OGH 2Ob554/90

OGH2Ob554/909.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Baldur H***, Steuerberater, Faberstraße 2c, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in Thalgau, wider die beklagten Parteien 1. Verlassenschaft nach Hans G***, Geschäftsmann, zuletzt Birchanger 85, 6130 Schwaz, und 2. "HPG" Jagd- und Sportausrüstung Ges.m.b.H., Fiencht-Au 15, 6134 Vomp, beide vertreten durch Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer und Dr. Herbert Marschitz, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 4,400.000 sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 5.April 1990, GZ 22 R 183/90-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vom 6.März 1990, GZ 2 C 335/90v-5, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt mit seiner beim Landesgericht Innsbruck eingebrachten Klage die Zahlung dides Betrages von S 4,4 Mio sA. Das Landesgericht Innsbruck wies diese Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit mit der Begründung zurück, es liege ein Streit aus einem Bestandvertrag vor, für welchen nach § 49 Abs 2 Z 5 JN die Bezirksgerichte sachlich zuständig seien.

Aufgrund eines Antrages des Klägers hob das Landesgericht Innsbruck seinen Beschluß auf und überwies die Sache dem nicht offenbar unzuständigen Bezirksgericht Neumarkt bei Salzburg (§ 230 a ZPO).

Dieses Gericht sprach seine Unzuständigkeit aus und wies die Klage zurück. Es vertrat die Ansicht, der Klagsanspruch werde nicht aus dem Bestandvertrag, sondern aus einer später geschlossenen Vereinbarung abgeleitet, so daß die Zuständigkeit nach den §§ 49 Abs 2 Z 5, 83 JN nicht gegeben sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, der Beschluß des Erstgerichtes stehe im Widerspruch zum klaren Wortlaut des § 230 a ZPO, der in seinem letzten Satz anordne, daß das Gericht, an das die Klage überwiesen worden sei, einen Mangel seiner Zuständigkeit nur noch wahrnehmen könne, wenn der Beklagte rechtzeitig die Einrede der Unzuständigkeit erhebe. Eine derartige Unzuständigkeitseinrede sei dem Akt nicht zu entnehmen, da die Sache noch nicht einmal streitanhängig sei. Die Meinung Simottas in JBl 1988, 367, eine Bindung des überwiesenen Gerichtes bestehe nur bei prorogabler Unzuständigkeit, könne dahin gestellt bleiben, weil die Geltendmachung einer Forderung, welche vor dem Gerichtshof erster Instanz geltend zu machen wäre, beim Bezirksgericht als prorogable Unzuständigkeit angesehen werde.

Die beklagten Parteien bekämpfen diesen Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs, in welchem sie die Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes beantragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 230 a ZPO hat, wenn die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ausgesprochen und die Klage zurückgewiesen wurde, ohne daß der Kläger Gelegenheit hatte, einen Überweisungsantrag nach § 261 Abs 6 ZPO zu stellen und er binnen 14 Tagen nach der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses die Überweisung der Klage an ein anderes Gericht beantragt, das ursprünglich angerufene Gericht die Zurückweisung aufzuheben und die Klage dem vom Kläger namhaft gemachten Gericht zu überweisen, wenn es das andere Gericht nicht für offenbar unzuständig erachtet. Gegen diesen Beschluß ist (mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten eines allfälligen Zuständigkeitsstreites) ein Rechtsmittel nicht zulässig. Das Gericht, an das die Klage überwiesen worden ist, kann nach der ausdrücklichen Vorschrift des letzten Satzes dieser Gesetzesstelle einen Mangel seiner Zuständigkeit nur noch wahrnehmen, wenn der Beklagte rechtzeitig die Einrede der Unzuständigkeit erhebt. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien (AB 1337 BlgNR 15. GP 12) eindeutig ergibt, sollte mit dem letzten Satz des § 230 a ZPO "ausdrücklich gesagt werden, daß das Gericht, an das die Sache überwiesen wird, seine Zuständigkeit nicht mehr von Amts wegen prüfen darf". Insoweit besteht daher eine eindeutig normierte Bindungswirkung eines im Sinne des § 230 a ZPO gefaßten Überweisungsbeschlusses (so bereits in der bisher nicht veröffentlichten, in einem Zuständigkeitsstreit ergangenen Entscheidung 8 Nd 503/87).

Die beklagten Parteien vermögen in ihrem Rechtsmittel nichts Stichhältiges vorzubringen, das gegen diese Ansicht sprechen würde. Ihr Hinweis, die unprorogable Unzuständigkeit sei in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen, ist nicht zielführend, denn es liegt hier - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführte - keine unprorogable Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Neumarkt bei Salzburg vor. Die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Bezirksgerichtes für eine kraft Wertzuständigkeit vor den Gerichtshof erster Instanz gehörende Sache ist nämlich zulässig. Daher ist in dieser Entscheidung auch die Frage nicht zu erörtern, ob das Gericht, an das eine Sache gemäß § 230 a ZPO überwiesen wurde, auch dann gebunden ist, wenn es unprorogabel unzuständig ist. Aus diesen Gründen war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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