OGH 14Os94/90

OGH14Os94/909.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl W*** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Josefine S*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Krems an der Donau vom 1.Juni 1990, GZ 15 Vr 546/89-117, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Petrofsky, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde (ua) die 36-jährige Josefine S*** der Verbrechen (1.) des schweren Raubes nach §§ 142, 143 dritter Fall StGB und (2.) des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie in der Nacht zum 5.September 1989 in Scheideldorf im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem (im selben Verfahren bereits rechtskräftig abgeurteilten) Karl W***

(zu 1) der Johanna S*** mit Gewalt gegen ihre Person, indem sie ihr zahlreiche Schläge versetzten und sie würgten, wodurch die Genannte an sich schwere Verletzungen, nämlich Schwellungen und Blutungen im Kopfbereich sowie einen Nasenbeinbruch erlitt, 3.050 S Bargeld mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und

(zu 2) Johanna S*** dadurch, daß sie sie knebelten und Karl W*** ihr einen Kopfpolster auf das Gesicht drückte, getötet. Die Geschwornen hatten die hinsichtlich eines jeden der beiden Angeklagten (gesondert) gestellte (anklagekonforme) Hauptfrage in Richtung des jeweils unter unmittelbarer Mitwirkung des anderen Mitangeklagten an Johanna S*** begangenen Mordes bei beiden Angeklagten bejaht und die Zusatzfrage nach zur Tatzeit allenfalls gegebener Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) stimmeneinhellig verneint. Die damit im Zusammenhang stehende, die Angeklagte Josefine S*** betreffende Eventualfrage nach Bestimmung des Karl W*** zum Mord an Johanna S*** und die weitere

(uneigentliche) Zusatzfrage hinsichtlich der (Raub-)Qualifikation (des Todes) nach § 143 letzter Fall StGB blieben folgerichtig unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagte Josefine S*** bekämpft - der Sache nach nur - den Schuldspruch wegen Mordes mit einer (nominell) auf die Z 6 und 10 a des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung an die Geschwornen (Z 6) hält die Beschwerdeführerin - unter Hinweis auf die Verantwortung des Mitangeklagten W*** vor den Sicherheitsbehörden und auf das Gutachten des gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr. D*** - deshalb für gegeben, weil der Schwurgerichtshof sowohl in die den Angeklagten W*** als auch in die sie betreffende Hauptfrage nach Mord die unmittelbare Mitwirkung an der Tatausführung im vorsätzlichen Zusammenwirken mit dem jeweils anderen Angeklagten aufgenommen habe. Nach Meinung der Beschwerdeführerin hätte den zuvor bezeichneten, ihre unmittelbare Mitwirkung an der Tatausführung in Frage stellenden Verfahrensergebnissen dadurch Rechnung getragen werden müssen, daß in Ansehung des Angeklagten W*** eine (Eventual-)Frage nach einem von diesem allein begangenen Mord an Johanna S*** gestellt wird.

Die Rüge versagt. Den Geschwornen stand die Möglichkeit einer

bloß teilweisen Bejahung der insoweit an sie

gerichteten - notwendigerweise anklagekonform zu

stellenden - Fragen, insbesondere der den Angeklagten W*** betreffenden Hauptfrage, offen, worauf sie in der ihnen erteilten schriftlichen Rechtsbelehrung (vgl Beilage zu ON 116 S 1 und 21 dieser Rechtsbelehrung und den Inhalt der gemäß § 325 Abs. 2 StPO im Beratungszimmer angeschlagenen allgemeinen Richtlinien und Hinweise für die Geschwornen) hingewiesen wurden. Es wäre ihnen daher bei der Beantwortung der beiden Hauptfragen (nach Mord) freigestanden, eine allenfalls gewonnene Überzeugung von der Alleintäterschaft des Angeklagten W*** durch bloß teilweise Bejahung - Beifügen eines einschränkenden Zusatzes iSd § 330 Abs. 2 StPO - der hinsichtlich dieses Angeklagten gestellten Hauptfrage und Verneinung der bezüglichen die Beschwerdeführerin betreffenden Hauptfrage Rechnung zu tragen (vgl hiezu Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr 30 zu § 317 und ENr 2 und 2 a zu § 330).

