OGH 14Os124/89

OGH14Os124/894.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.Oktober 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Siegl als Schriftführer, in der Strafsache gegen Manfred V*** und einen anderen wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach §§ 169 Abs 1 und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Roman W*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 20.April 1989, GZ 8 c Vr 956/89-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) der am 9.September 1962 geborene Roman W*** des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Brandstiftung nach §§ 169 Abs 1 und 15 StGB (Punkt A des Urteilssatzes) und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB (Punkt B) schuldig erkannt. Das bezeichnete Verbrechen liegt ihm zur Last, weil er in Wien in insgesamt neun Fällen im einverständlichen Zusammenwirken teils mit dem im selben Verfahren bereits rechtskräftig abgeurteilten Manfred V***, teils mit dem abgesondert verfolgen Jugendlichen Thomas J*** bzw. mit beiden an fremden Sachen ohne Einwilligung der Eigentümer jeweils eine Feuersbrunst vorsätzlich verursacht (A/I) oder zu verursachen versucht hat (A/II).

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen leistete der Angeklagte am 13.Juni 1988 Aufpasserdienste, während Thomas J*** im Reifenlager der Firma Erwin S*** OHG Altreifen mit einem brennenden Stoffetzen anzündete, wodurch ein Großbrand entstand, welcher einen Teil der umfangreichen Lagerbestände vernichtete (A/I/2 a). Am 22.Juni 1988 zündeten sie, wobei der Angeklagte abermals als Aufpasser fungierte, im Reifenlager der Firma M*** einen Stapel Altreifen nach Überschütten mit Nitroverdünnung an, worauf ein Schadensfeuer entstand, welches nur infolge rechtzeitiger Entdeckung durch einen Nachtportier mit einem Handfeuerlöscher erstickt werden konnte (A/II/1). Am 24.Juni 1988 entzündeten V*** und J*** auf dem Lagerplatz des Johann H*** zuvor mit Dieselöl übergossene Gegenstände, nämlich einen Stapel Altreifen und zwei abgestellte PKW, worauf diese Gegenstände durch das entstandene Feuer vernichtet wurden (A/I/1 a). Ferner setzten sie - während der Angeklagte Aufpasserdienste leistete - im Reifenlager der Firma M*** einen Stapel Altreifen mittels eines zwischen diese Reifen gesteckten brennenden Pappendeckels in Brand, wodurch 70 bis 100 Reifen vernichtet wurden (A/I/1 b). Auch am 14.Juli 1988 war der Angeklagte als Aufpasser tätig, während J*** eine Lagerbaracke der Österreichischen Bundesbahnen anzündete, wodurch ein Großbrand (mit einem Sachschaden von rund 2 Millionen S) entstand (A/I/2 b). Ebenso leistete der Angeklagte am 29.Juli 1988 Aufpasserdienste, während J*** einen Kanister Benzin in einem Blockhaus der Firma A*** GesmbH ausleerte und die dabei entstandenen Benzindämpfe anzündete, wodurch ein Brand ausbrach, der das Blockhaus zum größten Teil vernichtete (A/I/2 c). Am 3.August 1988 zündeten der Angeklagte und die Komplizen V*** und J*** in einer Tiefgarage der Firmen I*** und Q*** gelagerte Holzpaletten an, wodurch nicht nur diese vernichtet wurden, sondern auch die Decke der Tiefgarage durch Ruß und Hitzeeinwirkung schwer beschädigt wurde und zahlreiche Elektroleitungen schmolzen (A/I/1 c). Am 21.August 1988 setzten er und der abgesondert verfolgte Jugendliche in der Betriebsstätte der Firma D*** zwei Autowracks in Brand, wobei das Übergreifen des Feuers durch Funkenflug und Wärmeabstrahlung auf ein in unmittelbarer Nähe befindliches Holzhaus durch die Feuerwehr noch rechtzeitig verhindert werden konnte (A/II/2). Am darauffolgenden Tag leistete der Angeklagte erneut Aufpasserdienste, während J*** im Altreifenlager der Firma Erwin S*** OHG eine brennbare Flüssigkeit über Altreifen leerte und diese anzündete, wodurch ein Großbrand entstand, welcher einen Teil der umfangreichen Lagerbestände vernichtete (A/I/2 d).

Das Vergehen der schweren Sachbeschädigung wird dem Angeklagten W*** zur Last gelegt, weil er in Wien in drei Fällen mit den beiden zuvor Genannten fremde Sachen vorsätzlich durch Verbrennen beschädigt, zerstört oder unbrauchbar gemacht hat, wobei der herbeigeführte Schaden 25.000 S überstieg, und zwar am 21.Juni 1988 einen zuvor mit Nitrolösung übergossenen Stapel Bauholz auf dem Platz der Firma W***-BAU (B/I), am 24.Juni 1988 zahlreiche auf dem Platz der zuletzt genannten Firma gelagerte Holzpaletten (B/III) und am 27.Juni 1988 einen Stapel Bretter auf einer Baustelle der Firma K***-BAU (B/II). Nach den Urteilsfeststellungen leistete der Angeklagte dabei, nachdem er insbesondere im zuletzt bezeichneten Fall V*** und J*** in ihrem Entschluß zur Tatausführung bestärkt hatte, jeweils Aufpasserdienste.

Rechtliche Beurteilung

Nur der Angeklagte W*** bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Bei dem im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) erhobenen Einwand, die erstgerichtliche Urteilsannahme, wonach der Angeklagte in zahlreichen Fällen den Tatentschluß bei J*** und V*** geweckt hat (US 16), lasse jegliche Begründung vermissen, welche in Richtung einer Anstiftung weisenden Aktivitäten er entwickelt habe und ob diese mit dem Verhalten des/der Bestimmten in einem ursächlichen Zusammenhang gestanden seien, übergeht die Beschwerde zunächst, daß das Erstgericht das Verhalten des Angeklagten gar nicht als Bestimmungstäterschaft nach § 12 zweiter Fall StGB gewertet, sondern sowohl im Urteilsspruch als auch - zumindest teilweise - in den Gründen (vgl. insbesondere US 11, 12, 13, 16) als (unmittelbare) Mittäterschaft im Sinn des ersten Falles der zuletzt zitierten Gesetzesstelle beurteilt hat.

Der solcherart behauptete Begründungsmangel betrifft zudem abgesehen davon, daß er sich sohin gegen eine vom Erstgericht gar nicht angenommene Täterschaftsform wendet, auch deshalb keine entscheidungswesentliche Tatsache, weil die von den Tatrichtern auf Grund der für glaubwürdig erachteten Angaben der (beiden) Beteiligten festgestellten Verhaltensweisen, insbesondere die in jedem Fall aus Freude am Brand und am nachfolgenden Feuerwehreinsatz am Tatort geleistete Aufpassertätigkeit des Angeklagten (vgl. US 9 ff, insbesondere US 16, 17), ausreichen, um die vom Erstgericht als erwiesen angenommene Tatbestandsverwirklichung - zumindest als besonderer Tatbeitrag im Sinn des § 12 dritter Fall StGB - zu erfüllen. Der unzutreffenden rechtlichen Beurteilung eines mängelfrei festgestellten Verhaltens bloß in bezug auf die Täterschaftsform (Beitragstäterschaft statt unmittelbarer Täterschaft und umgekehrt) kommt jedoch angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB angeführten Täterschaftsformen keine Bedeutung zu (EvBl 1983/73 = JBl 1983/214 = SSt. 53/57 ua). Soweit daher das bezügliche Beschwerdevorbringen auch als Geltendmachung von Feststellungsmängeln gewertet werden könnte, hält die damit der Sache nach relevierte Rechtsrüge (Z 10) nicht am zuvor wiedergegebenen Urteilssachverhalt fest; der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund gelangt demzufolge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Entgegen dem weiteren Vorbringen zur Mängelrüge liegt auch in Ansehung der Urteilsfeststellung eines wenigstens bedingt auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst (bei der Faktengruppe A) gerichteten Vorsatzes des Beschwerdeführers keineswegs eine bloße Scheinbegründung vor. Hat doch das Erstgericht eine darauf abzielende (zumindest bedingt) vorsätzliche Handlungsweise (auch) des Angeklagten aus einer Gesamtbeurteilung aller Tatfaktoren, insbesondere aus dem jeweils gewählten Tatort und den Tatobjekten (Reifen-, Bauholz- oder Holzpalettenlager, in unmittelbarer Nähe eines Holzhauses abgestellte Personenkraftwagen sowie größere Gebäude in Holzbauweise), aus der Vorgangsweise bei der Brandlegung (Verwendung von eine rasche Brandausbreitung gewährleistendem Zündmaterial, insbesondere von Flüssigkeiten wie Benzin und Nitrolösung), ferner aus der Fortsetzung der deliktischen Tätigkeit ungeachtet der bei der ersten Tat gewonnenen Erfahrungen und aus den den Beschwerdeführer belastenden Angaben der Beteiligten V*** und J*** abgeleitet. Einer wörtlichen Erklärung der Komplizen, der Beschwerdeführer habe die Verursachung einer Feuersbrunst gewollt, bedurfte es nicht, um überhaupt - wie die Beschwerde vermeint - als zur Widerlegung der Verantwortung des Angeklagten geeignetes Beweismittel Berücksichtigung finden zu können; genug daran, daß die Angaben der Beteiligten keinen Zweifel daran lassen, den Tathandlungen sei die gemeinsame Freude an einem "schönen" Brand und dem zu seiner Bekämpfung erforderlichen Feuerwehreinsatz zugrunde gelegen (vgl. insbesondere S 208, 211, 212/II).

Aber auch der Tatsachenrüge (Z 5 a) - die sich in einer Bestreitung der Vornahme von Ausführungshandlungen und der Bestimmung der Komplizen zur Tatausführung beschränkt, indes gegen die für eine Beurteilung als Beitragstäterschaft im Sinn des § 12 dritter Fall StGB hinreichende Urteilsfeststellung seiner Aufpassertätigkeit am jeweiligen Tatort nichts vorbringt - zuwider ergeben sich aus der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung für den Obersten Gerichtshof - nach eingehender Prüfung der vorgebrachten Einwände und des (sonstigen) Akteninhalts - keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

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