Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung des Angeklagten und seine Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß hat gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Linz zu entscheiden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19.Jänner 1960 geborene, zuletzt beschäftigungslose Robert Herbert J*** des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes) sowie des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (2) schuldig erkannt.
Darnach hat er am 11.März 1989 in Obernberg am Inn
(zu 1) Alois W*** dadurch, daß er ihm ein Messer mit einer Klingenlänge von etwa 15 bis 20 cm in den Bauch stieß, eine schwere Körperverletzung (Eröffnung des linken Mittelbauchs) absichtlich zugefügt;
(zu 2) nachangeführte Personen mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
a) Anton Z*** durch die Äußerung, er werde ihn abstechen, wobei er mit erhobenem Messer auf ihn losging,
b) Alois W*** dadurch, daß er ihm ein spitzes Messer mit einer Klingenlänge von 15 bis 20 cm am Hals ansetzte und ihn gegen eine Ecke im Lokal drängte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die teils offenbar unbegründet ist, teils einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung entbehrt.
Nicht entscheidungswesentlich und damit auch nicht zu erörtern war, auf welche Weise der Angeklagte zur Tatzeit seinen Lebensunterhalt verdiente, ob die Tatwaffe eine Klingenlänge von 15 cm oder eine solche von 20 cm hatte und ob der Angeklagte dem Zeugen G*** ein Getränk zahlte, weil dies die den Gegenstand des Schuldspruchs bildenden Tathandlungen nicht berührt und für den Verfahrensmangel somit bedeutungslos ist.
Es ist der Beschwerde zwar zuzugeben, daß das Erstgericht seine Feststellung, der Angeklagte habe dem Zeugen Alois W*** das Messer "in der Nähe des Halses" angesetzt, auf die Verantwortung des Beschwerdeführers gestützt hat, den dazu angeführten Stellen des Hauptverhandlungs-Protokolls (S. 6 in ON. 35, S. 5 in ON. 33, vgl. S. 338) eine solche Darstellung aber nicht zu entnehmen ist. Ein erheblicher Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und den Entscheidungsgründen i.S. der Z. 5 liegt aber deshalb nicht vor, weil der Angeklagte eine Bedrohung des Zeugen W*** mit dem Messer zugegeben und in diesem Zusammenhang auch ausgesagt hat, daß er diesem das Messer "ansetzte" (S. 243 f., 248 f.) und daß dies im Brustbereich geschah (S 185).
Die Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte die Absicht hatte, bei einer sich bietenden Gelegenheit mit dem Messer zuzustechen und schwer zu verletzen (S. 333), begründete das Gericht damit, daß der Beschwerdeführer sich mit dem Messer in der Hand ständig in der Nähe der Zeugen W*** und S*** aufhielt, was nur den Schluß zulasse, daß er auf eine günstige Gelegenheit gewartet habe, um zuzustechen und dabei jemanden schwer zu verletzen (S. 339). Wenn die Rüge dies als unlogisch bezeichnet und darauf verweist, daß der Angeklagte von Anfang an die Möglichkeit gehabt hätte, mit dem Messer zuzustechen, daß gegen diese Urteilsannahme spräche, daß zwischen der Bedrohung des W*** und dem späteren Angriff des Beschwerdeführers gegen den Genannten ein Zeitraum von fünf bis zehn Minuten verstrichen sei und daß nach den Urteilskonstatierungen S*** von W*** zur Seite gestoßen wurde und gegen
einen Ofen fiel, so wird damit nach Art einer Schuldberufung nur die Beweiswürdigung bekämpft.
Soweit die Mängelrüge die Urteilsüberlegungen - es wäre lebensfremd, eine bewaffnete Person am Verlassen des Lokals zu hindern, alle Zeugen wären darüber froh gewesen, wenn der mit dem Messer bewaffnete Beschwerdeführer das Lokal verlassen hätte (S. 340) - unter Hinweis auf andere denkmögliche Schlußfolgerungen als unlogisch bezeichnet, so erschöpft sich auch dieses Vorbringen in einer Umdeutung der Verfahrensergebnisse und damit einer Anfechtung der Beweiswürdigung des Erstgerichts.
Zwischen der Feststellung einerseits, es sei zwischen den Gästen zu einer "Rangelei" gekommen (S. 333 unten), und der Konstatierung andererseits, daß diese rauften (S. 341), besteht kein Widerspruch, weil auch "rangeln" (österr. Wörterbuch: "nach alpenländischer Bauernart ringen") eine Form des Raufhandels ist.
Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß ein gegenwärtiger oder unmittelbar drohender Angriff gegen Alfred S*** nicht vorlag. Es stellte in diesem Zusammenhang fest, daß der genannte Zeuge den Barhocker gegen die Gäste werfen wollte, dabei aber von Alois W*** zur Seite gestoßen wurde und gegen einen Gasofen fiel; in diesem Augenblick stieß der Angeklagte dem W*** das Messer in den Bauch (S. 334).
Die Beschwerdebehauptung, daß sich S*** in einer Notwehrsituation befunden und der Angeklagte ihm lediglich Hilfe geleistet habe, stützt sich zwar auf die Verantwortung des Beschwerdeführers, findet aber in der Zeugenaussage des S*** keine Deckung. S*** hat als Zeuge in der Hauptverhandlung ausgesagt, daß er mit einem Barhocker gegen Gäste des Lokals vorgegangen und sodann niedergestoßen worden sei (S. 296). In Übereinstimmung mit den erstrichterlichen Feststellungen läßt dieses von S*** geschilderte Geschehen zwanglos die Annahme zu, daß er - nach eigenem Angriff gegen andere Personen - lediglich auf Grund von Verteidigungshandlungen gegen seine Attacke zu Fall kam. Auch aus den in der Beschwerde zitierten Aussagen der Zeugen Gerald E***, Alois W***, Anton
Z***, Günther G*** und Harald W*** ergibt sich ein
solcher Angriff des S***. Die Angaben dieser Zeugen weisen nur in unbedeutenden Detailschilderungen Abweichungen auf, in den wesentlichen Punkten ist ihre Darstellung jedoch gleichlautend. Einer besonderen Erörterung der in der Mängelrüge wiedergegebenen Passagen dieser Aussagen bedurfte es im Interesse einer gerafften Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z. 5 StPO) nicht. Das gesamte Beschwerdevorbringen zu dieser Urteilsannahme läuft darauf hinaus, unter Hinweis auf aus dem Zusammenhang gerissene Schilderungen der oben angeführten Zeugen und der Verantwortung des Angeklagten darzutun, daß die von den Tatrichtern in Würdigung der Gesamtheit der Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 2 StPO) gezogenen Schlußfolgerungen nicht zwingend seien und daß daraus andere, für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse hätten gezogen werden können. Mit diesen Ausführungen wird aber kein formaler Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrunds aufgezeigt, sondern ausschließlich in unzulässiger und damit unbeachtlicher Weise die Beweiswürdigung des erkennenden Schöffensenats bekämpft.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz gemäß zur Darstellung gebracht nach § 285 d Abs 1 Z. 1 StPO im Zusammenhalt mit § 285 a Z. 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.
Der Gerichtshof zweiter Instanz ist zur Entscheidung sowohl über die Berufung als auch über die Beschwerde gegen den im sachlichen Zusammenhang mit dem Strafausspruch stehenden Widerrufsbeschluß zuständig (§ 285 i StPO iVm. § 494 a Abs 5 StPO; 13 Os 55/88, 13 Os 110,111/88 u.v.a.).
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