OGH 5Ob70/90 (5Ob71/90)

OGH5Ob70/90 (5Ob71/90)11.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin "K*** S*** KG Komm.Rat Ludwig S***", Salzburg, Ignaz Harrer-Straße, vertreten durch Dr. Friedrich Stix, öffentlicher Notar in Salzburg, wegen Vormerkung des Eigentumsrechtes und Anmerkung der Rechtfertigung ob der Liegenschaft EZ 107 Grundbuch Lehen KG 56537 Salzburg infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 3. Mai 1990, GZ 22 R 194, 195/90 (TZ 6727/90), womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Salzburg vom 31. Jänner 1990, TZ 1559/90, und vom 7. Februar 1990, TZ 1820/90, abgeändert wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Am 25. 1. 1990 schlossen die "S*** KG. Komm.Rat Ludwig S***" und die "K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S***", beide vertreten durch den Konsul Ing. Hannes E*** als den alleinzeichnungsberechtigten Geschäftsführer der "S*** Handelsgesellschaft mbH", der persönlich haftenden und zur alleinigen rechtsverbindlichen Zeichnung berechtigten Gesellschafterin beider Kommanditgesellschaften, einen Vertrag, der auszugsweise lautet wie folgt:

"Präambel.

Die S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** mit dem Sitz in Salzburg ist beim Landes- als Handelsgericht Salzburg zu HRA 510 registriert. Die Gesellschaft wurde bis zum Jahre 1967 in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft geführt, wobei die Registrierung am 10. 2. 1948 beim Handelsregister erfolgte.

Die Firma K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** mit dem Sitz in Salzburg ist beim Landes- als Handelsgericht Salzburg zu HRA 2661 registriert, wobei die Eintragung am 18. 12. 1972 erfolgte. Mit Kaufvertrag vom 24. 4. 1970 hat die damals firmierende S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** und Franziska S*** (nunmehr S*** KG. Komm.Rat Ludwig S***) die Liegenschaft EZ. 107 Grundbuch Lehen KG. 56537 Salzburg, bestehend aus den Grundstücken ....., erworben. Im Grundbuch scheint bei der EZ. 107 Grundbuch Lehen KG. 56537 Salzburg die S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** als Alleineigentümerin auf.

Bis zum 31. 12. 1973 bestand eine Unternehmenseinheit zwischen der K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** und der nunmehr

firmierenden S*** KG. Komm.Rat Ludwig S***, vormals S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** und Franziska S***. Per 1. 1. 1974 wurde diese Unternehmenseinheit aufgelöst und wurde insbesondere die Liegenschaft EZ. 107 Grundbuch Lehen KG. 56537 Salzburg dem Betriebsvermögen der K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** zugeschrieben, sodaß die K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** seit dem 1. 1. 1974 diese Liegenschaft als ihr Eigentum führt und auch ihr alle aus dem Eigentumsrecht resultierenden Rechte und Pflichten seit diesem Zeitpunkt zukommen. Die Aufteilung auf die beiden Unternehmen erfolgte zu Buchwerten, ohne jedwede Ausgleichszahlung. In den Bilanzen der K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** ist die Liegenschaft EZ. 107 Grundbuch Lehen KG. 56537 Salzburg als Betriebsvermögen seit dem 1. 1. 1974 bis heute verzeichnet, auch in den Prüfungsberichten der Stammbetriebsprüfungsstelle des Finanzamtes Salzburg Stadt ist die Zuordnung der Liegenschaft EZ. 107 Grundbuch Lehen

KG. 56537 Salzburg zum Betriebsvermögen der K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** bestätigt.

Der vorliegende Vertrag wird daher in der Absicht abgeschlossen, die Eigentumsrechte im Grundbuch den seit 1. 1. 1974 bestehenden tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechend anzupassen und richtigzustellen.

I.

Im Sinne der Ausführungen der Präambel tritt hiemit die S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** die Liegenschaft EZ. 107 Grundbuch Lehen KG. 56537 Salzburg an die K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** ab und diese übernimmt hiemit im Abtretungswege von ersterer diese Liegenschaft mit allem tatsächlichem und rechtlichem Zubehör und allem, was mit dem Abtretungsobjekt erd-, mauer-, niet- und nagelfest verbunden ist, in ihr volles und unwiderrufliches Eigentum. Von den Vertragsparteien wird festgehalten, daß für den gegenständlichen Abtretungsvorgang keine Gegenleistung zu erbringen ist.

II.

Von den Vertragsparteien wird festgehalten, daß die Übergabe und

Übernahme des Vertragsobjektes in den Besitz und Genuß der

K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** bereits am

1. 1. 1974 erfolgt ist. Von diesem Zeitpunkt an gingen auch alle

Pflichten und Lasten betreffend die vertragsgegenständliche

Liegenschaft auf die K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S***

über ......

......

V.

Die Vertragsparteien erteilen hiemit ihre ausdrückliche Einwilligung, daß ob der Liegenschaft EZ. 107 Grundbuch Lehen KG. 56537 Salzburg die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** vorgenommen werden kann."

Mit Beschluß vom 31. 1. 1990, TZ 1559/90, bewilligte das Erstgericht infolge Antrages der K*** S*** KG.

Komm.Rat Ludwig S*** aufgrund des Vertrages vom 25. 1. 1990 und der Rangordnung TZ 985/90 bei der der S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** gehörigen Liegenschaft EZ 107 Grundbuch Lehen

KG 56537 Salzburg mangels Vorliegens der Unbedenklichkeitsbescheinigung die Vormerkung des Eigentumsrechtes für die Antragstellerin im Range der Anmerkung TZ 985/90. Am 5. 2. 1990 wurde über das Vermögen der S*** KG.

Komm.Rat Ludwig S*** und der S*** Handelsgesellschaft mbH das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Wolfgang B*** zum Masseverwalter bestellt.

Mit Grundbuchsgesuch vom 6. 2. 1990, beim Erstgericht am selben Tag eingelangt, beantragte die Antragstellerin aufgrund des Vertrages vom 25. 1. 1990 und der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Salzburg B.R.P. 302.066/90 die Anmerkung der Rechtfertigung bei dem für die K*** S*** KG.

Komm.Rat Ludwig S*** vorgemerkten Eigentumsrecht B-LNr. 1. Mit Beschluß vom 7. 2. 1990, TZ 1820/90, bewilligte das Erstgericht die begehrte Grundbuchshandlung ob der Liegenschaft EZ 107 Grundbuch Lehen KG 56537 Salzburg.

Das Rekursgericht gab den gegen die vorerwähnten Beschlüsse des Erstgerichtes erhobenen Rekursen des Rechtsanwaltes Dr. Wolfgang B*** als Masseverwalters in den vorgenannten Konkursverfahren Folge und wies beide Anträge der Antragstellerin mit dem Ausspruch ab, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs jeweils zulässig sei. Es führte, soweit dies im Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist, aus:

Der Vertrag vom 25. 1. 1990 enthalte keinen gültigen Rechtsgrund (§ 26 Abs 2 GBG) für die Einverleibung bzw. Vormerkung des Eigentumsrechtes der K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig

S***. Der Umstand, daß der Vertrag vom 25. 1. 1990 durch eine sogenannte Doppelvertretung zustandegekommen sei, stehe einer Verbücherung des Rechtsgeschäftes allerdings nicht hinderlich im Wege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Gemäß § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen; es darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist (Z 2), das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (Z 3) und die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich ist (Z 4). Dem § 94 Abs 1 Z 2 GBG sind auch gegründete Bedenken gegen Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht dessen zu unterstellen, der eine Vertragsurkunde im Vollmachtsnamen eines Vertragspartners unterfertigte (NZ 1988, 54 mwN und Anmerkung von Hofmeister). Das Ansuchen kann nur dann bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt ein derartiger ist, daß er nicht nur in formeller Beziehung unbedenklich erscheint, sondern auch bezüglich der materiellrechtlichen Fragen keinerlei Zweifel aufkommen läßt (NZ 1989, 163 und 226 je mit Anmerkung von Hofmeister, 5 Ob 116/89 ua). Die Klärung gegründeter Bedenken und Zweifel im Sinne des § 94 Abs 1 GBG ist dem Rechtsweg überlassen (NZ 1988, 54 mit Anmerkung von Hofmeister). Gemäß § 26 Abs 1 GBG können Einverleibungen und Vormerkungen nur aufgrund von Urkunden bewilligt werden, die in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ausgefertigt sind. Nach § 26 Abs 2 GBG müssen diese Urkunden, wenn es sich um die Erwerbung oder Umänderung eines dinglichen Rechtes handelt, einen gültigen Rechtsgrund enthalten. Dieses Erfordernis besteht auch für die Bewilligung der Vormerkung (§ 35 GBG). Rechtsgrund (Titel) ist jedes den Rechtserwerb rechtfertigende Rechtsverhältnis (Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 424; vgl. auch Feil, GBG, Rz 10 zu § 26). Der Rechtsgrund des Erwerbes muß aus der Urkunde hervorgehen; er muß seiner Art nach zum Rechtserwerb geeignet sein (Spielbüchler aaO Rz 4 zu § 433). Es ist aber nicht erforderlich, daß der Rechtsgrund in der Urkunde durch Verwendung juristischer Tatbestandsbegriffe dargelegt wird; es genügt, daß aus den in der Urkunde behaupteten Sachverhaltsmerkmalen in unzweifelhafter Weise ein geeigneter Rechtsgrund abgeleitet werden kann (Spielbüchler aaO Rz 4 zu § 433; Feil aaO; EvBl 1976/54, EvBl 1977/195, NZ 1984, 197). Im vorliegenden Fall läßt sich nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes aus dem Vertrag vom 25. 1. 1990 entgegen der Meinung des Rekursgerichtes ableiten, daß der Eigentumsübertragung eine gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung aus Anlaß der Auflösung der "Unternehmenseinheit", d.i. der durch den gemeinsamen Betrieb des Unternehmens zwischen der S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** und der K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** entstandenen offenen Handelsgesellschaft, zugrundeliegt. Eine solche gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung, die in der Regel keine Schenkung ist (vgl. dazu Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 7 zu § 938 mwN), ist auch als eine Eigentumsübertragung rechtfertigender Rechtsgrund anzuerkennen (Spielbüchler aaO, Rz 4 zu § 433 unter Hinweis auf LGZ Wien EvBl 1950/435). Selbst Bedenken in der Richtung, daß allenfalls doch eine (unter Umständen gemischte) Schenkung gegeben sein könnte, schaden hier nicht, weil nach dem in der Vertragsurkunde behaupteten Sachverhalt bereits die wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB, für welche bei Liegenschaften die außerbücherliche Übergabe genügt (Schubert aaO Rz 2 zu § 943 mwN), stattgefunden hat. Der vom Rekursgericht angenommene Abweisungsgrund, daß nämlich der Vertrag vom 25. 1. 1990 den Erfordernissen des § 26 Abs 2 GBG hinsichtlich des Vorliegens eines die Eigentumsübertragung rechtfertigenden Titels nicht genüge, liegt daher nicht vor.

Damit ist jedoch für die Antragstellerin nichts gewonnen, weil

der Bewilligung ihrer Anträge § 94 Abs 1 Z 2 GBG entgegensteht. Beim

Abschluß des Vertrages vom 25. 1. 1990 trat die S***

Handelsgesellschaft mbH (vertreten durch ihren allein

zeichnungsberechtigten Geschäftsführer, den Konsul Ing. Hannes

E***), die allein zeichnungsberechtigte persönlich haftende

Gesellschafterin der S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** und der

K*** S*** KG. Komm.Rat Ludwig S*** ist, als Vertreterin

beider Vertragspartner auf. Soweit die Gefahr einer

Interessenkollision droht, ist aber die Doppelvertretung ebenso wie

das Selbstkontrahieren im engeren Sinn unzulässig, sodaß der

Machthaber insoweit ohne Vertretungsmacht handelt (Apathy in

Schwimann, ABGB, Rz 6 zu § 1009; Koziol-Welser8 I 169 f; Peter

Doralt in Kastner-Stoll, GmbH & Co KG2, 289 ff; EvBl 1983/39,

EvBl 1986/86; ebenso zum Selbstkontrahieren im engeren Sinn sowie

zur Berücksichtigung dieses Umstandes im Grundbuchsverfahren

JBl 1984, 315 und NZ 1988, 54 je mwN). Daß hier die Gefahr einer

Interessenkollision besteht, liegt auf der Hand. Daß die gefährdete

Machtgeberin vorher in die Doppelvertretung eingewilligt oder diese

nachträglich genehmigt hätte (wobei zu beachten ist, daß die

Einwilligung oder Genehmigung nicht wieder vom Vertreter erteilt

werden kann), geht aus der im Grundbuchsverfahren allein

maßgeblichen Vertragsurkunde nicht hervor.

Es war demnach dem Revisionsrekurs im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.

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