OGH 11Os126/89

OGH11Os126/8919.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Dezember 1989 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Lassmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Martin A*** wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.September 1989, GZ 6 c Vr 9.387/88-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Pritz zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt 1 des Schuldspruches sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.März 1967 geborene beschäftigungslose Martin A*** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SGG (Punkt 1/ des Schuldspruches) sowie des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 SGG (Punkt 2/) schuldig erkannt. Unter Punkt 1/ des Schuldspruches liegt ihm zur Last, am 3.Mai 1988 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Franz H*** ein Suchtgift in einer großen Menge, nämlich zumindest 8 Gramm Heroin, aus den Niederlanden aus- und nach Österreich eingeführt zu haben.

Ausschließlich gegen diesen Teil des Schuldspruches - nicht auch gegen die Verurteilung wegen des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 SGG - richtet sich die auf Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

An sich zutreffend bekämpft der Beschwerdeführer die Rechtsansicht des Erstgerichtes, eine im Sinn des § 12 Abs. 1 SGG große Menge sei beim Suchtgift Heroin bereits bei 0,5 Gramm Reinsubstanz erreicht (US 9). Der Standpunkt des Beschwerdeführers, demzufolge erst die Weitergabe einer Menge von 5 Gramm reinem Heroin geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, steht allerdings gleichfalls im Widerspruch zur gefestigten Rechtsprechung, wonach - in Abweichung von der Empfehlung des beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz eingerichteten Beirates zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Alkohol und anderen Suchtmitteln - die verbrechensqualifizierende Grenzmenge für das Suchtgift Heroin (nicht höher als) mit 1,5 Gramm Reinsubstanz anzunehmen ist

(EvBl. 1988/3 = RZ 1987/48; EvBl. 1988/131 = RZ 1989/22;

EvBl. 1988/147 = RZ 1988/59; 11 Os 24/88).

Wird von letzterer Rechtsauffassung ausgegangen, dann erweist sich jedoch die vom Erstgericht unter Zugrundelegung "durchschnittlicher Qualität" des gegenständlichen Heroins vorgenommene Beurteilung der Importmenge von 8 Gramm als groß iS des § 12 Abs. 1 SGG als derzeit nicht überprüfbar, weil im angefochtenen Urteil Konstatierungen ua darüber fehlen, welcher Prozentsatz an Reinsubstanz Heroin "durchschnittlicher Qualität" dem Ersturteil zugrundegelegt wurde.

Da also die Frage nach der Überschreitung der verbrechensqualifizierenden Grenzmenge auf Grund der unzulänglichen erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht verläßlich beantwortet werden kann, war das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Punkt 1 des Schuldspruchs sowie im Strafausspruch aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückzuverweisen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte