Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.Mai 1959 geborene Jiri R*** des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB (Punkt I/ des Urteilssatzes) und des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs 1 StGB (Punkt II/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Es liegt ihm zur Last, am 17.August 1988 in Innsbruck
I./ Stanislava G*** durch zweimaliges Drosseln mit einem Stoffschal und kräftiges Zurückreißen des Halses vorsätzlich getötet zu haben, sowie
II./ im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit einer bisher unbekannten Person namens "Paul" mit Gewalt gegen Stanislava G***, nämlich durch Zuhalten des Mundes, Knebeln und Drosseln, dieser fremde bewegliche Sachen, nämlich diversen Schmuck, Gold- und Silbermünzen, sowie andere Wertsachen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Dieser Schuldspruch beruht auf einem einhelligen Wahrspruch der Geschwornen, welche die anklagekonforme Hauptfrage 1/ in Richtung Mord ohne Einschränkung und die anklagekonforme Hauptfrage 2/ in Richtung schweren Raub mit der Einschränkung: "jedoch ohne Waffe", bejaht und demgemäß die weiteren Fragen entsprechend der erhaltenen Instruktion unbeantwortet gelassen hatten.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer ausdrücklich auf die Gründe nach Z 6, 9 und (undifferenziert) 11 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung nach dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die Hauptfrage 2/ von den Geschwornen mit einem einschränkenden Zusatz beantwortet wurde, woran er die Schlußfolgerung knüpft, die betreffende Frage sei entgegen dem § 317 StPO nicht so gefaßt gewesen, daß sie sich mit Ja oder Nein beantworten ließ. Dies jedoch nicht mit Recht.
Fehler der Fragestellung sind zwangsläufig nur auf Grundlage des Textes der Fragen und nicht der erfolgten Antworten feststellbar. Der somit maßgebliche Wortlaut der betroffenen Frage, ob der Angeklagte schuldig sei, die näher bezeichnete Raubtat begangen zu haben, läßt eindeutig eine Beantwortung mit Ja oder Nein zu. Im übrigen gestattet das Gesetz den Geschwornen ausdrücklich, eine Frage nur teilweise unter kurzer Beifügung der Beschränkung zu bejahen (§ 330 Abs 2 StPO). Daher erfolgte eine Fragestellung, die den Geschwornen derartige Einschränkungsmöglichkeiten eröffnet, in dem von der Strafprozeßordnung vorgegebenen Rahmen, ohne daß sich allein daraus ein Mangel ergeben kann.
Das unter Bezugnahme auf Z 9 und 11 des § 345 Abs 1 StPO erstattete Vorbringen des Angeklagten beruht zur Gänze auf einer mißverständlichen Auffassung über die Reichweite dieser Nichtigkeitsgründe. Der Beschwerdeführer vertritt nämlich unter weitwendiger Erörterung von Verfahrensergebnissen und den seiner Meinung nach daraus resultierenden Schlußfolgerungen den Standpunkt, daß die Geschwornen die beiden Hauptfragen zu Unrecht bejaht haben und bei richtiger Erfassung der Beweislage diesbezügliche Verneinungen geboten gewesen wären. Sowohl der aus einer undeutlichen, unvollständigen oder in sich widersprüchlichen Antwort der Geschwornen erwachsende Nichtigkeitsgrund nach Z 9 des § 345 Abs 1 StPO als auch die einer Nichtigkeitssanktion unterliegende unrichtige Rechtsanwendung nach Z 11 des § 345 Abs 1 StPO müssen aber ohne Rückgriff auf Beweisfragen unter Zugrundelegung des tatsächlich erfolgten Wahrspruches ableitbar sein und dürfen deshalb keinesfalls auf die Behauptung gestützt werden, daß die Geschwornen die Schuldfrage unrichtig gelöst hätten (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 6 zu § 345 Z 9 und ENr. 2 zu § 345 Z 11 lit a). Daher kann dem Beschwerdeführer nur entgegnet werden, daß die beiden Hauptfragen und ihre Beantwortungen weder eine undeutliche, noch eine unvollständige, noch eine widersprüchliche Äußerung der Geschwornen über den Prozeßgegenstand erkennen lassen. Insbesondere liegen keine einander ausschließenden und daher unvereinbaren Tatsachenannahmen vor, wenn im Wahrspruch zwar bei Feststellung der Raubtat (einschränkende Bejahung der Hauptfrage 2/), nicht aber bei Feststellung der Tötung des Raubopfers (Bejahung der Hauptfrage 1/) ein Zusammenwirken des Angeklagten mit einem Mittäter erwähnt wird. Weder in diesem Punkt, noch in anderer Beziehung ergeben sich aus den Antworten der Geschwornen Tatsachenfeststellungen, die denknotwendigerweise nicht nebeneinander bestehen können und daher einen inneren Widerspruch in der Bedeutung der Z 9 des § 345 Abs 1 StPO aufweisen.
