Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die klagende Partei ist Minderheitseigentümerin der Liegenschaft EZ 454 GB Oberdöbling; der Erstbeklagten und ihrem Ehemann gehören die restlichen Anteile. Die klagende Partei bringt in ihrer beim Bezirksgericht Döbling eingebrachten Klage vor, die Erstbeklagte und deren mj. Tochter, die Zweitbeklagte, benützten die Wohnungen Nr. 3 und 9 ohne rechtswirksam abgeschlossenen Mietvertrag, weil weder die klagende Partei noch ihr Rechtsvorgänger die hiefür erforderlichen Zustimmungen erteilt hätten, und begehrt die Räumung dieser Wohnungen.
Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück. Die klagende Partei begehre Räumung wegen titelloser Benützung; diese falle nicht unter die im § 49 Abs. 2 Z 5 JN genannten Bestandstreitigkeiten, so daß der Gerichtsstand des § 83 Abs. 1 JN nicht gegeben sei; die Klage sei daher am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten anhängig zu machen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs - mangels oberstgerichtlicher Rechtsprechung - zulässig sei. Es verneinte auch die auf § 81 JN gestützte Zuständigkeit: nach überwiegender zweitgerichtlicher Rechtsprechung stehe dieser Gerichtsstand nicht für auf das Eigentum bzw. Miteigentum gestützte Räumungsklagen gegen den (angeblich) titellosen Benützer zu; sei nicht das dingliche Recht selbst streitig, sondern werde eine auf das Eigentum gestützte Räumungsklage geltend gemacht, fände § 81 JN keine Anwendung. Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zulässig (§ 528 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und 2 ZPO) und auch berechtigt.
Die klagende Partei hält in ihrem Revisionsrekurs die schon in ihrem Rekurs vertretene Meinung aufrecht, § 81 JN erfasse auch Räumungsklagen wegen titelloser Benützung.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Es kann zwar die Meinung der Revisionsrekurswerberin nicht geteilt werden, die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes ergäbe sich aus § 81 Abs. 1 JN. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes gehören nämlich nur solche Klagen, durch die ein dingliches Recht auf ein unbewegliches Gut, die Freiheit von einem solchen Rechte oder die Aufhebung desselben geltend gemacht wird, vor das Gericht, in dessen Sprengel das unbewegliche Gut liegt. Nach ständiger, auch noch jüngst vom Obersten Gerichtshof geteilter Meinung (JBl. 1988, 323), von der abzugehen der erkennende Senat keine Veranlassung sieht, muß das dingliche Recht Klagegegenstand und nicht nur Klagegrund sein. Hieraus folgt, daß die örtliche Zuständigkeit einer nur auf das Eigentumsrecht gestützten Räumungsklage gegen einen titellosen Benützer (zB. Hausbesetzer) nicht auf § 81 JN gestützt werden kann, weil das dingliche Recht (Eigentum) nur Klagegrund ist. Insofern kann der herrschenden zweitinstanzlichen Rechtsprechung (MietSlg. 31.626/23; 32.623 uva; zuletzt 39.719), die auch von der Lehre geteilt wird (Fasching, Komm I 414), gefolgt werden, daß dann, wenn das dingliche Recht als solches unbestritten ist, wie bei der gegen einen titellosen Benützer gerichteten Räumungsklage, für die Anwendung des § 81 JN kein Raum ist.
Zu prüfen bleibt aber, ob das angerufene Gericht nicht nach § 83 Abs. 1 JN örtlich zuständig ist. Danach gehören seit der ZPONov 1983 alle im § 49 Abs. 2 Z 5 JN bezeichneten Streitigkeiten vor das Gericht, in dessen Sprengel die Sache liegt. Zu den dort bezeichneten Streitigkeiten gehören aber nicht nur alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen über unbewegliche oder für unbeweglich erklärte Sachen, sondern ausdrücklich auch Streitigkeiten über das Eingehen, das Bestehen und die Aufhebung solcher Verträge und die Nachwirkungen hieraus. Die vorher bestandene Ausnahme - sofern dieselbe weder das Bestehen eines solchen Vertrages (noch - was hier nicht interessiert - die Bezahlung des Zinses) betrifft - wurde fallengelassen. Dadurch sollte der nicht wünschenswerten Kompetenzzersplitterung entgegengewirkt werden, um im Ergebnis fruchtlose Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden (RV 669 BlgNR 15. GP, 33 iVm 26 und 31; JA 1337 BlgNR 15. GP, 4); die WGN 1989 zeigt dieselbe Tendenz (JA 991 BlgNR 17. GP, 62).
Bei der amtswegigen Prüfung der Zuständigkeit nach § 41 Abs. 1 JN ist nach unbestrittener Ansicht gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung von den Angaben des Klägers in der Klage auszugehen (MGA ZPO14 § 41 JN/12).
Der Kläger bringt ausdrücklich vor, die Erst- und Zweitbeklagte hätten Mietverträge, diese seien aber nicht rechtswirksam geworden, weil die notwendige Zustimmung aller Miteigentümer fehle; mangels eines gültigen Titels hätten die Beklagten daher die Wohnung zu räumen. Damit bringt er selbst die Frage der Gültigkeit der Bestandverträge ins Spiel. Solche Streitigkeiten fallen nunmehr - seit der ZPONov. 1983 - in die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes der gelegenen Sache. Zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten darf § 83 Abs. 1 JN iVm § 49 Abs. 2 Z 5 JN nicht entschränkend dahin ausgelegt werden, daß darunter nur Feststellungsklagen auf Bestehen oder Nichtbestehen des Bestandverhältnisses fallen; darunter fällt auch der sich aus dem (behaupteten) Nichtbestehen ergebende Leistungsanspruch, nämlich das Begehren auf Räumung des Bestandobjektes. Dies kann nicht mit dem Hinweis abgetan werden, das Bestehen des Bestandverhältnisses sei nur Vorfrage; denn eine Feststellungsklage ist nur solange zulässig, als keine Leistungsklage erhoben werden kann (MGA ZPO14 § 228/281 ff). Kann mangels wirksamen Titels bereits Leistungsklage - nämlich das Räumungsbegehren - erhoben werden, hätte dies zur Folge, daß die beabsichtigte und begrüßenswerte Konzentration aller Bestandfragen bei einem spezialisierten Gericht (bzw. Gerichtsabteilung) nicht erreicht wird.
Die vom Obersten Gerichtshof in der noch zum alten Recht (vor der ZPONov. 1983) ergangenen Entscheidung vom 5.5.1983, 7 Ob 599/83 (MietSlg. 35.729), zu einem vergleichbaren Sachverhalt geäußerte gegenteilige Ansicht kann infolge der geänderten Rechtslage nicht aufrechterhalten werden.
Hieraus folgt, daß nach den hier maßgeblichen Klageangaben das angerufene Gericht sachlich und örtlich zuständig ist, so daß die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben sind und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen ist.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.
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