OGH 5Ob84/90

OGH5Ob84/9025.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Mag. rer. soc.oec. Renüe M***, geboren 28. Juli 1956, Geschäftsfrau, Graz, Josef-Marx-Straße 6, vertreten durch Dr. Hans Paar, Rechtsanwalt in Graz, wegen Vornahme von Grundbuchshandlungen ob der Liegenschaft EZ 726 Grundbuch 63105 Gries, infolge Revisionsrekurses der

B*** P*** & Co KG, Graz,

Münzgrabenstraße 55, vertreten durch Dr. Guido Held, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 26.April 1990, GZ 1 R 98/90 womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 26.Jänner 1990, TZ 1669/90, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem am 24.November 1989 zwischen Johann M*** als Übergeber und dessen Tochter Mag. rer. soc. oec. Renüe M*** abgeschlossenen Übergabsvertrag übertrug Johann M*** die ihm allein gehörigen Liegenschaften EZ 726 Grundbuch 63105 Gries, bestehend aus den Grundstücken Nr.1407/1 - Baufläche mit dem Haus Brückengasse 3, Nr.1407/3 - Garten und Nr.1410-Garten im Ausmaß von 1354 m2 und die Liegenschaft EZ 2354 desselben Grundbuches, bestehend aus dem Grundstück Nr.1407/2-Garten im Ausmaß von 236 m2 seiner Tochter Mag. Renüe M*** gegen Bezahlung eines Barbetrages von 1,750.000 S sowie die - bücherlich nicht

sicherzustellende - Verpflichtung der Übernehmerin, den Übergeber im Bedarfsfall persönlich und liebevoll zu pflegen und zu betreuen. In Punkt 4.) dieses Übergabsvertrages ist festgehalten, daß die Übernehmerin das Vertragsobjekt bereits vor Unterfertigung dieses Vertrages bewirtschaftet, benützt und verwaltet und alle jene Handlungen gesetzt hat, zu denen sie als Liegenschaftseigentümerin befugt war. In Punkt 5.) desselben Vertrages wird ua festgehalten, daß "das bei beiden Liegenschaften eingetragene Vorkaufsrecht durch den gegenständlichen Übergabsvertrag nicht ausgelöst wird, da die im gegenständlichen Vertrag festgelegte Gegenleistung der Übernehmerin mit Rücksicht auf das enge Verwandtschaftsverhältnis gestaltet wurde und Elemente einer Schenkung enthält (SZ 36/11, SZ 38/227, SZ 49/46)". Schließlich wurde festgestellt, daß der Einheitswert der beiden vertragsgegenständlichen, eine wirtschaftliche Einheit darstellenden Liegenschaften 1,750.000 S beträgt (Punkt 6.) des Vertrages).

Mit Beschluß vom 26.Jänner 1990 (TZ 1669/90) wies das Erstgericht den Antrag der Mag. Renüe M***, auf Grund des Übergabsvertrages vom 24.11.1989 ob der Liegenschaft EZ 726 Grundbuch 63105 Gries das Eigentumsrecht für sie einzuverleiben, ab, weil für die Übertragung der Liegenschaft überwiegend eine Leistung in Geld vereinbart worden sei, das eingetragene Vorkaufsrecht damit augelöst werde und keine Zustimmung des Vorkaufsberechtigten erfolgt sei. Außerdem stellten die übergebenen Liegenschaften eine wirtschaftliche Einheit dar, weshalb die Einverleibung des Eigentumsrechtes nur auf beiden Liegenschaften möglich gewesen wäre. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es dem Antrag stattgab, wobei es aussprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei. Während die vom Erstgericht zitierte Rechtsprechung die Form der Gegenleistung, nämlich überwiegend in Geld, für maßgebend halte, stellten die schon im Vertrag angeführten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zum sogenannten Freundschaftskauf einerseits auf das wertmäßige Verhältnis der Leistungen zueinander und anderseits auf die Parteienabsicht ab. Letztgenannter Judikatur sei der Vorzug zu geben, weil sie auf die zwischen nahestehenden Verwandten häufig vereinbarten Elemente einer Schenkung Bedacht nehme und nur einen "echten" Kauf als das Vorkaufsrecht auslösendes Rechtsgeschäft ansehe. Unter Bedachtnahme auf die im Stadtgebiet in Graz gängigen Quadratmeterpreise bilde die hier vereinbarte Gegenleistung nicht einmal den reinen Bodenwert der beiden Liegenschaften, sodaß die im Vertrag ausdrücklich bekundete Absicht der Parteien, zum Teil eine Schenkung vornehmen zu wollen, auch objektivierbar sei. Es liege daher ein Freundschaftskauf vor, der nach einhelliger Rechtsprechung das Vorkaufsrecht nicht auslöse. Da überdies für eine Verpflichtung, den Vertrag in seiner Gesamtheit verbüchern zu lassen, keine gesetzliche Grundlage bestehe, sei das Grundbuchsgesuch aufrecht zu erledigen gewesen. Im Hinblick auf die doch zum Teil divergierende Rechtsprechung sei der Revisionsrekurs zuzulassen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Vorkaufsberechtigten gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig. Aus der jeden Zweifel ausschließenden Bestimmung des § 1078 ABGB ergibt sich, daß mangels abweichender Vereinbarung nur der Verkauf den Verkaufsfall auslöst und bei einer "anderen Veräußerungsart" das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden kann (Bydlinski in Klang2 IV 2, 872; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1078; Koziol-Welser8 I, 314; Binder in Schwimann, ABGB IV/1, Rz 1 zu § 1078). Nach Lehre und Rechtsprechung sind unter "anderen Vertragsarten" solche Vertragstypen zu verstehen, bei denen sich aus dem Vertragsinhalt ergibt, daß die typischen Vertragszwecke aus der Sicht des Verpflichteten in besonderem Maße an der Person des Partners oder an der von ihm zu erbringenden individuellen Gegenleistung orientiert sind (vgl. Bydlinski, aaO, 873, Aicher, aaO, Rz 2 zu § 1078; SZ 28/54). Im Rahmen der von Lehre und Rechtsprechung vorgenommenen Abgrenzung des Kaufes von "anderen Veräußerungsarten" wurde auch der Begriff des "Freundschaftskaufes" entwickelt, worunter eine aus entgeltlichen und unentgeltlichen Elementen zusammengesetzte Veräußerung verstanden wird, bei der der Kaufpreis im Einverständnis der Parteien so festgesetzt wird, daß er nicht die vollkommene Gegenleistung für die Übertragung der Sache darstellt, zwischen den Parteien vielmehr Einigkeit darüber besteht, daß es sich teilweise um eine unentgeltliche Zuwendung handelt. Daß durch einen solchen Freundschaftskauf ein vereinbartes Vorkaufsrecht nicht ausgelöst wird, entspricht der Lehre und Rechtsprechung (Aicher, aaO, Rz 6 zu § 1078 samt Hinweis auf weitere Lehre und Rechsprechung; Binder, aaO, Rz 6 zu § 1078). Da sich das Rekursgericht im Rahmen dieser von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gehalten hat und die Frage, ob der von der Antragstellerin nach der dem Grundbuchsgesuch zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung für die Übertragung der Liegenschaften zu erbringenden Leistungen keine vollkommene Gegenleistung für die Übertragung der Liegenschaften darstellen und ob der typische Vertragszweck aus der Sicht des aus dem Vorkaufsrecht Verpflichteten in besonderem Maße an der Person des Partners oder an der von ihm ua zu erbringenden individuellen Gegenleistung orientiert ist, von den aus dem Vertragsinhalt sich ergebenden Umständen des Einzelfalles abhängig ist, kann nicht gesagt werden, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes abhing, der - über den Einzelfall hinaus - zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Die Revision mußte daher ungeachtet ihrer Zulassung durch das Berufungsgericht zurückgewiesen werden.

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