OGH 13Os77/90

OGH13Os77/9011.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Oktober 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wachberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ingrid G*** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs 1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.Mai 1990, GZ 12 f Vr 4005/90-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, der Angeklagten Ingrid G*** und des Verteidigers Dr. Toth zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die frühere Geschäftsfrau und derzeitige Hauswartin Ingrid G*** wurde des Verbrechens der betrügerischen Krida nach dem § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie ihr Vermögen verringert und dadurch die Befriedigung ihrer Gläubiger um einen 500.000 S übersteigenden Betrag vereitelt oder geschmälert, indem sie

I. am 2.Februar 1987 im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem am 17. Oktober 1986 verstorbenen Vater Rudolf K***, AZ A 1068/86 des Bezirksgerichtes Wr. Neustadt, sich der Erbschaft entschlug (Schaden 661.280,40 S);

II. am 28.Juli 1987 im Verlassenschaftsverfahren nach ihrer am 24. Mai 1987 verstorbenen Mutter Anna K***, AZ A 646/87 des Bezirksgerichtes Wr. Neustadt, mit ihrem Bruder Rudolf K*** ein Erbübereinkommen abschloß, wonach dieser den gesamten Nachlaß übernimmt und Ingrid G*** von ihm insgesamt 500.000 S erhält, davon 300.000 S in Form der Tilgung einer bestehenden Schuld, die restlichen 200.000 S in zehn Jahresraten zu je 20.000 S (Schaden 1,075.644,65 S)

III. Mitte 1988 nach Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen zur Konkursmasse gehörende Gegenstände im Gesamtwert von 14.350 S verkaufte und "sich den Verkaufserlös behielt".

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Einen Verfahrensmangel (Z 4) erblickt die Beschwerdeführerin in der Abweisung ihrer Anträge auf Vernehmung der Zeugen Herbert L***, Hermine und Fritz K*** und Alois S*** zum Nachweis dafür, daß ihr Bruder Rudolf K*** auf einer der in Rede stehenden Liegenschaften "allein aus eigenen Mitteln" ein Bauwerk errichtet hat und daß dieser auf Grund "familiärer Absprachen" diese Liegenschaft "als Alleinerbe" übernehmen sollte, sowie auf Ergänzung des Gutachtens (des von der Angeklagten privat beigezogenen Sachverständigen Dipl.Ing. Dr. Reinhard H***) zum Nachweis dafür, daß den Gläubigern durch die Erbsentschlagung und das Erbenübereinkommen "keine nennenswerten Beträge entzogen wurden", wenn man "vom bloßen Anteil der Beschuldigten am Grundwert ausgeht"; ferner auf Vernehmung des Notars Dr. S*** zum Beweis dafür, daß die Formulierungen im Verlassenschaftakt von ihm und nicht von der Angeklagten stammen, und letztlich Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen (Dipl.Ing. Dr. Karl B***) zum Beweise dafür, daß ihr im Zeitpunkt der Erbsentschlagung und des Erbenübereinkommens die Notwendigkeit eines Insolvenzverfahrens nicht klar war und sie jedenfalls nicht "in der Absicht" gehandelt haben konnte, durch Erbsentschlagung und Erbenübereinkommen eine Gläubigerschädigung vorzunehmen (AS 274, 275).

Diese Beweisanträge wies der Schöffensenat mit im Urteil nachgetragener, im wesentlichen zutreffender Begründung ab (AS 275; 288 ff).

Auf den Umstand, daß die Angeklagte selbst nicht behauptet hatte, das in Rede stehende Bauwerk wäre "allein aus eigenen Mitteln" ihres Bruders errichtet worden (AS 157, 159), wies der Schöffensenat richtig hin (AS 288). Dazu kommt, daß auch Rudolf K*** jun. keine derartige Behauptung aufgestellt hat (AS 262) und der als Zeuge vernommene geschiedene Gatte der Angeklagten Hans B*** von einer gemeinsamen Bauführung im Sinne der vom Erstgericht getroffenen Urteilsannahmen (AS 283) berichtet hat (AS 241, 243; 272). Demgemäß konnte der Schöffensenat von der Vernehmung der zu diesem Beweisthema beantragten Zeugen ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte der Angeklagten Abstand nehmen, zumal insoweit die Verantwortung der Angeklagten mit den Angaben der vom Gericht vernommenen Zeugen K*** jun. und B***, die an der in Rede stehenden Bauführung mitwirkten und über unmittelbar erlebte Vorgänge berichteten, übereinstimmten und bei Antragstellung keine Gründe dafür angegeben wurden, warum durch die Vernehmung der beantragten außenstehenden Zeugen die Beweislage eine maßgebliche Veränderung erfahren könnte. Wozu noch kommt, worauf die Erstrichter ebenfalls verwiesen haben, daß derjenige, der nach außen die Bezahlung der Baukosten übernimmt, keineswegs im Innenverhältnis für diese aufgekommen sein muß.

