OGH 10ObS346/88

OGH10ObS346/889.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Göstl und Dr. Robert Prohaska (beide AG) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria G***, 2182 Palterndorf 26, vertreten durch Dr. Manfred Gründler, Handelskammer Niederösterreich, dieser vertreten durch Dr. Leander Schüller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** DER G*** W***, Wiedner

Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vertreten durch Dr. Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Juli 1988, GZ 32 Rs 150/88-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 3. März 1988, GZ 15 b Cgs 306/87-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 2. April 1986 stellte die beklagte Partei fest, daß der Klägerin eine Ausgleichszulage zur Witwenpension gebühre, da die Summe der maßgeblichen Einkünfte die Höhe des Richtsatzes übersteige.

Der Ehemann der Klägerin, Georg G***, ist am 4. Jänner 1986 verstorben. Er bezog neben seiner Pension eine nach der 21. GSPVG-Novelle geschützte Ausgleichszulage, die nach dem Urteil des Schiedsgerichtes der Sozialversicherung für Niederösterreich vom 8. Juni 1983 ab 1. Jänner 1983 S 808,90 betrug. Die Klägerin bezieht seit 1. Februar 1986 nach ihrem verstorbenen Ehemann eine monatliche Witwenpension von S 2.242,90. Aus der Verpachtung eines landwirtschaftlichen Betriebes hat die Klägerin ein fiktives Einkommen von S 1.163,-- monatlich und bezieht ein Ausgedinge, das mit S 1.163,-- monatlich zu bewerten ist.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der Klägerin ab 1. Februar 1986 eine Ausgleichszulage im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, ab. Gemäß § 149 Abs 1 GSVG gebühre einem Pensionsberechtigten eine Ausgleichszulage, wenn seine Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 151 zu berücksichtigenden Beträge die Höhe des Richtsatzes nicht erreiche. Werde die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes aufgegeben bzw. der Betrieb übergeben, verpachtet oder auf andere Weise jemandem zur Bewirtschaftung überlassen, so seien der Ermittlung des Einkommens des bisherigen Eigentümers oder Verpächters ohne Rücksicht auf Art und Ausmaß der ausbedungenen Leistungen 21,6 % des durchschnittlichen Einheitswertes der übergebenen, verpachteten oder zur Bewirtschaftung überlassenen landwirtschaftlichen Flächen zugrundezulegen, soferne die Übergabe, Verpachtung oder Überlassung nicht mehr als 10 Jahre, gerechnet vom Stichtag, zurückliege. Hiebei sei bei einer Übergabe bzw. Verpachtung oder Überlassung vor dem Stichtag vom durchschnittlichen Einheitswert, in allen übrigen Fällen aber von dem auf die übergebenen Flächen entfallenden Einheitswerte im Zeitpunkt der Übergabe, Verpachtung oder Überlassung auszugehen. Ein Zwölftel des so errechneten Betrages, gerundet auf volle Schillinge gelte als monatliches Einkommen (§ 149 Abs 7 GSVG).

Gemäß Art. II Abs 3 der 7. Novelle zum GSVG sei die Bestimmung des § 149 Abs 7 jedoch eingeschränkt. Sie gelte nicht für Hinterbliebenenpensionen, deren Stichtag zwar nach dem 31. Dezember 1982 liege, die aber nach einer Pension anfallen, deren Stichtag vor dem 1. Jänner 1983 gelegen sei. In diesen Fällen sei die Bestimmung in der am 31. Dezember 1982 in Geltung gestandenen Fassung mit der Maßgabe weiter anzuwenden, daß bei Hinterbliebenen, welche Eigentümer bzw. Miteigentümer des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes seien bzw. gewesen seien, jene Einkommensbeträge unter Bedachtnahme auf § 149 Abs 6 des GSVG heranzuziehen seien, die für die Feststellung der Ausgleichszulage zur Pension des verstorbenen Pensionsempfängers zuletzt maßgeblich gewesen seien.

Da der Stichtag für die Pension der Klägerin der 1. Februar 1986 und jener für die Pension ihres verstorbenen Ehemannes der 1. April 1969 sei, komme die Bestimmung des Art. II Abs 3 der 7. GSVG-Novelle zur Anwendung. Wollte man der Ansicht der klagenden Partei folgen und bei der Ermittlung jener Einkommensbeträge unter Bedachtnahme auf § 149 Abs 6 GSVG, die für die Feststellung der Ausgleichszulage zur Pension des verstorbenen Pensionsempfängers zuletzt maßgebend seien, auch diesen Schutzbetrag miteinbeziehen, käme man letztlich zu dem Ergebnis, daß die Ausgleichszulage praktisch zweimal gewährt würde. Dies sei nicht der Sinn des Gesetzes. Die Schutzbetragsbestimmungen, die dem verstorbenen Ehemann zugute gekommen seien, könnten daher auf die Klägerin nicht mehr angewendet werden. Da die Berechnung des Einkommens der Klägerin nicht bestritten und richtig erfolgt sei, stehe eine Ausgleichszulage wegen der Einkünfte der Klägerin, die den Richtsatz von S 4.672,-- überstiegen, nicht zu.

Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Klägerin erhobenen Berufung keine Folge und billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revision der Klägerin kommt keine Berechtigung zu.

Die Revisionswerberin meint, aufgrund der Bestimmung des Art. II Abs 3 der 7. GSVG-Novelle habe sie Anspruch auf eine geschützte Ausgleichszulage, welche nach Art. II der 21. GSPVG-Novelle zu berechnen sei. Diese Rechtsansicht trifft nicht zu. Mit der 21. Novelle zum GSPVG (ebenso wie mit der 29. Novelle zum ASVG) wurde das Ausgleichszulagenrecht grundlegend neu gestaltet. Um zu gewährleisten, daß für Pensionisten, die zum 31. Dezember 1972 bereits eine Ausgleichszulage nach den bis dahin geltenden Rechtsvorschriften bezogen hatten, keine Schlechterstellung eintrete, wurden Übergangsbestimmungen geschaffen. Art. II Abs 9 der 21. GSPVG-Novelle bestimmt: Ergibt sich aus der Anwendung der Bestimmungen des Art. I Z 52 - auch in Verbindung mit Abs 8 - ein niedrigerer Betrag an Ausgleichszulage als der nach den am 31. Dezember 1972 in Geltung gestandenen Rechtsvorschriften gebührende, um 9 % erhöhte Betrag an Ausgleichszulage, so ist dieser erhöhte Betrag unbeschadet der Bestimmungen der Absätze 10 und 11 und des § 20 Abs 6 des Gewerblichen Selbständigen Krankenversicherungsgesetzes solange weiterzugewähren, als er den Betrag übersteigt, der nach den ab 1. Jänner 1973 geltenden Bestimmungen gebührt. Der jeweils weiterzugewährende Betrag an Ausgleichszulage ist am 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals am 1. Jänner 1974, unter Bedachtnahme auf § 32 f des GSPVG mit dem Anpassungsfaktor (§ 32 a) zu vervielfachen. Ergibt sich aus der Anwendung der Abs 10 und 11 eine Minderung des weiter zu gewährenden Betrages an Ausgleichszulage, so ist bei der Vervielfachung mit dem Anpassungsfaktor von dem geminderten Betrag auszugehen. Gemäß Art. II Abs 10 mindert sich der weiter zu gewährende Betrag an Ausgleichszulage jedoch in dem Ausmaß, als sich dies aus einer Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes ergibt. Aus diesen Formulierungen ergibt sich ohne jeden Zweifel, daß nur zum 31. Dezember 1972 bereits gewährte Ausgleichszulagen, und zwar mit dem damals tatsächlich zustehenden Betrag solange geschützt werden sollten, als sich bei einem Vergleich mit der nach dauerrechtlichen Bestimmungen berechneten Ausgleichszulage ein höherer Betrag ergibt. Es sollten also nach altem Recht zustehende Ausgleichszulagen geschützt, aber auch ein allmähliches "Einschleifen" durch sukzessive Annäherung des geschützten Betrages an den nach neuem Recht errechneten Ausgleichszulagenbetrag erreicht werden. Auf neu zu gewährende Ausgleichszulagen nach dem Stichtag 31. Dezember 1972 war ausschließlich Dauerrecht anzuwenden.

Mit der 7. GSVG-Novelle (38. ASVG-Novelle und 6. BSVG-Novelle) wurden die bis dahin geltenden dauerrechtlichen Bestimmungen, vor allem durch die Einführung eines durchschnittlichen Einheitswertes und die Senkung des als Nettoeinkommen anzurechnenden Prozentsatzes für Ausgedingeleistungen aus der Überlassung der Bewirtschaftung des Betriebes von 25 % auf 21,6 % geändert. Art. II Abs 3 der Übergangsbestimmungen normiert, daß die Bestimmungen des § 149 Abs 7 bis 12 des GSVG in der Fassung der 7. Novelle nur auf Versicherungsfälle anzuwenden sind, in denen der Stichtag der Pension, zu der die Ausgleichszulage gewährt werden soll, nach dem 31. Dezember 1982 liegt. Sie gilt nicht für Hinterbliebenenpensionen, deren Stichtag zwar nach dem 31. Dezember 1982 liegt, die aber nach einer Pension anfallen, deren Stichtag vor dem 1. Jänner 1983 gelegen ist. In diesen Fällen ist § 149 Abs 7 des GSVG in der am 31. Dezember 1982 in Geltung gestandenen Fassung mit der Maßgabe weiterhin anzuwenden, daß bei Hinterbliebenen, die Eigentümer (Miteigentümer) des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes sind bzw. gewesen sind, jene Einkommensbeträge unter Bedachtnahme auf § 149 Abs 6 GSVG heranzuziehen sind, die für die Feststellung der Ausgleichszulage zur Pension des verstorbenen Pensionsempfängers zuletzt maßgebend waren.

