Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Erst- bis Drittantragsgegner sind Eigentümer (Fruchtnießer) des Hauses 1140 Wien, Leyserstraße 1. Die Viertantragsgegnerin ist Hauptmieterin, die Antragstellerin Untermieterin der Wohnung Nr. 23 dieses Hauses.
Nach vorausgehendem Verfahren bei der Schlichtungsstelle begehrt die Antragstellerin die Feststellung, sie sei Hauptmieterin der genannten Wohnung und es sei ihr gegenüber das gesetzliche Zinsausmaß überschritten worden. Der sich im Verfahren ergebende Überschreitungsbetrag möge den Hauseigentümern zur Rückzahlung aufgetragen werden. Die Antragstellerin brachte vor, der zwischen den Hauseigentümern und der Viertantragsgegnerin abgeschlossene Hauptmietvertrag sei nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte geschlossen worden.
Die Antragsgegner beantragten die Abweisung dieser Anträge, weil der Hauptmietvertrag mit der Viertantragsgegnerin geschlossen worden sei, damit diese im Sinne ihres Geschäftszweckes in Althäusern Wohnungen sanieren und zusammenlegen könne. Während dieser Zeit sollte der Viertantragsgegnerin kurzfristig das zwischenzeitige Untervermieten ermöglicht werden.
Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin auf Feststellung, sie sei Hauptmieterin der oben genannten Wohnung, ab. Das Begehren auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlichen Mietzinses blieb unerledigt.
Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Viertantragsgegnerin wurde im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes gegründet, damit im Falle beabsichtigter Wohnungszusammenlegung hiefür in Frage kommende Wohnungen von ihr gemietet und während der Zeit bis zur späteren Zusammenlegung untervermietet werden könnten. Mit dieser Vorgangsweise sollte ermöglicht werden, daß der jeweilige Hauseigentümer infolge der Vermietung an die Viertantragsgegnerin regelmäßig Hauptmietzins erhält, wogegen die Viertantragsgegnerin durch die Untervermietung Untermietzins erhalten kann, gleichzeitig aber auch das Risiko trägt, im Falle fehlender Untermietzinseingänge dennoch den Hauptmietzins an den Hauseigentümer zahlen zu müssen. Der Vorteil für den jeweiligen Hauseigentümer liegt darin, daß er einen regelmäßigen Hauptmietzinseingang erhält und - im Hinblick auf die Hauptmietzinsabrechnung - kein Mietzinsrisiko wegen überlanger Leerstehung zu tragen hat. Die Viertantragsgegnerin hingegen kann die Differenz zwischen dem von ihr zu zahlenden Hauptmietzins und dem Untermietzins als Gewinn einnehmen und im Falle der Wohnungszusammenlegung mit einem Sanierungsauftrag als Generalunternehmer rechnen. Diese Vorgangsweise wurde auch bezüglich der Wohnungen Nr. 23, 24 und 25 im Hause Wien 14, Leyserstraße 1, eingehalten. Der Hauptmietvertrag bezüglich der Wohnung Nr. 23 in diesem Haus wurde im November 1983 abgeschlossen, der Untermietvertrag mit der Antragstellerin am 1.Dezember 1983 auf die Dauer von 3 Jahren ab 1.November 1983. Bei der Generalsanierung des Hauses wurden die Zusammenlegungsarbeiten entgegen der ursprünglichen Absicht nicht in Angriff genommen, weil Förderungsmittel nach dem Wohnhaussanierungsgesetz zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung standen.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, ein Umgehungsgeschäft liege nur dann vor, wenn kein nachvollziehbarer und im Rahmen der bestehenden Gesetze zulässiger Grund für die von den Hauseigentümern gewählte Vorgangsweise erkennbar sei. In dieser Rechtssache gäbe es aber einen solchen Grund, nämlich die zwischenzeitige Untervermietung von Wohnungen, die in der Folge zusammengelegt oder saniert werden sollten. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und trug dem Erstgericht die Entscheidung über ihren Antrag auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlichen Zinsausmaßes auf (Beschluß I.) und änderte im übrigen den erstgerichtlichen Sachbeschluß dahin ab, daß die Hauptmietereigenschaft der Antragstellerin hinsichtlich der Wohnung top Nr. 23 im Hause Leyserstraße 1, 1140 Wien, festgestellt wurde (Sachbeschluß II.). Es vertrat im wesentlichen folgende Rechtsansicht:
Schon der festgestellte Unternehmensgegenstand der Viertantragsgegnerin, nämlich das Freihalten von freiwerdenden Wohnungen für den Hauseigentümer, indem sie dennoch vermietet werden und dem Hauseigentümer dadurch nicht nur die Tragung der anteiligen Betriebskosten und nach 6 Monaten die Anrechnung fiktiver Kategorienmietzinse erspare sowie im übrigen dem tatsächlichen Benützer trotz höherem Bestandzins eine verminderte Bestandgarantie gewähre, offenbare die im § 2 Abs 3 MRG verpönte Umgehungsabsicht. Das Reservieren freigewordener Wohnungen durch Vermietung an eine Untervermietungsgesellschaft sei an sich schon widersprüchlich, weil die Wohnung eben für künftige Sanierungsmaßnahmen nicht bestandfrei bleibe. Diese Widersprüchlichkeit schade den Hauseigentümern nur dann nicht, wenn er sicher sein könne, daß durch den professionellen Untervermieter zumindest auch seine Interessen verfolgt würden. Daraus ergebe sich, daß Hauptmietverträge über Wohnungen, deren Zusammenlegung der Hauseigentümer plane und in Auftrag geben wolle, nicht die Durchführung der Wohnungszusammenlegung bzw. einer allfälligen Standardanhebung bezwecken. Der der unstrittigen Untervermietung hinzutretende Vertragszweck der Reservierung einer freiwerdenden Wohnung entspreche entgegen der Ansicht des Erstgerichtes der im § 2 Abs 3 MRG zusätzlich geforderten Umgehungsabsicht. Die Antragstellerin sei daher Hauptmieterin der von ihr gemieteten Wohnung geworden.
