Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden insoweit abgeändert, als der Antrag der Mutter vom 9.11.1989, dem Vater das Besuchsrecht zu entziehen und eine vorläufige Aussetzungsanordnung zu erlassen, abgewiesen wird und die bisher vom Erstgericht erlassenen Vollstreckungsanordnungen wiederhergestellt werden. Im Umfang der negativen Aussprüche des Erstgerichtes über die weiteren Vollstreckungsanträge des Vaters werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. In diesem Umfang wird dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung
Vorerst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die den verfahrensbeteiligten Eltern der Minderjährigen bekannten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vom 16.3.1988, GZ 1 Ob 533/88-92, und vom 5.7.1989, GZ 1 Ob 611-614/89-143, verwiesen, von deren Grundaussagen und rechtlichen Darlegungen abzugehen auch der zum Besuchsrechtsentziehungsantrag der Mutter getätigte Verfahrensaufwand keinen Anlaß bietet.
Die Mutter hat es auf Grund der von den Vorinstanzen festgestellten Tatsachen pflichtwidrig bewirkt, daß der Vater das ihm gerichtlich eingeräumte Besuchsrecht zu seinen beiden ehelichen Kindern seit Jahren kein einziges Mal ausüben konnte, und sich sogar unter gleichzeitiger Befassung von Printmedien und Interventionen bei Verwaltungszentralstellen etc dazu verstiegen, die Besuchsrechtsausübung des Vaters entgegen der Gerichtsentscheidung in keinem Fall zulassen zu wollen. In ihrem Besuchsrechtsentziehungsantrag (vom 9.11.1989) bringt sie gegen den Vater zum größten Teil bereits im langjährigen Verfahren über dessen Besuchsrechtsantrag von ihr dem Gericht bekannt gemachte Tatsachen vor, zum Teil stellt sie aber auch zur Dartuung von angeblich erheblichen Gefährdungen der Kinder durch eine Besuchsrechtsausübung des Vaters Spekulationen an, die durch konkrete Beweise aus der jüngsten Zeit nicht erhärtet und vom Vater in seiner Gegenäußerung jeweils vehement bestritten wurden.
Während das Erstgericht in seinem Beschluß vom 23.11.1989 (ON 153) der Mutter noch wegen wiederholter Verweigerung des väterlichen Besuchsrechtes einen Verweis erteilte und für den Fall weiterer Hinderungen eine Geldstrafe von S 2.000 androhte, setzte es nach Vernehmung der beiden Minderjährigen sowie der Mutter sodann mit seinem Beschluß vom 8.1.1990 (ON 162) entgegen der Äußerung des Vaters (vom 27.11.1989, ON 154) das väterliche Besuchsrecht auf die Dauer von zwei Jahren aus und wies die Vollstreckungsanträge des Vaters ON 155 und 157 ab. Es sei zwar offenkundig, daß die Ablehnung des Vaters durch die Minderjährigen nur durch lange andauernde massive Indoktrinierung durch dritte Personen (= die Mutter) erklärbar seien, Tatsache bleibe aber, daß in den Kindern der Vater als Feindbild aufgebaut und "kultiviert" sowie von ihnen emotional und soweit möglich auch intellektuell abgelehnt werde. Ein dennoch herbeigeführter persönlicher Kontakt der Kinder mit ihrem Vater sei in dieser Situation nur durch unmittelbare Zwangsmaßnahmen gegen die Kinder praktisch durchsetzbar. Dies widerspreche aber nicht nur offensichtlich dem Wohl der Kinder, sondern auch dem Gewaltverbot des § 146 a letzter Satz ABGB. Auch wenn daher die von der Mutter vorgebrachten, aus ihrer Sicht gegen das Besuchsrecht des Vaters sprechenden Argumente weder bewiesen, noch (im Fall ihres Nachweises) zur Verweigerung des persönlichen Kontaktes geeignet seien, müsse das väterliche Besuchsrecht aus Gründen des Kindeswohls für zwei Jahre ausgesetzt werden, damit eine undurchführbare Rechtslage vermieden werde. Der weiteren beantragten Exekutionsmaßnahmen gegen die Mutter bedürfe es somit nicht mehr. Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Gericht zweiter Instanz dem Rekurs der Mutter gegen die mit Beschluß ON 153 wider sie verhängten Vollstreckungsmaßnahmen durch Abweisung des diesbezüglichen Antrages des Vaters Folge, bestätigte jedoch den vom Vater bekämpften Beschluß ON 162 und erklärte in keinem Fall den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Im Vergleich zu den Besuchsrechtsentscheidungen ON 122 und 143 hätten sich die Verhältnisse insoweit wesentlich (zugunsten der Mutter bzw. der Minderjährigen und zu Ungunsten des Vaters) geändert, als nunmehr das Erstgericht auf Grund persönlicher Einvernahme der Kinder zu dem unbedenklichen Ergebnis gekommen sei, daß ein persönlicher Kontakt zwischen Vater und Kindern - wenn überhaupt - nur durch unmittelbare Zwangsmaßnahmen gegen die Kinder durchgesetzt werden könnte, was dem Wohl der Kinder, aber auch dem Gewaltverbot des § 146 a letzter Satz ABGB widerspräche. Werde auch nicht übersehen, daß die Ursache für die derzeitige Situation und Irritierung der Kinder gegenüber dem Vater offenbar in der Person der Mutter gelegen sei, ändere dies nichts daran, daß eine erzwungene Kontaktanbahnung mit dem Vater den psychischen Zustand der so nachteilg beeinträchtigen würde, daß ein Besuchsrecht nicht mehr verantwortet werden könne. Damit seien aber auch die Voraussetzungen für die Verhängung von Zwangsmaßnahmen gegen die Mutter weggefallen. Die in § 14 Abs.1 AußStrG normierten Voraussetzungen für die Zulassung eines ordentlichen Revisionsrekurses lägen nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Vater gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht nur zulässig, weil die Frage der Durchsetzung einer gerichtlichen Entscheidung über das Besuchsrecht gegenüber einer daraus verpflichteten, jedoch die Entscheidung trotz deren Rechtswirksamkeit uneinsichtig ablehnenden Partei zur Wahrung der Rechtssicherheit von erheblicher Bedeutung ist, sondern auch berechtigt.
Wie bereits eingangs dargelegt, bringt die Mutter in ihrem Antrag, das nach einem mehrjährigen Außerstreitverfahren festgesetzte, jedoch wegen des Verhaltens der Mutter bisher kein einziges Mal ausgeübte Besuchsrecht des Vaters zu entziehen und im Sinne des Antrages vorläufige Maßnahmen zu treffen, ausschließlich Umstände vor, die im bisherigen umfangreichen Pflegschaftsverfahren zumindest im Grunde bereits bekannt waren, von der Mutter jedoch spekulativ als für die Kinder und ihre Situation bei einer Besuchsrechtsausübung des Vaters immer gefährlicher dargestellt werden. Wie bei jeder "strittigen" Besuchsrechtsentscheidung wird aber den meist nach der Ehescheidung immer noch zerstrittenen oder gar verfeindeten Eltern zum gedachten Wohl ihrer Kinder bei der Kontakterhaltung zwischen ihnen und dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil die Pflicht auferlegt, ihre Zwistigkeiten hintanzustellen und die Kinder bestmöglich auf diese Kontakte einzustellen und vorzubereiten. Wenn nun - wie im vorliegenden Fall - die Mutter nicht nur einseitig die dargelegten Pflichten bewußt mißachtet, sondern sogar die Kinder massiv gegen den Vater beeinflußt, dann muß dieses Verhalten der Mutter nicht schon auf Grund seines gegen den Vater gerichteten negativen Einflusses von der Rechtsordnung einfach hingenommen, sondern vielmehr zum Anlaß genommen werden, die im Gesetz (§ 19 AußStrG) gegen die Mutter (nicht gegen die Kinder) vorgesehenen Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung zum Einsatz zu bringen, wie es das Erstgericht im übrigen in seiner Entscheidung ON 153 auch zutreffend tat. Im gesamten Verfahren ist nicht hervorgekommen, konnte auch nicht einmal von der Mutter behauptet werden, daß irgendein dem Wohl der Kinder abträglicher Zustand auf ein Verhalten des Vaters aus Anlaß oder bei der (versuchten) Ausübung seines Besuchsrechtes zurückzuführen wäre. Vielmehr muß weiterhin angenommen werden, daß die von der Mutter behaupteten und belegten, für die Kinder negativen Auswirkungen ihren Ursprung und ihre Steigerung allein im Verhalten der Mutter haben, welches sie den Kindern gegenüber im Zusammenhang mit dem Besuchsrecht des Vaters an den Tag legt.