Als nicht berechtigt erweist sich auch die Rüge der Beschwerdeführerin aus der Z 10 a des § 345 Abs. 1 StPO. Nach den darin gebrauchten Formulierungen wendet sie sich zunächst gegen die Annahme ihrer unmittelbaren Täterschaft, sohin gegen eine rechtliche Beurteilung, die indes nicht Gegenstand einer Tatsachenrüge sein kann. Im übrigen kommt es bei der Überprüfung einer Tatsachenrüge (Z 10 a) nicht auf die Stichhältigkeit der von den Geschwornen deklarierten Erwägungen (§ 331 Abs. 3 StPO) an, sondern ausschließlich darauf, ob sich für den Obersten Gerichtshof selbst aus den damit relevierten Verfahrensergebnissen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der dem Verdikt zugrundeliegenden Beweiswürdigung ergeben (Mayerhofer-Rieder aaO ENr 8, 10 ff zu § 331). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der Aktenlage eine Vielzahl von Indizien für die der Beschwerdeführerin im Wahrspruch angelastete unmittelbare Mitwirkung an der Tötung der Johanna S*** zu entnehmen (vgl hiezu insbesondere die Verantwortung der Beschwerdeführerin S 57 c, 187/I, die Angaben des Mitangeklagten W*** S 77 b, 84, 86, 129/I und das Gutachten des gerichtsärztlichen Sachverständigen S 155, 385/IV). Die Beschwerde vermag somit weder schwerwiegende unter Außerachtlassung der Verpflichtung des Gerichtes zur amtswegigen Wahrheitserforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung noch anhand der Akten Beweisergebnisse aufzuzeigen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen Lebenserfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen entstehen lassen (EvBl 1988/116 ua).

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt somit nach keiner Richtung hin Berechtigung zu, weshalb sie zu verwerfen war. Das Geschwornengericht verurteilte die Angeklagte nach §§ 28, 75 StGB zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, die einschlägigen Vorstrafen, die Ausnützung der Wehrlosigkeit des Opfers und die durch die Mittäterschaft konsumierte Anstiftung zum Mord, als mildernd hingegen den Umstand, daß die Angeklagte durch ihre Aussage vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, sowie die Verminderung der Hemmschwelle infolge erheblicher psychischer Verwahrlosung. Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte die Herabsetzung der Strafe an.

Auch die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Geschwornengericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde der Umstand, daß die Angeklagte die Urheberin oder Anstifterin der Mordtat war (§ 33 Z 4 StGB) zu Recht als besonderer Erschwerungsgrund gewertet, hat sie doch gegenüber dem Mitangeklagten W*** zum Ausdruck gebracht, daß sie die alte Frau (Johanna S***) umbringen müßten, weil sie sie ja gesehen habe und möglicherweise wiedererkennen könnte (S 57 c, 187/I). Zu Recht wurden aber auch die Vorstrafen der Angeklagten wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen als erschwerend herangezogen, weil diese Straftaten mit Beziehung auf den der Angeklagten hier zur Last liegenden (schweren) Raub jedenfalls auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen (§ 71 StGB). Die "erhebliche psychische Verwahrlosung" der Angeklagten hinwieder hat das Geschwornengericht ohnedies als mildernden Umstand berücksichtigt, dabei jedoch ersichtlich auch insoweit dem Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. K*** (ON 55) folgend zum Ausdruck gebracht, daß die bei der Angeklagten zu beobachtenden Symptome einer erworbenen Geistesschwäche so gering sind, daß diese in bezug auf das hier aktuelle Tatgeschehen als bedeutungslos bezeichnet werden kann und auch keine entscheidende Beeinträchtigung der Dispositionsfähigkeit zur Folge hatte (S 41, 43, 49/II). Ausgehend von den sohin gegebenen besonderen Strafzumessungsgründen und unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung ist die in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren - auch im Verhältnis zu der beim Mitangeklagten W*** mit fünfzehn Jahren

festgesetzten Freiheitsstrafe - jedenfalls gerechtfertigt (§ 32 StGB).

Über die Rechtsmittel der Angeklagten war sohin insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

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