OGH 2Ob111/89 (2Ob112/89)

OGH2Ob111/89 (2Ob112/89)28.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Melber und Dr.Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Thomas B***, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, als Masseverwalter im Konkurs des

1.) Bernhard H***, arbeitslos, 4973 St.Martin im Innkreis, Diesseits 84, und 2.) der Margit H***, Hausfrau, ebendort, vertreten durch Dr.Alexander Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider den Beklagten Hermann B***, Schmiedemeister, 4984 Weilbach, Ellreching 3, vertreten durch Dr.Walter Brandt und Dr.Karl Wagner, Rechtsanwälte in Schärding, wegen S 340.273,-- und Feststellung (Streitwert S 50.000,-- Bernhard H***), bzw. S 567.405,75 und Feststellung (Streitwert S 50.000,-- Margit H***), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 18.Mai 1989, GZ 13 R 11,12/89-52, womit infolge Berufungen der klagenden Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Ried i.I. vom 29.März 1989, GZ 1 Cg 494/86-29, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 20.372,16 (darin keine Barauslagen und S 1.543,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 16.3.1986 ereignete sich im Haus des Beklagten in Weilbach eine Gasexplosion, bei der Bernhard H*** (in der Folge als Erstkläger bezeichnet) und Margit H*** (in der Folge als Zweitklägerin bezeichnet) schwer verletzt wurden.

Mit den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen begehrten die beiden Kläger Schadenersatz aus diesem Unfall; und zwar der Erstkläger Schmerzengeld S 300.000,--, Verunstaltungsentschädigung S 30.000,--, Brillenreparatur S 3.273,--, Kleiderschaden S 5.000,--, Spesen S 1.000,--, zusammen daher S 340.273,--; und die Zweitklägerin Schmerzengeld S 450.000,--, Verunstaltungsentschädigung S 60.0000,--, Kosten für Zahnregulierung S 33.990,--, Kosten für Salben S 9.815,75, Kosten für Kontaktlinsen S 5.600,--, Kleiderschaden S 7.000,--, Spesen S 1.000,--, zusammen daher S 567.405,75, sowie beide Kläger die Feststellung, daß ihnen der Beklagte für sämtliche künftige Schäden aus dem Unfall vom 16.3.1986 hafte.

Zur Begründung ihres Begehrens führten sie aus, daß Ursache der Gasexplosion eine unsachgemäß montierte Gasleitung für eine Gastherme im Haus des Beklagten sei, aus der Gas ausgeströmt sei und sich durch einen Funkensprung, wahrscheinlich vom Kühlschrank, entzündet habe. Die Gasleitung sei im Dezember 1984 vom Beklagten oder in seinem Auftrag von seinem Bruder Roman B***, jedenfalls aber nicht von einem konzessionierten Leitungsmonteur errichtet worden. Der Beklagte habe es auch unterlassen, die 1984 neu hergestellte Gasanlage gemäß § 6 OÖ. Gasgesetz abnehmen zu lassen. Wäre dies geschehen, wäre die mangelhafte Montage aufgefallen und der Unfall unterblieben. Der Anschluß der Therme an die Gaszufuhr sei unsachgemäß mit einer Rohrzange durchgeführt worden, wobei die Schraubverbindung überdreht worden und dabei das Anschlußstück gebrochen sei. Die Gasleitung sei weder vom Beklagten selbst auf Dichtheit überprüft noch sei von ihm eine Überprüfung veranlaßt worden. Die Kläger hätten den Beklagten bereits im Jahr 1985 auf den Gasgeruch im Haus aufmerksam gemacht; spätestens damals hätte der Beklagte eine Überprüfung der Gasleitung veranlassen müssen. Wegen dieser Unterlassungen hafte der Beklagte für den eingetretenen Schaden. Beim Unfall hätten die Kläger schwere Brandwunden erlitten, die die eingeklagten Beträge an Schmerzengeld und Verunstaltungsentschädigung rechtfertigen.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ein, daß ihn kein Verschulden an diesem Unfall treffe, weil er selbst überhaupt keine Montagetätigkeit an der Gasleitung vorgenommen habe; es sei auch nicht sicher, daß die unsachgemäße Montage Ursache für die Gasexplosion gewesen sei. Das Zwischenstück zwischen Absperrventil und Gastherme sei von seinem Bruder fachgemäß montiert worden, der die Anlage nach der Montage auch auf ihre Dichtheit geprüft und als dicht befunden habe. Auch ein von der Herstellerfirma entsandter Monteur habe nach Abschluß der Montage diese für ordnungsgemäß befunden. Außerdem sei der Unfall als Arbeitsunfall gemäß § 175 ASVG zu qualifizieren, weil beide Kläger bei ihm gearbeitet hätten, um alte Schulden abzudecken; er habe sie in ihrer Eigenschaft als Dienstnehmer am 15.3.1986 ersucht, eine Betriebsfeier vorzubereiten. Gemäß § 333 ASVG hafte er daher nicht für die unfallsbedingten Körperbeschädigungen der Kläger, zumal er den Schaden jedenfalls nicht vorsätzlich zugefügt habe. Die eingeklagten Ansprüche seien überdies überhöht.

Das Erstgericht sprach dem Erstkläger S 297.000,-- (S 260.000,-- an Schmerzengeld, S 30.000,-- an Verunstaltungsentschädigung, S 3.000,-- für Ersatz der Brillen und S 3.000,-- für Ersatz des Kleiderschadens und S 1.000,-- Spesenersatz) zu, der Zweitklägerin an Schmerzengeld S 400.000,--, an Verunstaltungsentschädigung S 60.000,--, an Zahnbehandlungskosten S 33.990,--, an Medikamentenkosten S 9.815,75, an Ersatz für Kontaktlinsen S 5.600,--, an Kleiderschadenersatz S 5.000,-- und an Spesenersatz S 1.000,--, somit insgesamt S 515.405,75, und wies das Mehrbegehren der beiden Kläger ab. Auch den Feststellungsbegehren wurde stattgegeben.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung zusammengefaßt folgende für das Revisionsverfahren relevante Feststellungen zugrunde:

Nachdem sich die Kläger im Anschluß an ein Konkursverfahren längere Zeit in Spanien aufgehalten hatten, kamen sie im März 1985 wieder nach Österreich zurück und begangen unangemeldet beim Beklagten, mit dem sie befreundet waren, zu arbeiten. Sie wohnten ab diesem Zeitpunkt auch im Haus des Beklagten. Die Zweitklägerin führte den Haushalt und half auch hin und wieder in der Buchhaltung des Beklagten aus; der Erstkläger entwarf für den Beklagten Schmiedeeisengitter, Grabkreuze usw., bemühte sich vor allem um den Verkauf der Schmiedeeisenwaren und half auch in der Schmiede mit. In der Zeit von März bis Juni 1985 fiel den beiden Klägern immer wieder Gasgeruch im Haus des Beklagten auf, den sie aber wie der Beklagte letztlich auf den Betrieb der Gasanlage zurückführten. Nach dem Wegzug aus dem Haus des Beklagten im Juni 1985 arbeitete der Erstkläger weiterhin als Vertreter gegen Provision für den Beklagten und half auch stundenweise in der Schlosserei aus. Die Streitteile vereinbarten, daß 50 % des Einkommens des Erstklägers zur Tilgung der Schulden der Kläger beim Beklagten verwendet werden sollten. Am 31.12.1985 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Beklagten und dem Erstkläger; die beiden versöhnten sich aber wieder und kamen überein, daß der Erstkläger ab Beginn der Bausaison im Frühjahr 1986 als selbständiger Provisionsvertreter für den Beklagten arbeiten werde. In der Zeit von Jänner 1986 bis zum Unfallstag war der Erstkläger für den Beklagten nicht tätig, er bereitete sich nur auf seine künftige Vertretertätigkeit vor, in deren Rahmen er auch für andere Unternehmen zu arbeiten beabsichtigte. Er stellte in dieser Zeit nur Unterlagen für die Vertretertätigkeit zusammen, insbesondere Fotos. Er veranlaßte auch die Herstellung eines schmiedeeisernen Mustergrabkreuzes. Während dieser Zeit bezog er vom Beklagten auch kein Geld. Die Zweitklägerin arbeitete seit Juni 1985 nicht mehr für den Beklagten, der mit ihr auch keinen Kontakt wünschte. Zu einer für 15.3.1986 geplanten Betriebsfeier lud der Beklagte auch den Erstkläger ein, weil dieser am gleichen Tag seinen Geburtstag feiern wollte. Der Beklagte schlug vor, in seinem Haus ein "Bratl-Essen" zu veranstalten, wobei die Zweitklägerin die Zubereitung übernehmen sollte. Die Zweitklägerin kochte am 15.3.1986, unterstützt von der Freundin des Beklagten, das Abendessen. Zu dieser Betriebsfeier waren nicht nur die Betriebsangehörigen und deren Freundinnen, sondern auch Familienangehörige des Beklagten zusammengekommen. Die Kosten für Essen und Trinken trug der Beklagte, ebenso die Kosten für die anschließende Kegelpartie in einem nahen Gasthaus. Das Zusammensein endete um 4.00 Uhr morgens. Die Kläger fuhren sodann noch mit dem Beklagten zu dessen Haus, um sich das von ihnen zur Verfügung gestellte Geschirr und zurückgelassene Geschenke zu holen und um sich einen Firmenwagen für die Heimfahrt auszuborgen. Während der Abwesenheit der Gesellschaft hatte sich im Haus des Beklagten ein "Gassee" gebildet, wobei die Kläger den typischen Gasgeruch, vermutlich wegen ihrer Alkoholisierung, nicht wahrnahmen. Wahrscheinlich durch eine Fehlfunktion am Kühlschrank in der Küche kam es zu einer Entzündung des Gasgemischs und zu einer Explosion, die zu erheblichen Schäden am Haus des Beklagten und an den Nachbarhäusern führte.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß die Anwendung der Haftungsbeschränkung des § 333 ASVG nicht in Betracht komme, weil weder ein Arbeitsunfall noch ein diesem gemäß § 176 Abs 1 Z 6 ASVG gleichgestellter Unfall vorliege. Die Haftung des Beklagten für die Unfallsschäden gründe sich auf § 1311 ABGB. Der Beklagte habe ein Schutzgesetz, nämlich das OÖ. Gasgesetz, übertreten, weil er die zum Gasaustritt führende Schraubverbindung nicht von einem befugten Gewerbsmann errichten habe lassen und auch eine Abnahme der Anlage im Sinne des Gasgesetzes nicht herbeigeführt habe. Der gemäß § 1298 ABGB ihm obliegende Beweis, daß ihn an der Übertretung des Schutzgesetzes kein Verschulden treffe, sei ihm nicht gelungen. Der Beklagte hafte daher für die den Klägern unfallsbedingt entstandenen Schäden. Die beim Unfall von den Klägern erlittenen Verletzungen rechtfertigen für den Erstkläger ein Schmerzengeld von S 260.000,--, für die Zweitklägerin ein solches von S 400.000,--. Die für die Zuerkennung einer Verunstaltungsentschädigung gemäß § 1326 ABGB erforderliche Möglichkeit der Verhinderung des besseren Fortkommens sei durch die Verunstaltung der beiden Kläger augenfällig gegeben, sodaß dem Erstkläger aus diesem Titel S 30.000,-- und der Zweitklägerin S 60.000,-- zuzusprechen seien. Dazu kämen jeweils die nach § 273 ZPO auszumittelnden Beträge für Kleiderschäden und Spesen, bei der Zweitklägerin noch die Zahnersatz- und Medikamentenkosten sowie die Kosten für den Ersatz der Kontaktlinsen. Da bei beiden Klägern mit Spät- und Dauerfolgen gerechnet werden müsse, sei auch das Feststellungsbegehren berechtigt.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers als Masseverwalter im Konkurs des Bernhard H*** und der Berufung des Beklagten nicht Folge. Hingegen werde der Berufung des Klägers als Masseverwalter im Konkurs der Margit H*** Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichts dahin abgeändert, daß unter Einbeziehung des bestätigten und des unangefochten gebliebenen Teils der Entscheidung dem Kläger als Masseverwalter im Konkurs des Bernhard H*** S 297.000,-- s.A. zugesprochen und die Haftung des Beklagten für sämtliche künftigen Schäden des Bernhard H*** aus dem Unfall vom 16.3.1986 im Haus des Beklagten festgestellt wurde; das Mehrbegehren auf Zahlung von S 43.273,-- und das Zinsenmehrbegehren wurden abgewiesen; als Masseverwalter im Konkurs der Margit H*** wurden dem Kläger S 545.405,75 s.A. zugesprochen und die Haftung des Beklagten für sämtliche Schäden der Margit H*** aus dem Unfall vom 16.3.1986 im Haus des Beklagten festgestellt; das Mehrbegehren auf Bezahlung weiterer S 22.000,-- und das Zinsenmehrbegehren wurden abgewiesen.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als unbedenklich und für die abschließende rechtliche Beurteilung ausreichend und führte zu der im Revisionsverfahren allein noch strittigen Frage, ob dem Beklagten das Haftungsprivileg des § 333 ASVG zukomme oder nicht aus, daß nach § 333 ASVG der Dienstgeber dem Versicherten zum Ersatz des Schadens, der diesem durch eine Verletzung am Körper infolge eine Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit entstanden ist, nur verpflichtet sei, wenn er den Arbeitsunfall (die Berufskrankheit) vorsätzlich verursacht habe. Arbeitsunfälle seien Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Auch die Teilnahme an betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen (Gleichenfeiern, Betriebsausflügen usw.) stehe unter Unfallversicherungsschutz, wenn sie vom Unternehmer veranstaltet werden oder mit seiner Bewilligung stattfinden, im wesentlichen von Betriebsangehörigen besucht würden und der Betriebsverbundenheit dienten. Der Unfallversicherungsschutz solcher Veranstaltungen bestehe insoweit, als die Teilnahme an ihnen Ausfluß der Ausübung der Erwerbstätigkeit sei. Entscheidend sei, daß sich der Arbeitnehmer dem Unternehmer gegenüber zur Teilnahme verpflichtet fühle. Wenn dieses Motiv nicht bestehe, seien Tätigkeiten im Rahmen einer Gemeinschaftsveranstaltung nicht mehr geschützt. Unfallversicherungsschutz genieße jede (auch nicht versicherte) Person bei einer betrieblichen Tätigkeit, wie sie sonst ein nach § 4 ASVG Versicherter ausübe, auch wenn dies nur vorübergehend geschehe. Entscheidend sei ausschließlich die Art der Arbeitsleistung. Es müsse sich um eine, wenn auch nur kurz ausgeübte Tätigkeit handeln, die üblicherweise von Dienstnehmern dieses Gewerbebetriebs zu verrichten sei, die also für den Betrieb spezifisch sei. Die von den Klägern zur Zeit des Unfallseintritts ausgeübte Tätigkeit könne keinem der hier dargestellten Fälle der §§ 175, 176 ASVG - die als Unfallversicherungsschutz begründend in Betracht kämen - zugeordnet werden. Keiner der beiden Kläger sei zur Unfallszeit Dienstnehmer des Beklagten gewesen, die Zweitklägerin hatte schon seit Juni 1985 nicht mehr für den Beklagten gearbeitet, der Erstkläger hatte seine Tätigkeit für den Beklagten im Anschluß an ein Zerwürfnis Ende 1985 beendet und sei später mit ihm übereingekommen, ab Beginn der Bausaison 1986, die zum Unfallszeitpunkt noch nicht angelaufen war, als selbständiger Provisionsvertreter zu arbeiten. Zwischenzeitig sei er für den Beklagten nicht tätig gewesen und habe von ihm auch kein Entgelt bezogen. Soweit die Rechtsrüge bezüglich des Erstklägers von anderen Feststellungen ausgehe, sei sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die Teilnahme an der Betriebsfeier am 16.3.1986 habe für die beiden Kläger schon deshalb nicht unter Versicherungsschutz gestanden, weil sie als nicht Betriebsangehörige dazu in keiner Weise verpflichtet waren, sondern ihre Teilnahme darin begründet gewesen sei, daß der Beklagte den Erstkläger eingeladen hatte, seinen Geburtstag bei dieser Gelegenheit mitzufeiern, wozu die Zweitklägerin ein "Bratl-Essen" vorbereiten sollte. Ein einem Arbeitsunfall gemäß § 176 Abs 1 Z 6 ASVG gleichzuhaltender Unfall sei ebenfalls nicht vorgelegen, weil die von der Zweitklägerin vorgenommene Tätigkeit (sie bereitete mit der Freundin des Beklagten gemeinsam das Essen für die Feier vor) - bezüglich des Erstklägers seien überhaupt keine Tätigkeiten zur Vorbereitung oder Durchführung der Feier festgestellt - schon ihrer Art nach keine solche sei, die für den Schmiedebetrieb des Beklagten spezifisch und daher üblicherweise von den Dienstnehmern dieses Betriebs zu verrichten sei. Aus diesen Gründen könne der Beklagte das Haftungsprivileg des § 333 ASVG für die von den Klägern erlittenen Unfallsschäden nicht in Anspruch nehmen.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wendet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Beklagte vertritt in seinem Rechtsmitel die Auffassung, daß hinsichtlich beider Kläger ein Arbeitsunfall bzw. ein einem Arbeitsunfall gleichgestellter Unfall im Sinn des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG vorliege. Die Teilnahme des Erstklägers an der Betriebsfeier sei im Zusammenhang mit seiner für den Beklagten mit Beginn der Bausaison im Frühjahr 1986 aufzunehmenden Tätigkeit als selbständiger Provisionsvertreter gestanden; er habe zwar in der Werkstätte des Beklagten von Jänner 1986 bis zum Unfall nicht mehr mitgeholfen, immerhin aber gleichsam als künftiger Verkaufsleiter den Arbeitern des Betriebs des Beklagten Anleitungen für die Herstellung eines Mustergrabkreuzes gegeben. Diese Tätigkeit des Erstklägers sei für den Betrieb des Beklagten förderlich gewesen, auch wenn der Erstkläger überwiegend im eigenen Interesse tätig gewesen sei. Das Berufungsgericht hätte somit die Feststellungen des Erstgerichts, wonach der Erstkläger zum Zeitpunkt der Betriebsfeier nicht betriebszugehörig gewesen sei, nicht übernehmen dürfen. Auch die Zweitklägerin habe durch die Zubereitung des Essens für die Betriebsfeier eine für den Betrieb des Beklagten förderliche Tätigkeit ausgeübt; es fehle die Feststellung, daß die Zweitklägerin offenbar bei der Betriebsfeier vom Beklagten freigehalten worden sei, was auch als eine Art Entgelt für ihre vorübergehende betriebliche Tätigkeit anzusehen wäre. Die Tätigkeiten beider Kläger hätten auch unter dem Aspekt der Tilgung ihrer beim Beklagten bestehenden Schulden gewertet werden müssen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach § 333 Abs 1 ASVG ist der Dienstgeber dem Versicherten zum Ersatz des Schadens, der diesem durch eine Verletzung am Körper infolge eines Arbeitsunfalls (Berufskrankheit) entstanden ist, nur verpflichtet, wenn er den Arbeitsunfall (Berufskrankeit) vorsätzlich verursacht hat. Diese Haftungsbeschränkung gilt gemäß Abs 4 dieser Gesetzesstelle auch für Ersatzansprüche des Versicherten gegen gesetzliche oder bevollmächtigte Vertreter des Unternehmers und gegen Aufseher im Betriebe. Voraussetzung ist somit, daß der Verletzte auf Grund seiner Tätigkeit versichert war. Versichert im Sinne der Bestimmungen der §§ 332 bis 334 ASVG ist nicht nur jemand, für den Beiträge zur Sozialversicherung geleistet werden, sondern jeder, dem Ansprüche auf eine Leistung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz zustehen. Ob diese Ansprüche wegen des Bestehens eines versicherungspflichten Verhältnisses oder wegen einer davon losgelösten Gleichstellung mit einem Arbeitsunfall bestehen, ist nicht entscheidend (ZVR 1979/268 ua.). Den Arbeitsunfällen gleichgestellt sind nach § 176 Abs 1 Z 6 ASVG Unfälle, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit, wie sie sonst ein nach § 4 ASVG Versicherter ausübt, auch wenn diese nur vorübergehend ausgeübt wird, ereignen. Durch die 9.Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 13/1962, sollte der Versicherungsschutz für die Personengruppe, die von der bis dahin bestehenden Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 3 lit e ASVG erfaßt wurde, nicht aufgehoben, sondern nur insofern geändert werden, als der Versicherungsschutz, der bis dahin von der in diesem Belang in der Praxis nicht bewährten Versicherungspflicht abhängig war, nunmehr unabhängig vom Bestehen einer Beitragspflicht dadurch bewirkt werden sollte, daß Unfälle, die dieser Personengruppe zustoßen, im § 176 Abs 1 Z 6 ASVG den Arbeitsunfällen gleichgestellt werden, wobei nach § 176 Abs 2 ASVG die Leistungen der Unfallversicherung auch dann gewährt werden sollen, wenn die tätig werdenden Personen nicht unfallversichert sind (vgl. Begründung des Initiativantrages betreffend die 9. ASVG-Novelle, 517 der Beilagen zu den sten.Protokollen des NR IX.GP; 8 Ob 35/78 ua.). Für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG ist ein Verhältnis persönlicher und beruflicher Abhängigkeit des Tätigen zum Unternehmen nicht erforderlich. Sie muß nur nach ihrer Art sonst von Personen verrichtet werden können, die zum Unternehmer in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit stehen, und der Verletzte muß in dem fremden Betrieb wie ein Arbeitnehmer eingegliedert sein (vgl. SZ 42/39; SZ 48/123; BSG-VersR 1958, 337 ua.). Dienstgeber, dem die Haftungsbefreiung nach § 333 Abs 1 ASVG zugute kommt, ist nach der Definition des § 35 Abs 1 ASVG nicht nur der Partner des Dienstvertrags. Es kommt vielmehr entscheidend auf die Einordnung in den Betrieb an. Die Haftungsbegünstigung gilt auch dann, wenn den Unfall nicht ein auf Grund eines Arbeits- ,Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigter, sondern eine Person erlitten hat, die wie ein solcher Beschäftigter, wenn auch nur vorübergehend, tätig geworden ist (vgl ZVR 1979/268, EvBl 1979/102 ua.) Der Versicherungsschutz nach § 176 Abs 1 Z 6 ASVG ist von der Eingliederung des vorübergehenden Tätigen in dem Unternehmen wie ein Arbeitnehmer und dessen Bereitschaft, den Weisungen des fremden Unternehmers Folge zu leisten, abhängig. Für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit im Sinne der genannten Gesetzesstelle ist es wesentlich, daß es sich um eine - wenn auch nur kurzfristige - ernstliche, dem in Frage stehenden Unternehmen dienliche Tätigkeit handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Dienstgebers (Unternehmers) entspricht, die ihrer Art sowie den Umständen nach sonst von Personen verrichtet zu werden pflegt, die auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses von dem Unternehmer persönlich oder wirtschaftliche abhängig sind (§ 4 ASVG) und, daß durch diese Tätigkeit ein enger innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt wird (SZ 42/39, SZ 48/123, SZ 50/156, SZ 52/66 ua.).

