OGH 4Ob504/90

OGH4Ob504/9020.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter, Dr. Redl und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Paul S*** jun., Filialleiter, Graz,

Griesplatz 35/17, vertreten durch Dr. Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider den Antragsgegner Paul S*** sen., Pensionist, Schiefling am See, Auen 153, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, wegen Bestimmung einer Ausstattung, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 22. Dezember 1989, GZ 1 R 648/89-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 15. November 1989, GZ 3 Nc 13/88-24, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller stammt aus der ersten, seit dem Jahre 1966 geschiedenen Ehe des Antragsgegners mit Stefanie S***. Er heiratete am 12. Dezember 1987 Gudrun H***, die damals in einer Grazer Steuerberatungskanzlei mit einem monatlichen Nettoverdienst von 6.000 S angestellt war. Der Antragsteller hatte sein Medizinstudium im 12. Semester abgebrochen. Ab dem 4. Mai 1987 war er zunächst bei der Firma S*** und seit dem 4. August 1987 bei der Firma B*** beschäftigt, wo er jeweils eine Einschulung zur Tätigkeit eines Filialleiters absolvierte. Seit Juni 1988 ist er Leiter der B***-Filiale in Gratkorn; er bezog dort in der Zeit vom 4. August 1987 bis Anfang Juni 1988 ein monatliches Nettoeinkommen von 10.011,10 S. Das Ehepaar S*** jun. bezog am 1. Jänner 1988 eine 68 m2 große, vom Ehemann mit Selbstbaumöbeln eingerichtete Startwohnung der Stadtgemeinde Graz, für die an Mietzins und Betriebskosten monatlich 5.230 S anfallen. Im übrigen sind sowohl der Sohn als auch seine Ehegattin vermögenslos. Nach der Geburt eines Sohnes befindet sich die Ehegattin des Antragstellers seit April 1988 im Karenzurlaub.

Der Vater ist seit 24. Juni 1967 in zweiter Ehe mit Maria S*** verheiratet, die seit dem Jahre 1984 nur noch im Haushalt tätig ist. Er ist für niemanden sonst sorgepflichtig und befindet sich seit 1. September 1983 in Frühpension. In den Jahren 1987 und 1988 bezog er von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine monatliche Durchschnittspension von 10.548,30 S netto. Mit seinem Antrag vom 22. März 1988 machte der Sohn gegen den Vater zunächst einen Ausstattungsanspruch von 200.000 S geltend, den er im zweiten Rechtsgang auf 400.000 S ausdehnte (ON 23 S. 108). Neben seinen Pensionseinkünften besitze der Vater ein Vermögen von rund 9 Millionen S; darüber hinaus sei er auch noch Eigentümer einer Liegenschaft in Schiefling am See mit einem Wert von ca. 3 Millionen S.

Der Vater bestreitet jegliche Dotationspflicht. Wegen seines schweren Herzleidens habe er das - im übrigen hoch

verschuldete - Gut in Halltal bei Mariazell im Jahre 1984 verkaufen müssen. Den Verkaufserlös habe er zur Schuldentilgung und zum Ankauf eines Einfamilienhauses in Schiefling am See verwendet, welches er mit seiner zweiten Ehegattin bewohne. Diese sei auch Hälfteeigentümerin der Liegenschaft mit einem grundbücherlichen Veräußerungs- und Belastungsverbot zu ihren Gunsten. Der Vater besitze daher kein für die Ausstattung maßgebliches Vermögen und beziehe außer der Pension kein sonstiges Einkommen; er sei für seine zweite Ehegattin unterhaltspflichtig.

Im ersten Rechtsgang ist dem Sohn bereits ein Ausstattungsbetrag von 30.000 S rechtskräftig zuerkannt worden, den der Vater auch bereits gezahlt hat (ON 10, 13 und 23, S. 107).

