OGH 5Ob85/90

OGH5Ob85/9011.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Alfred S***, geboren am 23.Dezember 1921, Malermeister, Wien 18, Canongasse 22, vertreten durch Dr. Herbert Grass, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung der Löschung von Pfandrechten und anderen Grundbuchshandlungen ob der Liegenschaft EZ 548 KG Margarethen infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 28.Mai 1990, GZ 46 R 2022/90, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15.Februar 1990, TZ 1774/90, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß der Beschluß zu lauten hat:

"Auf Grund der Löschungserklärung der Stadt Wien vom 10.1.1990, Beil./A, wird ob den 36/7218-Anteilen des Alfred S***, geboren am 23.12.1921, der EZ 548 Grundbuch 01008 Margarethen die Einverleibung der Löschung der Pfandrechte zu Gunsten der Stadt Wien CLNR 1 im Betrag von 21,494.800 S, CLNR 2 im Betrag von 1,248.000 S, CLNR 3 im Betrag von 214.900 S sowie CLNR 4 im Betrag von 818.500 S je samt Anhang, und die Löschung der Anmerkung der Löschungsverpflichtung zu Gunsten der Stadt Wien, bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1.) Dr. Herbert G***, Rechtsanwalt in Wien 1., Börsegasse 7, unter Anschluß des Originals der Beilage ./A, für Alfred S***,

2.) der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsdirektion, zu MTZ-Th 21/90,

3.) das Finanzamt für den 9., 18. und 19.Bezirk, Wien 9., Nußdorferstraße 90."

Text

Begründung

Das Rekursgericht wies den von Alfred S***, geboren am 23.12.1921, gestellten aus dem Spruch ersichtlichen Antrag ab, weil der Name auf der Löschungsurkunde mit jenem zu BLNR.20 eingetragenen Eigentümer nicht übereinstimme (§ 94 Abs 1 Z 1 und 3 GBG).

Rechtliche Beurteilung

Der von Alfred S*** gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil zu der im Revisionsrekurs aufgezeigten Frage, ob das Grundbuchsgericht bei seiner Entscheidung über einen Grundbuchsantrag das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen heranzuziehen hat, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Mit Recht wendet sich der Revisionsrekurswerber gegen die Ansicht der Vorinstanzen, sein Antrag sei durch die vorgelegte Löschungserklärung nicht gedeckt. In der Löschungserklärung Beil./A erteilt die Stadt Wien, als Pfandgläubigerin, ihre Zustimmung ua zur Einverleibung der Löschung bestimmt angeführter Pfandrechte hinsichtlich "der 36/7218 Anteile der Ella S***, geb. 10.5.1904, B - LNR 20". Aus den im Verfahren veranlaßten Grundbuchsabschriften ergibt sich, daß der Antragsteller auf Grund eines Kaufvertrages vom 30.6.1989 als Eigentümer des unter der LNR 20 aufscheinenden Eigentumsanteiles (36/7218-tel) eingetragen ist. Da jeder Eigentumsanteil (nicht Eigentümer) unmittelbar unter einer LNR eingetragen wird und die Eigentumsanteile unter ihrer Nummer bestehen bleiben, auch wenn der Eigentümer wechselt (vgl. Richtlinien, MGA GUG, 53), besteht kein Zweifel, daß die Freilassungserklärung den unter der B-LNR 20 eingetragenen Eigentumsanteil betrifft, dessen Eigentümer nunmehr der Antragsteller ist. Enthielte die Erklärung keinen Hinweis auf den Eigentümer dieser Anteile, so bestünde überhaupt kein Zweifel hinsichtlich der Frage, auf welche Eigentumsanteile sich die Urkunde bezieht. Handelte es sich bei der am 10.5.1904 geborenen Ella S*** um eine Voreigentümerin dieser Anteile, so gäbe es ebenfalls keine Zweifel darüber, auf welche Eigentumsanteile sich die Freilassungserklärung bezieht. Nur für den Fall, daß die in der Urkunde angeführte Person nicht Voreigentümerin gewesen wäre, wären die von den Vorinstanzen gehegten Zweifel berechtigt. Da der Grundbuchsrichter seine Entscheidung - abgesehen von den ihm vorliegenden Urkunden - nur nach dem Grundbuchsstand fällen darf, ist das Vorliegen solcher Zweifel allein aus dem Grundbuch selbst zu klären, das hier bereits auf automationsunterstützte Datenverarbeitung umgestellt ist.

Für das umgestellte Grundbuch gilt weiterhin der Grundsatz des § 1 GBG, daß das Grundbuch aus dem Hauptbuch und der unverändert gebliebenen Urkundensammlung besteht. § 3 Abs 1 GUG bestimmt, daß zu jedem Hauptbuch ein Verzeichnis der gelöschten Eintragungen zu führen ist, in das die von der Löschung betroffenen Eintragungen zu übertragen sind; dieses Verzeichnis steht dem Hauptbuch rechtlich gleich (Feil, GBG Kurzkommentar, Rz 10 zu § 2 GBG; 1 Ob 515/90). Das Grundbuchsgericht wäre daher verpflichtet gewesen, die hier offene Frage, ob die am 10.5.1904 geborene Ella S*** Rechtsvorgängerin des Antragstellers im Eigentum der Anteile B-LNR 20 war, auf Grund einer Abschrift des Verzeichnisses der gelöschten Eintragungen zu klären. Da die Vorinstanzen diese Prüfung unterlassen haben, schaffte der OGH von Amts wegen eine Abschrift des die gegenständliche Liegenschaft betreffenden Verzeichnisses der gelöschten Eintragungen bei. Daraus ergibt sich, daß die in der Löschungserklärung genannte Ella S***, geb. 10.5.1904, die unmittelbare Voreigentümerin der nunmehr dem Antragsteller gehörigen Miteigentumsanteile war. Es besteht daher kein Zweifel, daß die dem Grundbuchsgesuch zugrunde gelegte Löschungserklärung sich auf die nunmehr dem Antragsteller gehörigen Miteigentumsanteile bezieht. Da die begehrten Eintragungen somit in der beigebrachten Urkunde ihre Deckung finden und ihnen Hindernisse aus dem Grundbuchsstand auch nicht entgegenstehen (§ 94 Abs 1 Z 1 und 3 GBG), erweist sich der Revisionsrekurs als berechtigt, weshalb die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der Bewilligung des Grundbuchsantrages abzuändern waren. Der Umstand, daß der Revisionsrekurswerber lediglich einen Aufhebungsantrag gestellt hat, steht dem nicht entgegen, weil auch im Rekursverfahren nach den §§ 122 ff GBG als außerstreitigem Verfahren keine strengen formellen Anforderungen bezüglich des Rechtsmittelantrages zu stellen sind und Umfang und Ziel der im Revisionsrekurs erhobenen Beschwerde im Sinne der Bewilligung des Grundbuchsgesuches eindeutig erkennbar sind (MGA BGB3 § 122 GBG E 75).

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