OGH 7Ob686/89

OGH7Ob686/899.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton W***, Landwirt, Fieberbrunn, Wall Nr. 25, vertreten durch Dr. Anton Waltl und Dr. Peter Krempl, Rechtsanwälte in Zell am See, wider die beklagten Parteien 1. Margarethe E***, Landwirtin, und 2. Michael E*** jun., Landwirt, beide Fieberbrunn, Hof "E***", vertreten durch Dr. Gerhard Zanier, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Unterlassung (Streitwert 301.000 S) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 10. Mai 1989, GZ 3 R 128/89-72, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 23. Dezember 1988, GZ 15 Cg 203/85-63, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision der Erstbeklagten wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Der Revision des Zweitbeklagten wird nicht Folge gegeben. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit 12.919,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.153,25 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Eigentümer des Hochreithofes, zu dessen Gutsbestand die Grundparzelle 1872/1 KG Fieberbrunn gehört. An die Liegenschaft des Klägers grenzt die EZ 57 I KG Fieberbrunn, zu der auch die Grundparzelle 1873 KG Fieberbrunn (Wald) gehört. Die Liegenschaft stand im Eigentum des Michael E*** sen. und ist nunmehr Eigentum seiner Erbin, der Erstbeklagten. Der Zweitbeklagte hat auf einem strittigen Streifen zwischen den beiden Grundstücken Holz geschlägert.

Mit der Behauptung, jener Streifen, auf dem das Holz geschlägert wurde, gehöre zum Grundstück 1872/1 KG Fieberbrunn, diesbezüglich sei die Grundbuchsmappe unrichtig, verlangte der Kläger ursprünglich, beide Beklagten schuldig zu erkennen, Holzschlägerungsarbeiten auf jenem Grundstreifen zu unterlassen. Gegen die Erstbeklagte hat er das Klagebegehren auf Kosten eingeschränkt. Nach seinen Behauptungen sei der wahre Verlauf der Grundgrenze nicht strittig gewesen. Hilfsweise werde der klägerische Eigentumsanspruch auf Ersitzung gestützt.

Die Vorinstanzen haben dem Klagebegehren (gegenüber der Erstbeklagten dem auf Kosten eingeschränkten Begehren) stattgegeben und festgestellt, daß, entgegen der Grundbuchsmappe, die Grenze zwischen den beiden Grundstücken so verlaufen ist, daß jener Streifen, auf dem die Schlägerung stattgefunden hat, zu dem Grundstück des Klägers gehört. Die Untergerichte haben also den Beweis des Eigentums des Klägers für erbracht angesehen. Da die Beklagten ein Recht zur Schlägerung auf fremdem Grund nicht nachgewiesen hätten, müsse der Kläger mit seiner Eigentumsfreiheitsklage durchdringen.

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Wert des den Zweitbeklagten betreffenden Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Erstbeklagten ist nicht zulässig, weil sich die Entscheidung in der Hauptsache ausschließlich gegen den Zweitbeklagten richtet. Es fehlt daher ein Rechtsschutzinteresse der Erstbeklagten an einer Sachentscheidung in der Hauptsache. Die Erstbeklagte wurde nur zum Kostenersatz verurteilt. Gegenstand ihres Rechtsmittels kann daher nur die Kostenentscheidung sein, weshalb gemäß § 528 Abs 1 Z 2 ZPO die Anrufung des Obersten Gerichtshofes ausgeschlossen ist, was auch für den Fall gilt, daß die Kostenentscheidung in einem eine Sachentscheidung fällenden Urteil des Berufungsgerichtes enthalten ist (Arb 10506 u.a.). Die Revision der Erstbeklagten war daher zurückzuweisen. Die wegen § 503 Abs 1 Z 3 und 4 ZPO erhobene Revision des Zweitbeklagten ist nicht gerechtfertigt.

Die behauptete Aktenwidrigkeit ist nicht gegeben, weil bereits das Erstgericht festgestellt hat, daß sich "beide" (gemeint der Kläger und der seinerzeitige Eigentümer der Nachbarliegenschaft) bereits im Jahre 1948 einig waren, daß die Grundgrenze zwischen den beiden Grundstücken nicht mit der Mappengrenze übereinstimmt (S. 293 d. A.). Eine eindeutige Feststellung dahin, daß die richtige Grenze zwischen den beiden Grundstücken so verlief, wie das Berufungsgericht es angenommen hat, enthalten die Ausführungen des Erstgerichtes im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung (S. 297 des Aktes). Hiebei handelt es sich um Tatsachenfeststellungen. Demnach hat das Berufungsgericht durch die Übernahme dieser Wendung als Tatsachenfeststellung keine Aktenwidrigkeit begangen. Geht man von den getroffenen Feststellungen aus, so hat der Kläger sein Eigentum an dem strittigen Grundstreifen bewiesen. Natürlich kann ein Eigentümerwechsel an einer Liegenschaft nicht durch bloße Erklärung einer Person bewirkt werden. Im vorliegenden Fall ist aber nicht strittig, wem die einzelnen Liegenschaften und Grundstücke gehören, sondern wie die Grenze zwischen zwei Grundstücken verläuft. Dies kann dem Grundbuch nicht entnommen werden. Lediglich die Grundbuchsmappe spricht hier für den Standpunkt des Zweitbeklagten. Die Grundbuchsmappe dient jedoch nur der Veranschaulichung der Lage der Grundstücke. Das Vertrauen auf die Darstellung der Grenze wird daher nicht geschützt. Maßgeblich ist der in der Natur festzustellende Verlauf (Spielbüchler in Rummel Rz 6 zu § 431, EvBl 1967/101, SZ 26/216 u.a.). Ein Beweis gegen die Unrichtigkeit der Grundbuchsmappe ist daher ohne weiters zulässig. Einen solchen Beweis haben die Vorinstanzen als durch den Kläger erbracht angesehen. Der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, kann in diesem Punkt den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entgegentreten.

Geht man aber davon aus, daß der strittige Grundstreifen im Eigentum des Klägers steht und daß, abgesehen von der Bestreitung des klägerischen Eigentums, seitens der Beklagten nie ein Rechtstitel zur Benützung dieses Grundstreifens behauptet worden ist, so erweist sich das Unterlassungsbegehren als gerechtfertigt. Der Revision des Zweitbeklagten war daher nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Auf die Unzulässigkeit der Revision der Erstbeklagten hat der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen, weshalb auch die Erstbeklagte schuldig erkannt werden mußte, zur ungeteilten Hand mit dem Zweitbeklagten die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte