OGH 2Ob591/89

OGH2Ob591/8928.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidienten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*** A*** V***-AG, Brandstätte 7-9, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Firma Ignaz G*** Wien Gesellschaft m.b.H. Nachfolger Hugo M***, Lindengasse 2, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Helfried Rustler, Rechtsanwalt in Wien, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei K*** Österreich registrierte Genossenschaft m.b.H., Wolfganggasse 58-60, 1120 Wien, vertreten durch Dr. Kurt Janek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung (Streitwert nach dem RATG S 143.707,86), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 3. Mai 1989, GZ 41 R 162/89-37, womit infolge Berufung der beklagten Partei und des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. November 1988, GZ 42 C 238/88t-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

1) Die Revisionsbeantwortung des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Er hat ihre Kosten selbst zu tragen.

2) Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit

S 6.791,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 1.131,90, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist auf Grund eines vor dem Jahr 1945 abgeschlossenen Mietvertrages Mieterin der Geschäftsräume top.Nr.TG/4-7 und top.Nr.sout/4 A im Haus der Klägerin in Wien 6., Mariahilferstraße 1c und 1d.

Die Klägerin kündigte der Beklagten diese Räumlichkeiten zum 31. März 1986 aus den Kündigungsgründen des § 30 Abs 1, Abs 2 Z 4, Z 7 und Z 13 MRG auf. Zu dem im Revisionsverfahren allein noch in Frage stehenden Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG brachte die Klägerin im wesentlichen vor, daß die Beklagte den Bestandgegenstand zur Gänze gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung an den Nebenintervenienten weitergegeben habe. Die Beklagte habe nicht ein Unternehmen verpachtet, sondern nur ihre Bestandrechte weitergegeben. Die Beklagte und der ihr beigetretene Nebenintervenient wendeten zu diesem Kündigungsgrund im wesentlichen ein, die Beklagte habe das von ihr im Bestandobjekt betriebene Möbelhandelsunternehmen mit Pachtvertrag vom 5.März 1973 an die Robert P*** OHG samt allen Unternehmensbestandteilen verpachtet; im Jahr 1979 sei der Nebenintervenient in dieses Pachtverhältnis als Pächter eingetreten. Dieses Pachtverhältnis sei weiterhin aufrecht.

Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für wirksam und verurteilte die Beklagte zur Räumung des Bestandgegenstandes. Die Wiedergabe der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen kann unterbleiben, weil das Berufungsgericht nach Beweiswiederholung zu teilweise abweichenden Feststellungen gelangte. Rechtlich bejahte das Erstgericht das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG.

Den gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufungen der Beklagten und des Nebenintervenienten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne der Aufhebung der Aufkündigung und der Abweisung des von der Klägerin gestellten Räumungsbegehrens ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000 übersteigt.

Das Berufungsgericht stellte nach Beweiswiederholung im wesentlichen folgenden für die Beurteilung der im Revisionsverfahren noch zu lösenden Fragen relevanten Sachverhalt fest:

Schon in den Fünfzigerjahren wurden unter der Firma der Beklagten in den Bestandräumlichkeiten Möbel, darunter Stahlrohrmöbel und als Sonderanfertigungen auf Bestellung auch Küchen und Bauernstuben, erzeugt. In der Folge verlagerte sich der Unternehmensgegenstand von in Sonderanfertigung hergestellten Möbeln auf den Handel mit Gebrauchs- und neu angefertigten Stilmöbeln. Abgesehen davon, daß die Beklagte auch Polstermöbel aus eigener Erzeugung verkaufte, stammten im Geschäft gehandelte Polstermöbel aus Österreich und Deutschland, die im Geschäft gehandelten Stilmöbel aus Ungarn. Im Mietobjekt verfügte die Beklagte über eine eigene Tischlerwerkstätte, in der sie auch Ausbesserungen durchführte.

Im "Pachtvertrag" vom 5.März/20.April 1973 wurde zwischen der Beklagten und der Robert P*** OHG folgende in ihren wesentlichen Punkten wiedergegebene Vereinbarung getroffen:

"I.

Die Firma Ignaz G*** Gesellschaft m.b.H., Nachfolger Hugo M*** KG, vertreten durch Frau Johanna H***, betreibt mit dem Standort in 1060 Wien, Mariahilferstraße 1c, einen Handel mit Möbeln.

Die Firma G*** Gesellschaft m.b.H. Nachfolger Hugo M***

KG, persönlich haftende Gesellschafterin ist Frau Johanna H***,

in der Folge Verpächterin genannt, verpachtet dieses Unternehmen an

die Firma Robert P*** OHG, vertreten durch ..... in der Folge

Pächter genannt und dieser pachtet dieses Unternehmen von der Verpächterin ....

II.

Die Pacht wird auf die Dauer von 5 Jahren geschlossen, hat am

1.7.1972 begonnen und endet somit mit 30.6.1977. .... Sollte das

Pachtverhältnis am 30.6.1977 nicht 6 Monate vorher aufgekündigt

werden, verlängert es sich automatisch um ein weiteres Jahr ......

III.

Den auf die Geschäftslokalitäten entfallenden Mietzins samt

allen Betriebskosten hat die Verpächterin zu bezahlen.

IV.

.........

Eine Unterverpachtung wird ausdrücklich ausgeschlossen und sollte dennoch eine in vertragswidriger Weise erfolgen, so ist dies ein Kündigungsgrund.

VI.

Es wird ausdrücklich festgestellt, daß keine Unternehmensübernahme vorliegt, sodaß eine Haftung des Pächters für Verbindlichkeiten der Verpächterin ausgeschlossen ist. Die Verpächterin haftet dafür, daß kein Rückstand an sozialen Abgaben vorhanden sind, evtl. Abfertigungsansprüche werden von der Verpächterin übernommen.

VII.

Der Pächter ist verpflichtet, gemäß den Bestimmungen der Gewerbeordnung das Pachtunternehmen unter der Bezeichnung Ignaz G*** Gesellschaft m.b.H., Nachfolger Hugo M*** KG mit dem Zusatz: Pächterin Firma Robert P*** OHG zu führen und anzuzeigen.

VIII.

Die Verpächterin hat zur Kenntnis genommen, daß der Pächter außer der Hauptniederlassung eine Anzahl von Zweigniederlassungen besitzt und daselbst Möbel unter ihrer Wortmarke "Bucara" verkauft. Die Verpächterin nimmt ebenso zur Kenntnis, daß der Pächter auch im gepachteten Unternehmen Möbel unter ihrer Wortmarke "Bucara" zum Verkauf bringen wird.

IX.

Der Pächter ist nicht verpflichtet, Warenbestände der Verpächterin zu übernehmen. Eine allfällige Warenübernahme bleibt ohne Präjudiz einem gesonderten Übereinkommen vorbehalten.

X.

Soweit Einrichtungsgegenstände des Unternehmens der Verpächterin als Bestandteil des Pachtunternehmens übernommen werden, wird hierüber ein Verzeichnis angelegt, das einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildet.

XV.

Mündliche Vereinbarungen und Nebenabreden sind keine getroffen worden. Es wird ausdrücklich für evtl. Abänderungen in Bestimmung dieses Pachtvertrages die Schriftform vereinbart."

Die ausdrückliche Vereinbarung einer Betriebspflicht findet sich in diesem Vertrag nicht.

Tatsächlich wurden durch die Pächterin nicht nur die gesamte Büroeinrichtung, die eingerichtete Tischlerei und die Ware - die Verpächterin führte neben den Stilmöbeln auch Teppiche, Luster und Geschirr -, sondern auch zwei der ohnehin nicht zahlreichen Dienstnehmer übernommen. Auch den gleichen Innenarchitekten beschäftigte die Robert P*** OHG weiter. Anfangs nach der Verpachtung hielt sich auch Johanna H***, die bisher die Geschäfte der Beklagten führte, zur Betreuung bisheriger Kunden zeitweise im Geschäftslokal auf. Außer mit Polstermöbeln der gleichen österreichischen und deutschen Zulieferer handelte die Pächterin ebenfalls mit neuen Stilmöbeln, deren Erzeugungsland jedoch Rumänien war. Die Kontinuität im Angebot wurde dadurch unterstrichen, daß die aus Rumänien bezogenen Möbel verändert, verbessert oder hergerichtet und in ihrer Farbe zum Teil den bisher gehandelten Stilmöbeln, sei es durch Übersendung von Farbmustern nach Rumänien, sei es durch Bearbeitung in der im Bestandobjekt vorhandenen Werkstätte, angeglichen wurden. Die Robert P*** OHG vertrieb jene Möbel unter der von ihr auch schon an anderen Standorten benützten Bezeichnung "Bucara".

Im Einvernehmen mit der Beklagten und der Robert P*** OHG trat die Z*** Österreich registrierte Genossenschaft mbH anstelle der Robert P*** OHG in den Pachtvertrag als Pächterin unter Aufrechterhaltung sämtlicher anderer Vertragsbestimmungen ab 1. Jänner 1979 ein. Sie übernahm das gesamte Warenlager, das Inventar und die Dienstnehmer sowie die Importverbindungen nach Rumänien und sämtliche Aufstellungen hinsichtlich der Kunden von der Robert P*** OHG. Weder an der Bezeichnung noch am äußeren Erscheinungsbild des Geschäftes noch an der Art der Ware, die weiterhin unter der Bezeichnung "Bucara" vertrieben wird, änderte sich etwas unter dem neuen Pächter. Die Beklagte zeigte die Ausübung ihres Gewerbes "mit Waren aller Art" durch den neuen Pächter Z*** Österreich registrierte Genossenschaft mbH am 8.Jänner 1979 dem zuständigen MBA an. 1985 wurde schließlich zwischen der Beklagten und der nunmehrigen K*** Österreich registrierte Genossenschaft mbH die Umwandlung des befristeten Pachtverhältnisses in ein solches von unbestimmter Dauer, die Vereinbarung eines Kündigungsverzichtes bis 30. Juni 1998 und die Anhebung des Pachtschillings vereinbart. Im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung, das war der 27.November 1985, betrieb der Nebenintervenient den Stilmöbelhandel in den aufgekündigten Räumlichkeiten.

Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, eine Weitergabe des Bestandgegenstandes im Sinne des § 30 Abs 2 Z 4 MRG liege nur vor, wenn die selbständige Verwertung des Bestandrechtes im Vordergrund stehe. Die Verpachtung eines Unternehmens falle daher nicht unter diesen Kündigungsgrund. Für die erforderliche Abgrenzung der Unternehmenspacht von der Geschäftsraummiete bestünden kaum allgemein gültige Grundsätze; es seien die Umstände des Einzelfalles maßgebend. Eine Unternehmensverpachtung liege vor, wenn ein lebendes Unternehmen, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit, mit all dem übergeben werde, was zum Betrieb des Unternehmens und dessen wirtschaftlichen Fortbestand gehöre, wobei auch das Fehlen einzelner Komponenten die Beurteilung als Pachtvertrag nicht ausschließe. Nachdem der Nebenintervenient in ein lebendes Unternehmen eingetreten sei und es fortgeführt habe, indem er durch Vertragsübernahme in die Rechtsstellung der Robert P*** OHG getreten sei und von dieser deren Angestellte, Einrichtung und Waren samt Lieferanten und Kunden übernommen habe, habe das Erstgericht zu Recht den Vertragsgegenstand des "Pachtvertrages" zwischen der Beklagten und der Robert P*** OHG aus dem Jahr 1973 einer Prüfung unterzogen. Seien damals kein Unternehmen, sondern nur Geschäftsräume in Bestand gegeben worden, dann habe der Nebenintervenient die Stellung des Untermieters übernommen, der im Untermietobjekt ein eigenes Unternehmen aufgebaut habe. Sei 1973 jedoch ein Unternehmen in Bestand gegeben worden, dann sei der Nebenintervenient in die Rechtsstellung eines Pächters eingetreten, der das Unternehmen fortgeführt und durch die Wahl anderer Geschäftskontakte und einer anderen Warenbezeichnung möglicherweise vergrößert habe.

