OGH 9ObA191/89

OGH9ObA191/8930.8.1989

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Fellner und Dr. Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Karoline S***, Hotelbesitzerin, Payerbach, Villenstraße 1, vertreten durch Dr. Rudolf Breuer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Eva S***, Gastgewerbebedienstete, Prein an der Rax Nr.97, vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, wegen S 41.800,70 sA, infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.April 1989, GZ 33 Ra 26/89-26, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 27.Oktober 1988, 4 Cga 540/87-21, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dritter Instanz sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte war vom 28.Oktober 1982 bis zu ihrer Entlassung am 16.7.1987 als Serviererin und Küchenhilfe in der Pension der Klägerin beschäftigt und dort seit 1985 insbesondere mit der Ausgabe und dem Inkasso der Getränke ("Getränkeservice") betraut.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sich bei dieser

Tätigkeit im Jahre 1985 S 26.742,--

und in der Zeit vom 1.1.-20.6.1986 S 20.630,--

zusammen daher S 47.372,--

rechtswidrig angeeignet und sich in zwei schriftlichen Erklärungen vom 26.6.1986 (Beilage 1) und vom 11.7.1986 (Beilage 2) zur Rückzahlung dieser Beträge verpflichtet.

Die Klägerin begehrt daher von der Beklagten nach Abzug ihrer restlichen Lohnforderung von S 5.572,30 Zahlung von S 41.800,70 (richtig: S 41.799,70) sA.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens; sie bestritt, für die Abgänge aus dem Getränkeverkauf verantwortlich gewesen zu sein. Die schriftlichen Verpflichtungserklärungen habe sie nur unterschrieben, weil ihr die Beklagte eine Strafanzeige angedroht habe. Getränkekasse und Getränkevorrat seien auch anderen Arbeitnehmern der Pension zugänglich gewesen. Ferner wendete die Beklagte eine Gegenforderung von S 42.340,-- brutto an weiterlaufenden Bezügen aus dem Dienstverhältnis mit der Begründung ein, sie sei im Juni 1986 bereits schwanger gewesen und hätte daher nur aus den Gründen des § 12 Abs 1 MuttSchG entlassen werden dürfen. Da solche Gründe nicht vorlägen, sei das Dienstverhältnis aufrecht geblieben. Einen weiteren Betrag von S 2.000,-- netto habe die Beklagte bereits ungerechtfertigt von ihrem Lohn einbehalten. Das Erstgericht stellte die Klagsforderung mit S 41.700,70 netto als zu Recht, die von der Beklagten eingewendeten Gegenforderungen von S 42.340,-- brutto und S 2.000,-- netto als nicht zu Recht bestehend fest und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 41.800,70 sA an die Klägerin.

Das Erstgericht traf folgende wesentliche Feststellungen:

Die Klägerin beabsichtigte, den Getränkeverkauf ihrer Tochter Astrid zu übertragen; sie forderte daher die Beklagte auf, die Abrechnung über den aktuellen Stand an Getränken zu machen. Die Beklagte kam diesem Auftrag trotz mehrmaliger Erinnerung nicht nach, worauf die Klägerin schließlich ihre Buchhalterin Ingrid K*** ersuchte, anstelle der Beklagten die Abrechnung vorzunehmen. Ingrid K*** machte zunächst die Abrechnung vom 1.1. bis 20.6.1986 und errechnete für diese Zeit zu Lasten der Beklagten einen Fehlbetrag von S 20.630,-- (Beilage 1). Die Klägerin stellte hierauf die Beklagte zur Rede, die bereits bei Beginn des Gespräches erklärte, "Ich weiß ohnehin, um was es geht" und "Ich bin mir meiner Schuld voll bewußt". Die Beklagte gab zu, sich zunächst S 500,-- und wiederholt weitere Geldbeträge angeeignet zu haben und in der Folge "immer tiefer in die Sache hineingekommen zu sein". Die Streitteile einigten sich darüber, daß die Beklagte den Schaden, "der mit dem von Ingrid K*** errechneten Betrag von S 20.630,-- feststand", mit monatlichen Gehaltsabzügen von S 2.000,-- gutmachen sollte. Sie hielten diese Vereinbarung in einem Zusatz zur Fehlbetragsaufstellung (Beilage 1) wie folgt fest:

"Laut mündlicher Absprache mit Frl. S*** Eva, Prein 97, hat sie den obigen Fehlbetrag von S 20.630,-- anerkannt und erklärt sich bereit, diese Summe in Monatsraten von S 2000,-- (zweitausend) von ihrem Lohn zurückzuzahlen.

Von einer gerichtlichen Belangung sehen wir ab, da sie die obige Summe zugegeben hat und die Abstattung auf Grund ihrer Lohnzahlung erfolgen wird.

Payerbach, 26.6.1986".

Die Erklärung wurde von beiden Streitteilen und Ingrid K***

als Zeugin unterschrieben.

Die Klägerin beauftragte nunmehr Ingrid K***, auch die Getränkeabrechnung des Jahres 1985 zu überprüfen. Ingrid K*** errechnete für diese Zeit einen Fehlbetrag von S 26.742,-- (Beilage 2). Die Klägerin hielt der Beklagten auch diesen Fehlbetrag vor, die auch diesmal ihre Schuld eingestand und auf die Frage der Klägerin, wie sie das bezahlen werde, antwortete, daß sie entweder ihren PKW verkaufen oder ihren Vater um finanzielle Unterstützung bitten oder einen Kredit aufnehmen werde.

Auch diesmal hielten die Streitteile das Ergebnis ihrer Einigung in einem Zusatz zur Fehlbetragsaufstellung (Beilage 2) wie folgt fest:

"Laut mündlicher Absprache vom 9.7.1986 mit Frl. S*** Eva, Prein 97, wurde auf Grund einer weiteren Kontrolle für das Jahr 1985 ein neuerlicher Fehlbetrag von S 26.742,-- festgestellt. Es wurde Frl. S*** über ihre veruntreuten Handlungen aufmerksam gemacht und neuerdings darauf hingewiesen, daß nunmehr die beiden Beträge (1985 und 1986) entweder durch Kreditnahme oder durch ihren Vater aufgebracht werden....".

Auch diese Erklärung wurde von beiden Streitteilen und Ingrid K*** unterschrieben.

Die Streitteile beabsichtigten, das Gespräch über die Angelegenheit in Gegenwart des Steuerberaters der Klägerin fortzusetzen, doch erschien die Beklagte zum vereinbarten Termin beim Steuerberater nicht; sie ließ sich wegen Krankheit entschuldigen und richtete am 15.7.1986 an die Klägerin folgendes Schreiben (Beilage 3):

"Da ich mich derzeit in den Krankenstand befinde, möchte ich Ihnen auf diesem Wege mitteilen, daß ich nicht in der Lage und auch nicht gewillt bin die lt. der beiden Aufstellungen aufscheinenden Geldbeträge zu leisten.

Ich habe die Unterschriften unter der Androhung von Ihnen leisten müssen und widerrufe diese somit. Sie werden diesbezüglich in den nächsten Tagen ein diesbezügliches Schreiben meines Rechtsanwaltes erhalten.

Die Anschuldigung, daß ich Gelder veruntreute, muß ich mit aller Entschiedenheit zurückweisen."

