OGH 16Os9/90

OGH16Os9/908.6.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.Juni 1990 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Müller und Dr. Kießwetter sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Waidecker als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich H*** und Herbert Christian H*** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 StGB, über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. Jänner 1990, GZ 3 b Vr 10200/89-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten H***, und der Verteidiger Dr. Ofner und Dr. Wexberg, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten H***, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung des Angeklagten Erich H*** wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung des Angeklagten Herbert Christian H*** teilweise Folge gegeben und die über diesen Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 13.Oktober 1989, 9 U 705/89, auf 7 (sieben) Monate als Zusatzstrafe herabgesetzt; gemäß § 43 a Abs. 3 StGB wird hievon ein Teil von 5 (fünf) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen; im übrigen wird auch dieser Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der nunmehr 30-jährige Erich H*** und der 24-jährige Herbert Christian H*** des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben die Genannten am 13. April 1989 in Wien fremde bewegliche Sachen, und zwar im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter einen Dichtungssatz einer Brause-Armatur ("Schaden ca. 1.000 S") und Herbert Christian H*** darüber hinaus einen Elektrotastenschalter im Wert von 173 S, Verfügungsberechtigten des Bauhauses "B***" mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie bei ihrer Betretung auf frischer Tat Gewalt gegen eine Person anwendeten bzw. eine Person mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben bedrohten, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten, indem Herbert Christian H*** den Kaufhausdetektiv Erich T*** zur Seite stieß und Erich H*** mit dem von ihm gelenkten PKW gegen Erich T*** vorsätzlich losfuhr, wodurch der Genannte an der linken Hand eine Mittelhandprellung sowie am linken Knie und am rechten Mittelfuß Prellungen erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpfen die beiden Angeklagten mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, die sie auf die Gründe der Z 4 und 5 a, H*** überdies auch auf die Gründe der Z 5 und 9 lit. a sowie H*** überdies auf den Grund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO stützen; beiden Beschwerden kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Eine (Nichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z 4 StPO bewirkende) Beeinträchtigung ihrer Verteidigungsrechte erblicken beide Beschwerdeführer in der Abweisung (S 134) der von ihnen in der Hauptverhandlung vom 9.Jänner 1990 gemeinsam (vgl. S 133) gestellten Beweisanträge auf zeugenschaftliche Vernehmung des Gendarmeriebeamten "N***" (richtig: N***; s. S 35) sowie auf Zuziehung eines Sachverständigen aus dem Fach der Verkehrstechnik und auf Vornahme eines Lokalaugenscheines.

Die Vernehmung des Zeugen N*** wurde zum Beweis dafür begehrt, daß die Darstellung des Zeugen T*** (in der Hauptverhandlung), wonach der Angeklagte H*** als PKW-Lenker zunächst nach hinten auf ihn zugefahren sei und dann erst nach vorne, und wonach es auf der Böschung zu einem Reversieren gekommen sei, (bei der niederschriftlichen Vernehmung des Zeugen T*** am Gendarmerieposten Wiener Neudorf) mit keinem Wort erwähnt wurde, sondern der Zeuge damals angab, daß H*** sogleich nach vorne und in einem Zug weitergefahren sei; durch den beantragten Sachverständigen sowie den Lokalaugenschein sollte dargetan werden, daß unter Berücksichtigung der Zeit-Weg-Verhältnisse die Darstellung des Zeugen T***, er habe "sozusagen" vor den PKW (des H***) gelangen können, aus technischer Sicht nicht stimmen könne und daß, folgte man der Aussage des Zeugen T***, es dem Angeklagten H*** nicht mehr möglich gewesen wäre, eine Kontaktierung zwischen dem Fahrzeug "und dem Beschuldigten" (gemeint wohl: Zeugen) zu verhindern (vgl. abermals S 133).

Die reklamierte Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten haftet dem bekämpften Zwischenerkenntnis indes nicht an.

Was zunächst die begehrte Vernehmung des Gendarmeriebeamten betrifft, der T*** am 13.September 1989 am Gendarmerieposten Wiener Neudorf niederschriftlich vernommen hat (S 35), so hat T*** in der Hauptverhandlung zunächst selbst bekundet, daß er die von ihm nunmehr geschilderte erste Phase (Einlegen des Retourganges durch den Angeklagten H*** und Zurückfahren mit dem PKW um ca. 10 cm; vgl. S 122, 123) bei seiner Vernehmung vor der Gendarmerie nicht angegeben habe, weil er durch dieses Fahrmanöver nicht verletzt wurde (S 123); erst im Anschluß daran ist im Protokoll als weitere Äußerung des Zeugen festgehalten: "Also gesagt habe ich es". Wenn sich nun schon der Zeuge selbst bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung diesbezüglich offensichtlich nicht genau erinnern konnte, ob er davon vor der Gendarmerie eine Erwähnung gemacht hat oder nicht, so hätte es bei Stellung des Antrages auf Einvernahme des damals vernehmenden Gendarmeriebeamten der Angabe konkreter Gründe bedurft, aus welchen erwartet werden kann, daß der Beamte (trotz der inzwischen verstrichenen Zeit) eine genauere Erinnerung daran hat, was gegebenenfalls von dem damals Vernommenen (außer dem, was in der Niederschrift festgehalten wurde, wobei im übrigen noch ein Zusatz angebracht wurde; vgl. S 36) noch gesagt worden ist, ohne daß es in die Niederschrift aufgenommen wurde; derartige Gründe wurden jedoch bei Stellung des in Rede stehenden Antrages nicht angeführt. Davon abgesehen geht aus der Niederschrift vom 13. September 1989 (S 35) gar nicht eindeutig hervor, daß nach der damaligen Schilderung des Erich T*** das Wegfahren nach vorne und das Wenden des Fahrzeuges die erste Phase des Geschehens gewesen ist, sodaß die damaligen Angaben des T*** mit dessen späteren Bekundungen nicht offenkundig unvereinbar sind. Unter den gegebenen Umständen konnte somit auch aus diesem Grund die Vernehmung des Zeugen N*** ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben.

Dem Begehren auf Vornahme eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen zu den hiefür angegebenen Beweisthemen hinwieder brauchte das Schöffengericht deshalb nicht näherzutreten, weil die verläßliche Überprüfung der Aussage des Zeugen T*** weder die Kenntnis der Tatort-Örtlichkeit voraussetzte noch hiefür besondere Fachkenntnisse in technischer Hinsicht erforderlich waren. Daß das vom Zeugen T*** geschilderte Fahrmanöver des Angeklagten H***, das aus einem Anfahren in Vorwärtsrichtung mit darauffolgendem Reversieren und schließlich neuerlichem Vorwärtsfahren bei zunächst stärkerem Linkseinschlagen bestand, erheblich mehr Zeit in Anspruch genommen haben könnte als die laufende (s. S 123: "rennende") Fortbewegung des Zeugen T*** lediglich über die Breite von zwei PKW-Abstellplätzen (rund 6 m), ergibt sich - ohne daß dazu das Gutachten eines Technikers in Verbindung mit einem Ortsaugenschein erforderlich ist - schon auf Grund allgemeiner Lebenserfahrung. Der Zeitbedarf des Angeklagten H*** für seine mehrfachen Lenkeinschlag-, Brems- und Startmanöver ist zudem keinesfalls nur von fahrzeug- und verkehrstechnischen Gegebenheiten, sondern auch von seiner physischen und/oder psychischen Verfassung zur Tatzeit und von seinem Fahrkönnen, aber auch vom nicht mehr rekonstruierbaren Einfluß des vorangegangenen Tatgeschehens auf seine Fähigkeit zu geistesgegenwärtigem und fahrtechnisch geschicktem Verhalten abhängig; objektive Unterlagen aber, die verläßliche Rückschlüsse auf das Geschehen zuließen, werden von den Beschwerdeführern weder behauptet noch sind sie den Akten zu entnehmen. Auch von den Anträge auf Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen und auf Vornahme eines Lokalaugenscheines war somit bei der gegebenen Sachlage keine (weitere) sachdienliche Aufklärung über erhebliche Tatsachen (vgl. § 254 Abs. 1 StGB) zu erwarten.

Soweit der Angeklagte H*** darauf hinweist, daß auch die gerichtsärztliche Sachverständige Dr. Elisabeth F*** - ohne allerdings grundsätzliche Bedenken gegen die Darstellung des Zeugen T*** zu äußern (vgl. S 128/Mitte: "Das ist durchaus möglich"; S 127) - die Kenntnis der genauen Lage des Bodens und des Autos als (für die genaue Rekonstruktion des Verletzungsherganges) erforderlich bezeichnete (S 128/Mitte), entbehrt seine Verfahrensrüge der gesetzmäßigen Ausführung; denn keiner der in der Hauptverhandlung vom 9.Jänner 1990 gestellten Beweisanträge zielte auf die Widerlegung der Tatschilderung des Zeugen T*** aus medizinischer Sicht ab (vgl. abermals S 133).

Nicht berechtigt sind aber auch die Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten H*** und die Tatsachenrügen (Z 5 a) der beiden Angeklagten.

Der Einwand des Angeklagten H***, die Wegnahme des gegenständlichen Dichtungssatzes wäre für ihn schon deshalb nicht erforderlich gewesen, weil in dem von ihm damals rechtmäßig erworbenen Brauseschlauch ohnedies eine Dichtung eingebaut gewesen sei, geht deshalb fehl, weil H*** zur Last liegt, nicht eine Dichtung für einen Brauseschlauch, sondern einen Dichtungssatz für eine Brause-Armatur gestohlen zu haben. Mit den Hinweisen auf seine Unbescholtenheit und seine geordneten Lebensverhältnisse sowie auf die auch nach Angaben der Zeugen P*** und T*** zunächst gezeigte Bereitschaft, mit diesen Detektiven mitzugehen, werden weder formale Begründungsmängel des Urteils noch Umstände aufgezeigt, die zu erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des erstgerichtlichen Ausspruchs über entscheidende Tatsachen Anlaß geben könnten; es wird damit vielmehr nur nach Art einer (gegen schöffengerichtliche Urteile nach wie vor unzulässigen) Schuldberufung die Beweiswürdigung der Tatrichter bekämpft, indem darzutun versucht wird, daß auch eine für den Beschwerdeführer günstigere Lösung von Tatfragen möglich gewesen wäre.

Auch wenn, worauf der Angeklagte H*** des weiteren in seiner Mängelrüge verweist, keiner der Belastungszeugen anzugeben vermochte, eine konkrete Wegnahmehandlung eines der beiden Angeklagten beobachtet zu haben, so konnte das Schöffengericht dennoch aus den im Urteil angeführten Indizien (US 10/Mitte) formal mängelfrei auf ein einverständliches Zusammenwirken beider Angeklagter beim Diebstahl schließen; dem bekämpften Ausspruch haftet somit weder eine Denkgesetzwidrigkeit noch sonst eine offenbar unzureichende Begründung an. Die nach Ansicht des Angeklagten H*** mangelhaft begründete Urteilsannahme, er selbst sei als (rechtmäßiger) Erwerber eines Brauseschlauches auch der an den Dichtungen für die Brause-Armatur interessierte Teil gewesen (US 10/unten), betrifft - entgegen dem Beschwerdestandpunkt - keine entscheidende Tatsache in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, weil es nicht darauf ankommt, wer durch die Wegnahme der Armaturendichtung unrechtmäßig bereichert werden sollte.

Soweit der Angeklagte H*** in der Tatsachenrüge (Z 5 a) die Aussage des Zeugen P***, er könne sich "nicht vorstellen"; daß sein Kollege T*** die Herausnahme der Dichtungen aus der Cellophanpackung bemerkt haben könnte (S 129), zu seinen Gunsten ins Treffen führt, so übergeht er einerseits die kurz darnach vom genannten Zeugen angebrachte Korrektur, "T*** könnte es schon gesehen haben", und andererseits den Umstand, daß das Schöffengericht ohnedies davon ausging, der Zeuge T*** habe nicht wahrnehmen können, wer (von den beiden Angeklagten) den Dichtungssatz wegnahm (US 6/unten), zur Überzeugung vom einverständlichen Zusammenwirken der beiden Angeklagten bei diesem Angriff jedoch, wie bereits erwähnt, auf Grund eines durchaus zulässigen Indizienbeweises gelangte (US 10).

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) des Angeklagten H*** zuwider ist der Umstand, daß der Zeuge T*** (laut S 120/oben: "Wir haben zuschauen können ...") davon ausgeht, sein Kollege P*** habe dieselbe Möglichkeit zur Beobachtung der Angeklagten in der Sanitärabteilung des Baumarktes gehabt, wogegen P*** dies (laut S 129/unten und verso; 131/unten und verso) verneinte und angab, nicht einmal Sichtkontakt zu T*** gehabt zu haben (S 129 letzter Absatz), nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der auf Grund der Bekundungen beider Zeugen (in ihrem Kontext) getroffenen entscheidenden Urteilsfeststellungen hervorzurufen. Liegt es doch auf der Hand, daß ein Warenhausdetektiv während der Beobachtung der entscheidenden Phasen einer Straftat zur fortdauernden Prüfung, in welchem Umfang die Geschehnisse (auch) von einem Kollegen (mit-)beobachtet werden, gar nicht imstande ist; ebenso aber auch, daß er davon ausgeht, der von ihm bereits vorgewarnte Kollege werde eine ähnlich günstige Beoabachtungsposition beziehen. Auch wenn diese Vermutung nicht zutrifft, entwertet dies nicht seine Aussage über die von ihm selbst gemachten Beobachtungen.

