Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.
Text
Begründung
Der Vater des Rechtsmittelwerbers war Eigentümer eines geschlossenen Hofes im Sinne des Tiroler Höfegesetzes, LGBl Nr.47/1900 (TirHG). Er ist am 6.März 1963 im 67.Lebensjahr gestorben. Er wurde von seiner Witwe und vier damals noch minderjährigen ehelichen Kindern überlebt. Außer der landwirtschaftlichen Besitzung wurde der Abhandlung kein nennenswertes Vermögen unterzogen. Zehn Wochen vor seinem Ableben hatte der Erblasser eine eigenhändig geschriebene und von ihm auch unterschriebene, als Testament bezeichnete letztwillige Verfügung errichtet. Darin finden sich folgende Anordnungen:
Mein letzter Wille ist, daß meine Frau mein Anwesen...übernehmen und bewirtschaften soll, bis mein Sohn Kaspar das vollendete 24. Lebensjahr erreicht hat und zu diesem Zeitpunkt den Hof
übernehmen kann. Meine Frau soll... Weiters soll meine Tochter
Maria... Sollte sein, daß mein Sohn Kaspar aus gesundheitlichen
Gründen oder anderen Gründen den Hof nicht übernehmen will, so wäre es mein Wunsch, daß mein Sohn Balthasar übernimmt. Die Geschwister vom Hofübernehmer sollen...
Der Gerichtskommissär hielt im Zuge der Abhandlung den unvertretenen Miterben seine Rechtsauffassung vor, daß die letztwillige Anordnung vom 27.Dezember 1962 keine Erbseinsetzung enthielte, sondern lediglich Anweisungen über die Wirtschaftsführung des Hofes, wer später einmal denselben übernehmen soll und hiezu die Bedingungen, es trete daher die gesetzliche Erbfolge ein. Für den Anerben bliebe das Anerbenrecht vorbehalten, bei dessen Ausübung allenfalls auf die letztwillige Anordnung zurückgegriffen werden könnte. Die Witwe und die vier minderjährigen ehelichen Kinder des Erblassers gaben bedingte Erbserklärungen aufgrund des Gesetzes mit dem Beifügen ab, daß das Anerbenrecht "in Vorbehalt" bleibe. Der Nachlaß wurde diesen Erbserklärungen gemäß der Witwe zu 1/4 und den vier Kindern zu je 3/16 eingeantwortet. Bei der Verbücherung der Abhandlungsergebnisse wurde bei den Eigentumsanteilen der Miterben die Beschränkung angemerkt, "daß der Anerbe sein Anerbenrecht jederzeit geltend machen kann."
Bei den Kindern des Erblassers, die gemeinsam mit ihrer Mutter die Erbengemeinschaft bildeten und der Sache nach eine Aufschiebung der Erbteilung im Sinne des § 16 Abs 1 TirHG vereinbart hatten, handelte es sich um zwei Söhne und zwei Töchter, nämlich um die am 28. Juli 1947 geborene Maria Theresia, den am 30.April 1949 geborenen Kaspar, die am 28.Juni 1951 geborene Anna und den am 11.April 1954 geborenen Balthasar. Zur Zeit der Abhandlung des Nachlasses nach ihrem Vater waren der von diesem als Hofübernehmer bestimmte ältere Sohn daher erst 14 Jahre, der jüngere Sohn erst 9 Jahre alt, während die ältere Tochter 16 und die jüngere Tochter 12 Jahre alt waren. Am 5.November 1967 starb im 57.Lebensjahr die Mutter und Miterbin der vier Geschwister. Ihr Nachlaß wurde ihren vier Kindern eingeantwortet, damit wuchs ihr Anteil an der Erbengemeinschaft am geschlossenen Hof zu gleichen Teilen ihren vier Kindern zu. Die Erbteilung blieb (im Sinne der letztwilligen Anordnung des Vaters, da der zur Hofübernahme bestimmte ältere Sohn erst 18 Jahre alt war) weiterhin aufgeschoben.
Während der unter Einschluß ihrer Mutter bestandenen Erbengemeinschaft der vier minderjährigen Geschwister oblagen vor allem die durch Beinverkürzung behinderte Maria Theresia und ihre jüngere Schwester Anna der Stallarbeit. Die Mutter war krank und ihrerseits pflegebedürftig, der jüngere Bruder Balthasar noch schulpflichtig. Der ältere, vom Vater zur Hofübernahme bestimmte Kaspar war nach den Berichten des zum Mitvormund bestellten Nachbarbauern an das Vormundschaftsgericht an der Verrichtung landwirtschaftlicher Arbeiten auf dem elterlichen Hof wenig interessiert (ON 34, 35, 46, 97), wiewohl er sich im Herbst 1966 vor dem Vormundschaftsgericht ausdrücklich zur Versorgung des Hofes verpflichtet hatte (ON 51).
Nach dem Ableben ihrer Mutter verpachteten die Geschwister die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen (ohne Wald und ohne das Hofgebäude selbst) an einen familienfremden Land- und Gastwirt mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung auf fünf Jahre vom 1.Mai 1968 bis 30.April 1973.
Balthasar wuchs nach dem Bericht des Vormundes an das Vormundschaftsgericht bei Pflegeeltern auf (ON 88). Auch er fand wie sein älterer Bruder zunächst keine Freude an einer landwirtschaftlichen Ausbildung (ON 96, 97).
Beide Brüder arbeiteten nach dem Besuch einer landwirtschaftlichen Berufsschule als Forstarbeiter. Nach dem Auslaufen des Pachtverhältnisses mit dem familienfremden Land- und Gastwirt pachteten die älteste Schwester Maria Theresia und deren Ehegatte den im Eigentum der geschwisterlichen Erbengemeinschaft stehenden Hof. Vor dem Abschluß des Pachtvertrages hatte der am 30.April 1949 geborene Kaspar, der mit dem letzten Tag des auslaufenden Pachtvertrages mit dem familienfremden Land- und Gastwirt sein 24.Lebensjahr vollendete (30.4.1973), seinem Schwager erklärt, daß er (zum damaligen Zeitpunkt) den Hof nicht übernehmen wollte. Kaspar arbeitete in der Bundesrepublik Deutschland. Er lebt nunmehr schon seit 12 Jahren in Köln und ist dort angestellt. Er ist ledig.
Balthasar war nach verschiedenen Beschäftigungen als Holzarbeiter bei einem Montageunternehmen tätig und arbeitet seit 1980 als Estrichleger bei einem deutschen Unternehmer. Die Erbteilung blieb aufgeschoben, der Hof an die älteste Schwester und deren Ehemann verpachtet, bis im Herbst 1986 wegen schwerer ehelicher Zerwürfnisse der Pächter und wegen schlechten Einvernehmens der übrigen Geschwister mit ihrem Schwager alle vier Geschwister in einem Gasthof wegen Aufhebung des Pachtverhältnisses und Übernahme des Hofes in Eigenbewirtschaftung durch einen der vier Miterben zusammentrafen. Der damals im 38.Lebensjahr gestandene Kaspar erklärte sich zwar mit einer Bewirtschaftung des Hofes durch seinen fünf Jahre jüngeren Bruder Balthasar einverstanden, stellte aber ausdrücklich klar, damit auf sein Hofübernahmerecht in keiner Weise verzichten zu wollen. Die Geschwister erreichten bei ihrer Zusammenkunft vom Herbst 1986 keine Einigung.
Balthasar ist verheiratet und hat zwei vorschulpflichtige Kinder. Im Dezember 1986 wurden ihm die Mietrechte an seiner Wohnung aufgekündigt. Im Einvernehmen mit seinen beiden Schwestern - aber ohne jede vertragliche Grundlage mit seinem Bruder Kaspar - zog er im April 1987 mit seiner Familie auf den Hof. Er arbeitet weiterhin bei seinem deutschen Arbeitgeber, lebt aber auf dem Hof, von dem aus er täglich zur Arbeit - an seine bayrischen Arbeitsstellen - fährt. Die Milchfuhren und zum Teil auch die Stallarbeiten verrichtet er, die übrige Arbeit besorgt seine Ehefrau.
Der ältere Bruder Kaspar hatte bereits 1982 oder 1983 seiner Schwester Maria erklärt, (erforderlichenfalls) den Hof übernehmen zu wollen (und diese Haltung auch bei der Aussprache vom Herbst 1986 beibehalten).
Am 22.Januar 1988 stellte der jüngere Bruder Balthasar den Antrag auf Zuweisung des Hofes an ihn und machte gleichzeitig geltend, daß sein älterer Bruder Kaspar aus dem Grunde des § 17 Z 4 Buchstabe d TirHG von der Hofübernahme ausgeschlossen sei. Der vom Erblasser letztwillig zur Hofübernahme bestellte ältere Sohn Kaspar gab auch im Erbteilungsverfahren gegenüber dem Gericht die Erklärung ab, im Falle der Feststellung seines Anerbenrechtes die Beschäftigung im Ausland aufzugeben und die persönliche Bewirtschaftung des Hofes zu übernehmen.
Diese Absichtserklärung erachete das Abhandlungsgericht erster Instanz unter Berücksichtigung sämtlicher Verfahrensergebnisse als glaubhaft. Es verneinte daher das Vorliegen des vom jüngeren Bruder geltend gemachten Ausschließungsgrundes, wies den Hof dem älteren Bruder Kaspar zu und wies den entgegenstehenden Antrag des jüngeren Bruders Balthasar auf Zuweisung des Hofes an ihn ab. Das Rekursgericht wertete die aktenkundigen Verfahrensergebnisse dahin, daß eine Bereitschaft des älteren Bruders Kaspar zur persönlichen Bewirtschaftung des Hofes nur für den Fall erklärt worden sei, daß es nicht anders ginge, zog deshalb die Glaubwürdigkeit der vor dem Abhandlungsgericht abgegebenen Erklärungen des älteren Bruders Kaspar in Zweifel und nahm den Ausschließungsgrund des § 17 Z 4 Buchstabe d TirHG in Ansehung des älteren, vom Erblasser zur Hofäbernahme bestimmten Bruders an. Es änderte demgemäß die erstinstanzliche Entscheidung im Sinne einer Zuweisung des Hofes an den jüngeren Bruder Balthasar und einer Abweisung des entgegenstehenden Antrages des älteren Bruders Kaspar ab.
Der ältere Bruder Kaspar ficht die abändernde Rekursentscheidung unter Geltendmachung der Anfechtungsgründe der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der ältere Sohn des Erblassers weist in seinen Rechtsmittelausführungen abschließend darauf hin, daß sein Vater letztwillig ihn zum Hofübernehmer bestimmt habe. Damit wirft der Rechtsmittelwerber der Sache nach die Frage nach der Anwendbarkeit der gesetzlichen Ausschließungsgründe auf einen vom Erblasser selbst zum Hofübernehmer bestimmten Angehörigen auf.
Die anerbenrechtlichen Vorschriften sind nach § 26 TirHG im Falle testamentarischer Erbfolge nur dann anwendbar, wenn der vom Erblasser berufene Hofübernehmer zum Kreis seiner gesetzlichen Erben nach allgemeinem Erbrecht zählt. Eine Bestimmung der Person des Hofübernehmers durch Einigung der Miterben oder gerichtliche Entscheidung nach den Auswahlregeln des § 17 TirHG hat bei letztwilliger Berufung des Anerben durch den Erblasser allerdings zu entfallen. Es ist daher zu entscheiden, ob die Ausschließungsgründe nach § 17 Z 4 TirHG nur als Teil der subsidiären gerichtlichen Bestimmung des Anerben nach den gesetzlichen Auswahlregeln oder vielmehr als Negativvoraussetzung zur Anwendung der anerbenrechtlichen Erbteilungsvorschriften nach den §§ 15 ff TirHG aufzufassen seien.