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen, oben wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichts fehlt es an jeglichen Tatsachengrundlagen für das Vorliegen einer Haftungsbefreiung des Beklagten.

Soweit die Revision diese Feststellungen in Frage stellt, macht sie keine dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu unterstellenden Feststellungsmängel geltend, sondern versucht in Wahrheit in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen zu bekämpfen. Soweit die Revisionsausführungen aber vom festgestellten Sachverhalt abweichen, entbehrt die Rechtsrüge der gesetzmäßigen Ausführung, sodaß darauf nicht einzugehen war.

Werden jedoch die oben dargelegten Grundsätze auf den für das Revisionsgericht bindend von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt angewendet, ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß die von den Klägern zum Zeitpunkt des Unfalls verrichteten Tätigkeiten nicht als dem Unfallversicherungsschutz im Sinne der §§ 175, 176 ASVG unterliegend zu beurteilen sind. Im genannten Zeitpunkt war keiner der Kläger Dienstnehmer des Beklagten. Die Zweitklägerin hatte schon seit Juni 1985 nicht mehr für den Beklagten gearbeitet, der Erstkläger hatte seine Tätigkeit für den Beklagten im Anschluß an ein Zerwürfnis Ende 1985 beendet und war später mit ihm übereingekommen, ab Beginn der Bausaison 1986, die zum Unfallszeitpunkt noch nicht angelaufen war, als selbständiger Provisionsvertreter zu arbeiten, und zwar auch für andere Unternehmen als für jenes des Beklagten.

Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich den Feststellungen nicht entnehmen, daß die Tätigkeit des Erstklägers ab Jänner 1986 bis zum Unfall in irgendeiner Weise eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG für das Unternehmen des Beklagten dargestellt hätte. Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht auch erkannt, daß die Teilnahme an der Betriebsfeier am 16.3.1986 für beide Kläger, die nicht Betriebsangehörige waren, in keiner Weise verpflichtend war, sondern darauf beruhte, daß der Beklagte den Erstkläger eingeladen hatte, seinen Geburtstag bei dieser Gelegenheit mizufeiern, wozu die Zweitklägerin ein "Bratl-Essen" vorbereiten sollte. Diese Tätigkeit der Zweitklägerin war jedoch im Zeitpunkt des Unfalls längst beendet; das Aufsuchen des Hauses der Beklagten nach Beendigung der Betriebsfeier stand jedenfalls in keinem Zusammenhang mit einer betrieblichen Tätigkeit für das Unternehmen der Beklagten. Davon, daß durch die festgestellten Tätigkeiten der beiden Kläger ein enger innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen des Beklagten hergestellt wurde, kann somit keine Rede sein.

In der Auffassung, daß dem Beklagten daher das Haftungsprivileg des § 333 ASVG hinsichtlich der Unfallfolgen der Kläger nicht zugute käme, kann daher keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts erblickt werden.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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