OGH 4Ob611/89

OGH4Ob611/895.12.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Julia-Daphne L***, geboren am 31. August 1983, infolge Revisionsrekurses der Mutter Katharina B***, Studentin, Ellbögen, Erlach Nr. 103/Gratzenhäusl, vertreten durch Dr. Werner Schwind, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. September 1989, GZ 47 R 493/89-66, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 15. Juni 1989, GZ 1 P 17/88-60, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß er zu lauten hat:

"1. Der Antrag des Vaters, die Minderjährige in seine Pflege zu übergeben und das Besuchsrecht der Mutter auf jeden zweiten Sonntag von 10 bis 16 Uhr einzuschränken, wird abgewiesen.

2. Die Obsorge für die Minderjährige wird auf die Mutter übertragen."

Text

Begründung

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 23. Dezember 1987, 1 Sch 78/87-4, wurde die Ehe zwischen Dr. Peter L*** und Katharina Andrea L*** gemäß § 55 a EheG geschieden. Zuvor hatten sie am selben Tag vor Gericht einen Vergleich geschlossen, in dem sie ihre Verhältnisse zum gemeinsamen Kind, der mj. Julia-Daphne L***, wie folgt regelten:

"I. Das Recht und die Pflicht, die minderjährige Julia-Daphne L***, geboren 31. August 1983, zu pflegen und zu erziehen, ihr Vermögen zu verwalten und sie zu vertreten steht nur dem Vater zu.

II. Das Besuchsrecht der Mutter zu dem minderjährigen Kind wird in der Weise geregelt, daß die Mutter das Kind zu nachstehenden Zeiten zu sich nehmen kann: jeweils von Sonntag 19 Uhr bis zum darauffolgenden Samstag 9 Uhr früh. Hinsichtlich des Sommerurlaubs vereinbaren die Eltern, daß jeder von ihnen fünf Wochen mit dem Kind verbringen kann, wobei die genaue Festlegung jeweils bis Ende Mai jedes Jahres erfolgen muß.

Die Mutter ist berechtigt, das Kind jeweils zu Beginn der Besuchszeit von der Wohnung des Vaters abzuholen und mit sich zu nehmen, und ist verpflichtet, das Kind am Ende der Besuchszeit wieder dorthin zurückzubringen. Der Vater ist verpflichtet, das Kind jeweils zu Beginn der Besuchszeit der Mutter ausgehbereit zu übergeben und für die Dauer der Besuchszeit zu überlassen. III. Der Vater übergibt das Kind auf Grund der Vereinbarung in Punkt II. in Pflege der Mutter und verpflichtet sich daher, monatlich ab 1. Jänner 1988 der Mutter einen Pflegebeitrag von S 6.000,- für Julia-Daphne, geb. am 31. 8. 1983, zu bezahlen. Festgehalten wird, daß die Mutter derzeit einkommenslos ist und über kein verwertbares Vermögen verfügt."

Mit Beschluß vom 4. Februar 1988 genehmigte das Erstgericht diesen Vergleich pflegschaftsbehördlich (ON 3).

Am 5. Februar 1988 beantragte die Mutter, den Vergleich pflegschaftsbehördlich nicht zu genehmigen und ihr allein die elterlichen Rechte und Pflichten gegenüber der Minderjährigen zu übertragen. Obwohl das Kind in Wirklichkeit die meiste Zeit bei ihr sei, habe der Vater trotzdem alle juristischen Befugnisse für sich verlangt. Sie habe "diesen Vergleich nur deswegen in dieser Form beantragt", weil es ihr nicht so sehr auf die juristische Regelung, sondern darauf angekommen sei, daß sie ihre Tochter bei sich habe; der Vater hingegen, ein Rechtsanwalt, habe unbedingt die elterlichen Rechte für sich beansprucht und erklärt, er wolle sich nur absichern. In der Zwischenzeit habe sie aber feststellen müssen, daß die gewählte Regelung darauf abziele, ihr das Kind eines Tages wegzunehmen oder zumindest ihr sogenanntes Besuchsrecht drastisch zu reduzieren. Ihr geschiedener Gatte sei aggressiv und keinesfalls geeignet, die elterlichen Rechte und Pflichten gegenüber der Minderjährigen wahrzunehmen (ON 4).

Der Vater sprach sich gegen diesen Antrag aus und beantragte seinerseits, das Besuchsrecht der Mutter auf das übliche und dem Kind zumutbare Ausmaß, nämlich auf jeden zweiten Sonntag von 10 bis 16 Uhr, einzuschränken. Die Mutter lege ein eigenwilliges Verhalten an den Tag und vernachlässige die Tochter; die materiellen und die Wohnverhältnisse des Vaters seien hingegen geordnet. Die väterlichen Großeltern seien in der Lage und gerne bereit, sich um die Minderjährige zu kümmern (ON 11).