Eine materiellrechtliche Rüge nach Z 11 des § 345 Abs 1 StPO hat an den Tatsachenfeststellungen des Wahrspruchs festzuhalten und einen Vergleich mit den darauf angewendeten strafgesetzlichen Bestimmungen vorzunehmen; es ist dem Beschwerdeführer aber verwehrt, auf Ergebnisse des Beweisverfahrens zurückzugreifen. Die Prüfung der Beweismittel und die Feststellung der Tatsachen obliegt den Geschwornen (§§ 325, 337, 351 StPO; vgl. 13 Os 12/87 ua). Eine derartige prozeßordnungsgemäße Darlegung der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe ist jedoch der gesamten Beschwerde nicht zu entnehmen.
Auch die Prüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt einer damit inhaltlich allenfalls erhobenen Tatsachenrüge (Z 10 a des § 345 Abs 1 StPO) führt zu keinem Erfolg. Er verweist mit seinem weitwendigen Vorbringen im wesentlichen nur auf seine Verantwortung - er habe keinen Raub begehen und das Opfer durch die Drosselung mit dem Schal oder Tuch nur zum Schweigen bringen wollen, habe dabei aber nicht mit Tötungsvorsatz gehandelt; den Mord habe der Mittäter "Paul" ohne sein Wissen begangen - welche er nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens für nicht widerlegt hält. Damit wendet er sich aber ausschließlich gegen die Beweiswürdigung der Geschwornen, zeigt aber nicht auf, inwiefern die Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit in einer Weise verletzt worden wäre, daß daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen resultieren müßten (vgl. 11 Os 44/88 ua). Schließlich sei der Beschwerdeführer noch darauf hingewiesen, daß mit einer Anregung auf "Überprüfung der Strafprozeßordnung durch den Verfassungsgerichtshof" kein Nichtigkeitsgrund geltend gemacht wird. Die auf den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verweisenden, aber keine gesetzliche Differenzierung gleichartiger Sachverhalte bezeichnenden Bedenken des Beschwerdeführers gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 332 Abs 4 StPO und anderer eher allgemein umschriebener prozessualer Bestimmungen bieten - abgesehen von der Frage der Präjudizialität - keinen Anlaß für eine Antragstellung nach dem Art. 140 Abs 1 B-VG.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 75 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 27. April 1989, AZ 33 Vr 113/89, zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe. Dabei waren erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, die teilweise Wiederholung strafbarer Handlungen bezogen auf die Verurteilung wegen des Verbrechens des Raubes, drei einschlägige Vorstrafen wegen Einbruchsdiebstahls bzw. Betruges aus den Jahren 1980, 1982 und 1985, die Begehung der Raubtat in Gesellschaft eines Beteiligten, der rasche Rückfall (der Angeklagte wurde am 11.April 1988 nach Verbüßung einer langen Freiheitsstrafe bedingt entlassen und hat bereits am 17.August 1988 neuerlich folgenschwere Straftaten begangen), sowie die grausame und für das Mordopfer qualvolle Vorgangsweise des Angeklagten; mildernd hingegen war der Umstand, daß der Angeklagte mit seiner Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, weiters eine tiefgreifende Milieuschädigung und mangelnde Persönlichkeitsreife. Der Berufung des Angeklagten, mit welcher er die Verhängung einer zeitlich begrenzten Freiheitsstrafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.
Weitere Milderungsgründe werden nicht aufgezeigt. Dem Vorbringen in der Berufung zuwider kann im Hinblick auf seine Vorverurteilungen und den raschen Rückfall keine Rede davon sein, daß der Angeklagte bisher einen ordentlichen Lebenswandel führte und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stünde (§ 34 Z 2 StGB). Auch liegt weder ein reumütiges Geständnis zu den Fakten des Schuldspruchs vor, noch hat der Berufungswerber die Tat nur aus Unbesonnenheit iS des § 34 Z 7 StGB begangen. Auf der Grundlage der vom Geschwornengericht im wesentlichen richtig und vollständig festgestellten Strafzumessungsgründe und der allgemeinen Strafzumessungsvorschriften (§ 32 StGB) wird die über den Angeklagten verhängte lebenslange Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld vollauf gerecht; sie nimmt auch auf seine gegenüber den rechtlich geschützten Werten gleichgültige Einstellung (die sich in seiner brutalen und grausamen Vorgangsweise gegenüber dem Mordopfer manifestiert) entsprechend Bedacht.
Auch der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
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