Desgleichen wurden Verteidigungsrechte der Angeklagten auch dadurch nicht verletzt, daß es der Schöffensenat ablehnte, Zeugen, deren im zivilgerichtlichen Verfahren abgelegte Aussagen vorlagen (AS 288, 289), in der Hauptverhandlung (erneut) zu vernehmen. Denn auch dazu wurde in keiner Weise dargetan, daß die Zeugen nunmehr über bloß rechtlich unwirksame angebliche "familienrechtliche Absprachen" - die jedenfalls keinen Niederschlag in Form einer letztwilligen Verfügung fanden - hinausgehende Angaben machen und damit zur weiteren Klärung des Sachverhaltes beitragen könnten. Ohne Verstoß gegen Verfahrensvorschriften konnte der Schöffensenat auch eine Ergänzung des Gutachtens des von der Angeklagten selbst beauftragten Sachverständigen Dr. H*** nach den getrennten Werten von Grund und Bauwerk ablehnen. Denn, abgesehen davon, daß Dr. H*** ohnehin eine gesonderte Auswertung vorgenommen hat (AS 45 ff), fehlt zur Aufnahme dieses Beweises die Relevanz des Beweisthemas als grundlegende Voraussetzung. Die Tatrichter haben nämlich eine Ausklammerung des Bauwerkes aus der Wertermittlung, der Beweislage entsprechend, abgelehnt und stellte der Schöffensenat dazu ohnedies nur fest, daß den Gläubigern ein Schaden von zumindest 1,000.000 S erwachsen ist (AS 284).

Eine Vernehmung des Notars Dr. S*** konnte unterbleiben, weil der Schöffensenat aus den im Verlassenschaftsverfahren gewählten Formulierungen keinerlei Rückschlüsse zog. Daß aber diese Vernehmung - wie die Beschwerdeführerin in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde ausführt - ein Indiz für die Richtigkeit ihrer Verantwortung erbringen sollte, wonach "es ihr darauf ankam, im Sinne der familienrechtlichen Vereinbarungen die Verlassenschaft nicht anzutreten", ist dem bei Antragstellung genannten (allein maßgeblichen) Beweisthema nicht zu entnehmen. Insoweit fehlt es daher für die erfolgreiche Geltendmachung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes schon an einem prozeßordnungsgemäß gestellten Beweisantrag.

Von vornherein nicht zielführend war der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. B*** zum Nachweis dafür, daß sie "keinesfalls die Absicht gehabt haben konnte, durch Erbsentschlagung und Erbenübereinkommen eine Gläubigerschädigung vorzunehmen", weil ihr - wenn überhaupt - erst im Herbst 1987 "die Notwendigkeit eines Insolvenzverfahrens subjektiv klar wurde". Es ist nämlich auch hier der Auffassung der Erstrichter beizupflichten, daß das Bevorstehen einer Kridasituation oder deren Eintritt nicht Tatbestandserfordernis ist. Vielmehr genügt - worauf der Schöffensenat mit mängelfreier und von der Beschwerdeführerin insoweit auch gar nicht bekämpfter Begründung abstellt - daß die Angeklagte im Bewußtsein zahlreicher "seit 9.Juli 1985 exekutiv andrängender Gläubiger" handelte (AS 284, 285; 290) und dadurch vorsätzlich die Schmälerung der Befriedigung dieser Gläubiger bewirkte (AS 284, 285; 292), indem sie deren Zugriff auf die angefallene Erbschaft verhinderte. Demgemäß konnte der auf den Zeitpunkt der Kenntnis der "Notwendigkeit eines Insolvenzverfahrens" abstellende Beweisantrag ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abgewiesen werden.

Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Undeutlichkeiten (Z 5) betreffen, soweit sie überhaupt vorliegen, keine entscheidungswesentlichen Urteilsannahmen. Daß sich die Größe des von Rudolf K*** jun. an der in Rede stehenden Bauführung arbeitsmäßig und in finanzieller Hinsicht geleisteten Anteils nicht feststellen ließ, ist ein beweismäßiges Manko aber keine undeutliche Feststellung. Nicht entscheidend ist, ob der dem an der Bauführung mitwirkenden geschiedenen Gatten der Angeklagten anläßlich der Ehescheidung übergebene und jedenfalls nur dessen finanziellen Einsatz (und nicht auch dessen Arbeitsleistung) abdeckende Betrag von 150.000 S angemessen war oder nicht. Nach den insoweit maßgebenden Urteilsannahmen steht jedenfalls fest - was die Beschwerdeführerin aber ignoriert -, daß Rudolf K*** jun. die Bauführung nicht allein bestritt.