Die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur 6. BSVG-Novelle (1312 BlgNR 15. GP, 13) führen zu § 140 Abs 5 und 7 bis 12, welcher mit § 149 Abs 5 und 7 bis 12 der 7. GSVG-Novelle gleichlautend gefaßt wurde, und zur Übergangsbestimmung des Art II Abs 8 dieser Novelle, welche jener des Art II Abs 3 der 7. GSVG Novelle entspricht nur aus, daß die Anrechnung des sogenannten fiktiven Ausgedinges infolge der jährlichen Anpassung ein Ausmaß erreicht habe, das zu beträchtlichen Einkommensverlusten der bäuerlichen Ausgleichszulagenbezieher geführt und damit unzumutbare Härten für die Betreffenden mit sich gebracht habe. Auf eine Verschärfung dieser nachteiligen Auswirkungen durch die ab 1. Jänner 1983 vorzunehmende Berücksichtigung der neuen Einheitswerte sei hingewiesen worden. Zur Herbeiführung einer gebotenen Milderung dieser Härten sei unter anderem ein zeitlich befristetes Aussetzen der Dynamisierung gefordert worden. Der vorliegende Entwurf komme diesen Forderungen insoweit entgegen, als einerseits die Anregung auf Aussetzen der Dynamisierung aufgegriffen wurde und andererseits ein Wirksamwerden der aufgezeigten nachteiligen Auswirkungen der neuen Einheitswerte bei einer Betriebsübernahme vor dem 1. Jänner 1983 verhindert werde. Solle eine Dynamisierung bei einer erstmaligen Ermittlung nach dem 31. Dezember 1982 mit dem für das Kalenderjahr 1983 festgesetzten Anpassungsfaktor ausgeschlossen werden, so müsse eine derartige Regelung im Dauerrecht vorgesehen werden (§ 140 Abs 12, welcher § 149 Abs 12 GSVG entspricht). Mit den in der Übergangsbestimmung des Art. II Abs 10, (welcher Art. II Abs 5 der 7. GSVG-Novelle entspricht) erstatteten Vorschlägen werde das Aussetzen der Dynamisierung für jene Fälle herbeigeführt, die von den Bestimmungen des Dauerrechtes nicht erfaßt werden.

Auch aus den Materialien kann daher nicht abgeleitet werden, das durch die eingangs zitierten Übergangsbestimmungen des Art. II Abs 8 der 6. BSVG-Novelle und Art. II Abs 3 der 7. GSVG-Novelle auch auf Hinterbliebenenpensionen mit einem Stichtag nach dem 31. Dezember 1982, die aber nach einer Pension anfallen, deren Stichtag vor dem 1. Jänner 1983 gelegen ist, die für die Pension des Verstorbenen zur Anwendung gelangten Bestimmungen des Art II Abs 9 und 10 der 21. GSPVG Novelle über geschützte Ausgleichszulagen weiterhin anzuwenden wären. Mit Recht verweist die beklagte Partei schließlich darauf, daß die Sonderbestimmungen des Art II Abs 3 der

7. GSVG Novelle ausdrücklich auf seinerzeitige Einkommensbeträge abstellen, während die in Art. II Abs 9 der 21. GSPVG Novelle angeordnete Schutzmaßnahme sich nicht auf die Höhe des anzurechnenden Einkommens, sondern nur auf die Höhe der auszuzahlenden Ausgleichszulage bezieht.

Unter Zugrundelegung der unbekämpften Berechnung der Einkünfte der Klägerin aber überschreiten diese den Richtsatz, so daß die Vorinstanzen das Klagebegehren zu Recht abgewiesen haben. Der erkennende Senat hat auch gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Pauschalierung von Einkünften aus landwirtschaftlichen Flächen keine Bedenken. Es ist dem Gesetzgeber ohne Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gestattet, von einer durchschnittlichen Berechnung auszugehen und auf den Regelfall abzustellen (VfSlg 5318). In seinem Erkenntnis vom 27. Dezember 1969, Zl. B 171/68, hat der Verfassungsgerichtshof zur Regelung des § 13 Abs 5 des KOVG, welche jener über die Ausgedingeleistungen analog ist, ausgeführt, daß die Annahme, wonach sich die Höhe der Ausgedingsleistungen im allgemeinen nach der Größe der Ertragsfähigkeit des übergebenen Betriebes richtet, nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens widerspricht und es daher nicht unsachlich ist, bei der Pauschalierung von Ausgedingeleistungen den Einheitswert als Maßstab heranzuziehen (vgl. Zitat bei Gehrmann-Rudolph-Teschner ASVG 42. ErgLfg FN 22 zu § 292). Für eine Vorgangsweise nach Art. 140 Abs 1 BVG sieht der Oberste Gerichtshof keine Veranlassung.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Revisionskosten beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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