Aber auch die vom Beschwerdeführer H*** (schon in der Verfahrensrüge relevierten) Widersprüche in den Angaben des Zeugen T*** über den Vorfall am Parkplatz sind nicht geeignet, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit entscheidender Urteilsannahmen zu erwecken. Das Urteil setzt sich damit im übrigen durchaus lebensnah auseinander (US 11 unten).

In ihren Rechtsrügen wenden sich beide Angeklagten - der Sache nach aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO - gegen die Tatbeurteilung als räuberischer Diebstahl; der Angeklagte H*** vermeint überdies, daß ihm nicht Diebstahl, sondern Entwendung anzulasten gewesen wäre (zur erteilten Ermächtigung s. S 119 und Blg. I zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 19).

Soweit beide Beschwerdeführer bestreiten, mit dem Vorsatz gehandelt zu haben, sich durch die Gewaltanwendung die weggenommenen Sachen zu erhalten, negieren sie die gegenteiligen Urteilsfeststellungen (US 8/oben und ganz unten sowie verso; US 13/Mitte bis US 14 erster Satz), womit sie die bezügliche (Rechts-)Rüge nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung bringen. Für die beiden Beschwerdeführer ist aber auch dann nichts gewonnen, wenn ihre Hinweise auf den geringen (Material-)Wert der gegenständlichen Dichtungen unter dem Aspekt einer Mängel- oder Tatsachenrüge (Z 5, 5 a) gesehen werden; fehlt es doch insoweit an jeglicher Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit der bezüglichen - auf die Schwierigkeit der Beschaffung dieses Einzelteiles (ohne dazugehöriger Armatur) zu einem niedrigen Preis abstellenden - Urteilsbegründung (US 14/oben).

Zwar gesetzmäßig, aber nicht begründet ist der Einwand, die Gewaltakte seien erst nach Verlassen des Baumarktes, sohin zu einem Zeitpunkt gesetzt worden, zu welchem nach Auffassung der Beschwerden die Qualifikationsmerkmale des § 131 StGB nicht mehr verwirklicht werden konnten. Denn der (unmittelbar nach Ergreifung der Sache durch den Dieb beginnende) Zeitraum, in welchem die angewendete Gewalt oder Drohung iS § 131 StGB qualifizierend wirkt, endet erst in dem Moment, in dem die Beute in Sicherheit gebracht, der Diebstahl somit auch materiell vollendet ist (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB3 § 131 E 1; Kienapfel BT II2 § 131 Rz 14 mwN). Auf frischer Tat betreten ist der Dieb auch dann noch, wenn er in der Nähe des Tatortes und alsbald nach der Tatausführung angetroffen wird, ehe er das Diebsgut in Sicherheit gebracht hat; auf die Zeitdauer seiner (allfälligen) Verfolgung kommt es dabei nicht an (ÖJZ-LSK 1977/26). Nach den vom Schöffengericht getroffenen Feststellungen (US 7 f) hatten die beiden Beschwerdeführer zum Zeitpunkt ihres gewalttätigen Verhaltens gegen Erich T*** die gestohlenen Sachen noch nicht in Sicherheit gebracht; waren sie doch von den Detektiven beim Verlassen des Baumarktes außerhalb der Eingangstüre sogleich nach allenfalls (noch) zu bezahlenden Waren befragt, im Hinblick auf die Verneinung dieser Frage zum Mitkommen in das Büro aufgefordert und - entsprechend dem Ersuchen des Angeklagten H***, vorerst die gekaufte Ware im Auto ablegen zu dürfen - zum Parkplatz des Baumarktes begleitet worden. Von diesen Urteilskonstatierungen ausgehend war aber die Diebsbeute noch keineswegs in Sicherheit gebracht worden, als die beiden Angeklagten gegen T*** gewalttätig vorgingen.

Die Tat wurde somit rechtsrichtig dem § 131 StGB unterstellt, womit die vom Angeklagten H*** angestrebte Beurteilung als Entwendung (welches Vergehen ua im Fall des § 131 StGB nicht verwirklicht werden kann) ausscheidet.

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren somit zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte die beiden Angeklagten nach dem

1. Strafsatz des § 131 StGB zu Freiheitsstrafen, und zwar Erich H*** zu 6 (sechs) Monaten und Herbert Christian H*** zu 8 (acht) Monaten; beim Angeklagten H*** wurde die Strafe gemäß § 43 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, während beim Angeklagten H*** gemäß § 43 a StGB ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe, und zwar in der Dauer von 6 Monaten, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Bei der Strafbemessung wertete das Gericht als erschwerend beim Angeklagten H*** die (leichte) Verletzung des Erich T*** und beim Angeklagten H*** die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen bei beiden Angeklagten keinen Umstand.

Den Strafausspruch bekämpfen die beiden Angeklagten mit Berufung; während der Angeklagte H*** die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der Freiheitsstrafe begehrt, strebt der Angeklagte H*** die bedingte Nachsicht der ganzen Strafe an. Was zunächst die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe betrifft, so bedürfen diese jedenfalls in Ansehung des Angeklagten H*** insoweit einer Korrektur, als dem Genannten (neben der leichten Verletzung des Erich T***) auch eine frühere Verurteilung wegen einer (im Sinne des § 71 StGB) auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Straftat (fahrlässige Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB, verschuldet als Lenker eines Personenkraftwagens an einem Fußgänger) als erschwerend anzulasten ist.

Wird dies entsprechend berücksichtigt und weiters erwogen, daß die über H*** wegen der erwähnten Straftat nach § 88 Abs. 1 StGB (im Jahre 1988) verhängte (bedingt nachgesehene) Geldstrafe ersichtlich wirkungslos geblieben ist, weil er (rund 10 Monate später) neuerlich straffällig geworden ist, wobei er sich zur Gewaltanwendung gegen T*** des von ihm gelenkten Personenkraftwagens bediente, so bedarf es nunmehr der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Die mit der Berufung angestrebte Verhängung einer Geldstrafe (die im übrigen mangels eines Antrags oder einer Zustimmungserklärung gemäß § 295 Abs. 2 letzter Satz StPO bedingt nachgesehen werden müßte) an Stelle der Freiheitsstrafe (§ 37 Abs. 1 StGB) kam somit nicht in Betracht.

Der Berufung des Angeklagten H*** war demnach ein Erfolg zu versagen.

Aus der vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft betreffend den Angeklagten H*** geht hervor, daß dieser am 12.Oktober 1989 vom Bezirksgericht Hernals wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB zu einer Geldstrafe (von 90 Tagessätzen und 45 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt wurde; diese Verurteilung ist seit 20.November 1989 rechtskräftig (Punkt 6 der Strafregisterauskunft vom 29.Mai 1990). Im Hinblick auf die nunmehr aktuelle Tatzeit (13.April 1989) ist auf diese Verurteilung gemäß §§ 31, 40 StGB Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 40 StGB erachtete der Oberste Gerichtshof eine Zusatz-Freiheitsstrafe von 7 Monaten als schuldangemessen, wenn nämlich bedacht wird, daß dem Angeklagten H*** nunmehr (auch) die Tatwiederholung als erschwerend zur Last fällt.

In (teilweiser) Stattgebung der Berufung des Angeklagten H*** - der zwar nur die bedingte Nachsicht der gesamten Strafe begehrt hat, was aber einer Strafreduzierung nicht entgegensteht, weil jede gegen den Strafausspruch von Kollegialgerichten erhobene Berufung, die eine den gesetzlichen Mindestkriterien entsprechende Anfechtungserklärung enthält, im Sinne eines umfassenden Anfechtungswillens (mit Ausnahme der im § 295 Abs. 2 letzter Satz StPO normierten Einschränkung) zu verstehen ist (NRsp 1988/156 = EvBl. 1988/122) - wurde daher die über ihn verhängte Strafe (als Zusatzstrafe) auf das genannte Ausmaß herabgesetzt. So wie schon in erster Instanz wurde ein Teil dieser Strafe, und zwar nunmehr im Ausmaß von 5 Monaten, gemäß § 43 a Abs. 3 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Nicht gefolgt werden konnte hingegen der Berufung, soweit sie eine bedingte Nachsicht der gesamten Strafe anstrebt. Denn der Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB steht das immerhin durch mehrere (wenngleich teilweise zueinander im Verhältnis des § 31 StGB stehende) Vorstrafen getrübte Vorleben des Berufungswerbers entgegen. Über die Rechtsmittel der beiden Angeklagten war demnach spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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