Mit dem weiteren Einwand, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, ob die Angeklagte die von ihr "Mitte 1986" herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit auch erkannte, übergeht sie die ausdrückliche (gegenteilige) Konstatierung (AS 284).

Dem Beschwerdevorbringen zuwider liegt auch eine Unvollständigkeit nicht vor. Denn der Umstand, daß die Angeklagte (möglicherweise) gewisse "Vorausempfänge" ("Unterstützungsbeträge", die sie angeblich ihrem Bruder schuldet) erhalten hat, wurde vom Schöffensenat nicht übergangen (AS 285; 293, 294). Keine Bedeutung kommt der Frage zu, wer "die Formulierungen im Verlassenschaftsverfahren" gestaltete, zumal der Inhalt der Vereinbarung jedenfalls dem Willen der Beschwerdeführerin entsprach, die Erbschaften nach ihren Eltern nicht anzutreten. Die leugnende Verantwortung der Angeklagten wurde vom Schöffensenat - dem Beschwerdevorbringen zuwider - ohnedies in seine Erwägungen miteinbezogen. Daß der Bruder der Angeklagten Rudolf K*** jun. den Hauptanteil an der Errichtung des Hauses hatte, stellte der Schöffensenat beschwerdekonform fest, des weiteren geht er - wie bereits oben ausgeführt - auch davon aus, daß Rudolf K*** jun. möglicherweise Forderungen gegen seine Schwester hatte (AS 293, 294), denen jedoch im gegenständlichen Straffall nicht die von der Beschwerdeführerin behauptete Bedeutung zukommt. Auch der Umstand, daß den Kindern der Angeklagten aus der Verlassenschaft ein Betrag von 200.000 S zukommen sollte, fand - dem Beschwerdevorbringen zuwider - im Urteil angemessene Berücksichtigung (AS 285); desgleichen ihr Gespräch mit ihrem Sachverständigen Dr. H*** aus Anlaß der Auftragserteilung (AS 291). Daß der Zeuge B*** als Abgeltung für seinen finanziellen Aufwand beim Hausbau 150.000 S erhalten hat, stellt der Schöffensenat ausdrücklich fest (AS 283), ohne allerdings aus dieser Tatsache die von der Beschwerdeführerin verlangte Schlußfolgerung zu ziehen. Von einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung kann sohin keine Rede sein.

Schließlich versagt auch der Beschwerdeeinwand, dem Urteil sei eine zureichende Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht zu entnehmen. Vielmehr schloß der Schöffensenat formell einwandfrei aus dem äußeren Tatablauf in Verbindung mit dem Umstand, daß die Angeklagte seit Mitte 1986 ihre aussichtslose finanzielle Situation kannte (AS 284, 290, 292) und im Bewußtsein der Existenz zahlreicher exekutiv andrängender Gläubiger handelte (AS 284, 285; 290), daß sie durch ihre eine Vermögensverringerung bewirkenden Erklärungen in den Verlassenschaftsverfahren auch verhindern wollte, daß die Gläubiger zur Befriedigung ihrer Forderungen auf den der Angeklagten zustehenden Erbteil greifen, wobei der dadurch den Gläubigern entstandene Vermögensschaden zumindest 1,000.000 S beträgt (AS 284).

Die Mängelrüge der Beschwerdeführerin zum Schuldspruch laut Punkt III des Urteilssatzes aber entbehrt mangels Konkretisierung der Einwände überhaupt einer gesetzmäßigen Darstellung. Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) der Beschwerdeführerin versagt. Sie vermag nicht aus den Akten hervorgehende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Vielmehr wendet sie sich - nach Art einer in der Senatsgerichtsbarkeit unzulässigen Schuldberufung - bloß gegen die Beweiswürdigung des Schöffensenates.