Mit Beschluß vom 25. Oktober 1988, ON 46 teilte das Erstgericht alle elterlichen Rechte und Pflichten gegenüber der Minderjährigen allein der Mutter zu und räumte dem Vater ein Besuchsrecht für jedes zweite Wochenende zwischen Samstag 10 Uhr und Sonntag 18 Uhr ein. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Minderjährige lebt seit der Scheidung ihrer Eltern bei der Mutter. Diese wohnte nach dem Auszug aus der Ehewohnung in einer Wohngemeinschaft in Purkersdorf; mittlerweile ist sie mit dem Kind zu ihrem Lebensgefährten nach Innsbruck übersiedelt. Sie beabsichtigt, in absehbarer Zeit ihr Studium der Germanistik abzuschließen. Der Vater ist Rechtsanwalt und lebt in geordneten Verhältnissen.

Die Minderjährige ist ein dem Alter entsprechend entwickeltes Kind. Ihre primäre Bezugsperson ist seit ihrer Geburt die Mutter, die sich fast ausschließlich der Pflege und der Erziehung des Kindes gewidmet hat und widmet. Julia ist trotz der Tatsache, daß sie im letzten halben Jahr ihren Vater nur sehr selten und unter schwierigen Bedingungen gesehen hat, auch an ihn emotional eng gebunden. Die noch nicht überwundene Konfliktsituation zwischen den Eltern belastet das Kind sehr; trotzdem fühlt sich Julia bei der Mutter und deren Lebensgefährten wohl.

Zwar bringe der Vater von den äußeren Lebensbedingungen her, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht und im Hinblick auf seine genauen und klaren Vorstellungen über die weitere Entwicklung der Minderjährigen, die günstigeren Voraussetzungen mit, doch spreche die psychische Situation der Minderjährigen für den Verbleib bei der Mutter; daraus ergebe sich rechtlich unter Bedachtnahme auf das Wohl des Kindes, daß die Obsorge der Mutter zu übertragen sei (ON 46). Diesen Beschluß änderte das Rekursgericht dahin ab, daß es dem Vater ein Besuchsrecht an jedem zweiten Wochenende schon ab Freitag, 10 Uhr, einräumte; im übrigen hob es die angefochtene Entscheidung auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Auszugehen sei davon, daß beide Elternteile anläßlich ihrer Scheidung eine Vereinbarung über die Zuteilung der Elternrechte gegenüber der Minderjährigen getroffen haben. Die Notwendigkeit der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung der das Kind betreffenden Vergleichspunkte ändere nichts daran, daß die Eltern selbst an den gerichtlichen Vergleich gebunden seien. Wenn auch das Pflegschaftsgericht zu prüfen habe, ob die einverständliche Regelung dem Wohl des Kindes entspreche, könnten sich doch die Eltern in diesem Verfahren nur auf eine nachträgliche Änderung des Sachverhaltes berufen. Eine Änderung der vereinbarten Elternrechtsregelung komme nur unter den Voraussetzungen des § 176 ABGB in Frage. Das Erstgericht werde die Lebensverhältnisse der Mutter, und zwar sowohl ihre bisherige Lebensgestaltung als auch ihre künftigen Verhältnisse, zu prüfen und die Umstände zu klären haben, unter denen das Kind derzeit aufwächst. Sollte es sich danach ergeben, daß an sich gegen einen Weiterverbleib des Kindes bei der Mutter keine Bedenken bestehen, werde noch zu klären sein, ob eine - dem Vater derzeit auf Grund der Elternrechtsregelung zustehende - Ausübung der Pflege und Erziehung des Kindes danach den Vater und die dadurch bedingte Änderung der faktischen Kindesbetreuung tatsächlich zu einer für die Minderjährige nicht verkraftbaren Irritation führen würde.

Mit Beschluß vom 15. Juni 1989, ON 60, teilte das Erstgericht auch im zweiten Rechtsgang die elterlichen Rechte und Pflichten gegenüber der Minderjährigen allein der Mutter zu. Es traf folgende Feststellungen:

