OGH 4Ob120/90

OGH4Ob120/9010.7.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hugo B***, Aktiengesellschaft, Metzingen, Dieselstraße 12, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Gerhard Engin-Deniz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Wolfgang G. K***, Rechtsanwalt, in Wien 1., Wiesingerstraße 6, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C*** Handelsgesellschaft mbH, Wien 6., Otto-Bauer-Gasse 17, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 500.000,-) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 2. Februar 1990, GZ 3 R 266/89-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Versäumungsurteil des Handelsgerichtes Wien vom 2. Oktober 1989, GZ 37 Cg 150/89-7, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.317,80 (darin enthalten S 2.886,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der gegen die nachmalige Gemeinschuldnerin C*** Handelsgesellschaft mbH gerichteten, am 24. 5. 1989 beim Erstgericht eingelangten Klage beantragte die Klägerin, die Beklagte schuldig zu erkennen,

1. es zu unterlassen, Bekleidungsstücke anzubieten, zu verkaufen und/oder zu vertreiben, die das Firmenschlagwort und die Standardmarke der Klägerin, nämlich "B***", aufweisen, soweit es sich nicht um Erzeugnisse der Klägerin handelt;

2. über den Verkauf von Bekleidungsstücken, die das Firmenschlagwort und die Standardmarke der Klägerin, nämlich "B***", enthalten und nicht von der Klägerin stammen, binnen 14 Tagen Rechnung zu legen, und zwar unter Anschluß sämtlicher Eingangs- und Ausgangsfakturen, sowie diese Rechnung durch einen Buchsachverständigen überprüfen zu lassen;

außerdem erhob die Klägerin auch ein Urteilsveröffentlichungsbegehren.

Am 28. 6. 1989 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen der C*** Handelsgesellschaft mbH den Konkurs und bestellte den Beklagten zum Masseverwalter.

Mit Beschluß vom 21. 7. 1989 stellte das Erstgericht fest, daß das Verfahren seit dem 28. 6. 1989 unterbrochen ist; gleichzeitig erklärte es das am 6. 7. 1989 gegen die Gemeinschuldnerin erlassene Versäumungsurteil für nichtig.

Am 11. 8. 1989 beantragte die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens gegen die "Konkursmasse der C*** Handelsgesellschaft mbH".

Am 23. 8. 1989 beschloß das Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens und trug "der beklagten Partei" auf, bis 22. 9. 1989 die Klagebeantwortung zu erstatten; dieser Beschluß wurde dem Beklagten am 28. 8. 1989 zugestellt. Am 18. 9. 1989 teilte der Masseverwalter dem Erstgericht mit, daß er den Eintritt in den Rechtsstreit ablehne. Eine Klagebeantwortung wurde nicht erstattet. Am 29. 9. 1989 beantragte die Klägerin im Hinblick auf den Ablauf der Frist für die Erstattung der Klagebeantwortung die Fällung eines Versäumungsurteiles im Sinne des Urteilsantrages gegen den Masseverwalter. Seine Ablehnung, in den Prozeß einzutreten, verstoße gegen das Gesetz und sei daher unbeachtlich. Das Erstgericht erließ das beantragte Versäumungsurteil gegen den Masseverwalter.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in der Hauptsache und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch begründe eine - allerdings nicht der Anmeldung im Konkurs

unterliegende - Konkursforderung; das Verfahren habe daher sofort nach dem Eintritt der Unterbrechnung wieder aufgenommen und gegen den Masseverwalter fortgesetzt werden können. Die Weigerung des Masseverwalters, in den gegen den Gemeinschuldner schon vor der Konkurseröffnung angestrengten Prozeß über einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch einzutreten, habe nicht zur Folge, daß die aus dem UWG abgeleiteten Ansprüche aus dem Konkurs ausscheiden; für den Masseverwalter bestehe vielmehr von der Aufnahme des Prozesses an die Obliegenheit, sich daran zu beteiligen. Die erstmals in der Berufung aufgestellte Behauptung, daß der Masseverwalter das Unternehmen der Gemeinschuldnerin nicht fortführe, so daß keine Wiederholungsgefahr bestehe, sei eine unbeachtliche Neuerung.

Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Antrages auf Fällung eines Versäumungsurteiles abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zu der Frage, ob die aus einem Wettbewerbsverstoß eines nachmaligen Gemeinschuldners abgeleitete Unterlassungsklage im Fall der Fortsetzung des Verfahrens gegen den Masseverwalter unschlüssig ist, wenn im Fortsetzungsantrag nicht behauptet wurde, daß der Masseverwalter - im Rahmen der Fortführung des Unternehmens des Gemeinschuldners - die Gesetzesverstöße fortsetze, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Von der in der Revision zunächst aufgeworfenen, in der Rechtsprechung bisher nicht einheitlich beantworteten Frage, ob der Masseverwalter ein Wahlrecht hat, in einen gegen den Gemeinschuldner angestrengten, durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Prozeß über einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch einzutreten oder einen solchen Eintritt abzulehnen (bejahend: ÖBl 1982, 92; verneinend: ÖBl 1968, 10 = EvBl 1968/164 = JBl 1968, 265), hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall allerdings nicht ab:

Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, begründet ein Unterlassungsanspruch nach dem UWG im Konkurs des Verletzers eine Konkursforderung, die allerdings nicht der Anmeldung unterliegt; das Verfahren kann vielmehr unmittelbar nach dem Eintritt der Unterbrechung durch die Konkurseröffnung fortgesetzt werden, ohne daß der Ausgang der Prüfungstagsatzung abgewartet werden müßte (SZ 41/93 = ÖBl 1968, 139; SZ 44/63 = ÖBl 1971, 158; JBl 1962, 334; ÖBl 1968, 10; ÖBl 1988, 30). Das Erstgericht hat auf Grund des Antrages der Klägerin die Aufnahme des Verfahrens beschlossen und gleichzeitig dem Masseverwalter die Erstattung einer Klagebeantwortung aufgetragen; dieser Beschluß ist dem Masseverwalter zugestellt, von ihm aber nicht bekämpft worden und daher in Rechtskraft erwachsen. Ob der Aufnahme des Verfahrens gegen den Masseverwalter ein Hindernis entgegengestanden ist - etwa weil nicht geprüft wurde, ob der Masseverwalter berechtigt ist, den Eintritt in einen solchen Passivprozeß zu verweigern -, ist unter diesen Umständen nicht mehr von Bedeutung (vgl. SZ 49/135); nach dem Eintritt der Rechtskraft des Aufnahmebeschlusses konnte der Masseverwalter - selbst wenn er dazu an sich berechtigt gewesen wäre - seinen Eintritt in einen derartigen Passivprozeß nicht mehr rechtswirksam verweigern. Er hat daher auch die mit der Nichterstattung der Klagebeantwortung verbundenen Säumnisfolgen zu tragen.

Den Ausführungen des Beklagten, wonach die Klage nach dem Eintritt der Unterbrechung des Verfahrens wegen der Konkurseröffnung über das Vermögen der ursprünglich beklagten Partei nicht (mehr) schlüssig gewesen sei, kann gleichfalls nicht gefolgt werden:

Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachten, auf das UWG gestützten Ansprüche mit einem Eingriff der nachmaligen Gemeinschuldnerin in ihre Kennzeichenrechte durch Verkauf der mit dem Kennzeichen der Klägerin versehenen, aber nicht von der Klägerin stammenden Ware begründet; von einer (ursprünglichen) Unschlüssigkeit der Klage kann daher keine Rede sein. Daran vermochte aber auch die spätere Konkurseröffnung über das Vermögen der Verletzerin der Kennzeichenrechte der Klägerin nichts zu ändern:

Zu Unrecht meint der Beklagte, daß es Sache der Klägerin gewesen wäre, zu behaupten und zu beweisen, daß das wettbewerbswidrige Verhalten nach der Konkurseröffnung fortgesetzt worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 13/75; SZ 18/25; ÖBl 1984, 161 uva) ist es vielmehr Sache des Beklagten, Umstände zu behaupten und zu beweisen, die den Wegfall der Wiederholungsgefahr begründen; entscheidend ist hiefür der Schluß der Verhandlung erster Instanz. Diesen ihm obliegenden Beweis hat aber der Beklagte - welcher sich nach der Aufforderung, die Klagebeantwortung zu erstatten, am weiteren Verfahren nicht mehr beteiligt hat - gar nicht angetreten. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichtes über den Säumnisantrag der Klägerin bestand jedoch objektiv immer noch die Möglichkeit, daß die beanstandeten Verkäufe im Zuge einer Fortführung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin oder beim Abverkauf noch vorhandener Warenvorräte fortgesetzt würden. Der Unterlassungsanspruch nach dem UWG gehört daher im Konkurs des Störers auch nicht zu den nicht auf eine Geldleistung gerichteten Forderungen im Sinne des § 14 Abs 1 KO, welche nach ihrem Schätzwert in inländischer Währung zur Zeit der Konkurseröffnung geltend zu machen sind; diese Forderungen unterliegen nämlich - anders als Unterlassungsansprüche nach dem UWG - der Anmeldung im Konkurs. Bei dieser Sachlage ist der Masseverwalter zu Recht zur Unterlassung und - im Zusammenhang damit - auch zur Rechnungslegung und zur Urteilsveröffentlichung verurteilt worden; seiner Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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