Schließlich versagen auch die Rechtsrügen der Angeklagten:

Gegen die Schuldsprüche Punkt I. und II. wendet die Beschwerdeführerin ein, sie habe weder durch ihre Erbsentschlagung im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Vater noch durch das Erbenübereinkommen mit ihrem Bruder im Verlassenschaftsverfahren nach ihrer Mutter eine Verringerung ihres Vermögens bewirkt, weil "die bloße Möglichkeit, eine Erbschaft anzutreten", kein dem Zugriff der Gläubiger unterliegendes, pfändbares Vermögen im Sinne des § 331 EO darstelle und die in einem einseitigen Verfügungsakt bestehende Ausschlagung einer Erbschaft auf den Anfall derselben zurückwirke, sodaß hiedurch eine Verminderung im Vermögen des Erben gar nicht eintreten könne. Die Argumentation des Erstgerichtes befasse sich bloß mit zivilrechtlichen Anfechtungsmöglichkeiten im Rahmen der Konkurs- oder der Anfechtungsordnung ohne überhaupt zu sagen, ob die Angeklagte ihr Vermögen wirklich oder nur zum Scheine verringert hat und durch welche der im § 156 Abs 1 StGB aufgezählten (gleichwertigen) Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Befriedigungsrechte ihrer Gläubiger bewirkt worden sein soll.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Soweit die Beschwerdeführerin mit diesen Einwänden jene Urteilsfeststellungen übergeht, wonach sie am 2.Februar 1987 durch die Ausschlagung der Erbschaft und am 28.Juli 1987 durch das Erbenübereinkommen mit ihrem Bruder, sohin durch der Generalklausel des § 156 Abs 1 StGB zu unterstellende Tathandlungen, ihr Vermögen wirklich (und nicht bloß zum Schein) verringert hat, entbehrt die Rechtsrüge, die ein Festhalten am gesamten im Urteil konstatierten Sachverhalt erfordert, einer gesetzmäßigen Darstellung.

Im übrigen ist das (nach dem Tode des Erblassers eingetretene: § 536 ABGB) Erbrecht (§ 532 ABGB) ein - vererbbares (§ 537 ABGB) und veräußerliches (§ 1278 ABGB) Recht, durch Erbserklärung (§ 800 ABGB) die ganze Erbschaft oder einen aliquoten Teil derselben in Besitz zu nehmen. Es ist ein absolutes Erwerbsrecht, welches das ABGB als "dingliches Sachenrecht" bezeichnet (§§ 308, 532). Bei der im Strafrecht überdies gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist unter Vermögen die Gesamtheit aller wirtschaftlich ins Gewicht fallenden und rechnerisch feststellbaren Werte zu verstehen (Kienapfel BT II2 RN 119 zu § 146). Der daraus abzuleitende Anspruch auf den Nachlaß (oder einen Teil desselben) ist demgemäß selbst gegen einen anderen, dem jener bereits eingeantwortet wurde, durchzusetzen (§ 823 ABGB).

Somit beurteilte der Schöffensenat die Ausschlagung einer bzw. den Verzicht auf die nicht überschuldete Erbschaft rechtsrichtig als eine das Vermögen der Erbin verringernde Handlung im Sinne des § 156 Abs 1 StGB.

Die weiters in der Rechtsrüge enthaltenen Hinweise auf Entscheidungen, wonach eine Verminderung der Aktiven des Vermögens bei gleichzeitiger Verminderung auch der Passiven ebensowenig eine Vermögensverringerung darstellt wie die Begleichung einer zu Recht bestehenden Forderung durch den Schuldner, sowie daß die Bevorzugung eines Gläubigers vor einem anderen das Tatbild nicht verwirklicht, stellen nicht auf den Urteilsinhalt ab. Sollte damit allerdings gemeint sein, daß die Beschwerdeführerin bloß eine infolge "familienrechtlicher Vereinbarungen" und auf Grund von "Vorausempfängen, Schenkungen und Vorleistungen" (AS 322) zu Recht bestehende Forderung ihres Bruders Rudolf

K*** - vermögensneutral - berichtigt habe, übersieht sie, daß der ihr angefallene Anteil an den Erbschaften mit rund 1,7 Mio S bewertet worden ist (AS 286), die von ihr behaupteten Vorausempfänge nur rund 300.000 S betrugen (AS 285), demgegenüber die effektive Gläubigerschädigung nach den Urteilsfeststellungen ohnedies nur mit ca. 1,000.000 S angenommen wurde (AS 284), sodaß diesem - allenfalls bloß die jedenfalls über 500.000 S liegende Schadenshöhe betreffenden - Einwand für die Lösung der Schuldfrage keine Bedeutung zukommt.

