Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 3.622,08 (einschließlich S 603,68 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Die Kläger sind seit 1977 je zur Hälfte Eigentümer des als Landwirtschaft und Fremdenpension geführten "Vorderkasbichlgutes" in Kehlbach 9, Saalfelden, EZ 12 KG Uttenhofen. Der Beklagte ist Eigentümer des als Landwirtschaft und Fremdenpension geführten "Hinterkasbichlgutes" ua mit den Grundstücken 301, 302, 305 KG Uttenhofen. Seit 1943 führt auf Grund einer vergleichsweisen Einigung der Rechtsvorgänger der Streitteile vor dem Erstgericht vom 13.8.1943 der streitverfangene Fußweg in der Katastralgemeinde Uttenhofen vom Grundstück 441 des Rupert P*** (Oberbiberggut) über die Grundstücke 301, 302 und 305 des Beklagten zum öffentlichen Weggrundstück 594 vor dem Anwesen der Kläger. Der Weg stellte vom und zum Bahnhofsbereich und Marktmittelpunkt von Saalfelden für die Anwesen der Streitteile (ihrer Rechtsvorgänger) eine starke Abkürzung im Vergleich zum weiter südlich abzweigenden und sodann nach Westen und Norden, sozusagen "von hinten herum" geführten Zufahrtsweg dar. Im Jahr 1943 gab es im Haus der Rechtsvorgänger der Kläger keine gewerbsmäßige Fremdenzimmervermietung. Im Jahr 1945 nahmen die Rechtsvorgänger der Kläger eine Familie als Mieter ins Haus, die dort 1 1/2 Jahre lang verblieb. Die Angehörigen dieser Familie benützten den verfahrensbetroffenen Steig zum Einkaufen im Markt Saalfelden oder als Weg zum Bahnhof Saalfelden. Im Jahr 1949 begann die Vermietung an fremde Gäste, dies in Verbindung mit dem damals erbauten Biberglift. Der Weg war schon damals auch für diese fremden Gäste die Verbindung zum Bahnhof und zum Markt. Im Jahr 1949 kam der erste Telefonanschluß der Umgebung ins Haus der Rechtsvorgänger der Kläger. Diese mußten Telegramme austragen und auch Gäste aus der Umgebung ihres Anwesens ans Telefon holen. Auch dabei wurde der verfahrensgegenständliche Weg benützt. Ab 1949 beherbergten die Rechtsvorgänger der Kläger ständig fremde Gäste. Im Jahr 1952 erhielten sie die Konzession für ein Touristenheim, sie hatten damals im Haus 22 Betten und ein Lager mit zehn Matratzen. Diese Unterbringungsmöglichkeiten reichten aber nicht immer, so daß sie auch Gäste in der Umgebung unterbringen mußten. Diese fremden Leute benützten den verfahrensbetroffenen Weg, um zu den Klägern zu den Mahlzeiten zu gehen. 1955 bekamen die Rechtsvorgänger der Kläger die Konzession für einen Pensions-, 1957 auch für einen Gasthausbetrieb. 1955 hatten sie 28 Fremdenbetten im Haus. Mit der Gasthauskonzession nahm auch der Zuspruch von fremden, nicht logierenden Gästen zu. Seit jeher wurde der verfahrensbetroffene Weg auch von Besuchern und Kundschaften der Kläger begangen, etwa von Erntehelfern und Milch- und Obstkäufern. Die Berechtigung für diesen Benützungsumfang sahen die Rechtsvorgänger der Kläger sowie die Kläger selbst im Inhalt des Vergleichs aus dem Jahr 1943, der keine Eingrenzung auf bestimmte Personen oder Personenkreise festgelegt hatte. Die Benützung des Weges durch Besucher und Kundschaften seit 1943 und durch fremde Gäste im Rahmen der Beherbergung durch die Rechtsvorgänger der Kläger und die Kläger selbst seit 1949 ging vom Beklagten und dessen Angehörigen unbeanstandet weiter bis zum Frühjahr 1982 (oder 1983). Bis zu diesem Zeitpunkt gab es für den vorliegenden Fußweg keine Kennzeichnung in der Weise, daß er nur einem bestimmten Personenkreis zur Benützung freistünde. Im Frühjahr 1982 oder 1983 brachte der Beklagte an seinem nahe dem Weg errichteten Stallgebäude eine Tafel mit der Aufschrift "Durchgang verboten, ausgenommen Berechtigte" an. Die Kläger legten ihren Besuchern, Pensionsgästen und Kundschaften den Wortlaut dieser Tafel immer dahin aus, daß sie, weil zu ihnen unterwegs oder von ihnen kommend, durchgangsberechtigt wären. Der Beklagte und seine Familienangehörigen hinderten seit der Anbringung dieser Tafel fremde (nicht familienangehörige) Besucher, Gäste und Kunden der Kläger teilweise am Begehen des Weges oder versuchten dieses. Viele dieser Leute kümmerten sich nicht um den unklaren Wortlaut der Verbotstafel, wurden auch vom Beklagten und seinen Familienangehörigen nicht abgewehrt oder ließen sich nicht abwehren. Die Benützung dieses Weges durch Gäste und Kunden der Kläger ging bis 1985/1986 weiter. Die Kläger haben sich der Zurückweisung ("Umdrehen") ihrer Gäste, Besucher und Kunden durch den Beklagten und seine Leute nicht gebeugt.
Die Kläger begehrten mit ihrer Klage vom 25.6.1986 die Verurteilung des Beklagten, die Benützung des Servitutsweges in der Katastralgemeinde Uttendorf, der vom Grundstück 441 des Rupert P*** über seine Grundstücke 301, 302 und 305 zum öffentlichen Weggrundstück 594 führe, durch Pensionsgäste, Besucher und Kundschaften ihres Gutes "Vorderkasbichl" in Kehlbach 9 zu dulden. Sie gründeten ihr Gehrecht auf den Vergleich der Rechtsvorgänger der Streitteile vom 13.8.1943 und die Benützung durch ihre Pensionsgäste und Kundschaften auf Ersitzung.
Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor: Die Kläger hätten weder vertraglich, noch durch Ersitzung ein Wegerecht für ihre Gäste und Kunden erworben, überdies sei eine allfällige derartige Servitut durch Einschränkungen des Wegerechtes auf die Berechtigten durch eine Verbotstafel und andere Maßnahmen des Beklagten ab 1982 infolge Freiheitsersitzung im Sinne des § 1488 ABGB im Klagszeitpunkt verjährt gewesen.
Das Erstgericht gab - nach Aufhebung seines stattgebenden Urteils vom 6.12.1987 (ON 24) durch den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 25.5.1988 (ON 31) auch im zweiten Rechtsgang - dem Klagebegehren statt. Von der Absicht der Rechtsvorgänger der Streitteile beim Vergleich im Jahr 1943 sei mitumfaßt gewesen, den verfahrensbetroffenen Weg nicht nur von den Klägern und ihren Angehörigen, sondern auch von den Besuchern, Kunden und fremden Gästen der Kläger benützen zu lassen. Selbst wenn man dies aber nicht annehmen wollte, komme den Klägern auch die Ersitzung des klagegegenständlichen Wegerechtes zugute. Auf Grund der festgestellten, letztlich nicht konsequenten Gegenmaßnahmen des Beklagten sei Freiheitsersitzung gemäß § 1488 ABGB nicht anzunehmen. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes, sprach aus, daß der Streitwert S 50.000 übersteige und erklärte die Revision für zulässig: Zwar habe der Erstrichter, der mit 1.6.1989 zu einem anderen Bezirksgericht ernannt worden sei, das nach Verhandlungsschluß am 28.3.1989 der schriftlichen Ausfertigung vorbehaltene Urteil mit 9.9.1989 datiert und später der Kanzlei zur Ausfertigung übergeben, doch sei damit nicht der von der beklagten Partei anläßlich der mündlichen Berufungsverhandlung behauptete Nichtigkeitsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichtes gemäß § 477 Abs 1 Z 2 ZPO verwirklicht. Aus § 406 ZPO sei die Fiktion abzuleiten, das schriftlich erlassene Urteil sei im Zeitpunkt des Verhandlungsschlusses gefällt worden. Die Revision sei jedoch zuzulassen, weil die Entscheidung des Berufungsgerichtes von Rechtsprechung und Lehre teilweise abweiche. In der Sache vertrat das Berufungsgericht die Rechtsauffassung, die Rechtsvorgänger der Streitteile hätten im Jahr 1943 ein Wegerecht der Kläger über den Grund des Beklagten festgelegt, ohne den Benützerkreis ungewöhnlich einzuschränken. Gemäß § 492 ABGB begreife daher das Recht des Fußsteiges der Kläger auch das Recht in sich, andere Menschen zu sich kommen zu lassen. Die Ausdehung des Wegerechtes auf die Benützung durch Pensionsgäste sei durch Ersitzung erfolgt, weil zwischen 1949 und 1982 diese Benützungsart unbeanstandet und gutgläubig in Ausübung des Wegerechts der Kläger stattgefunden habe. Die vom Beklagten behauptete Freiheitsersitzung der Wegebenützung durch die fremden Gäste und Kunden der Kläger im Sinne des § 1488 ABGB sei nicht anzunehmen, weil die Verbotstafel selbst keine ausreichende Hinderungsmaßnahme dargestellt habe und die übrigen Widersetzlichkeiten ("Umdrehen", "Zurückweisen" von familienfremden Gästen, Kunden und Besuchern der Kläger) zumindest teilweise mißachtet oder nicht befolgt worden seien, so daß die Benützung des Weges durch Gäste und Kunden der Kläger nicht vollständig unterbunden worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Beklagten ist unzulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Entscheidung (regelmäßig ein Beschluß) des Berufungsgerichtes, mit der die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, gemäß § 519 Abs 1 ZPO unanfechtbar (für viele JBl 1989, 389; 1 Ob 693/89). Die vom Berufungsgericht im vorliegenden Fall amtswegig in Richtung des Nichtigkeitsgrundes nach § 477 Abs 1 Z 2 ZPO geprüfte und verneinte Nichtigkeit des Ersturteils kann daher auch nicht im Wege der Revisionszulassung durch die zweite Instanz vom Obersten Gerichtshof geprüft werden.
Bei der Sacherledigung folgte das Berufungsgericht auf der von ihm übernommenen erstgerichtlichen Sachverhaltsgrundlage in der Behandlung der zu lösenden Rechtsfragen der vertraglichen Bestellung eines Wegerechtes, der gesetzlichen Bedeutung seines Inhaltes, der Ersitzung der Servitutenerweiterung auf Benützung durch fremde Gäste und Kunden der Kläger und der Freiheitsersitzung des Servitutsverpflichteten gemäß § 1488 ABGB den von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu vorgegebenen und in der Entscheidung durch zutreffende Zitate belegten Grundsätzen.
Demgemäß ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen. Gemäß §§ 41 und 50 ZPO hat der Beklagte den Klägern, die auf diesen Umstand auch hingewiesen haben, die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
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