OGH 9ObA604/90

OGH9ObA604/9021.11.1990

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Günther Schön und Kurt Wuchterl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Ö***

G*** FÜR D*** G*** DER P***,

Wien 1, Deutschmeisterplatz 2, wider den Antragsgegner

Ö*** R***, Wien 2, Hollandstraße 2,

vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, über den gemäß § 54 Abs. 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag, es werde festgestellt, daß Dienstnehmern, die Anspruch auf einen Berufsunfähigkeitspensionszuschuß gemäß § 28 des Kollektivvertrags für Angestellte der Raiffeisenkassen haben, dieser Zuschuß unabhängig davon, ob die Berufsunfähigkeit bei aufrechtem Dienstverhältnis zur leistungsverpflichteten Raiffeisenkasse eintritt, gebühre, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller führt zur Begründung seines aus dem Spruch ersichtlichen Feststellungsantrags im wesentlichen aus, daß zwischen ihm und dem Antragsgegner die Rechtsfrage strittig geworden sei, ob der nach § 28 des Kollektivvertrags für die Angestellten der Raiffeisenkassen gebührende Zuschuß zur gesetzlichen Berufsunfähigkeitspension einem Dienstnehmer auch dann zustehe, wenn zum Zeitpunkt des Anfalls der gesetzlichen Berufsunfähigkeitspension das Dienstverhältnis zur leistungsverpflichteten Raiffeisenkasse nicht mehr bestehe. Der Antragsgegner vertrete den Standpunkt, der Zuschuß gebühre nur für Angestellte, bei denen die Berufsunfähigkeit während des aufrechten Dienstverhältnisses zur Raiffeisenkasse eingetreten sei. Diese Ansicht sei unzutreffend. Aus dem Kollektivvertrag ergebe sich keine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung, daß zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufsunfähigkeit ein aufrechtes Dienstverhältnis zur Raiffeisenkasse bestehen müsse. Mit dem Zuschuß zur gesetzlichen Berufsunfähigkeitspension sei ebenso wie mit dem Zuschuß zur Alterspension eine Leistung geschaffen worden, welche die Dienstnehmer für langwährende Dienste belohne. Der Angestellte habe somit bereits vorweg geleistet und der Zuschuß sei als Leistungsergänzung zum Entgelt anzusehen. Das werde "eigenartigerweise" beim Zuschuß zur Alterspension anerkannt, nicht aber beim Zuschuß zur Berufsunfähigkeitspension.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des Feststellungsantrags. Gemäß § 23 des Kollektivvertrags für die Angestellten der Raiffeisenkassen gebührten die Leistungen aus der Pensionszuschußregelung "für aktive Dienstnehmer". Schon daraus gehe hervor, daß der Anfall des Zuschusses zu einem Zeitpunkt gegeben sein müsse, in dem der Angestellte in einem Dienstverhältnis zu einer Raiffeisenkasse stehe. Auch § 34 des Kollektivvertrags, der das Ruhen der Zuschußleistung im Zusammenhang mit einer Abfertigung regle, zeige, daß bei der Konzeption des § 28 des Kollektivvertrags eindeutig vom Bestehen eines Dienstverhältnisses ausgegangen worden sei.

Während es sich beim Zuschuß zur Alterspension um Entgelt für erbrachte Arbeitsleistungen und Betriebstreue handeln könne, biete der Zuschuß nach § 28 des Kollektivvertrags kein zusätzliches Entgelt, sondern nur eine gewisse Absicherung für den Fall der Verwirklichung eines Berufsrisikos. Der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit trete in den einzelnen Systemen der Pensionsversicherung jeweils unter verschiedenen Bezeichnungen auf, je nach dem der Dienstnehmer in der Folge als gewerblich Selbständiger, Arbeiter oder Angestellter weiter tätig bleibe. Nur für den Fall, daß der ausgeschiedene Dienstnehmer Angestellter bleibel k.mme eine Berufsunfähigkeitspension nach den § 271 ff ASVG in Frage, wobei aber bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von jenem Angestelltenberuf auszugehen sei, den der Versicherte zuletzt ausgeübt habe. Dem Dienstgeber könne nicht zugemutet werden, die Risken einer allenfalls schadensgeneigteren anderweitigen Tätigkeit zu tragen, ohne die Möglichkeit zu haben, die (wenn auch geminderte) Arbeitskraft des Dienstnehmers für sich zu erhalten. Auch die Regelung der Sonderfälle der Berufsunfähigkeit wie Dienstunfall und Raubüberfall seien eindeutig darauf abgestellt, daß die Berufsunfähigkeit des Angestellten während seines aufrechten Dienstverhältnisses zur Raiffeisenkasse eintrete.

Der Oberste Gerichtshof forderte den Antragsteller auf, den von ihm gestellten Antrag durch die Behauptung eines Sachverhalts im Sinne des § 54 Abs. 2 ASGG zu ergänzen.

Der Antragsteller ist dieser Aufforderung trotz Nachfristgewährung nicht nachgekommen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 54 Abs. 2 ASGG muß der vom Antragsteller zu behauptende Sachverhalt, ähnlich wie eine Klageerzählung einer Feststellungsklage, alle wesentlichen Tatsachen enthalten, auf die sich das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis gründet (rechtserzeugende Tatsachen) sowie jene Tatsachen, aus denen sich das Feststellungsinteresse ergibt. Der Antrag muß überdies eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand haben, die für mindestens drei Arbeitgeber oder Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Der bloße Hinweis auf kollektivrechtliche Normen, die Gesetze im materiellen Sinn sind, vermag die Behauptung eines Sachverhalts nicht zu ersetzen.

Es ist nicht Gegenstand des Verfahrens gemäß § 54 Abs. 2 ASGG zu allgemein aufgeworfene Rechtsfragen Gutachten zu erstatten und allenfalls mögliche Fallgruppen zu variieren. Die Entscheidung hat sich vielmehr im Rahmen des gestellten Antrages auf jene Beurteilung zu beschränken, die zum behaupteten Sachverhalt im Verhältnis der Schlüssigkeit steht (vgl. Kuderna, ASGG § 54 Erl. 13; 9 Ob A 602/90). Fehlt der Sachverhalt zur Gänze, ist der Antrag dem Antragsteller zu Verbesserung zurückzustellen. Kommt er - wie hier - dem Verbesserungsauftrag nicht nach, ist der Antrag mangels Schlüssigkeit abzuweisen (vgl. Kuderna aaO).

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