OGH 1Ob660/90

OGH1Ob660/903.10.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache Maria R***, verstorben am 4.Juli 1989 infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Hans Georg C***, Steuerberater, Dellrück, Rietbergerstraße 37, Deutschland, vertreten durch Dr. Friedrich Gehmacher und Dr. Helmut Hüttinger, Rechtsanwälte in Salzburg gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 2.August 1990, GZ 22 R 421/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Abtenau vom 5.Juni 1990, GZ A 48/89-23, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß deren Punkt 2 (Zurückweisung der Erbserklärung) ersatzlos zu entfallen hat.

Text

Begründung

Maria R***, geborene R***, verstarb am 4.7.1989.

Sie hinterließ drei volljährige Kinder. Nach dem Inhalt der Todfallsaufnahme war kein Vermögen vorhanden. Mit Beschluß vom 11.7.1989 sprach das Erstgericht aus, daß eine Verlassenschaftsabhandlung mangels Nachlaßvermögens nicht stattfinde. Am 22.11.1989 stellte der deutsche Staatsangehörige Hans Georg C*** einen Antrag auf Einleitung der Verlassenschaftsabhandlung. Die Erblasserin sei Eigentümerin der Liegenschaft EZ 153 KG Lammertal gewesen. Sie habe ein Testament errichtet, in dem sie ihm diese Liegenschaft vermacht bzw. ihn zum Alleinerben eingesetzt habe. Gleichzeitig erstattete er ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis und beantragte die Einantwortung des Nachlasses. Das Erstgericht wies die Erbserklärung zurück, stellte fest, daß die Liegenschaft EZ 153 KG Lammertal nicht Nachlaßbestandteil sei und wiederholte seinen Beschluß, daß mangels eines Nachlaßvermögens eine Verlassenschaftsabhandlung nicht stattfinde. Es stellte fest, daß Voreigentümer der Liegenschaft der Enkel der Erblasserin Helmut Z*** gewesen sei. Dieser sei wegen finanzieller Schwierigkeiten zum Verkauf der Liegenschaft gezwungen gewesen, er habe aber einen inländischen Interessenten nicht gefunden. Im November 1980 habe die Erblasserin Hans Georg C*** kennengelernt. Da Hans Georg C*** als deutscher Staatsangehöriger ohne Zustimmung der Grundverkehrsbehörde die Liegenschaft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nicht habe erwerben können, habe die Erblasserin mit dem von Notar Peter P***-H*** am 28.1.1981 errichteten

Kaufvertrag die Liegenschaft von Helmut Z*** um den Kaufpreis von S 400.000 erworben. Gleichzeitig habe die Erblasserin mit letztwilliger Verfügung vom selben Tag Hans Georg C*** die Liegenschaft vermacht bzw. ihn zum Erben eingesetzt. Der Ankauf der Liegenschaft sei ausschließlich von Hans Georg C*** finanziert worden. Die Erblasserin habe die Liegenschaft niemals in Besitz genommen bzw. benützt. Nicht einmal ihre drei Kinder hätten Kenntnis gehabt, daß sie Eigentümerin der Liegenschaft geworden sei. Die Liegenschaft sei immer von Hans Georg C*** und seiner Familie benützt worden. Dieser habe den Rohbau zu einem Einfamilienhaus ausgebaut und auch alle öffentlichen Gemeindeabgaben bezahlt. Rechtlich führte das Erstgericht aus, die rechtsgeschäftlichen Bemühungen aller Beteiligten seien darauf gerichtet gewesen, die nach den Bestimmungen des Salzburger Grundverkehrsgesetzes erforderliche behördliche Genehmigung des Grunderwerbs durch Hans Georg C*** als Ausländer zu umgehen. Die Erblasserin sei lediglich als Strohmann vorgeschoben worden, wobei man ihren im Hinblick auf ihr hohes Alter bald zu erwartenden Tod offensichtlich in die Überlegungen miteinbezogen habe. Damit seien aber sowohl der Kaufvertrag als auch der Eigentumserwerb der Erblasserin nichtig und unwirksam. Da niemand mehr Rechte übertragen könne als er selber habe, die Erblasserin tatsächlich nie zur Liegenschaftseigentümerin geworden sei, könne auch mit der letztwilligen Verfügung kein Eigentumsübergang bewirkt worden sein. Zudem sei das Vermächtnis vom 8.1.1981 jedenfalls als Umgehungsgeschäft nichtig. Die Erbserklärung könne wegen Nichtigkeit des Erbrechtstitels nicht zu einer Einantwortung führen. Außerdem sei nach den Bestimmungen der §§ 97, 114 AußStrG über das Inventar bzw. das eidesstättige Vermögensbekenntnis für die Frage, ob eine Sache dort aufzunehmen sei, nur der Besitz des Erblassers am Todestag maßgebend, nicht aber das Eigentum. Dabei habe das Abhandlungsgericht ohne Verweisung auf den Rechtsweg zu entscheiden, ob sich eine Sache im Besitz des Erblassers befunden habe. Nach den getroffenen Feststellungen habe sich die Erblasserin jedoch niemals im Besitz der Liegenschaft befunden. Daher sei deren Aufnahme in das eidesstättige Vermögensbekenntnis zu Unrecht erfolgt. Es sei daher spruchgemäß festzustellen, daß die Liegenschaft kein Nachlaßbestandteil sei. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Hans Georg C*** nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es nicht für zulässig. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte dessen rechtliche Schlußfolgerungen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Hans Georg C*** ist zulässig und teilweise berechtigt.

Ob eine Sache in das Abhandlungsverfahren einzubeziehen ist, hängt von den Besitzverhältnissen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers ab (Eccher in Schwimann, Rz 1 zu § 531 ABGB). Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung, daß eine Liegenschaft, die im Eigentum des Erblassers stand, dann nicht zum Nachlaß gehört, wenn sie bereits einem Dritten zum Besitz übergeben wurde (JBl. 1970, 39; SZ 22/152; ZBl. 1935/140; Eccher aaO, Rz 12; Welser in Rummel2, Rz 12 zu §§ 797, 798). Die Erblasserin war niemals Besitzerin der Liegenschaft EZ 153 KG Lammertal gewesen. Sie hatte keinen Besitzerwerb im Sinn des § 312 ABGB vorgenommen, sie wollte auch nicht durch Hans Georg C*** als ihren Besitzmittler Besitz erwerben. Sie hatte nie die Absicht, die Liegenschaft als die ihrige zu behalten, Zweck der Errichtung des Kaufvertrages und der letztwilligen Erklärung war ausschließlich die Umgehung von Vorschriften des Salburger Grundverkehrsgesetzes. Stellt sich - in welchem Stadium des Verfahrens auch immer - heraus, daß ein Nachlaßvermögen nicht vorhanden ist, ist nach § 72 Abs. 1 AußStrG auszusprechen, daß wegen Abganges eines Vermögens keine Verlassenschaftsabhandlung stattfindet, dies auch dann, wenn bereits eine Erbserklärung abgegeben worden sein sollte (JBl. 1959, 459; SZ 2/100; GlU 13.152; Eccher aaO, Rz 3 zu § 798; Welser aaO; Weiß in Klang2 III 52, 972). Findet aber eine Verlassenschaftsabhandlung nicht statt, so hat eine Entscheidung über eine bereits abgegebene Erbserklärung die einen Antrag auf Einantwortung beinhaltet (Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht3 323) überhaupt zu entfallen (SZ 33/100; Weiß aaO 56).

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben und der Ausspruch über die Zurückweisung der Erbserklärung auszuschalten.

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