OGH 10ObS194/89

OGH10ObS194/8923.1.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Johannes Rudda und Dr.Robert Göstl (beide Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna S***, Pensionistin, 2264 Sierndorf 43, vertreten durch Dr.Leander Schüller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** DER G*** W*** (Landesstelle Niederösterreich), 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr.Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7.Dezember 1988, GZ 32 Rs 257/88-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 31.Mai 1988, GZ 15b Cgs 1305/87-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 10.September 1985 verstorbene Ehegatte der Klägerin, Karl S***, bezog von der beklagten Partei seit dem 1.August 1968 eine Alterspension samt Ausgleichszulage, bei deren Feststellung Einkommen aus einem vor dem Stichtag übergebenen landwirtschaftlichen Betrieb berücksichtigt wurde. Mit Bescheid vom 14. Oktober 1980 wurde diese Ausgleichszulage zuletzt ab dem 1.Jänner 1980 mit monatlich 1.671,10 S im geschützten Ausmaß neu festgestellt. Die Klägerin bezieht von der beklagten Partei aufgrund des Bescheides vom 13.November 1985 seit dem 1.Oktober 1985 eine Witwenpension, deren monatliches Ausmaß im Jahre 1985 2.125,30 S, im Jahre 1986 2.199,70 S und im Jahre 1987 2.283,30 S betrug. Dazu wurde ihr mit Bescheid vom 5.Dezember 1985 für die Zeit vom 1. Oktober bis 31.Dezember 1985 eine monatliche Ausgleichszulage von 948,70 S, für die Zeit ab 1.Jänner 1986 eine solche von 989,30 S zuerkannt. Mit Bescheid vom 27.Dezember 1985 stellte die beklagte Partei nach § 69 GSVG den gesetzlichen Zustand rückwirkend dadurch wieder her, daß es die monatliche Ausgleichszulage für die Zeit vom 1. Oktober bis 31.Dezember 1985 mit 2.388,70 S und für die Zeit seit 1. Jänner 1986 mit 2.472,30 S, also in der Höhe des Unterschiedes zwischen Witwenpension und Richtsatz, festsetzte.

Mit Bescheid vom 13.Jänner 1987 stellte die beklagte Partei die Ausgleichszulage seit dem 1.Jänner 1987 mit monatlich 1.044,70 S unter Berufung auf die mit dem Beginn des Jahres 1987 wirksame Pensionserhöhung (§ 153 Abs 2 GSVG) von Amts wegen neu fest. Aus dem Unterschied zwischen der Summe von Witwenpension und Ausgleichszulage (3.328 S) einerseits und dem Richtsatz (4.868 S) anderseits ergibt sich, daß übrige Einkünfte der Klägerin von 1.540 S angenommen wurden.

Die gegen den letztgenannten Bescheid rechtzeitig erhobene, auf eine Ausgleichszulage von monatlich 2.576,20 S gerichtete Klage stützte sich zunächst nur auf die behauptete Rechtskraft des Bescheides vom 27.Dezember 1985. Die Klage läßt erkennen, daß die Klägerin die Ausgleichszulage trotz des ihr offenbar unterlaufenen Rechenfehlers nicht für Zeiten vor dem 1.Jänner 1987, sondern erst seit diesem Zeitpunkt in der Höhe des Unterschiedes zwischen der Pension und dem Richtsatz, also bei richtiger Berechnung in der Höhe von monatlich 2.584,70 S begehrte.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Sie bestritt die Rechtsauffassung der Klägerin und wendete ein, daß aus Anlaß der Pensionserhöhung die Ausgleichszulage ohne Bindung an frühere Bescheide neu festzustellen sei. Dabei sei vor allem auf Art II Abs 3 der 7. GSVGNov Bedacht zu nehmen und jener aufgewertete Einkommensbetrag heranzuziehen, der für die Feststellung der Ausgleichszulage zur Pension des verstorbenen Ehegatten der Klägerin zuletzt maßgebend gewesen sei. Dies sei ein nach § 149 Abs 7 GSVG pauschaliertes Einkommen aus Landund Forstwirtschaft von (monatlich)

1.540 S, nämlich ein Zwölftel von 25 % des für 1987 auf 73.899 S aufgewerteten Einheitswertes des Jahres 1985 von 69.120 S. Nunmehr begründete die Klägerin die Klage auch damit, daß auch in ihrem Fall § 149 Abs 7 GSVG in der am 31.Dezember 1982 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden sei und daß die durch die 21. GSPVGNov mit 1.Jänner 1973 geschaffene Rechtslage auch für solche Hinterbliebenenpensionsfälle weitergelte. Sie habe daher wie ihr verstorbener Ehegatte Anspruch auf eine geschützte Ausgleichszulage. Der nach der zit Nov zu ermittelnde Schutzbetrag wäre so festzustellen, daß die der Klägerin unter der Annahme des Todes ihres Ehegatten im Dezember 1972 gebührende Witwenpension und davon ausgehend der zum 1.Jänner 1973 gebührende Schutzbetrag ermittelt würden. Daraus ergebe sich durch Multiplikation mit den Anpassungsfaktoren die unmittelbar ab 1.Oktober 1985 zustehende Ausgleichszulage. Die Klägerin beantragte, der beklagten Partei eine solche Berechnung aufzutragen.

Aufgrund eines diesbezüglichen erstgerichtlichen Auftrages errechnete die beklagte Partei im in der Tagsatzung vom 14.März 1988 verlesenen Schriftsatz ON 7 aus der dem verstorbenen Ehegatten der Klägerin im Dezember 1972 zugestandenen Pension von 1.400,40 S samt Ausgleichszulage von 878,60 S eine fiktive Witwenpension 1972 von 840,20 S und den Unterschiedsbetrag auf den damaligen Richtsatz von 1.641 S mit der fiktiven Ausgleichszulage 1972 von 800,80 S. Durch Multiplikation dieses fiktiven Ausgleichszulagenschutzbetrages der Klägerin mit den jeweiligen Anpassungsfaktoren errechnete die beklagte Partei auch die fiktiven Ausgleichszulagen der Jahre 1973 bis 1987, darunter für das Jahr 1985 mit 1.908,80 S, für 1986 mit 1.987,10 S und für 1987 mit 2.068,60 S. Die beklagte Partei wies allerdings darauf hin, daß die Ausdehnung des Ausgleichszulagenschutzbetrages auf die Witwe nicht zulässig sei. Die von einer qualifizierten Person vertretene Klägerin stellte die Richtigkeit der Ausgleichszulagenberechnung der beklagten Partei laut Schriftsatz ON 7 außer Streit. In der Tagsatzung vom 14.März 1988 wurde festgestellt, daß die Höhe der vorgenommenen Berechnung außer Streit gestellt wurde.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin ab 1.Jänner 1987 eine Ausgleichszulage von 1.044,70 S monatlich zu zahlen, wies jedoch das Klage(mehr)begehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin eine Ausgleichszulage von monatlich 2.576,20 S über den 31.Dezember 1985 (gemeint offenbar 1986) hinaus zu gewähren, ab. Dabei schloß es sich dem Standpunkt der beklagten Partei voll an.

Dagegen erhob die Klägerin Berufung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit den Anträgen, das erstgerichtliche Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es allenfalls aufzuheben. Die Berufungswerberin hielt dabei an ihren schon in erster Instanz vertretenen Rechtsmeinungen fest und meinte überdies, daß die pauschale Anrechnung von Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße und daher verfassungswidrig sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.

Die Neufeststellung der Ausgleichszulage seit 1.Jänner 1987 sei schon wegen der geänderten Pensions- und Richtsatzhöhe ohne Bindung an die Grundlagen der vorangegangenen Ausgleichszulagenfeststellungen zulässig. Bei der Berechnung der Ausgleichszulage seit 1.Jänner 1987 seien Art II Abs 3 der

7. GSVGNov und § 149 Abs 7 GSVG in der am 31.Dezember 1982 geltenden Fassung anzuwenden. Der Klägerin kämen jedoch die Schutzbestimmungen der 21. GSPVGNov nicht zugute, weil sie zum 31.Dezember 1972 keinen Anspruch auf eine Pension samt Ausgleichszulage gehabt habe. Das Berufungsgericht teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Berufungswerberin.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit den aus der Berufung übernommenen Rechtsrügen, der Anregung eines Gesetzesprüfungsverfahrens und den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es allenfalls aufzuheben. Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt. Der erkennende Senat hat sich mit den in der Revision wiederholten Rechtsansichten der Klägerin schon in seinen Entscheidungen vom 9.Mai 1989 10 Ob S 346/88 SSV-NF 3/52 (im Druck) und vom 26.September 1989 10 Ob S 149/89 eingehend befaßt und sie mit ausführlicher Begründung abgelehnt. Diese Entscheidungen sind in Sozialrechtssachen ergangen, an denen derselbe Klagevertreter und dieselbe beklagte Partei beteiligt waren. Daher kann sich das Revisionsgericht mit einer Zusammenfassung der erwähnten ausführlichen Begründung begnügen.

Aus Art II Abs 9 und 10 der 21. GSPVGNov ergibt sich, daß nur zum 31.Dezember 1987 bereits gewährte Ausgleichszulagen, und zwar mit dem damals tatsächlich zustehenden Betrag, solange geschützt werden sollten, als sich bei einem Vergleich mit der Ausgleichszulage, die nach den durch diese Novelle geschaffenen "dauerrechtlichen" Bestimmungen berechnet wurde, ein höherer Betrag ergibt. Auf nach dem 31.Dezember 1972 neu zu gewährende Ausgleichszulagen ist ausschließlich Dauerrecht anzuwenden gewesen. Art II Abs 3 der 7. GSVGNov stellt ausdrücklich auf seinerzeitige Einkommensbeträge ab, während sich die im Art II Abs 9 der

21. GSPVGNov angeordnete Schutzmaßnahme nicht auf die Höhe des anzurechnenden Einkommens, sondern nur auf die Höhe der auszuzahlenden Ausgleichszulage bezieht. Auch aus den Gesetzesmaterialien kann nicht abgeleitet werden, daß nach Art II Abs 3 der 7. GSVGNov auf Hinterbliebenenpensionen mit einem Stichtag nach dem 31.Dezember 1982, die nach einer Pension anfallen, deren Stichtag vor dem 1.Jänner 1983 gelegen ist, die für die Pension des Verstorbenen anzuwendenden Bestimmungen des Art II Abs 9 und 10 der

21. GSPVGNov über geschützte Ausgleichszulagen weiterhin anzuwenden sind.

Der erkennende Senat teilte in der zit, und auch in anderen Vorentscheidungen auch nicht die Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit einer Pauschalierung von Einkünften aus landwirtschaftlichen Flächen, wobei er auf die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes Slg 5318 und 5882 (= B 171/68) (letztere Entscheidung bezog sich auf den vergleichbaren § 13 Abs 5 KOVG) hinwies und daher keine Veranlassung für einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof sah. Die Vorinstanzen haben daher die Höhe der der Klägerin ab 1. Jänner 1987 gebührenden Ausgleichszulage richtigerweise ohne Berücksichtigung des Art II Abs 9 und 10 der 21. GSPVGNov berechnet. Gegen die Anwendung des § 149 Abs 7 GSVG in der durch Art II Abs 3 der 7. GSVGNov genannten Fassung bestehen - wie schon erwähnt - keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Daß die Ausgleichszulage nach dieser Bestimmung unrichtig berechnet worden wäre, wurde nicht behauptet.

Im Hinblick auf die Änderung der für die Zuerkennung der Ausgleichszulage maßgebenden Sach- und Rechtslage seit 1.Jänner 1987 (Änderung der Pensionshöhe und des Richtsatzes) hatte die beklagte Partei die Ausgleichszulage nach § 153 Abs 3 GSVG auch von Amts wegen neu festzustellen, das heißt, das Feststellungsverfahren vollständig neu aufzurollen und das Vorliegen sämtlicher entscheidungswesentlicher Grundlagen ohne Bindung an die Grundlagen früherer Entscheidungen neu zu überprüfen (vgl. VwGH 23.Dezember 1976 2569/76 SVSlg 24.778 zum identen § 296 Abs 3 ASVG OLG Wien 26. Juli 1977 17 R 145/77 SVSlg 24.779; 21.Jänner 1980 33 R 264/79 SVSlg 26.149; 28.Dezember 1983 35 R 201/83 SVSlg 30.065; 26.Mai 1983 32 R 74/83 SVSlg 30.067 = SSV 23/60). Daß die Erhöhung einer Leistung aus der gesetzlichen Sozialversicherung auf Grund der Pensions(Renten)anpassung nach Art VI Abs 31 Satz 2 der 29. ASVGNov nicht als Änderung des maßgebenden Sachverhaltes im Sinne dieser Bestimmung gilt, zeigt, daß es sich bei der zit Novellenstelle um eine nur auf die geschützte Ausgleichszulage anwendbare Ausnahmebestimmung gegenüber der im § 296 Abs 3 ASVG aufgestellten Regel handelt.

Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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