten, noch trafen sie mit den Pächtern selbst eine Vereinbarung über die Fortsetzung des Pachtverhältnisses.
Die Kläger kündigten als Liegenschaftskäufer den Beklagten die Landpacht zum 30.November 1990 gerichtlich auf. Der hierüber ergangene Gerichtsbeschluß wurde den Beklagten am 12.März 1990 zugestellt.
Die Beklagten führten in ihren am 19.März 1990 an das Prozeßgericht zur Postaufgabe gebrachten und dort am 20.März 1990 eingelangten schriftlichen Einwendungen ihre betrieblichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Pachtverhältnisses auf dessen volle, der Richtpachtzeit nach § 5 Abs 1 Z 2 LPG entsprechende Vertragsdauer aus und beantragten, ihren "Einwendungen stattzugeben und den gegenständlichen Pachtvertrag bis zum 28.2.1993 zu verlängern".
Dieses Vorbringen der Beklagten nahm das Prozeßgericht, das gemäß § 12 LPG auch für ein Verfahren auf Verlängerung des aufgekündigten Landpachtvertrages zuständig ist, zunächst nicht zum Anlaß, ein außerstreitiges Verfahren über einen Antrag nach § 6 LPG einzuleiten. Das Prozeßgericht erster Instanz ordnete vielmehr für 3.Mai 1990 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung an, schloß in dieser Tagsatzung die mündliche Verhandlung und verkündete ein Urteil im Sinne der Aufkündigung.
Die Beklagten erhoben gegen dieses Urteil Berufung, führten darin ausschließlich den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO aus und bemängelten nicht, daß das Verfahren ungeachtet einer kraft Gesetzes nach § 13 Abs 1 LPG eingetretenen Unterbrechung des Rechtsstreites durchgeführt worden wäre.
Das Berufungsgericht wies diese Berufung ebenso wie die dazu erstattete Berufungsbeantwortung zurück.
Das Berufungsgericht wertete das in den Einwendungsschriftsatz aufgenommene Begehren, den Pachtvertrag bis zum vertragsmäßigen Ende zu verlängern, als einen rechtzeitig gestellten Antrag im Sinne des § 6 LPG und folgerte daraus, daß der Rechtsstreit über die Kündigung der Landpacht gemäß § 13 Abs 1 LPG seit 20.März 1990 unterbrochen sei, das Verfahren daher nicht hätte fortgesetzt und das Urteil nicht hätte gefällt werden dürfen. Die kraft Gesetzes eingetretene Unterbrechung dauere noch an. Dies mache im Sinne des § 163 Abs 1 ZPO nicht nur Gerichtshandlungen unzulässig, sondern nähme gemäß § 163 Abs 2 ZPO (den auf Fortführung des Rechtsstreites zielenden) Parteihandlungen der anderen Partei gegenüber jede verfahrensrechtliche Wirkung, was das Gericht auszusprechen habe. Sachlich zu behandeln seien vom Gericht nur solche Prozeßhandlungen einer Partei, mit denen eine unterlaufene Mißachtung der Unterbrechungswirkungen gerügt werde. Da die Beklagten dies in ihrer Berufung unterlassen hätten, sei ihr Rechtsmittel ebenso wie die Berufungsbeantwortung zurückzuweisen. Der Rechtsstreit bleibe unterbrochen und werde nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs 3 LPG fortzusetzen sein.
Sowohl die Kläger als auch die Beklagten erheben gegen den berufungsgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß Rekurs.
Die Kläger wenden sich gegen die Wertung der Einwendungen als eines Antrages auf Verlängerung der Pachtdauer und damit der Annahme einer Unterbrechung des Kündigungsstreits. Sie begehren die ersatzlose Aufhebung des berufungsgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses und die Verfahrensfortsetzung durch Sachentscheidung des Berufungsgerichtes über die Berufung der Beklagten.
Die Beklagten machen sich zwar die berufungsgerichtliche Auffassung über eine wirksame Antragstellung auf Verlängerung der Dauer des aufgekündigten Landpachtvertrages und über die damit eingetretene Unterbrechung des Rechtsstreites zu eigen, bekämpfen aber die berufungsgerichtliche Auffassung über die Unzulässigkeit ihrer Berufung und vertreten die Ansicht, das Berufungsgericht hätte die in der Mißachtung der Unterbrechungswirkungen gelegene Nichtigkeit aus Anlaß der Berufung von Amts wegen aufgreifen müssen. Die Beklagten beantragen daher die Abänderung des berufungsgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses im Sinne einer Aufhebung des erstinstanzlichen Urteiles und des dem Eintritt der Unterbrechung nachgefolgten erstinstanzlichen Verfahrens als nichtig; hilfsweise stellen die Beklagten einen Aufhebungsantrag.
Die Rekurse sind gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig. Weil der Gegenstand der angefochtenen Entscheidung und der erhobenen Rechtsmittel die Unterbrechung des Rechtsstreites und deren Wirkungen sind, steht einer sachlichen Erledigung der Rechtsmittel auch nicht § 163 ZPO entgegen. Da die berufungsgerichtliche Beschlußfassung eine Hemmung des Prozeßfortganges bedeutet, fehlt es auch den Klägern nicht am Rechtsschutzinteresse, die Zurückweisung der Berufung ihrer Prozeßgegner anzufechten.
Keiner der beiden Rekurse ist aber berechtigt:
Das Berufungsgericht hat - entgegen dem Rekursstandpunkt der Kläger - die in den Einwendungen gegen die Kündigung der Landpacht aufgenommenen Ausführungen zum Überwiegen des Pächterinteresses an einer vertragsmäßigen Beendigung der Landpacht gegenüber den Verpächterinteressen der Liegenschaftskäufer mit dem Antrag, den (aufgekündigten) Pachtvertrag bis zum 28.Februar 1993 zu verlängern, zutreffend als Antrag nach § 6 LPG gewertet, weil für die Charakterisierung eines Rechtsschutzgesuches allein sein konkreter Inhalt und nicht eine fehlende Antragsbezeichnung, noch ein sonstiger Formmangel entscheidend ist.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht ist nach seiner Qualifikation der in den Einwendungen enthaltenen Ausführungen als Antrag auf Verlängerung des aufgekündigten Landpachtverhältnisses auch zutreffend von einer kraft § 13 Abs 1 LPG eingetretenen Unterbrechung des Rechtsstreites ausgegangen und hat die Wirkungen einer solchen Unterbrechung im Sinne der ständigen Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Dem treten die Beklagten auch uneingeschränkt bei. Ihrer Ansicht, daß die Mißachtung der Unterbrechungswirkung eine Nichtigkeit begründe, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen aufzugreifen sei, ist aber zu entgegnen, daß die Wahrnehmung eines selbst mit Nichtigkeit bedrohten Verfahrensverstoßes durch die Rechtsmittelinstanz das Vorliegen eines zulässigen Rechtsmittels voraussetzt und das Berufungsgericht nach dem Verfahrensstand und dem Inhalt der Berufung mit Recht die Zulässigkeit des ihm vorliegenden Rechtsmittels verneinte.
Es entspricht der Lehre (vgl Fasching LB2 Rz 598; Rechberger in FS Kralik, 273 ff) und der Rechtsprechung (SZ 51/150 ua), daß ein unter Mißachtung der Unterbrechungswirkung gefälltes Urteil mit Nichtigkeit behaftet ist, diese Nichtigkeit von der Rechtsmittelinstanz aber nur auf Grund eines zulässigen Rechtsmittels wahrgenommen werden darf, Rechtsmittel während der fortdauernden Unterbrechungswirkung aber nur insoweit zulässig erscheinen, als mit ihnen gerade die Mißachtung der Unterbrechungswirkung geltend gemacht wird (vgl insbes SZ 51/150).
Das Prozeßgericht hat die im angefochtenen Beschluß zum Ausdruck gebrachte Ansicht des Berufungsgerichtes zum Anlaß genommen, über den in den Einwendungen enthaltenen Antrag im Sinne des § 6 LPG ein außerstreitiges Verfahren durchzuführen (vgl AS 55). Sollte das Gericht antragsgemäß eine Verlängerung der Dauer des aufgekündigten Landpachtverhältnisses anordnen, würde dies gemäß § 14 Abs 3 LPG die Unwirksamkeit der Aufkündigung zur Folge haben. Andererseits könnte der Rechtsstreit unter den Voraussetzungen des § 13 Abs 3 LPG fortgesetzt werden, wobei mit der Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens den Beklagten jedenfalls die volle Rechtsmittelfrist zur Anfechtung des erstinstanzlichen Urteils zur Verfügung stünde, falls sie diese dann noch zu nutzen beabsichtigen sollten.
Die Zurückweisung der Berufung und der Berufungsmitteilung entspricht der Verfahrenslage. Die in der Lehre (Rechberger aaO, Dolinar, Ruhen des Verfahrens und Rechtsschutzbedürfnis, 227 f) erörterte Alternative, Rechtsmittel (und Gegenschriften) nicht zurückzuweisen, sondern bis zur Beendigung des Verfahrensstillstandes zu den Akten zu nehmen, damit diese dann ihre volle verfahrensrechtliche Wirksamkeit entfalten und nicht etwa neuerlich eingebracht werden müßten, widerspricht dem Grundsatz, daß eine wegen Unzeit unzulässige Prozeßhandlung durch Verlauf der Zeit nicht heile; die Zurückweisung schafft auch ein höheres Maß an Eindeutigkeit und Klarheit.
Keinem der beiden Rekurse war aus diesen Erwägungen stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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