Mit ihren Ausführungen unter dem Titel: "Zum Gläubigerschädigungsvorsatz" setzt sich die Beschwerdeführerin abermals über jene Urteilsfeststellungen hinweg, wonach auch die Verletzung der Befriedigungsrechte ihrer Gläubiger von ihrem Vorsatz umfaßt war (AS 284, 285; 292, 293) und der durch ihr Verhalten herbeigeführte effektive Gläubigerschaden zumindest 1,000.000 S betrug (AS 284); insoweit bringt sie daher den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Der Einwand, zur Verwirklichung des Tatbestandes der betrügerischen Krida sei eine "die Gläubiger irreführende Handlung erforderlich", findet im Gesetz ebensowenig Deckung wie die Behauptung, die Vermögensverringerung müsse "mutwillig, also absichtlich" erfolgen, "um einen Gläubiger zu schädigen". Vielmehr erfordert die Tat weder die Vornahme von Täuschungshandlungen noch setzt sie in bezug auf Tathandlung oder Taterfolg die Schuldform der Absichtlichkeit (§ 5 Abs 2 StGB) voraus (Kienapfel BT II2 RN 20 zu § 156; Leukauf-Steininger StGB2 RN 12 zu § 156).

Was die von der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt ihres Vorsatzes neuerdings bemängelte Schadensberechnung durch das Erstgericht anlangt, übersieht sie - wie bereits dargelegt - daß der Schöffensenat ohnedies nur vom jeweiligen Aktivnachlaß von zusammen rund 1,7 Mio S ausgeht, in dem bei einem konstatierten effektiven Gläubigerschaden von "mindestens 1,000.000 S" die behaupteten "Vorausempfänge, Schenkungen und Vorleistungen" in der Höhe von rund 300.000 S Deckung finden. Einer Konkretisierung der einzelnen Gläubiger und einer genauen Feststellung der jeweiligen Höhe ihrer Forderungen sowie der exakten Höhe der Verbindlichkeiten der Angeklagten zu den Tatzeitpunkten bedurfte es nach Lage des Falles nicht, weil es für die Tatbestandsmäßigkeit ihres Verhaltens ausreicht, daß sie - wie festgestellt - zum Tatzeitpunkt Schuldner einer Mehrheit von mindestens zwei Gläubigern war, und daß zumindest ein Gläubiger tatsächlich geschädigt wurde.

Soweit die Angeklagte zum Schuldspruch III. Feststellungen über ihren Vorsatz in Ansehung der bewirkten Gläubigerschädigung vermißt, übergeht sie die Urteilsausführungen, wonach sie nicht nur im Bewußtsein handelte, gegen den Auftrag des Masseverwalters zu verstoßen, sondern auch im Bewußtsein, daß sie dadurch "und durch ihr Folgeverhalten" (Zueignung des Verkaufserlöses) "zum Nachteil der Gläubiger" eine Vermögensverringerung durchführte (AS 286). Daß auch in bezug auf die Verletzung der Befriedigungsrechte der Gläubiger - dem Beschwerdevorbringen zuwider - Vorsatz ausreicht (und nicht Absicht gefordert wird), wurde bereits dargelegt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Ingrid G*** wurde gemäß den §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 3. April 1990, GZ 12 f Vr 11.956/88-20 (mit welchem sie wegen des von ihr begangenen Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB zu einer dreimonatigen, für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt worden war) nach dem § 156 Abs 2 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollzug gemäß dem § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren ebenfalls bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafzumessung wertete das Schöffengericht als erschwerend das Zusammentreffen zweier Delikte (nämlich unter Bedachtnahme auf das im Vorurteil genannte Vergehen) sowie die Wiederholung der Tathandlungen, mildernd hingegen den bisher ordentlichen Wandel und eine geringfügige teilweise Schadensgutmachung.

Die Berufung der Angeklagten, mit der sie eine weitere Strafreduktion anstrebt, ist nicht im Recht. Von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe kann angesichts der genannten in ihrer Ausprägung durchaus gravierenden Erschwerungsgründe nicht gesprochen werden. Vorliegend fällt der Angeklagten nicht eine falsch eingeschätzte und nicht erkannte Situation zur Last, wie bei der Aburteilung der von ihr gesetzten fahrlässigen Krida, sondern Vorsatz. Der in der Berufung besonders herausgestrichene Umstand, daß ihre nunmehrige Tat mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht, ist ohnehin Voraussetzung des ihr gewährten besonderen Milderungsgrundes des § 34 Z 2 StGB. Achtenswerte Beweggründe können für die insgesamt drei Fakten nicht gefunden werden, vielmehr manifestiert das Verhalten der Angeklagten eine steigende kriminelle Tendenz. Bei gemeinsamer Aburteilung des vorliegenden Verbrechens mit dem bereits genannten Vergehen wäre eine Strafe von 15 Monaten angemessen gewesen. Die nunmehr verhängte Zusatzstrafe, bei deren Androhung es im übrigen blieb, entspricht dieser Beurteilung.

Demnach konnte auch der Berufung kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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