OGH 2Ob511/90

OGH2Ob511/9031.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adolf Hermann H***, geboren am 12. Juni 1938 in Wels, Finanzbeamter, Leisterstraße 11, 4813 Altmünster, vertreten durch Dr. Jörg Iro, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Brunhilde H***, geboren am 23. Juli 1945 in Ostermieting, Hausfrau, Fritz Edtmeierstraße 17, 4816 Geschwandt, vertreten durch Dr. Franz Hufnagl, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Ehescheidung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 2. Oktober 1989, GZ R 211/89-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Gmunden vom 3. Jänner 1989, GZ 1 C 6/87-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.706,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 617,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile, die beide österreichische Staatsbürger sind, haben am 5. November 1966 die Ehe geschlossen, aus der zwei in den Jahren 1967 und 1972 geborene Söhne stammen. Der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten war in Gschwandt, Oberösterreich.

Der Kläger brachte in seiner auf § 49 EheG gestützten Klage vor, die Beklagte verweigere seit 1983 grundlos und beharrlich den Geschlechtsverkehr, sie lehne auch jede Zärtlichkeit ab. Die Beklagte stellte den Antrag, das Klagebegehren abzuweisen. Sie brachte vor, sie sei aus physischen und psychischen Gründen nicht mehr in der Lage, einen Geschlechtsverkehr auszuüben, die Ehe sei nicht oder zumindest nicht aus ihrem Verschulden zerrüttet. Der Kläger habe sich gegenüber der Beklagten grob, lieblos und gehässig verhalten, habe die Beklagte beschimpft und sei grundlos aus dem gemeinsamen Schlafzimmer ausgezogen. Auf Grund dieses Verhaltens des Klägers sei das Scheidungsbegehren sittlich nicht gerechtfertigt. Das Erstgericht schied die Ehe aus dem Verschulden der Beklagten. Es gelangte zu dem Ergebnis, die Beklagte habe völlig grundlos den Geschlechtsverkehr verweigert. Dieses durch Jahre anhaltende Verhalten habe zu einer Zerrüttung der Ehe führen müssen. Das Berufungsgericht gelangte zur Ansicht, die Feststellungen des Erstgerichtes seien insoweit ungenügend, als aus ihnen nur sehr wenig über den Gesamtverlauf der Ehe und über die Ursachen des festgestellten geschlechtlichen Verhaltens der Frau hervorgehe. Daneben erschienen dem Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes über den psychischen Zustand der Frau nicht in der Weise begründet, daß sie ohne Beweiswiederholung als unbedenklich angesehen werden könnten. Aus diesen Gründen beschloß das Berufungsgericht eine Beweiswiederholung.

Daraufhin stellte die Beklagte für den Fall der Scheidung den Antrag, daß die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers geschieden werde. Sie berief sich zum Beweis auf ihr bisheriges Vorbringen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und traf auf Grund der durchgeführten Beweiswiederholung folgende wesentliche Feststellungen:

Die Ehe verlief bis etwa Herbst 1983 normal und weitgehend glücklich, und war auch im Bereich der geschlechtlichen Beziehungen. Im geschlechtlichen Bereich war die Beklagte eine normal aktive Partnerin. Die Beklagte war seit der Geburt des ersten Kindes mit einer kurzen Unterbrechung nur im Haushalt tätig. Die Ehegatten erwarben im Jahre 1968 gemeinsam einen Baugrund und errichteten ein Haus. Trotz der finanziellen Belastungen gab es keine nennenswerten Zerwürfnisse oder nach außen wahrnehmbare Probleme. Die Beklagte fühlte sich etwas vom Kläger dominiert und fügte sich seinen Wünschen betreffend die Gestaltung des Ehelebens und der Freizeit. Sie bezeichnete dies so, daß sie sich auf den Kläger eingestellt habe. Etwa 1982 wurde die Frau zum Mitglied des örtlichen Pfarrgemeinderates gewählt und besuchte nahezu täglich die Kirche. Auf ihren Wunsch errichtete der Kläger auf der den Ehegatten gemeinsam gehörigen Liegenschaft eine Kapelle. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Papstbesuch in Wien im September 1983 meinte die Beklagte, sie wolle geschlechtlich enthaltsam leben, am liebsten wäre ihr eine "Josefsehe" und sie wolle keinen Mann mehr. Sie verweigerte sodann jede körperlich zärtliche Berührung und jeden Geschlechtsverkehr. Zumindest einmal sagte sie auch, der Kläger solle sich eine Hure kaufen. Eine Aussprache der Ehegatten mit dem örtlichen Seelsorger verlief ergebnislos. Der letzte Geschlechtsverkehr zwischen den Parteien fand etwa Mitte 1983 statt, es ist auch möglich, daß ein allerletzter im Juli 1984 stattfand. Es verstärkten sich ab Ende 1983 auch zunehmend die Spannungen zwischen den Ehegatten. Der Kläger verstand die plötzliche Sinnesänderung der Beklagten nicht und konnte sich deren Ursache letzlich nicht erklären. Die Beklagte blieb bei ihrer abweisenden Einstellung. Im September 1984 kam es auch zu einer wörtlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Kläger einen Fußtritt gegen die Beklagte andeutete, ohne sie am Körper zu treffen oder treffen zu wollen. Diesen Vorfall hielt sie ihm oft vor. Ihre Einstellung zum körperlichen und geschlechtlichen Kontakt wurde dadurch nicht verändert. Die Ablehnung der Beklagten gegenüber dem Kläger war nachher nicht anders als vorher, die Beklagte zieht aber ua diesen Vorfall zur Begründung ihrer Haltung heran. Anlaß für diesen Vorfall war die Äußerung der Beklagten gegenüber dem Kläger, "zu ihr komme er nicht einmal ins Grab", gewesen. Diese Äußerung hat den Kläger schwer gekränkt und getroffen. Vor diesem Vorfall hatte es eine einzige Tätlichkeit im Jahr 1981 gegeben, als der Kläger im Zuge eines Streites der Frau eine Ohrfeige versetzte. Dieser Vorfall war ein Einzelfall und die Ehegatten haben sich hierauf wieder rasch versöhnt. Nach Einstellung des geschlechtlichen Kontaktes zog der Mann einmal 14 Tage aus dem Schlafzimmer aus. Anlaß hiefür war der Wunsch der Frau, die Fenster trotz der sommerlichen Temperaturen geschlossen zu halten. Noch 1984 verließ der Kläger dann endgültig das eheliche Schlafzimmer, nachdem ihn die Frau ausgesperrt hatte, und zog in den ersten Stock, der nur notdürftig eingerichtet ist. Die Beklagte erklärte dem Kläger, er komme in das Schlafzimmer nicht mehr hinein und der Kläger unternahm dann auch keine Versuche in dieser Richtung. Anfang November 1986 unternahm der Mann einen letzten Versöhnungsversuch, indem er der Frau zum 20. Hochzeitstag einen Brief schrieb und 20 Kußrosen dazustellte. Die Frau reagierte hierauf nicht und meinte, er solle mit ihr reden und nicht schreiben. Seit der räumlichen Trennung, die spätestens Ende 1984 erfolgte, ist auch die gemeinsame Haushaltsführung weitgehend aufgehoben. Der Mann übernachtet auch öfters auswärts bei Verwandten, zumal seine beiden Zimmer im ersten Stock kaum möbliert sind. Er führt auch kleinere Reparaturen am Haus nicht oder nicht mehr prompt durch, was vor etwa 1984 nicht vorgekommen wäre. Durch die ständige und beharrliche Verweigerung jedes körperlich erotischen Kontaktes durch die Frau haben sich die Ehegatten völlig auseinandergelebt und entfremdet. Die Wiederherstellung einer alle Lebensbereiche umfassenden ehelichen Gemeinschaft ist ausgeschlossen. Der Mann ist hiezu nicht mehr bereit. Die Frau ist hiezu zumindest im Teilbereich des geschlechtlichen Kontaktes nicht mehr bereit. Diese Zerrüttung der Ehe ist auf seiten des Mannes als Ergebnis der ihm widerfahrenen körperlichen Ablehnung durch die Frau allmählich eingetreten, und zwar etwa von Herbst 1983 beginnend bis Ende 1986, wo diese Entfremdung letzlich tiefgreifend, endgültig und irreparabel geworden ist. Auf seiten der Frau liegen die Ursachen ihre Haltung einerseits in ihrer doch untergeordneten Stellung in der Familie, welche auch zum Gutteil auf ihre diesbezügliche passive, jede Eigeninitiative vermissen lassende Gestaltung des ehelichen Lebens zurückzuführen ist, andererseits in der ihr so plötzlich durch die Wahl in den Pfarrkirchenrat widerfahrenen Anerkennung im religiösen Gemeindeleben, überwiegend