Hierauf sprach die Klägerin mit Schreiben vom 16.7.1986 - wie bereits eingangs erwähnt - die Entlassung der Beklagten aus. Das Erstgericht nahm nicht als erwiesen an, daß die beiden Verpflichtungserklärungen der Beklagten unter Drohungen der Klägerin zustandegekommen waren. Die Besprechungen zwischen den Streitteilen hätten in einer ruhigen, freundlichen und sachlichen Atmosphäre stattgefunden. Die Beklagte habe selbst zugeben müssen, daß von seiten der Klägerin keinerlei Drohungen gefallen sind. Das Erstgericht war der Ansicht, daß es der Beklagten nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht gelungen sei, die "Rechtswirksamkeit der im Akt erliegenden Schuldanerkenntnisse zu widerlegen". Es sei davon auszugehen, daß sich die Beklagte in wiederholten Zugriffen rechtswidrig Gelder angeeignet und ihre Schuld einbekannt habe. Es lägen daher rechtswirksame Schuldanerkenntnisse vor. Auch aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergäbe sich eindeutig der klagsgegenständliche Fehlbetrag. Die Beklagte hätte die Klägerin wegen dieser Veruntreuungen entlassen können, habe sie aber zunächst in ihrem Dienst behalten und erst den Widerruf der Verpflichtungserklärungen zum Anlaß für die Entlassung der Klägerin genommen. Die Entlassung sei gerechtfertigt, weil die Beklagte die Klägerin wahrheitswidrig beschuldigt habe, die Verpflichtungserklärungen durch Anwendung von Zwang erwirkt zu haben. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Arbeitsrechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Das Berufungsgericht billigte die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, war aber der Ansicht, daß die von der Beklagten abgegebenen schriftlichen Erklärungen keine konstitutive, sondern deklarative Anerkenntnisse und daher bloße Wissenserklärungen des Schuldners seien, mit denen dieser nur bekanntgebe, daß das Recht des Gläubigers seines Wissens nach bestehe. Ein solches Anerkenntnis bilde keinen neuen Verpflichtungsgrund; es sei nur ein Beweismittel im Rechtsstreit, das durch andere Beweise widerlegt werden könne. Soweit die von der Beklagten unterfertigten Beilagen 1) und 2) Wissenserklärungen (Fehlbestände und Beträge) beträfen, könnten sie widerlegt werden, wofür das Sachverständigengutachten hinreichende Anhaltspunkte biete. Auf dieses Gutachten werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren einzugehen haben, damit erkannt werden könne, in welchem Umfang und mit welchem Betrag der Beklagten die Fehlbestände im Lager anzulasten seien. Hiebei werde auch auf § 2 Abs 2 DHG Bedacht zu nehmen sein. Die Entlassung der Beklagten habe das Erstgericht zutreffend als gerechtfertigt erkannt, weil sie der Klägerin im Schreiben vom 15.7.1986 eine ehrenrührige Handlung, nämlich die Unterschriften der Beklagten unter Drohungen erwirkt zu haben, vorgeworfen habe. Darin sei eine erhebliche Ehrverletzung im Sinne des § 12 Abs 1 Z 4 MuttSchG zu sehen.

Beide Parteien bekämpfen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs. Die Beklagte wendet sich gegen die Ansicht der zweiten Instanz, daß sie gerechtfertigt entlassen worden sei und beantragt die Entscheidung in Ansehung der Gegenforderung ersatzlos aufzuheben. Die Klägerin hält die Sache für spruchreif im Sinne der Klagsstattgebung und beantragt, den Aufhebungsbeschluß aufzuheben und in der Sache selbst dahin zu erkennen, daß das Urteil des Erstgerichtes bestätigt werde.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind nicht berechtigt:

1./ Zum Rekurs der Klägerin:

Die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Abgrenzung zwischen dem konstitutiven (echten) und dem deklarativen (unechten) Anerkenntnis sind zutreffend: Nach Lehre und Rechtsprechung (Ertl in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 1380; Koziol-Welser8I 274; Ehrenzweig I/1, 359 ff; Gschnitzer, SchR AT2, 175; SZ 45/20; EvBl 1974/4; SZ 48/21;

SZ 51/176 = EvBl 1979/101 = JBl 1980,39, JBl 1981, 90; Arb 10.448

uva) ist das konstitutive Anerkenntnis eine Willenserklärung, die

dadurch zustandekommt, daß der Gläubiger seinen Anspruch ernstlich

behauptet und der Schuldner die Zweifel am Bestehen des behaupteten

Rechtes dadurch beseitigt, daß er das Recht zugibt. Es setzt somit

die ( - nach der Vertrauenstheorie zu beurteilende !SZ 51/176 =

EvBl 1979/101 = JBl 1980, 39; Arb 10.448 - ) Absicht der

Erklärenden voraus, unabhängig von dem bestehenden Schuldgrund eine

neue selbständige Verpflichtung zu schaffen. Das konstitutive

Anerkenntnis gehört damit zu den Feststellungsverträgen. Es ruft das

anerkannte Rechtsverhältnis auch für den Fall, daß es nicht

bestanden haben sollte, ins Leben und hat somit (hilfsweise)

rechtsgestaltende Wirkung (EvBl 1974/4; JBl 1975, 206; SZ 51/176 =

EvBl 1979/101 = JBl 1980, 39; Arb 10.448 ua).

Das deklarative Anerkenntnis ist hingegen kein Leistungsversprechen, sondern eine Wissenserklärung und daher ein widerlegbares Beweismittel (Ertl in Rummel aaO; Koziol-Welser aaO;

Ehrenzweig aaO; SZ 45/20; SZ 51/176 = EvBl 1979/101 = JBl 1980, 39;

Arb 10.448).

Ob ein bloßes Schuldbekenntnis oder ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, ist durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln, wobei nicht am Wortlaut der Erklärung zu

haften, sondern deren Sinn zu erforschen ist (Ertl aaO; SZ 51/176 =

EvBl 1979/101 = JBl 1980, 39; EvBl 1979/45). Maßgeblich sind vor

allem die mit dem Anerkenntnis verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses (Ertl in Rummel aaO). Je mehr bei den Parteien das Bewußtsein von der Unsicherheit der Sach- und Rechtslage hervortritt, desto eher ist ein konstitutives Anerkenntnis anzunehmen; im Zweifel wird man aber einer Erklärung die weniger weitgehenden Wirkungen des deklarativen zuschreiben (Ertl in Rummel aaO; Ind 1977 H 6, 1071; EvBl 1981/122; Arb 10.448). Eine nähere Bestimmung, wann und wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllt werden soll, ist kein Neuerungsvertrag (§ 1379 ABGB).

Die Klägerin bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe nur ein deklaratives (unechtes) Anerkenntnis abgegeben, mit der Begründung, daß der Wille der Parteien darauf gerichtet gewesen sei, eine endgültige Regelung zu erzielen und hiebei den Behördenweg zu vermeiden.

Ein solcher Wille allein reicht jedoch für die Annahme eines konstitutiven Anerkenntnisses nicht aus. Ein Streit darüber, daß die Beklagte die Abgänge in der Getränkekasse (zur Gänze) durch rechtswidrige Aneignung von Geldbeträgen verschuldet habe, bestand - damals! - nicht. Mit der Vereinbarung, daß der ermittelte Schadensbetrag in Raten im Gehaltsabzugswege bzw auf andere Weise (Beilage 2) getilgt werden sollte, wurden nur die Modalitäten festgesetzt, wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit von der Beklagten erfüllt werden sollte (§ 1379 ABGB). Die Beklagte hat bei den Gesprächen mit der Klägerin Veruntreuungen zugegeben und sich damals nicht darauf berufen, daß der Abgang (ganz oder zum Teil) andere Ursachen habe, für die sie nicht verantwortlich sei. Der Erklärung der Beklagten war daher nur der Wille zu entnehmen, das zu leisten, was sie ohnehin schuldete. Daß sie sich auch insoweit verpflichten wollte, als eine Schuld nicht bestand, ungewiß oder strittig war, kam in ihren Erklärungen nicht zum Ausdruck. Das Erstgericht vermengte in seiner rechtlichen Beurteilung die Wirkungen des konstitutiven und des deklarativen Anerkenntnisses, weil es sich einerseits (allein) auf ein "rechtswirksames Schuldanerkenntnis" stützte, andererseits aber zutreffend ohnehin den bloßen Beweismittelcharakter dieser Urkunden erkannte und sie im Zusammenhang mit anderen Beweisergebnissen dahin würdigte, daß sich die Beklagte in widerholten Zugriffen den Klagsbetrag angeeignet habe und ihr schriftliches Geständnis nicht widerlegt sei. Auf Grund dieser Feststellungen wäre auch ohne Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses der Klagebetrag zuzusprechen. Das Berufungsgericht hat aber, obwohl es die Beweiswürdigung des Erstgerichtes (zum Zustandekommen der Verpflichtungserklärungen) grundsätzlich billigte, auf Grund der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens (in dem ein etwas geringerer Fehlbetrag als der Klagsbetrag errechnet wurde) die Frage, inwieweit die Fehlbeträge auf Unterschlagungen der Beklagten oder auf andere Umstände zurückzuführen sind, noch für aufklärungsbedürftig gehalten. Dem kann der Oberste Gerichtshof, weil er nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten. Die vom Berufungsgericht erwähnte Möglichkeit der Ermäßigung des Ersatzbetrages kommt nur insoweit in Betracht, als die Beklagte der Klägerin den Schaden nicht vorsätzlich zugefügt hat. Da es an jeglichen Feststellungen über andere Schadensursachen als die vom Erstgericht angenommene Veruntreuung fehlt, ist es auch verfrüht, auf die näheren Voraussetzungen der sogenannten Mankohaftung einzugehen.

2./ Zum Rekurs der Beklagten:

Der Beklagten ist zuzugeben, daß die von ihr in Verfolgung ihres Rechtsstandpunktes im Schreiben vom 15.7.1986 gebrauchte Wendung:

"Ich habe die Unterschriften unter der Androhung von Ihnen leisten müssen und widerrufe diese somit" keine erhebliche Ehrverletzung im Sinne des § 12 Abs 1 lit b MuttSchG ist.

In der Sachverhaltsdarstellung des Erstgerichtes findet sich zwar nur die Feststellung, daß die Beklagte der Klägerin gestanden hat, der Getränkekasse wiederholt Geldbeträge entnommen zu haben. Aus den Ausführungen des Erstgerichtes zur rechtlichen Beurteilung ergibt sich aber zweifelsfrei, daß es davon ausging, daß sich die Beklagte tatsächlich in wiederholten Zugriffen vorsätzlich Gelder angeeignet hat. Da diese Feststellung durch die Ausführungen im Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz nur bezüglich der Höhe des angeeigneten Betrages berührt wird, war die Klägerin berechtigt, die Beklagte wegen der am 26.6. und 9.7.1986 hervorgekommenen Veruntreuungen auch noch am 16.7.1986 wegen Untreue im Dienst und mindestens wegen eines aus Gewinnsucht begangenen Vergehens (§ 12 Abs 1 lit b und e MuttSchG) zu entlassen, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 15.7.1986 ihre Bereitschaft, die bei der Getränkeabrechnung entstandenen Fehlbeträge zu ersetzen, widerrufen hatte. Die Klägerin hatte ja von ihrem Entlassungsrecht nur deshalb nicht sofort Gebrauch gemacht, weil die Beklagte eine Schadensgutmachung zugesagt hatte. Die Gegenforderung der Beklagten in Höhe von S 42.340,-- besteht daher nicht zu Recht. Das Erstgericht wird jedoch zu prüfen haben, ob der Beklagten vom Lohn ein Betrag von S 2.000,-- zur Schadensdeckung abgezogen wurde. Beiden Rekursen ist somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO.

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