Von der Beklagten sei, wie dies auch im Vertrag vorgesehen gewesen sei, deren Unternehmen, nämlich deren organisierte Erwerbsgelegenheit, der Robert P*** OHG überlassen worden. Mit dem überlassenen Anlagevermögen (Büro und eingerichtete Werkstätte), mit dem überlassenen Umlaufvermögen (Ware), mit den durch die Pächterin übernommenen beiden Dienstnehmern (das sei ein Großteil der zuvor im Geschäft beschäftigten Personen gewesen), insbesondere aber auch mit der für Interessenten an neuen Stilmöbeln bereits bekannten Adresse, was mit zum "good will" gehöre, sei der Pächterin eine Erwerbsgelegenheit vorerst auf 5 Jahre, sodann immer um ein Jahr verlängert, zur Verfügung gestellt worden. Dieser Vorteil sei nicht dadurch verlorengegangen, daß die Pächterin, wie bereits im Vertrag vorgesehen, die Ware mit der Bezeichnung "Bucara" verkauft habe. Die Kontinuität und damit den bisherigen Kundenstock habe sich die Pächterin gewahrt, indem sie versucht habe, die von anderen Produzenten angeschafften Stilmöbel den bisher im Geschäft gehandelten anzugleichen. Auch die anfängliche Anwesenheit der bisherigen Geschäftsführerin habe diesem Zweck gedient. Daß ein Unternehmer seine Lieferanten wechsle und Waren anderer Erzeuger vertreibe als früher, sei im Geschäftsleben nichts Ungewöhnliches. Auch einem Pächter müsse grundsätzlich das Recht zustehen. Waren anderer Herkunft zu vertreiben, als sie der Verpächter vertrieben habe.

Nachdem die Beklagte die ihr zur Verfügung gestandene Erwerbsgelegenheit, so wie sie noch selbst von ihr genutzt worden sei, im wesentlichen mit allen ihr zur Verfügung gestandenen Unternehmensbestandteilen zur Verfügung gestellt habe, spiele das Fehlen eines - wenn auch wesentlichen - Indizes für ein Pachtverhältnis, nämlich das Fehlen einer Vereinbarung über die Betriebspflicht, für die Beurteilung keine Rolle mehr. Die Wahrung des Bestandes ihres Unternehmens sei der Beklagten immerhin mit zumindest gleichen Erfolgschancen durch die Vereinbarung eines nach den ersten fünf Jahren immer nur auf ein Jahr befristeten Bestandverhältnisses möglich gewesen. Nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise und Gesamtschau sei von der Beklagten tatsächlich ein Unternehmen in Bestand gegeben worden und sei dies nicht etwa nur zum Schein in der Vertragsurkunde festgehalten worden. Liege aber tatsächlich ein Pachtvertrag vor, komme es auf das Verhältnis zwischen Hauptmietzins und Pachtzins nicht an. Eine Weitergabe des Mietobjektes im Sinne des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 4 MRG liege somit nicht vor. Auch das Vorliegen der übrigen von der Klägerin geltend gemachten Kündigungsgründe wurde vom Berufungsgericht verneint. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin. Sie bekämpft sie aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern.

Die Beklagte und der Nebenintervenient haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision der Klägerin keine Folge zu geben.

Die Revisionsbeantwortung des Nebenintervenienten ist verspätet. Die Zustellung der Revision erfolgte am 19. Juli 1989, also innerhalb der Gerichtsferien. Die Revisionsbeantwortung des Nebenintervenienten wurde am 25. September 1989 beim Erstgericht überreicht. Die vierwöchige Frist zur Erstattung der Revisionsbeantwortung (§ 507 Abs 2 ZPO) endete am Freitag, dem 22. September 1989 (SZ 57/65 mwN uva). Die am 25. September 1989 beim Erstgericht überreichte Revisionsbeantwortung des Nebenintervenienten ist daher als verspätet zurückzuweisen. Ihre Kosten hat der Nebenintervenient selbst zu tragen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt.

Die Klägerin bekämpft in ihrer Rechtsrüge nur die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG nicht vorliege. Sie macht im wesentlichen geltend, daß bei ihrer Meinung nach richtiger rechtlicher Beurteilung davon auszugehen sei, daß die Beklagte nicht ihr Unternehmen verpachtet, sondern nur den Bestandgegenstand weitervermietet habe. Dafür spreche, daß keine Betriebspflicht vereinbart worden sei, daß zwischen dem "verpachteten" und dem tatsächlich betriebenen Unternehmen nur "geringe Identität" bestanden habe und daß aus dem Verhältnis zwischen dem bezahlten "Pachtzins" und den für Geschäftslokale in dieser Lage bezahlten angemessenen Hauptmietzinsen auf das Vorliegen einer Geschäftsraummiete zu schließen sei.

Dem ist nicht zu folgen.

Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß sich bei der Unterscheidung zwischen Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht feste, allgemein anwendbare Regeln nicht aufstellen lassen. Es kommt vielmehr immer auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalles an. Eine Unternehmenspacht liegt im allgemeinen vor, wenn ein lebendes Unternehmen Gegenstand des Bestandvertrages ist, also eine organisierte Erwerbsgelegenheit mit allem, was zum Begriff des "good will" gehört, übergeben wird. Neben den Räumen muß dem Bestandnehmer auch das beigestellt werden, was wesentlich zum Betrieb des Unternehmens und seinem wirtschaftlichen Fortbestand gehört, wobei im Einzelfall nicht alle diese Merkmale gleichzeitig gegeben sein müssen. Fehlt es an einzelnen für die Unternehmensüberlassung charakteristischen Merkmalen, so kommt es darauf an, welchen Umständen die größere wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Gewiß stellt die Betriebspflicht ein wichtiges Kriterium für die Annahme eines Pachtvertrages dar. Sie muß aber nicht ausdrücklich vereinbart sein, sondern kann sich auch aus den Umständen ergeben. Es muß ein wirtschaftliches Interesse des Bestandgebers an der kontinuierlichen Weiterführung des übergebenen Unternehmens bestehen (SZ 58/8 mwN uva; zuletzt etwa 3 Ob 581/87; 6 Ob 596/89).

Geht man von diesen rechtlichen Gesichtspunkten aus, dann hat das Berufungsgericht das zwischen der Beklagten und der Robert P*** OHG begründete Vertragsverhältnis, in das der Nebenintervenient eingetreten ist, nach den vorliegenden Feststellungen zutreffend als Unternehmenspacht qualifiziert. Nach diesen Feststellungen wurde von der Pächterin die gesamte Büroeinrichtung der Beklagten, die Ware und die eingerichtete Tischlerwerkstätte übernommen. Sie beschäftigte zwei Dienstnehmer der Beklagten und auch den gleichen Innenarchitekten wie die Beklagte weiter. Nach Beginn der Geschäftstätigkeit der Robert P*** OHG hielt sich die Geschäftsführerin der Beklagten zeitweise im Geschäftslokal auf, um bisherige Kunden der Beklagten weiter zu betreuen. Die Robert P*** OHG war im gleichen Betriebsgegenstand wie früher die Beklagte im Geschäftslokal weiter tätig und glich die von ihr verkauften Stilmöbel dem früheren Angebot der Beklagten an. Alle diese Umstände sprechen eindeutig dafür, daß die Beklagte der Robert P*** OHG nicht nur das in Frage stehende Geschäftslokal überließ, sondern ein lebendes Unternehmen einschließlich des Anlage- und Umlaufvermögens und des "good will". Gewiß wurde nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen eine Betriebspflicht der Pächterin nicht ausdrücklich vereinbart.

Tatsächlich wurde aber in den aufgekündigten Räumlichkeiten das

verpachtete Unternehmen ohne jede wesentliche Änderung des

Betriebsgegenstandes bis heute weiterbetrieben, wobei nur in der

Folge der Nebenintervenient im Einverständnis mit der Beklagten und

der Robert P*** OHG in den bestehenden Pachtvertrag eingetreten

ist. Unter diesen Umständen und im Hinblick auf die der Beklagten im

Pachtvertrag mit der Robert P*** OHG eingeräumten Möglichkeiten

der Beendigung des Vertragsverhältnisses bestehen keine

Anhaltspunkte in der Richtung, daß die Parteien des Pachtvertrages

nicht stillschweigend vom Vorliegen einer Betriebspflicht des

Pächters ausgegangen wären und daß die Beklagte kein

wirtschaftliches Interesse an der kontinuierlichen Weiterführung des

übergebenen Unternehmens durch den Pächter hätte. Der Einwand der

Klägerin, daß "zwischen dem verpachteten und dem tatsächlich

betriebenen Unternehmen nur geringe Identität bestanden habe", ist,

geht man von den getroffenen Feststellungen aus, unberechtigt. Die

Höhe des von den Pächtern bezahlten Pachtzinses ist, wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, unter den festgestellten Umständen für die rechtliche Beurteilung ohne Belang. Mit Recht hat unter diesen Umständen das Berufungsgericht das Bestehen einer Unternehmenspacht angenommen und damit im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (siehe dazu Würth in Rummel, ABGB, Rz 23 zu § 30 MRG und die dort zitierte Judikatur) das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG verneint.

Der Revision der Klägerin muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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