Spruch:
Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung über den Rekurs der Antragsgegnerin aufgetragen.
Text
Begründung
Am 22.Juni 1988 stellte der Antragsteller als Wohnungseigentumsbewerber bezüglich der Wohnung top.Nr.24 in der von der Antragsgegnerin als Gemeinnütziger Bauvereinigung errichteten Wohnhausanlage Wien 4., Belvederegasse 13, bei der MA 50-Zentrale Schlichtungsstelle den Antrag, die Angemessenheit des von der Antragsgegnerin begehrten Preises für diese Wohnung in der Höhe von 2,340.893 S zu überprüfen und der Antragsgegnerin die Rückzahlung eines allfälligen Überschreitungsbetrages (einer allfälligen Differenz zwischen dem begehrten und dem angemessenen Preis) aufzutragen, vorerst aber durchsetzbare Beschlüsse gemäß § 22 Abs 2 WGG zu erlassen. Da das Verfahren vor der Schlichtungsstelle nicht binnen 3 Monaten zum Abschluß gelangte, rief der Antragsteller gemäß § 22 Abs 4 WGG in Verbindung mit § 40 Abs 2 MRG das Gericht an. Mit Beschluß vom 12.Jänner 1989, ON 2, trug das Erstgericht der Antragsgegnerin auf, binnen 4 Wochen die Endabrechnung über die gesamten Baukosten des Objektes Wien 4., Belvederegasse 13, vorzulegen und der Vorlage ein Verzeichnis aller Vertragspartner im Sinn des § 13 Abs 1 WGG anzuschließen.
Da die Antragsgegnerin nach Ansicht des Erstgerichtes diesem Auftrag nicht ordnungsgemäß nachkam, trug das Erstgericht der Antragsgegnerin mit Beschluß vom 29.März 1989, ON 8, auf, binnen 4 Wochen eine detaillierte Abrechnung der Baukosten des Bauprojektes Wien 4., Belvederegasse 13, zu legen, und näher bezeichnete Werkverträge sowie sämtliche Zahlungsbelege vorzulegen. Der dagegen von der Antragsgegnerin erhobene Rekurs wurde vom Rekursgericht mit dem Ausspruch, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig sei, zurückgewiesen, und zwar aus folgenden Erwägungen:
Der in § 22 Abs 2 WGG idF des 1.WÄG BGBl 1987/340 als "Antrag nach Abs 1 Z 1 oder 3" bezeichnete Antrag sei als ein solcher nach Abs 1 Z 6 zu lesen. Das nach § 22 Abs 2 WGG durchzuführende Verfahren sehe lediglich in seiner Z 3 einen gesondert anfechtbaren (Beweis)Beschluß vor, in welchem die Tatsachen, über welche auf Grund der Einwendungen nach Z 2 Beweis zu erheben ist, genau zu bezeichnen sind. Ein solcher Beschluß liege hier jedoch nicht vor. Die durch das Erstgericht über Antrag des Antragstellers der Antragsgegnerin aufgetragene Vorlage weiterer Urkunden sei vielmehr der Z 1 der zitierten Bestimmung zuzuordnen. Dagegen sehe aber das Verfahren nach § 22 Abs 2 WGG eine Anfechtungsmöglichkeit nicht vor. Aber auch wenn man den vorliegenden Beschluß als Auftrag im Sinne des § 303 ZPO ansehen wollte, ergäbe sich in sinngemäßer Anwendung der §§ 319 Abs 2 und 515 ZPO, daß der erstgerichtliche Beschluß durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht angefochten werden könnte. Gegen den Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer im Sinn des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage des Verfahrensrechts abhängt; er ist auch im Sinne des Eventualantrages berechtigt. Die Anfechtbarkeit der im Verfahren nach § 22 Abs 2 WGG ergehenden Entscheidungen richtet sich gemäß § 22 Abs 4 WGG in Verbindung mit § 37 Abs 3 Z 16 MRG nach dem 3.Abschnitt des 4.Teils der ZPO (mit Ausnahme der Bestimmungen über die Unterfertigung eines schriftlichen Rekurses durch einen Rechtsanwalt). Nach der diesem Abschnitt angehörenden Bestimmung des § 514 ZPO ist gegen Beschlüsse, sofern die ZPO oder andere Gesetze (Fasching, Kommentar IV 389 Anm.3 zu § 514 ZPO) die Anfechtung derselben nicht ausschließen, der Rekurs zulässig. Eine Anfechtung des im Sinne des § 22 Abs 2 Z 1 WGG ergehenden Beschlusses, mit welchem der belangten Bauvereinigung die Vorlage der Endabrechnung über die gesamten Baukosten unter Anschluß eines Verzeichnisses aller Vertragspartner im Sinn des § 13 Abs 1 WGG aufgetragen wird, ist nicht gesetzlich ausgeschlossen. Ein derartiger Ausschluß ergibt sich entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes insbesondere nicht daraus, daß die (abgesonderte) Anfechtbarkeit des nach § 22 Abs 2 Z 3 WGG zu fassenden Beweisbeschlusses eigens normiert wird, eine solche Norm in bezug auf den Beschluß nach § 22 Abs 2 Z 1 WGG aber fehlt, weil gegen den erstgenannten Beschluß sonst gemäß § 277 Abs 4 ZPO ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig wäre (vgl Popper, WGG 207), eine die (abgesonderte) Anfechtbarkeit des Beschlusses nach § 22 Abs 2 Z 1 WGG ausschließende Norm in der ZPO jedoch nicht vorhanden ist. Der in § 319 Abs 2 ZPO unter anderem für Beschlüsse gemäß § 303 ZPO normierte Ausschluß eines abgesonderten Rechtsmittels kommt hier nicht in Betracht, weil - wie schon das Rekursgericht richtig erkannt hat - der vom Erstgericht erlassene Auftrag zur Vorlage weiterer Urkunden (als Bestandteil des Auftrages zur Vorlage der Endabrechnung; vgl Stanzl in Klang2 IV/1, 841 FN 48; Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser, WGG Anm.13 zu § 22) § 22 Abs 2 Z 1 WGG zuzuordnen ist.
Es war daher der angefochtene Zurückweisungsbeschluß aufzuheben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung über den Rekurs der Antragsgegnerin aufzutragen.
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