Die von den Vorinstanzen zur Begründung der Besuchsrechtsaussetzung angeführte wesentliche Änderung der Verhältnisse liegt in Wahrheit nicht vor. Daß die 1981 und 1983 geborenen Kinder bei der Befragung durch den Erstrichter den Vater mit "auswendig gelernten, unkindlichen Sätzen" ablehnten und eine - ebenfalls schon verfahrensbekannte - Psychologin (Dr.Gertrude B***) diesen von der Mutter bestätigten Umstand bestätigt, kann nach der ganzen Aktenlage keine wesentliche Änderung der Sachverhaltsgrundlagen bewirken, all dies stellt sich vielmehr als übertrieben dargestellte Wiederholung der schon bekannten Situation dar. Dies zeigt, daß die Einstellung der Kinder keineswegs auf subjektiv beachtliche oder verständliche Beweggründe zurückzuführen ist. Den Parteien wurde schon in der Entscheidung 1 Ob 533/88 klargelegt, daß die bei der Wiederherstellung lange unterbrochener oder unterbundener familiärer Kontakte bei Kindern zu erwartenden Irritationen im üblichen Maße in Kauf genommen und durch die Eltern möglichst gering gehalten werden müssen, damit der nicht obsorgeberechtigte Elternteil den persönlichen Verkehr mit seinen Kindern zu deren Wohl aufrechterhalten oder wiederherstellen kann. Die Mutter wird alles zu unterlassen haben, was das Verhältnis der Kinder zum Vater beeinträchtigt, sie wird vielmehr den Kindern die getroffene Entscheidung plausibel zu machen haben. Erst wenn die Irritation durch die Ausübung des Besuchsrechtes dem Kindeswohl merkbar abträglich wäre, wird das Besuchsrecht zu untersagen sein. Diesen Ausführungen ist auch derzeit nichts hinzuzufügen. Zu Unrecht haben die Vorinstanzen das gesetzliche Gewaltverbot des § 146 a Schlußsatz ABGB ("...die Anwendung von Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig") als Grund für die Besuchsrechtsentziehung angesehen. Diese Bestimmung bezieht sich schon nach ihrer Einordnung und dem Wortlaut auf die Pflege- und Erziehungstätigkeit gegenüber minderjährigen Kindern (vgl. AB 887 Blg 17.GP 4), nicht jedoch auf die Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen, die sich mittelbar auch auf minderjährige Kinder erstrecken (etwa bei einer Kindesabnahme, Besuchsrechtsdurchsetzung usw).
Demnach ist in Stattgebung des Revisionsrekurses des Vaters der Besuchsrechtsentziehungsantrag der Mutter ohne weiteres Verfahren abzuweisen. Das dem Vater gerichtlich eingeräumte Besuchsrecht wird auf geeignete Weise nach dem Gesetz durchzusetzen sein.
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