Kralik ErbR, 383 verneint die Ausschließung einer vom Erblasser hiezu berufenen Person von der Hofübernahme ausdrücklich. Webhofer vertritt dagegen ebenso eindeutig die Gegenmeinung, daß ein Ausgeschlossener auch durch letztwillige Verfügung nicht Anerbe werden könne (Klang2, III, 809), daß auch für einen letztwillig verfügenden Erblasser die Ausschließungsgründe des § 17 Z 4 TirHG "unübersteiglich" seien (Komm z TirHG, 107).
Bereits bei Krasnopolski/Kafka, ErbR, 389 Anm.3 findet sich die Auffassung, daß "im Hinblick auf die Tendenz der Anerbengesetzgebung und, da die Exemtion nicht ausdrücklich angeordnet ist", die Ausschließungsgründe auch bei der testamentarischen Erbfolge gelten. Zur vergleichbaren Problemstellung nach den Regelungen des Kärntner Erbhöfegesetzes ging die Justizministerialverordnung vom 14. Januar 1904, JMVBl Nr.2 in ihrem § 10 unzweideutig von der Möglichkeit der Ausschließung eines durch letztwillige Verfügung zum Hofübernehmer Berufenen aus. Notar Roth (NotZ 1949, 154 ff, 170) hielt demgemäß nach dem Kärntner Erbhöfegesetz eine Prüfung für erforderlich, ob der Erblasser nicht etwa eine gesetzlich ausgeschlossene Person zum Hofübernehmer bestellt habe. Zum Kärntner Erbhöfegesetz hatte der Oberste Gerichtshof in der Zwischenkriegszeit ausgesprochen, daß § 7, dessen Regelungsgegenstand jenem des § 17 TirHG entspricht, sich nur auf die gesetzliche Erbfolge beziehe und daher für die letztwillig angeordnete keine Bedeutung habe (SZ 18/134). Dabei ging es aber nicht um die Anwendung der Ausschließungsgründe im besonderen, sondern um die Anwendbarkeit der besonderen anerbenrechtlichen Erbteilungsbestimmungen als Ganzes. 1950 bekannte sich der Oberste Gerichtshof in einem nach dem Kärntner Erbhöfegesetz zu entscheidenden Rechtsfall ausdrücklich zur Anwendbarkeit der Ausschließungsbestimmungen auch auf einen vom Erblasser letztwillig zum Hofübernehmer berufenen Angehörigen (SZ 23/164). Im Jahre 1967 unterstellte er diese Auslegung ohne weitere Begründung als selbstverständlich (RZ 1968, 113) und hielt sie auch in der nicht veröffentlichten Entscheidung vom 3.November 1984, 6 Ob 12/83, aufrecht.
Eine neuerliche Prüfung der Anwendbarkeit der gesetzlichen Ausschließungsgründe nach § 17 Z 4 TirHG auf eine vom Erblasser selbst zur Hofübernahme bestimmte, zu seinen gesetzlichen Erben zählende Person, führt im Spannungsfeld zwischen Testierfreiheit und zwingendem Charakter der anerbenrechtlichen Erbteilungsvorschriften zu folgender Abwägung:
Zweck der anerbenrechtlichen Sonderbestimmungen ist die Bewahrung lebensfähiger bäuerlicher Betriebe vor den Gefahren der Zerstückelung und untragbaren Belastung des Besitznachfolgers eines Bauern im Erbfall. Dieses im Allgemeininteresse gesteckte Ziel strebt der Gesetzgeber dadurch an, daß er die erbrechtliche Besitznachfolge in den Hof nur durch einen Angehörigen des Erblassers zuläßt und gleichzeitig als Berechnungsgrundlage für die Auseinandersetzungsansprüche der weichenden Miterben und für die Pflichtteilsforderungen einen im Regelfall unter dem Verkehrswert liegenden Übernahmspreis festlegt. Eine solche gesetzliche Regelung zum wirtschaftlichen Nachteil der weichenden Miterben und der Pflichtteilsberechtigten gegenüber deren allgemein-erbrechtlicher Stellung kann den dadurch Betroffenen als eine sie belastende Sonderregelung ohne Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nur um der gesetzgeberischen Zielsetzung wegen, den Hof in den Händen eines bäuerlichen Angehörigen des Erblassers zu erhalten, zugemutet werden. Insoweit sind anerbenrechtliche Begünstigung des Hofübernehmers und wirtschaftliche Beschränkung der Ansprüche von weichenden Miterben und Pflichtteilsberechtigten zweckmäßig untrennbar miteinander verknüpft. Das muß auch bei einer letztwilligen Berufung des Hofübernehmers durch den Erblasser oder bei einer Einigung der Miterben gewahrt bleiben.
Die anerbenrechtlichen Regelungen schließen die rechtsgeschäftliche Verfügungsfreiheit des Hofeigentümers in keiner Weise ein (§ 25 Abs 1 TirHG). Der Eigentümer kann seinen Hof wirksam auch einer mit einem Ausschließungsgrund behafteten Person verkaufen, übergeben oder schenken. Wenn dies auch wirtschaftlich nicht mehr ihn persönlich träfe, kann er seinen Hof auch einer solchen Person vererben oder vermachen. Ist dabei der Wille des Erblassers erkennbar und erweislich in erster Linie auf Zuweisung des Hofes an die von ihm bestimmte Person gerichtet, muß einem solchen Willen nach allgemein-erbrechtlichen Grundsätzen zum Durchbruch verholfen werden und hätte dann nur die Unabwendbarkeit der anerbenrechtlichen Sonderregelungen zur Folge. Wen der Gesetzgeber wegen der Annahme, daß typischerweise von ihm die Bewahrung des Hofes in bäuerlicher Hand und damit die Erreichung des Gesetzeszweckes nicht erwartet werden könne, von der begünstigten Hofübernahme ausschließt, dem soll eine solche, mit einer Benachteiligung der weichenden Miterben und Pflichtteilsberechtigten verbundene Begünstigung auch nicht durch letztwillige Anordnung zustatten kommen.
Liegt dagegen der Wille des Erblassers bei seiner letztwilligen Anordnung erkennbar und erweislich darin, in bäuerlicher Gesinnung und im familiären Interesse eine Sondererbfolge nach anerbenrechtlichen Grundsätzen zu erreichen und nur innerhalb dieses Rahmens einen Hofübernehmer auszuwählen, dann muß sich auch ein solcherart Berufener seine Ausschließung von
der - anerbenrechtlichen(!) - Hofübernahme nach § 17 Z 4 TirHG gefallen lassen.
Mit dieser Gegenüberstellung von allgemein-erbrechtlicher und anerbenrechtlicher Rechtsnachfolge ist die in SZ 23/164 eingehend begründete Auslegung aufrechtzuerhalten, daß (mangels ausdrücklicher oder schlüssiger Abdingung der anerbenrechtlichen Sondererbfolge) auch eine vom Erblasser zur Hofübernahme bestimmte Person aus dem Kreise seiner gesetzlichen Erben das Vorliegen von Ausschließungsgründen (hier nach § 17 Z 4 TirHG) gegen sich gelten lassen muß.
Mit der letztwilligen Verfügung vom 27.Dezember 1982 - mit der der Erblasser über seinen Hof und damit praktisch über sein gesamtes nennenswertes Vermögen Anordnungen auf seinen Todesfall getroffen hatte - hat der Erblasser Anordnungen über die Hofübernahme und die Versorgung seiner Witwe, seiner behinderten älteren Tochter sowie der übrigen weichenden Geschwister völlig im Geiste der anerbenrechtlichen Sondervorschriften getroffen und nur im Hinblick auf das jugendliche Alter seines ältesten Sohnes dessen Hofübernahme bis zur Vollendung des 24.Lebensjahres hinausgeschoben. Der letztwilligen Anordnung vom 27.Dezember 1962 ist alles andere als eine Abdingung der anerbenrechtlichen Erbteilungsvorschriften des Tiroler Höfegesetzes zu entnehmen. Sie wurde auch von keinem Beteiligten behauptet.
Gemäß den §§ 26, 17 Z 4 TirHG unterliegt damit der vom Erblasser letztwillig zur Hofübernahme berufene ältere Sohn der Beurteilung nach dem Vorliegen gesetzlicher Ausschließungsgründe. Da es sich im vorliegenden Fall um eine vorläufig aufgeschobene Erbteilung handelt, bedarf es folgender Klarstellung: § 16 Abs 1 TirHG handelt von einem berufenen Anerben und § 16 Abs 2 TirHG verweist bei der aufgenommenen Erbteilung im Klammerzitat nur auf die §§ 18 bis 21, also nicht auch auf § 17. Es wäre aber vordergründig, daraus ableiten zu wollen, daß im Falle der aufgeschobenen Erbteilung eine Entscheidung nach § 17 Z 4 TirHG nicht mehr erfolgen dürfte. Mit der Einigung der Miterben auf eine Aufschiebung der Erbteilung war keine Zuweisung des Hofes an den vom Erblasser in erster Linie berufenen älteren Sohn verbunden. Eine solche Zuweisung stand noch aus. Dabei war entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht zur Beurteilung der Ausschließungsgründe nicht die Lage zur Zeit des Erbfalles oder die zur Zeit der Einigung über die Aufschiebung der Erbteilung, sondern, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, jene zur Zeit der Zuweisung heranzuziehen (SZ 37/139).
Das Rekursgericht hat entgegen dem Gericht erster Instanz der auch schon außerhalb des Verfahrens zur Vornahme der vorläufig aufgeschobenen Erbteilung abgegebenen Erklärung des älteren Sohnes, im Falle einer Zuweisung des Hofes an ihn von seinem langjährigen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik auf den Hof zurückzukehren, um diesen selbst zu bewirtschaften, die Glaubwürdigkeit versagt. Das Rekursgericht war zur Überprüfung der diesbezüglichen erstinstanzlichen Beweiswürdigung berechtigt und verpflichtet. Es konnte ohne Verfahrensverstoß diese Überprüfung aufgrund der Aktenlage vornehmen. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze ist nicht erkennbar. Die Beweiswürdigung des Rekursgerichtes als solche ist aber keiner weiteren Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof zu unterziehen.
Der rechtlichen Beurteilung ist daher die vom Rekursgericht angenommene Tatsache zugrundezulegen, daß der Revisionsrekurswerber nicht ernstlich gewillt ist, im Falle der Zuweisung des Hofes an ihn, seinen ausländischen Arbeitsplatz und Wohnsitz aufzugeben und zur Selbstbewirtschaftung des Hofes auf diesen zurückzukehren. Danach ist aber der Ausschließungsgrund nach § 17 Z 4 Buchstabe d TirHG in seiner Person erfüllt. Der von seinem Vater letztwillig als Anerbe berufene ältere Sohn ist von der Hofübernahme ausgeschlossen, so daß die ersatzweise Berufung seines jüngeren Bruders wirksam wurde.
Dem Revisionsrekurs des älteren Sohnes mußte aus diesen Erwägungen ein Erfolg versagt bleiben.
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