jedoch im persönlichen Bereich, also in Ursachen, die trotz erheblichen Verfahresnaufwandes mangels jeglicher Bereitschaft der Frau zur diesbezüglichen Mitwirkung nicht geklärt werden konnten. Ihre Haltung beruht auf überwiegend freier Willensbildung. Sie ist in der Lage, ihre Situation zu begreifen und zu erkennen und die ehezerstörende Wirkung ihrer Haltung einzusehen und dieser Einsicht nach zu handeln. Sie ist hiezu aber auf Grund ihres höchstens leicht eingeschränkten freien Willens nicht bereit. Es liegt weder eine körperliche noch eine geistige Krankheit vor. Es bestehen auch keine anderen geistigen Störungen geringeren Grades, keine vervösen Störungen, keine geistigen Anomalien, keine wahnhaften Einbildungen und auch keine sonstige psychisch bedingte abnorme Veranlagung oder Einstellung, die ihren freien Willen nicht nur geringfügig einzuschränken geeignet wären. Es besteht lediglich ein teilweise mangelhafter Realitätsbezug, der aber mit Willen der Frau korrigiert werden könnte. Eine über das auch beim Durchschnittsmenschen vorkommende Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Fähigkeit zur freien Willensbildung und freien Willenskontrolle liegen nicht vor. Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht diesen Sachverhalt dahin, die beharrliche und grundlose Ablehnung des ehelichen Verkehrs sei eine schwere Eheverfehlung, weil dadurch dem Wesen der Ehe als einer alle Lebensbereiche umfassenden Lebensgemeinschaft nicht Rechnung getragen werde. Es müsse der Frau trotz des gebotenen Respektes vor jeder persönlichen Entscheidung doch zum Vorwurf gemacht werden, daß ihre letzlich unbegründete, nur auf ihre subjektive Vorstellung zurückzuführende Ablehnung des ehelichen Verkehrs durch mehrere Jahre für den Mann eine unzumutbare und letzlich unerträgliche Situation geschaffen habe, auf Grund der er letzlich auch seine eheliche Gesinnung verloren habe. Es hieße nämlich den Mann zu überfordern, würde man ihm die Aufrechterhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft unter Ausschluß der Geschlechtsgemeinschaft aufzwingen. Das Recht auf Selbstbestimmung des geschlechtlichen Bereiches werde durch diese Rechtsanwendung nicht verletzt; es werde an ein solches Verhalten vielmehr nur die Konsequenz geknüpft, daß dem anderen Ehegatten nicht der Fortbestand der Ehe gegen seinen Willen zugemutet werden könne. Zur Frage des § 50 EheG sei noch auszuführen, daß die subjektive Komponente nach dieser Gesetzesstelle in einer erheblichen Beeinträchtigung der Willensbildung und Willenskontrolle bestehe, die keineswegs den Grad der Unzurechnungsfähigkeit erreichen müsse. Andererseits sei nicht jede geringfügige Willenseinschränkung dem Tatbestand des § 50 EheG zu unterstellen. Nach den getroffenen Feststellungen liege nur ein dem durchschnittlichen Eheleben nicht entsprechendes, nicht jedoch ein psychisch abnormes Verhalten im Sinne einer geistigen Störung minderen Grades vor. Die Schuldfähigkeit der Beklagten, beurteilt nach § 49 EheG, sei hier nicht ausgeschlossen. Letzlich liege auch keine entschuldbare Reaktionshandlung der Beklagten vor. Die Tätlichkeit des Jahres 1981 sei hiefür kein Grund, ebenso wenig der "Fußtritt". Vielmehr sei diese Handlung des Mannes eine Reaktion auf eine Äußerung der Frau gewesen. Ebenso sei das Verlassen des ehelichen Schlafzimmers durch den Kläger, nachdem ihm die Beklagte nach länger dauernder Verweigerung des ehelichen Verkehrs auch noch ausgesperrt gehabt habe, keine Eheverfehlung nach § 49 EheG. Das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe vielmehr die Frau, die ohne objektiven Rechtfertigungsgrund psychischer oder physischer Art viele Jahre lang den ehelichen Verkehr verweigert und so die einzige Ursache für die Zerrüttung der Ehe gesetzt habe. Somit sei aber auch die prozeßrechtliche Frage, ob ein Mitverschuldenseinwand im Berufungsverfahren nach Verkündung des Beschlusses auf Beweiswiederholung nachgetragen werden könne, nicht mehr erforderlich.

Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht die Anfechtungsgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Klage abgewiesen werde. Hilfsweise stellt die Beklagte den Antrag auf Änderung dahin, daß die überwiegende Schuld an der Scheidung der Ehe den Kläger treffe. In eventu wird die Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichtes beantragt.

Der Kläger stellt den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Ein Mitschuldantrag nach § 60 Abs 3 EheG kann wegen des auch im Ehescheidungsverfahren geltenden Neuerungsverbotes nur im Verfahren erster Instanz gestellt werden (EFSlg 54.452 uva). Ob dies auch im Fall einer vom Berufungsgericht wegen Feststellungsmängeln (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO) vorgenommenen Verfahrensergänzung im Sinne des § 496 Abs 3 ZPO gilt (der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 4 Ob 19/89 unter Hinweis auf Fasching IV 215 und Fasching, Zivilprozeßrecht, RZ 1820 ausgeführt, in einem derartigen Fall sei das Verfahren in das Stadium vor Schluß der Verhandlung erster Instanz zurückgetreten, die Verhandlung vor dem Berufungsgericht sei damit eine Verhandlung erster Instanz und keine mündliche Berufungsverhandlung im Sinne und mit der Aufgabe der §§ 486 ff ZPO), braucht hier nicht erörtert zu werden. Abgesehen davon, daß die Beklagte in ihrem Mitschuldantrag überhaupt nicht ausführte, auf welche angeblichen Eheverfehlungen des Klägers dieser gestützt wird (sie verweist lediglich auf ihr bisheriges Vorbringen), wäre der Ausspruch eines Mitverschuldens des Klägers auch dann nicht gerechtfertigt, wenn man das gesamte von der Beklagten in erster Instanz erstattete Vorbringen dahin prüft, ob Tatsachen behauptet werden, die schwere Eheverfehlungen des Klägers darstellen könnten. Da die Beklagte den Geschlechtsverkehr beharrlich verweigerte und den Kläger sogar aus dem Schlafzimmer aussperrte, stellt es gewiß keine schwere Eheverfehlung dar, daß der Kläger aus dem ehelichen Schlafzimmer ausgezogen ist. Nach der Ohrfeige des Jahres 1981 fand eine Versöhnung statt. Dieser Vorfall war nicht so schwerwiegend, daß er trotz dieser Versöhnung aus Gründen der Billigkeit zum Ausspruch eines Mitverschuldens des Klägers im Sinne des § 60 Abs 3 EheG führen könnte. Der angedeutete Fußtritt, bei dem der Kläger die Beklagte nicht berührte und dies auch nicht beabsichtigte, ist zu geringfügig, um ihn als schwere Eheverfehlung zu werten. Im übrigen wurde aber ein grobes, liebloses oder gehässiges Verhalten des Klägers nicht festgestellt. Die in der Revision aufgestellte Behauptung, der Kläger habe eine Freundin, ist eine unzulässige Neuerung. Auch dann, wenn man davon ausgeht, daß die Beklagte einen wirksamen Mitschuldantrag gestellt hat, ist daher der Ausspruch eines Verschuldens des Klägers nicht gerechtfertigt. Eine beharrliche und grundlose Verweigerung des Geschlechtsverkehrs bildet eine schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG (EFSlg 43.624, 48.744, 54.376 uva). Die von der Beklagten zur Rechtfertigung ihres Verhaltens behaupteten physischen und psychischen Gründe liegen nicht vor. Der Umstand, daß der Kläger aussagte, er habe, seit ihn seine Frau im Jahre 1984 aus dem Schlafzimmer ausgesperrt habe, weitere Intimitäten nicht mehr versucht, vermag daran nichts zu ändern, daß der Beklagten eine grundlose und beharrliche Verweigerung des ehelichen Verkehrs zur Last fällt. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, dem Kläger eine allfällig wiederbestehende Bereitschaft zu sexuellen Kontakten erkennen zu lassen. Überdies ergibt sich aus dem Prozeßvorbringen der Beklagten, sie sei physisch und psychisch nicht in der Lage, einen Geschlechtsverkehr auszuüben, eindeutig, daß die nicht bereit gewesen wäre, mit dem Kläger wieder körperliche Beziehungen aufzunehmen. Da es sich bei der Verweigerung des Geschlechtsverkehrs um ein fortgesetztes Verhalten handelt, war entgegen der Ansicht der Beklagten zur Zeit der Einbringung der Klage die Frist des § 57 Abs 1 EheG noch nicht abgelaufen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 49 zweiter Satz EheG sind nicht gegeben, weil dem Kläger keine schweren Eheverfehlungen anzulasten sind. Zu erörtern bleibt daher nur noch, ob das objektiv einen Ehescheidungsgrund nach § 49 EheG darstellende Verhalten der Beklagten auch subjektiv vorzuwerfen ist, oder ob dieses Verhalten auf einer geistigen Störung im Sinne des § 50 EheG beruht. Die Beklagte vertritt die Ansicht, das Berufungsverfahren sei mangelhaft, weil das Berufungsgericht kein weiteres psychiatrisches Gutachten über die Ursachen ihres Verhaltens eingeholt habe. Von einem Verfahrensmangel kann jedoch keine Rede sein. Das Erstgericht holte zunächst ein Gutachten eines Sachverständigen für gerichtliche Medizin und gerichtliche Psychiatrie ein und bestellte dann einen Facharzt für Nervenkrankheiten zum weiteren Sachverständigen. Dieser erstattete ein schriftliches Gutachten, das er in der mündlichen Verhandlung ergänzte. Das Berufungsgericht bestellte Univ. Prof. Dr. Klaus Jarosch zum weiteren Sachverständigen, die Beklagte leistete der zweimaligen Vorladung des Sachverständigen aber keine Folge. Daraufhin hat das Berufungsgericht den Nervenarzt, der schon im Verfahren erster Instanz ein Gutachten erstattet hatte, der Berufungsverhandlung beigezogen, dieser Sachverständige erstattete ein ergänzendes mündliches Gutachten. Es ist nicht einzusehen, weshalb bei dieser Sachlage noch ein weiteres Sachverständigengutachten notwendig gewesen sein sollte, auch die Beklagte vermag hiefür keine stichhältigen Gründe anzuführen. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 EheG mit Recht verneint. Eine geistige Störung im Sinne dieser Gesetzesstelle liegt nur vor, wenn die Verantwortlichkeit zwar nicht ausgeschlossen, aber wesentlich vermindert ist (EFSlg 54.409 uva). Eine derartige wesentliche Verminderung besteht bei der Beklagten aber nicht, denn ihr Verhalten beruht auf überwiegend freier Willensbildung, ihr freier Wille ist höchstens leicht eingeschränkt, eine über das auch bei einem Durchschnittsmenschen vorkommende Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Fähigkeit zur freien Willensbildung und freien Willenskontrolle liegt nicht vor, ebensowenig eine geistige Störung geringen Grades. Da diese Beurteilung eine Tatfrage ist (EFSlg. 54.414), muß der in der Revision unternommene neuerliche Versuch der Beklagten, ihr Verhalten mit einer durch psychische Störungen bewirkten wesentlichen Herabminderung ihrer freien Willensbildung zu erklären, scheitern.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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