Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Streitteile haben am 5.2.1990 einen schriftlichen Kaufvertrag geschlossen, der unter anderem folgende Bestimmungen enthält:
"II. Herr Ing. Ekke Bernd Z*** ... verkauft und übergibt
hiemit an Herrn Heinz Friedrich P*** ... und dieser kauft und
übernimmt von ersterem die Liegenschaft EZ 125 Grundbuch 42019
Reiterndorf ...
III. Der Kaufpreis für die vertragsgegenständliche Liegenschaft
... wird mit dem Betrag von S 1,550.000,-- ... als angemessen
beiderseits frei vereinbart. Dieser Kaufpreis ist mit Unterfertigung der Räumungsvergleiche der Wohnungen P***, K*** und K*** zur Zahlung fällig ...
V. (Absatz 3) Der Kaufvertrag wird aufschiebend bedingt bis zur Unterfertigung des Räumungsvergleiches über die Wohnungen P***, K*** und K*** abgeschlossen. Bei Nichtunterfertigung eines entsprechenden Vergleiches gilt der Vertrag als nicht zustandegekommen.
VI. Beide Vertragsteile verzichten auf die Anfechtung dieses Vertrages wegen Zwanges oder Irrtums. Sie vereinbaren für etwaige Streitigkeiten daraus die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Bad Ischl, ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwertes gemäß § 104 JN."
Der Kläger begehrte mit seiner am 31.3.1990 beim Erstgericht eingelangten Klage, den Beklagten schuldig zu erkennen, jede wie immer geartete Verfügung über die Liegenschaft EZ 125 KG Reiterndorf zu unterlassen, durch welche der Anspruch des Klägers auf grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechtes sowie die Ausübung seines Eigentumsrechtes verletzt würde.
Er brachte dazu im wesentlichen vor, die Mieterin K*** habe am 6.2.1990 einen Räumungsvergleich abgeschlossen. Die weiteren Mieter P*** und K*** hätten keinen Räumungsvergleich abschließen wollen. Am 7.2.1990 sei zwischen den Streitteilen telefonisch vereinbart worden, daß der Vertrag ungeachtet dessen rechtswirksam zustandekommen solle, und zwar mit der Abänderung, daß der Kaufpreis anstelle von S 1,550.000,-- tatsächlich nur S 1,500.000,-- betrage und der Käufer in die bestehenden Mietverträge mit P*** und K*** eintrete. Ungeachtet dieses nunmehr wirksamen Kaufvertrages habe der Beklagte die Liegenschaft offenbar ein zweites Mal veräußert. Mit Schreiben vom 21.2.1990 habe er dem Vertragserrichter mitgeteilt, daß er den mit dem Kläger geschlossenen Kaufvertrag als nichtig ansehe. Der Kläger habe auch feststellen müssen, daß offensichtlich von einem Dritten (dem Zweitkäufer) bereits Umbaumaßnahmen auf der Liegenschaft vorgenommen würden und daß zu TZ 1162/1990 eine grundbücherliche Rangordnungsanmerkung für eine beabsichtigte Veräußerung erwirkt worden sei; der Rangordnungsbescheid sei an Dr. Heinz E***, Rechtsanwalt in Bad Ischl, zugestellt worden.
Der mit der Klage verbundene Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Verfügungsverbot über die Liegenschaft hinsichtlich des Beklagten und über den Rangordnungsbescheid hinsichtlich Dr. E*** und bücherliche Einverleibung bzw. Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes ob der Liegenschaft zu Gunsten des Klägers) wurde mit rechtskräftigem Beschluß des Erstgerichtes vom 21.3.1990 mit der Begründung abgewiesen, die Einsicht in das Grundbuch habe ergeben, daß bereits am 16.3.1990 ein Gesuch um Einverleibung des eigentums an der Liegenschaft für Horst und Günter Q*** eingelangt und noch am selben Tag vollzogen worden sei, sodaß jener Zustand, der mit der begehrten einstweiligen Verfügung gesichert werden solle, nicht mehr vorhanden sei (ON 2).
In der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 3.4"1990 (ON 3) brachte der Kläger vor, er sei durch das Verhalten des Beklagten gehindert worden, die Liegenschaft EZ 125 KG Reiterndorf weiterzuveräußern, obwohl er bereits ein unwiderrufliches Kaufanbot in Händen gehabt habe. Der Kaufpreis hätte S 2,450.000,-- betragen. Der Kläger habe dadurch einen Schaden in der Höhe von S 950.000,-- erlitten; diesen Betrag begehren er nunmehr aus dem Titel des Schadenersatzes.
Der Beklagte wendete örtliche und sachliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein, sprach sich gegen die vom Kläger vorgenommene Klagsänderung aus und bestritt im übrigen das Klagebegehren dem Grund und der Höhe nach.
Das Erstgericht entschied, daß die vom Kläger vorgenommene Klagsänderung nicht zugelassen werde.
Es begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß die ursprünglich vom Kläger eingebrachte Klage im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens spruchreif sei, weil bereits am 16.3.1990 das Eigentumsrecht an der hier in Frage stehenden Liegenschaft für andere Personen einverleibt worden sei. Zur Entscheidung über das ursprüngliche Klagebegehren bedürfe es daher keiner weiteren Beweisaufnahmen; durch die vom Kläger vorgenommene Klagsänderung sei eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung des Verfahrens zu besorgen.
Dem dagegen gerichteten Rekurs des Kläges gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge; es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne der Zulassung der vom Kläger vorgenommenen Klagsänderung ab. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß Klagsänderungen im Sinne des § 235 Abs 3 ZPO aus Gründen der Prozeßökonomie tunlichst zuzulassen seien, wenn sie den Parteien und dem Gericht einen zweiten Prozeß ersparten und ihrer Art nach geeignet seien, das streitige Verhältnis zwischen den Parteien erschöpfend und endgültig zu bereinigen. Weder die Aussichtslosigkeit des ursprünglichen Begehrens noch die Notwendigkeit einer Vertagung rechtfertigten in einem solchen Fall für sich allein die Zurückweisung einer Klagsänderung. Gerade Klagsänderungen in einem frühen Verfahrensstadium seien in der Regel zu bewilligen, weil in diesem Fall der überflüssige Prozeßaufwand noch gering gehalten sei. Die vom Kläger vorgenommene Klagsänderung sei nach diesen Gesichtspunkten zulässig.
Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht im wesentlichen damit, daß sich der hier vorliegende Sachverhalt nicht unbedingt in die von der Judikatur herausgearbeiteten Grundsätze einordnen lasse, zumal der Kläger bei Einsichtnahme in das Grundbuch vor Klagseinbringung in der Lage gewesen wäre, seinen nunmehr modifizierten Anspruch, für dessen Geltendmachung das angerufene Gericht auf Grund der Gerichtsstandsvereinbarung zuständig sei, sogleich in der Klage geltend zu machen.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.
Gemäß § 235 Abs 3 ZPO kann das Gericht eine Klagsänderung
selbst nach Eintritt der Streitanhängigkeit und ungeachtet der
Einwendungen des Gegners zulassen, wenn durch die Änderung die
Zuständigkeit des Prozeßgerichtes nicht überschritten wird und aus
ihr eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung
nicht zu besorgen ist.
Die erste der in dieser Gesetzesstelle normierten
Voraussetzungen für die Zulassung der Klagsänderung ist somit die
Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes zur Entscheidung über das
geänderte Klagebegehren; bei ihrem Fehlen wäre die Klagsänderung
nicht zuzulassen (siehe dazu Fasching, Zivilprozeßrecht2 Rz 1240).
Diese Voraussetzung liegt entgegen den Rechtsmittelausführungen hier vor.
Die Zuständigkeitsvereinbarung im Sinne des § 104 JN ist eine Prozeßhandlung (Fasching aaO Rz 196); sie teilt nicht das Schicksal der materiellrechtlichen Hauptvereinbarung und bleibt unabhängig davon bestehen, ob die Hauptvereinbarung bestritten, ihr Bestand überhaupt verneint oder ihre Auflösung begehrt wird (Fasching, Kommentar I 500 f; SZ 2/62; JBl 1932, 544; 1 Ob 168/74). Selbst wenn also der vorliegende schriftliche Kaufvertrag der Streitteile vom 5.2.1990 im Sinne seines Punktes V (letzter Absatz) aufschiebend bedingt geschlossen wurde, ändert dies nichts daran, daß die Streitteile im Punkt VI dieses Vertrages für etwaige Streitigkeiten aus diesem Vertrag gemäß § 104 JN ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwertes die Zuständigkeit des Erstgerichtes vereinbart haben. Wenn sich im Verfahren herausstellen sollte, daß zwischen den Streitteilen ein Kaufvertrag nicht zustandekam, ändert dies an der Wirksamkeit der getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung nichts; das in diesem Fall unberechtigte Klagebegehren wäre dann eben abzuweisen. Die Gerichtsstandsvereinbarung muß sich auf einen bestimmten Rechtsstreit oder auf die aus einem bestimmten Rechtsverhältnis oder Recht entspringenden Rechtsstreitigkeiten beziehen (§ 104 Abs 2 JN). Alle aus einem bestimmten Rechtsverhältnis oder Recht abgeleiteten Klagen, gleichgültig, ob es sich um Leistungs-, Rechtsgestaltungs- oder Feststellungsklagen handelt, werden von der Gerichtsstandsvereinbarung umfaßt, außer der Wortlaut der Vereinbarung beschränkt die Klagsansprüche ausdrücklich in eine bestimmte Richtung (Fasching, Kommentar I 505 und Zivilprozeßrecht2 Rz 197). Im vorliegenden Fall haben die Streitteile ohne jede Einschränkung die Zuständigkeit des Erstgerichtes für "etwaige Streitigkeiten" (aus dem von ihnen geschlossenen Kaufvertrag) vereinbart. Dies gestattet eine Einschränkung der getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung etwa auf Ansprüche auf Vertragserfüllung nicht. Der Wortlaut dieser Vereinbarung kann vielmehr nur dahin aufgefaßt werden, daß die Parteien alle Streitigkeiten im Auge hatten, die sich aus der Tatsache des Vertragsabschlusses ergeben (vgl. SZ 24/195). Eine derartige Streitigkeit ist aber auch ein auf Nichterfüllung des Vertrages gestütztes Schadenersatzbegehren, weil auch dieses das wirksame Zustandekommen des zwischen den Parteien strittigen Kaufvertrages voraussetzt.
Gegen die Zuständigkeit des Erstgerichtes zur Entscheidung über das geänderte Klagebegehren bestehen daher keine Bedenken. Im übrigen entspricht es Lehre und ständiger Rechtsprechung (Fasching Kommentar III 122 und Zivilprozeßrecht2 Rz 1240; ZVR 1990/60 mwN uva), daß Klagsänderungen, soweit tunlich, zuzulassen sind und daß insbesondere der Zulassung einer schon knapp nach Beginn eines Rechtsstreites beantragten Klagsänderung nicht entgegensteht, daß das ursprüngliche Klagebegehren ohne weitere Beweisaufnahme hätte abgewiesen werden können (SZ 43/35; SZ 47/49; ZVR 1990/60 uva), wobei in derartigen Fällen unerheblich ist, ob das ursprüngliche (verfehlte) Klagebegehren auf eine allenfalls mangelhafte Prozeßvorbereitung des Klägers zurückzuführen ist. Davon abzugehen bieten im vorliegenden Fall die Rechtsmittelausführungen des Beklagten keinen Anlaß. Dem Revisionsrekurs des Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben.
Gemäß den §§ 40, 50 ZPO hat der Beklagte die Kosten dieses erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
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