Die Minderjährige lebt gemeinsam mit ihrer wiederverheirateten Mutter und deren Ehegatten Markus B*** in einem alten Bauernhaus in Ellbögen. Die Familie B*** hat dieses Haus für 5 Jahre gemietet; es weist einen ausreichenden Komfort auf. Das Mädchen hat sich in der ländlichen Umgebung gut eingewöhnt und besucht am Vormittag den Waldorf-Kindergarten in Innsbruck. Zum nunmehrigen Ehemann der Mutter hat es eine gute Beziehung aufgebaut. Die "Familie" wird von ihrer Umgebung allgemein akzeptiert. Das Kind wächst in einer freien, liebevollen und toleranten Familie auf und hat alle Möglichkeiten, sich zu entwickeln und zu entfalten. Die Mutter hat am 6. März 1989 ihre Diplomprüfung in Deutscher Philologie, Studienzweig Deutsche Philologie Lehramt an höheren Schulen, erfolgreich abgelegt. Sie beabsichtigt nicht, in den nächsten Jahren den Wohnsitz zu wechseln.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß für die Zuteilung der elterlichen Rechte und Pflichten in erster Linie das Wohl des Kindes maßgebend sei. Die seelische und geistige Entwicklung des Kindes sei im vorliegenden Fall am besten durch die Zuteilung der elterlichen Rechte an die Mutter gesichert, bei der es sich seit seiner Geburt befinde. Nur dadurch sei es möglich, eine Kontinuität der Pflege, Erziehung und Betreuung des Kindes zu wahren. Die Minderjährige wachse bei ihrer Mutter in geordneten und gesicherten Verhältnissen auf; eine Trennung von ihr würde dem Kindeswohl widersprechen. Das Rekursgericht hob auch diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Erstgericht habe abermals übersehen, daß es hier nicht um eine erstmalige Zuteilung von Elternrechten, sondern um eine Entscheidung nach § 176 ABGB gehe, da dem Vater die Elternrechte schon auf Grund des Scheidungsvergleiches zustünden. Daß sich die Lebensumstände der Mutter mittlerweile konsolidiert hätten, reiche nicht aus, um dem Vater die Elternrechte zu entziehen, könne doch eine solche Entziehung nur bei einer Gefährdung des Kindeswohles erfolgen. Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen ließen die Persönlichkeit des Vaters und seine Verhältnisse keinen Grund für eine Entziehung der ihm grundsätzlich zustehenden Elternrechte erkennen. An sich wäre zwar auch die Mutter infolge der Konsolidierung ihrer Lebensverhältnisse zur Übernahme der Obsorge geeignet; entscheidungswesentlich sei aber die vom Erstgericht neuerlich nicht berücksichtigte Frage, ob eine tatsächliche Ausübung der dem Vater zustehenden Rechte auf Pflege und Erziehung des Kindes und die dadurch bedingte Änderung der faktischen Kindesbetreuung zu einer für die Minderjährige nicht verkraftbaren Irritation führen würden. Bisher fehlten jedenfalls Anhaltspunkte, die eine Entziehung der dem Vater zustehenden Elternrechte rechtfertigen könnten, es sei denn, daß eine faktische Änderung der Betreuungsverhältnisse tatsächlich zu einer seelischen Irritation der Minderjährigen führte, die das Kindeswohl zu gefährden geeignet wäre. Zur Klärung dieser Frage werde die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Kinderheilkunde und Heilpädagogik notwendig sein. Dagegen richtet sich der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) der Mutter wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Auszugehen ist davon, daß die Eltern der Minderjährigen vor ihrer einvernehmlichen Scheidung einen Vergleich (u.a.) über die Zuteilung der aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten, die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr und die Unterhaltspflicht gegenüber dem gemeinsamen Kind im Sinne des § 55 a Abs 2 EheG geschlossen haben. Sollte der Hinweis der Rechtsmittelwerberin auf ihr Antragsvorbringen vom 5. Februar 1988 dahin zu verstehen sein, daß sie die Gültigkeit dieses Vergleiches wegen Willensmängeln in Zweifel zieht, wäre darauf nicht einzugehen, weil auch ein Vergleich über die Scheidungsfolgen nur im Prozeß - mit Klage oder

Einrede - angefochten werden kann (SZ 58/43).

Dieser Vergleich weist gegenüber der in § 177 Abs 1, Satz 1, ABGB vorgesehenen Regelung eine Besonderheit auf: Einerseits wird darin dem Vater die Obsorge im Sinne des § 144 ABGB übertragen (Punkt I.), andererseits aber das Kind der Mutter unter dem Titel eines "Besuchsrechtes" (Punkt II.) in Pflege übergeben. Der Meinung des Rekursgerichtes, daß dem Vater die Befugnis zur Ausübung von Pflege und Erziehung des Kindes schon auf Grund der Elternrechtsregelung zustehe und er deshalb jederzeit eine "Änderung der faktischen Kindesbetreuung" herbeiführen könnte, kann daher nicht zugestimmt werden, läge doch auch darin ein Abgehen vom Vergleich. Mit dieser Auffassung steht im übrigen auch die Entscheidung des Rekursgerichtes, mit dem es dem Vater ein Besuchsrecht eingeräumt hat, im Widerspruch; das Recht, mit dem Kind persönlich zu verkehren, hat ja das Gericht nur zugunsten jenes Elternteils zu regeln, dem nicht die Pflege und Erziehung des minderjährigen Kindes zusteht (§ 148 Abs 1 ABGB).

Geht man aber von dem Vergleich aus, dann kommt dem Ergänzungsauftrag des Rekursgerichtes keine Berechtigung zu, weil eine - einseitige - faktische Änderung der Betreuungsverhältnisse nicht in Frage käme. Mittlerweile sind aber beide Elternteile vom Vergleich abgerückt: Die Mutter will neben der ihr schon vom Vater übertragenen Pflicht, die Tochter während der Woche zu pflegen und zu erziehen, auch noch das Recht, ihr Vermögen zu verwalten und sie zu vertreten; der Vater will - durch eine Einschränkung des "Besuchsrechtes" der Mutter auf wenige Stunden jedes Monats - nun selbst auch die tatsächliche Pflege und Erziehung des Kindes - mit Unterstützung vor allem seiner Eltern - übernehmen. Gründe, die es gerechtfertigt erscheinen ließen, die Minderjährige der (faktischen) Pflege und Erziehung ihrer Mutter zu entziehen, liegen aber nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, die der Vater in seinem Rekurs nicht als unrichtig bekämpft, sondern nur als unvollständig bezeichnet hat, nicht vor. Danach wächst das Kind in einer freien, liebevollen und toleranten Familie auf und hat alle Möglichkeiten, sich zu entwickeln und zu entfalten. Für die Annahme, daß die Mutter ihr Kind vernachlässige, fehlen - vor allem, seit die Mutter wieder verheiratet ist und in Tirol lebt - alle Anhaltspunkte. Die Minderjährige wurde seit ihrer Geburt von ihrer Mutter betreut; auch nach der Scheidung der Eltern war sie die überwiegende Zeit ihres Lebens bei der Mutter. Maßnahmen, die einen Wechsel des Pflegeplatzes bedeuten und Kinder aus ihrer gewohnten Umgebung reißen, müssen aber grundsätzlich vermieden werden (SZ 51/112, SZ 53/142 mwN). Inwiefern die Entscheidung der Mutter, ihr Kind, das ganz knapp vor dem Beginn des Schuljahres das 6. Lebensjahr vollendet hat, noch ein Jahr lang den Kindergarten besuchen zu lassen, der als Vorschule angerechnet werde (S. 282), dem Wohl des Kindes widerspräche, ist nicht zu erkennen. Da nach der Aktenlage somit keine Rede davon sein kann, daß die Mutter das Wohl ihres Kindes gefährde (§ 176 ABGB), kann dem Antrag des Vaters, ihm das Kind zur Betreuung zu übergeben, keinesfalls stattgegeben werden.

Richtig hat das Rekursgericht erkannt, daß auch zum Nachteil des Vaters von dem gerichtlichen Vergleich nur dann abgegangen werden könnte, wenn die Voraussetzung des § 176 Abs 1 ABGB vorlägen. Die dort genannte "Gefährdung des Kindeswohls" setzt aber keinen Mißbrauch der elterlichen Befugnisse voraus; es genügt, daß die elterlichen Pflichten (objektiv) nicht erfüllt worden sind oder sonst wichtige Gründe eine Änderung geboten erscheinen lassen (SZ 53/142 u.a.); ein subjektives Schuldelement kann, muß aber nicht hinzutreten (SZ 51/112 u.a.). Nun kann dem Vater gewiß keine (subjektiv) gröbliche Vernachlässigung des Kindes vorgeworfen werden; in seinem Bereich haben sich auch die Verhältnisse seit Abschluß des Vergleiches nicht geändert. Wohl hat sich aber für die Minderjährige die Lage erheblich geändert: Sie lebt nunmehr in der Nähe von Innsbruck, also weit entfernt von ihrem Vater; außerdem ist sie zwei Jahre älter geworden und damit in ein Alter gekommen, in dem ihre Vertretung nach außen hin eine größere Rolle spielen kann als früher. Bei dieser Sachlage erscheint es in höchstem Maß unzweckmäßig und demnach sogar geeignet, das Kindeswohl zu gefährden, wenn die Obsorge - also das Recht und die Pflicht, das minderjährige Kind zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es zu vertreten (§ 144 Satz 1 ABGB) - in anderer Hand liegt als die tatsächliche Pflege und Erziehung. Nach der Scheidung (oder Trennung) von Elternteilen ist ja eine Aufteilung der Rechte und Pflichten grundsätzlich unzulässig (Pichler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 177 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Daß die Mutter, die eine Diplomprüfung abgelegt hat, zur Vertretung des von ihr betreuten Kindes geeignet ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs dahin Folge zu geben, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird, dies allerdings mit der Maßgabe, daß die bisher dem Vater auf Grund des Vergleiches zustehende Obsorge auf die Mutter übertragen und gleichzeitig der Antrag des Vaters auf Beschränkung des "Besuchsrechtes" der Mutter abgewiesen wird.

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