Da die Antragstellerin auch zutreffend die Unterlassung einer erstgerichtlichen Entscheidung über ihren Zinsüberprüfungsantrag gerügt habe, sei dem Erstgericht eine entsprechende Entscheidung aufzutragen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Nur gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluß II. betreffend die Feststellung der Hauptmietrechte der Antragstellerin an der bereits mehrfach genannten Wohnung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner, der nicht berechtigt ist.
Materiellrechtliche Voraussetzung des Anspruches auf Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs 3 MRG ist das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes, daß nämlich der Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der dem Hauptmieter nach dem MRG zustehenden Rechte geschlossen worden ist (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 2 Rz 8; SZ 56/109). Der Abschluß des Hauptmietvertrages mit der Viertantragsgegnerin nur zum Zwecke der Untervermietung ist nicht strittig. Zutreffend erkannte das Rekursgericht, daß der bei Abschluß des Hauptmietvertrages und des Untermietvertrages beabsichtigte Zweck darin liegt, dem Untermieter den einem Hauptmieter nach dem MRG zukommenden Kündigungsschutz zu entziehen. Nur dann nämlich, wenn das Untermietverhältnis durch ein Zusammenspiel zwischen Vermieter und Hauptmieter jederzeit beendbar ist, kann der von Haupt- und Untervermieter beabsichtigte Zweck erreicht werden, im Falle der tatsächlichen Zusammenlegung der hiefür in Aussicht genommenen Wohnungen diese auch alle frei zu haben. Von einer sogenannten Sanierungshauptmiete (siehe Fenyves in WoBl 1988, 55 ff) kann keine Rede sein, weil Investitionen in die untervermietete Wohnung durch den Hauptmieter (= Viertantragsgegnerin) weder vorgenommen wurden noch auch nur beabsichtigt sind. Dazu kommt, in dem hier zu beurteilenden Fall noch, daß die Untervermietung nebeneinanderliegender Wohnungen durch die Viertantragsgegnerin erfolgte, ohne daß die angeblich beabsichtigte Zusammenlegung in Angriff genommen wurde. Die bloße Tatsache, daß Förderungsmittel für die Zusammenlegung nicht zu erreichen sind, reicht nicht aus, die Vermietung unter Vermeidung eines Hauptmietverhältnisses mit dem tatsächlichen Benützer der Wohnung durch Begründung von Untermietverhältnissen durch die Viertantragsgegnerin nicht als Umgehungsgeschäft erscheinen zu lassen.
Der Oberste Gerichtshof billigt daher grundsätzlich die von der zweiten Instanz vertretene Rechtsmeinung und versagt dem Revisionsrekurs den Erfolg.
Schließlich ist noch auf folgendes hinzuweisen:
Der bei der Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Wien gestellte Antrag wurde gegen Josefine M***, Dr.Friedrich H*** und Dkfm.Helga G***, Miteigentümer des Hauses Wien 14, Leyserstraße 1 zu je 1/3, gerichtet. Da jedoch der Miteigentumsanteil von Dkfm.Helga G*** durch ein lebenslängliches Fruchtgenußrecht für Dr.Karl G*** belastet ist, wäre richtigerweise dieser anstelle von Dkfm.Helga G*** als Vermieter in Anspruch zu nehmen gewesen. Da aber anläßlich der Anrufung des Gerichtes durch die Antragsgegner anstelle der bei der Schlichtungsstelle in Anspruch genommenen Antragsgegnerin Dkfm.Helga G*** ohnedies der Fruchtgenußberechtigte Dr.Karl G*** einschritt und im folgenden auch Partei des gerichtlichen Verfahrens blieb, wurde dadurch der Mangel der Nichtbeiziehung aller Vermieter als Partei saniert (vgl. MietSlg. 38.538).
Bei der Bezeichnung des Drittantragsgegners als "Josef M***, Pensionist", in den gerichtlichen Entscheidungen handelt es sich um einen offenbaren Schreibfehler, herrührend von der unrichtigen Schreibweise des Vornamens in dem die Anrufung des Gerichtes enthaltenden Schriftsatz ON 1. Darin wird nämlich die Miteigentümerin Josefine M***, Pensionistin, 1090 Wien, Alserstraße 22, offenbar irrtümlich mit dem Vornamen "Josef" versehen. Daß es sich dort um einen bloßen Schreibfehler handelte, folgt aus ihrer Bezeichnung als Pensionistin und Angabe derselben Anschrift wie im Grundbuchsauszug. Diesbezüglich war die Parteienbezeichnung im Kopf der Entscheidung richtig zu stellen.
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