Im zweiten Rechtsgang bestimmte das Erstgericht dem Sohn einen weiteren Ausstattungsbetrag von 170.000 S, zahlbar binnen 14 Tagen, und wies das Mehrbegehren im Umfang von 230.000 S (richtig: 200.000 S) - mittlerweile rechtskräftig - ab. Es traf noch folgende wesentliche Feststellungen:

Der Vater war zuletzt Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 32 KG Halltal mit dem sogenannten "Gstettenbauern-Gut" im Halltal im Gesamtausmaß von ca. 128 ha. Neben dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb wurde dort auch - seit 1974 von Maria S*** - eine Frühstückspension betrieben. Am 16. August 1983 pachtete Maria S*** auch den defizitären land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und deckte die Verluste mit den Einkünften aus der Frühstückspension ab, so daß sie insgesamt praktisch keinerlei Gewinn erzielte. Im Jahre 1984 verkaufte der Vater die Liegenschaft EZ 32 KG Halltal samt den beiden Betrieben um 14 Millionen S. Der Käufer zahlte den Kaufpreis durch Schuldübernahmen in der Höhe von 2 Millionen S und Hingabe einer Bankgarantie über 12 Millionen S. Auf der verkauften Liegenschaft waren Forderungen von insgesamt 3,010.000 S pfandrechtlich sichergestellt; die Höhe der tatsächlich aushaftenden Forderungen konnte aber nicht festgestellt werden. Am 17. September 1984 kaufte der Vater die Liegenschaft EZ 324 KG Schiefling am See mit dem darauf errichteten Einfamilienhaus um 3 Millionen S. Mit Schenkungsvertrag vom 20. November 1984 übertrug er einen Hälfteanteil dieser Liegenschaft in das Eigentum seiner Ehegattin Maria. Ein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot ist einverleibt. Die Liegenschaft dient ausschließlich für Wohnzwecke des Ehepaares S*** sen. Der Vater besaß im Jahre 1987 Kapitalvermögen in der Höhe von mindestens 800.000 S, dessen Form aber nicht näher festgestellt werden konnte.

Rechtlich meinte das Erstgericht, dem Vater könne im Hinblick auf sein erhebliches und verwertbares Vermögen ein zusätzliches "Heiratsgut" von 170.000 S zugemutet werden, auch wenn er für seine zweite Ehegattin unterhaltspflichtig sei und in Zukunft noch eine Dotation für zwei weitere Söhne zu erwarten habe.

Das Rekursgericht gab keinem der von beiden Parteien erhobenen Rekurse Folge. Den Vater hätte die Beweislast für ein die Ausstattungspflicht beseitigendes oder minderndes Unvermögen getroffen; er sei aber nur darum bemüht gewesen, seine Vermögenssituation zu verschleiern, und habe jegliche Mitwirkung an den diesbezüglichen Ermittlungen verweigert. Nach dem von ihm selbst vorgelegten Schreiben Beilage 5 habe der Notar den nach Kredittilgungen und Abzug des Kaufpreises für das Einfamilienhaus in Schiefling am See verbleibenden Verkaufserlös von 6 Millionen S am 29. November 1984 auf ein neues Sparbuch des Vaters überwiesen. Dieser habe im Jahre 1985 für den Unterhaltsverzicht seiner ersten Ehegattin noch 300.000 S zu leisten gehabt. Er müsse es sich daher gefallen lassen, daß für seine Dotationspflicht von einem Vermögensstand von 5,700.000 S ausgegangen werde. Bei der ihm mit insgesamt 200.000 S auferlegten Ausstattung sei daher nicht zu hoch gegriffen worden, weil dadurch unter den gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen weder seine Unterhaltspflicht für die zweite Ehegattin noch krankheitsbedingte Mehrausgaben beeinträchtigt werden könnten. Auf noch nicht konkret in absehbarer Zeit eintretende allfällige weitere Dotationspflichten des Vaters sei entgegen der Meinung des Erstgerichtes nicht Bedacht zu nehmen. Die Vermögensverhältnisse der Mutter des Sohnes und ersten Ehegattin des Vaters hätten nicht untersucht werden müssen, weil Dotationsansprüche gegen den anderen Elternteil die Verpflichtung des in Anspruch genommenen Vaters nicht berühren und dessen Dotationspflicht auch nicht verringern könnten.

Gegen den die Ausstattungspflicht bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des noch in Rede stehenden Ausstattungsmehrbegehrens von 170.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der Rechtsmittelwerber meint offensichtlich, daß der Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG idF der WGN 1989 zulässig sei, weil die Entscheidung von erheblichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle abhänge. Dabei übersieht er jedoch - ganz abgesehen von dem dann fehlenden Ausspruch des Rekursgerichtes gemäß § 13 Abs 1 Z 3 AußStrG neu -, daß die neuen Rechtsmittelvorschriften gemäß Art. XLI Z 5 WGN 1989 erst anzuwenden sind, wenn das Datum der Entscheidung der zweiten Instanz nach dem 31. Dezember 1989 liegt. Der vorliegende Revisionsrekurs ist daher im Hinblick auf die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes vom 22. Dezember 1989 noch nach § 16 AußStrG alt zu beurteilen; danach ist der Vater aber auf die Anfechtungsgründe der offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit und der Nullität beschränkt. Solche Gründe werden aber von ihm weder ausdrücklich noch dem Inhalt nach geltend gemacht:

Die behaupteten angeblich unvollständigen Feststellungen begründen weder einen Verfahrensmangel noch eine Nichtigkeit; sie könnten allenfalls eine unrichtige rechtliche Beurteilung bewirken, welche aber kein Anfechtungsgrund im Sinne des § 16 AußStrG ist (EFSlg 44.639 ua). Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird. Nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung bildet daher eine offenbare Gesetzwidrigkeit. Eine solche kann schon begrifflich nicht vorliegen, wenn es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, es sei denn, die Entscheidung verstößt gegen Grundprinzipien des Rechts oder sie ist ganz willkürlich oder mißbräuchlich. Wie die Höhe einer Ausstattung im Einzelfall zu ermitteln ist, ist in den gemäß § 1231 Satz 2 ABGB anzuwendenden Vorschriften der §§ 1220 ff ABGB nicht ausdrücklich geregelt; die im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zu treffende Lösung dieser Rechtsfrage durch das Rekursgericht kann daher nicht offenbar gesetzwidrig sein (EFSlg 47.237, 49.973 f, 52.794, 55.661 ua). Entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers bestimmt § 1220 ABGB nur, daß die Eltern "nach den Grundsätzen, nach denen sie für den Unterhalt der Kinder zu sorgen haben", also gemäß § 140 Abs 1 ABGB "nach ihren Kräften anteilig", den Töchtern oder Söhnen (§ 1231 Satz 2 ABGB) ein Heiratsgut oder eine angemessene Ausstattung (§ 1231 Satz 2 ABGB) zu geben haben. Daraus ergibt sich zwar zweifelsfrei, daß jeder Elternteil nach seinen Lebensverhältnissen angemessen und anteilig zur Ausstattung beizutragen hat, nicht aber, daß der Ausstattungsberechtigte seinen Anspruch ausschließlich gegen beide Eltern gleichzeitig geltend machen oder daß bei getrennter Geltendmachung (vgl. dazu Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1220;

Schwimann/Brauneder, ABGB IV/2, § 1221 Rz 7; SZ 53/87 und 110;

EFSlg 46.041 ua) stets auch der Vermögensstand des anderen Elternteils erforscht werden müßte. Daher bezieht sich § 1221 ABGB entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers auch nur auf das zu untersuchende Unvermögen des jeweils konkret in Anspruch genommenen Elternteils.

Da somit kein Anfechtungsgrund gemäß § 16 Abs 1 AußStrG gegeben ist, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte