OGH 4Nd502/90

OGH4Nd502/903.4.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Herbert N***, Gastwirt, Hintersee, Anzenbergalm,

2. Mag. Herbert K***, Finanzkaufmann, Salzburg, Bergheim 355, beide vertreten durch Dr. Robert Eder, Rechtsanwalt in Salzburg, über den Antrag auf Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichtes gemäß § 28 JN in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag, das Kreisgericht Wels oder ein anderes sachlich zuständiges Gericht in Österreich für die Klage der Antragsteller gegen Erwin O***, Gastwirt, Ganderdkekersee, Adelheiderstraße B 212, Bundesrepublik Deutschland, auf Duldung aller exekutiven Schritte in die der Renate O*** gehörende Liegenschaft EZ 256 Grundbuch Gmunden zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragsteller hatten beim Kreisgericht Wels gegen Erwin O*** eine (ua.) auf § 2 Z 3 AnfO gestützte Klage auf Duldung aller exekutiven Schritte in die der Renate O*** gehörende Liegenschaft eingebracht und damit den Antrag verbunden, diese Klage gemäß § 20 AnfO im Grundbuch anzumerken. Renate O*** schulde den Antragstellern auf Grund rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen S 213.280,46. Sie habe das einzige befriedigungstaugliche Exekutionsobjekt, nämlich die Liegenschaft EZ 256 Grundbuch Gmunden, durch ein dem Erwin O***, ihrem Ehegatten, gemäß § 364 c ABGB eingeräumtes und bereits verbüchertes Belastungs- und Veräußerungsverbot in der alleinigen Absicht, die Antragsteller zu benachteiligen, der Exekution entzogen. Mit Beschluß vom 15. Jänner 1990, 2 Cg 10/90-2, wies das Kreisgericht Wels die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück; zugleich wies es den Antrag auf Anmerkung der Klage im Grundbuch ab. Mit dem vorliegenden Antrag begehren die Antragsteller gemäß § 28 Abs. 1 Z 2 JN die Bestimmung eines für die Verhandlung und Entscheidung über diese Klage zuständigen Gerichtes. Die Durchsetzung des Anfechtungsanspruches der Antragsteller sei nur in Österreich möglich. Erwin O*** hätte es nach Zustellung der Klage in der Hand, die Liegenschaft zu belasten, so daß sie für die Befriedigung der Geldforderung der Antragsteller nicht mehr tauglich wäre; daher sei zur Sicherung der Antragsteller die Anmerkung der Anfechtungsklage erforderlich. Im Fall der Klageführung vor einem ausländischen Gericht wäre den Antragstellern diese Möglichkeit genommen; außerdem wären - mit Ausnahme der Parteienvernehmung des Erwin O*** - alle beantragten Beweise in Österreich durchzuführen. Die Rechtsverfolgung im Ausland könne den Antragstellern daher nicht zugemutet werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Ordinationsantrag ist nicht berechtigt.

Gemäß § 28 Abs. 1 JN hat der Oberste Gerichtshof, wenn für eine bürgerliche Rechtssache die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes im Sinne der JN oder einer anderen Rechtsvorschrift nicht gegeben oder nicht zu ermitteln sind, aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, das für die fragliche Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn entweder Österreich auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages zur Ausübung von Gerichtsbarkeit verpflichtet ist oder die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. Diese Voraussetzungen sind aber hier nicht gegeben, weil der im Ausland wohnende Erwin O*** mit der beabsichtigten Klage am Gerichtsstand des Vermögens nach § 99 Abs. 1, zweiter Fall, JN belangt werden kann.

Gemäß § 99 Abs. 1, zweiter Fall, JN, kann gegen Personen, die im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben, wegen vermögensrechtlicher Ansprüche bei jedem Gericht eine Klage eingebracht werden, in dessen Sprengel sich der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand selbst befindet. Die in Anspruch genommene Sache muß somit Gegenstand des Rechtsstreites (also Klagegegenstand) sein; es ist aber nicht erforderlich, daß es sich dabei um eine körperliche Sache handelt. Daher kann der Gerichtsstand des Streitgegenstandes auch für Feststellungsklagen in Anspruch genommen werden, wenn sich das behauptete Recht oder Rechtsverhältnis im Sprengel des angerufenen Gerichtes befindet. Auch ist gleichgültig, ob der Anspruch auf den Streitgegenstand ein dingliches oder ein obligatorisches Recht ist (ÖBl. 1969, 144) und ob der Streitgegenstand als solcher ein dingliches oder ein obligatorisches Recht ist (Fasching I 483). Daher wurde z.B. für das Begehren auf Einwilligung des Beklagten in die Auszahlung eines Gerichtserlages der Gerichtsstand des Streitgegenstandes iS des § 99 Abs. 1, zweiter Fall, JN anerkannt (SZ 24/105).

Im vorliegenden Fall wollen die Antragsteller einen Anfechtungsanspruch gegen die Wirksamkeit des zugunsten Erwin O*** auf der Liegenschaft EZ 256 Grundbuch Gmunden einverleibten Veräußerungs- und Belastungsverbotes erheben. Ein (hier: grundbücherlich eingetragenes) Veräußerungs- und Belastungsverbot ist zwar als solches kein Vermögensobjekt; seine Bedeutung ist vielmehr nur im Zusammenhang mit anderen Rechtslagen (insbesondere erbrechtlichen Erwartungen) zu bestimmen. Es handelt sich dabei um die Verdinglichung einer Eigentumsbeschränkung (3 Ob 100/86), welche eben darin besteht, daß die Veräußerung und die Belastung der Sache mit Pfandrechten und beschränkten dinglichen Nutzungsrechten verbunden ist (SZ 59/42; RdW 1989, 126). Gegenstand der gegen Erwin O*** beabsichtigten Klage ist somit die relative Unwirksamkeit seines Verbotsrechtes. Da sich dieses verdinglichte Recht im Sprengel des Kreisgerichtes Wels befindet, ist dieses Gericht im Sinne der vorstehenden Ausführungen für den beabsichtigten Rechtsstreit zuständig (4 Ob 546/89); daß es die Klage gegen Erwin O*** zurückgewiesen hat, kann an dieser Rechtslage nichts ändern.

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