Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Angeklagten wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über sie verhängte Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Monate herabgesetzt wird.
Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Anna L*** des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach dem § 33 Abs 2 lit a FinStrG schuldig erkannt, weil sie (als alleinvertretungsbefugte Geschäftsführerin der E*** Gesellschaft mbH) in Wien in der Zeit vom 11.März 1985 bis zum 11.Oktober 1987 vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen gemäß § 21 UStG 1972, und zwar teils durch erheblich verspätete Abgabe, teils durch Nichtabgabe, eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Vorauszahlung an Umsatzsteuer um insgesamt 3,408.467 S bewirkte, und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hielt, und zwar
1./ für die Monate Jänner, Februar, April bis Juni, August, September, November und Dezember 1985 um insgesamt 1,524.080 S;
2./ für die Monate Jänner, März, April und Mai 1986 um insgesamt 1,275.235 S;
3./ für die Monate Jänner und Mai bis August 1987 um insgesamt
609.152 S.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In der Mängelrüge nach dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund wird zunächst vorgebracht, das Urteil übergehe wichtige Beweisergebnisse mit Stillschweigen, weil es sich nicht näher mit der Tatsache auseinandersetze, daß die Umsatzsteuervoranmeldungen bis Ende 1984 von der Buchhalterin Margarethe W*** verfaßt und - zumindest überwiegend - auch unterschrieben worden seien. Der Beschwerdeführerin seien daher nur die Zahlscheine vorgelegt worden; dieser Zahlungsverpflichtung sei sie gelegentlich unter bewußter Inkaufnahme eines Säumniszuschlages durch das Finanzamt bei Liquiditätsengpässen - "als Finanzierungshilfe" - nicht nachgekommen. Die Änderung der Praxis des Finanzamtes seit Jahresbeginn 1985, wonach die Voranmeldungen nunmehr auf der Rückseite der Zahlscheine anzugeben gewesen wären, sei ihr - mangels Aufklärung durch die Zeugin W*** - nicht bewußt geworden. Die gegenteilige Feststellung ihres Vorsatzes bei Nichtabgabe der Voranmeldungen im angefochtenen Urteil sei mehrfach aktenwidrig begründet.
Dieses Vorbringen versagt.
Die Frage, inwieweit die Angeklagte bis Ende des Jahres 1984 mit den - bis dahin fristgerecht abgegebenen - Voranmeldungen befaßt war, kann schon deswegen auf sich beruhen, weil das Erstgericht die bekämpften Feststellungen zur subjektiven Tatseite bei der verspäteten bzw Nicht-Abgabe der Voranmeldungen ab 1985 vor allem auf das Geständnis der Angeklagten vor der Finanzstrafbehörde stützte und die - in der Rüge nicht weiter verfolgte - Verantwortung in der Hauptverhandlung, die verfahrensgegenständlichen Voranmeldungen seien rechtzeitig abgegeben worden, beim Finanzamt jedoch verlorengegangen, mit denkmöglicher, ausführlicher Begründung als widerlegt erachtete (S 153 f).
Zu den die pflichtwidrige Umsatzsteuergebarung ab 1985 auslösenden finanziellen Schwierigkeiten genügt es, um die Beschwerdeeinrede einer fehlenden aktenmäßigen Deckung der entsprechenden (Urteils-)Feststellung zu beantworten, auf die "finanzielle Gründe" geltend machende Verantwortung der Angeklagten vor der Finanzstrafbehörde vom 10.November 1987 (in ON 3) sowie die am 10.Mai 1988 der Wirtschaftspolizei vorgelegte "Rechtfertigung" (S 35) zu verweisen. Finanzielle Engpässe gab die Angeklagte im übrigen auch in der Hauptverhandlung zu (S 73 f).
Das Argument des Erstgerichtes, bei rechtzeitiger Abgabe der Voranmeldungen ohne Bezahlung der einbekannten Steuerschuld wäre mit Exekutionsschritten des Finanzamtes zu rechnen gewesen, bekämpft die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, ein bloßer Zeitgewinn von drei bis fünf Wochen reiche für eine derartige Annahme in Anbetracht der schwerwiegenden strafrechtlichen Folgen einer Nichtabgabe nicht aus, doch wurden die in Rede stehenden Steuerbeträge nach der (in das Urteil eingegangenen) Aktenlage wesentlich später (zum Teil nach mehr als einem Jahr) finanzbehördlich festgesetzt.
Der vom Erstgericht festgestellte regelmäßige Erhalt der Erinnerungen des Finanzamtes (S 155 f) ist, entgegen dem Beschwerdevorbringen, durch Beweisergebnisse gedeckt, und zwar durch die in der Hauptverhandlung verlesenen Aussagen des Steuerberaters Herbert K*** und der Buchhalterin Margarethe W*** vor der Finanzstrafbehörde (S 94, 96), durch die Aussage des Zeugen K*** in der Hauptverhandlung (S 125) sowie das diesbezügliche Teilgeständnis der Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 29. September 1989 (S 112).
Die Infragestellung des Geständnisses der Angeklagten vor der Finanzstrafbehörde als wesentliche Grundlage der erstgerichtlichen (Tatsachen-)Konstatierungen erschöpft sich, auch soweit die vom Schöffengericht bejahte Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit des die Vernehmung leitenden Finanzbeamten Dr. B*** bezweifelt wird, in einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung. Nach eingehender Prüfung der im Rahmen der Tatsachenrüge nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO vorgebrachten Einwände ergaben sich im übrigen gegen die Richtigkeit der von den Tatrichtern dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen keine erheblichen Bedenken.
In der auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Rechtsrüge releviert die Beschwerdeführerin das Fehlen von Feststellungen, in welchen Fällen die Voranmeldungen überhaupt nicht und in welchen sie nur "erheblich verspätet" abgegeben worden seien; die bloß verspätete Abgabe könne nicht zu einer Verkürzung der Umsatzsteuer führen. Damit ist die Beschwerde hier nicht im Recht:
Der Tatbestand des § 33 Abs 2 lit a FinStrG setzt in objektiver Beziehung voraus, daß der Täter unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von - dem § 21 UStG 1972 entsprechenden - Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkt. Nach dieser Gesetzesstelle hat der Unternehmer spätestens am zehnten Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Eine sich ergebende Vorauszahlung ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für alle Abgaben, die - wie die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen - selbst zu berechnen sind, gilt, daß eine Abgabenverkürzung bewirkt wird, wenn die Abgabe ganz oder auch nur teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurde (§ 33 Abs 3 lit b FinStrG). Dies bedeutet, daß die Umsatzsteuer-Vorauszahlung verkürzt und das Vergehen nach dem § 33 Abs 2 lit a FinStrG vollendet ist, wenn die Vorauszahlungen nicht bis zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet sind (EvBl 1981/242; Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, § 33 FinStrG E 33 a, 36). Der Beschwerdeauffassung zuwider kommt es daher vorliegend nicht darauf an, ob nach dem Fälligkeitstag noch eine Voranmeldung eingereicht wurde oder nicht.
Dem Schuldspruch haftet darum auch kein materieller Rechtsirrtum an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war folglich als unbegründet zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über Anna L*** nach dem § 33 Abs 5 FinStrG unter Bedachtnahme auf § 21 Abs 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe in der Höhe von 700.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten.
Bei der Strafbemessung wertete es eine einschlägige finanzbehördliche Vorstrafe sowie den langen Tatzeitraum als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber die finanzielle Notlage, in die die Angeklagte mit ihrer Firma unverschuldet gekommen war, als mildernd.
Anna L*** strebt mit ihrer Berufung eine Herabsetzung und bedingte Nachsicht der Strafe an, wogegen die Staatsanwaltschaft und die Finanzstrafbehörde eine Erhöhung der Geldstrafe begehren. Was zunächst die Geldstrafe an sich anlangt, so wird sie dem Unrechtsgehalt der Tathandlungen und der Schuld der Angeklagten bei Berücksichtigung auch der persönlichen Verhältnisse sowie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 23 Abs 3 FinStrG) voll gerecht; sie bietet in keiner Richtung hin zu einer Abänderung Anlaß. Das mehrjährige Fehlverhalten der finanzbehördlich vorbestraften Angeklagten schloß aus Gründen der Spezialprävention allerdings die begehrte Nachsicht der Geldstrafe aus. Den bezüglichen Berufungen der Angeklagten bzw der Staatsanwaltschaft und der Finanzstrafbehörde war daher der Erfolg zu versagen.
Berechtigung kommt der Berufung der Angeklagten im Ergebnis jedoch insofern zu, als sich - wenn auch vom Berufungsbegehren formal nicht ausdrücklich erfaßt (vgl diesbezüglich ua 11 Os 3/88, 11 Os 127/88) - die für den Fall der Uneinbringlichkeit an die Stelle der Geldstrafe tretende Ersatzfreiheitsstrafe in Anbetracht des § 20 Abs 2 FinStrG festgelegten Höchstmaßes von einem Jahr im vorliegenden Fall mit sieben Monaten als wesentlich überhöht ausgemessen erweist und daher auf die im Spruch angeführte Dauer von drei Monaten zu reduzieren war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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