Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.610,69 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.601,78 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 7.September 1982, S 223/82-1, wurde über das Vermögen der Anna M. H***, Import-Export-Vertretungen Gesellschaft mbH der Konkurs eröffnet; gleichzeitig wurde der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Die Klägerin war geschäftsführende Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin.
Mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 5.9.1982, Sa 53/82, wurde über das Vermögen der Klägerin das Ausgleichsverfahren, mit Beschluß desselben Gerichtes vom 3.5.1983, S 82/83-1, der Anschlußkonkurs eröffnet. Masseverwalter war Dr. Horst R***, Rechtsanwalt in Wien.
Die rechtsfreundlich vertretene Klägerin stellte als Geschäftsführerin im Konkurs der Gesellschaft in der Zeit vom 24.9.1982 bis 22.3.1983 wiederholt Anträge auf Abberufung des Beklagten als Masseverwalter und Bitten um Abhilfe, mit denen bereits die nunmehr Gegenstand dieses Verfahrens bildenden Vorwürfe gegen den Masseverwalter erhoben wurden. So wies die Klägerin insbesondere in ihrer Bitte um Abhilfe vom 6.10.1982 darauf hin, daß durch die Maßnahmen des Beklagten auch die Erfüllung des von ihr angestrebten Ausgleiches gefährdet werde, es würden nicht nur die Gläubiger im Gesellschaftskonkurs, sondern auch die im Ausgleich der Einzelfirma geschädigt. In einem persönlichen Schreiben vom 22.3.1983 erhob sie den Vorwurf, der Beklagte mißbrauche bewußt seine Befugnisse und habe den Tatbestand der Untreue gesetzt. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19.4.1983, S 223/82-51, wurde der Beklagte, der erklärt hatte, wegen der bestehenden Animosität gegen seine Enthebung nichts einzuwenden, als Masseverwalter seines Amtes enthoben. An seine Stelle wurde Dr. Wilhelm N***, Rechtsanwalt in Wien, zum Masseverwalter bestellt. Der Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2.10.1986, S 223/82-125, der über das Vermögen der Klägerin eröffnete Konkurs mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 7.8.1986, S 82/83-142, mangels Deckung der Kosten des Verfahrens aufgehoben. Schon vorher waren in beiden Konkursverfahren beschlußmäßig die behaupteten Ersatzansprüche der Klägerin bzw. der Gesellschaft gegen den Beklagten jeweils zur freien Verfügung der Gemeinschuldnerin überlassen worden.
Mit der am 30.5.1986 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin den Zuspruch des Betrages von S 2,089.290 samt Anhang. Durch das detailliert dargestellte, hauptsächlich in den Zeitraum vom 17.9.1982 bis Ende November 1982 fallende rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Beklagten als Masseverwalter im Konkurs der Gesellschaft sei der Geschäftsbetrieb der Einzelfirma der Klägerin zugrundegerichtet und in den Anschlußkonkurs getrieben worden. Insbesondere habe sich die Versiegelung des Gasthauses in Perchtoldsdorf und der Büroräume in der Webgasse sowie der Entzug der Post als nachhaltig geschäftsstörend erwiesen, so daß sämtliche Geschäftsverbindungen zusammengebrochen seien. Allfällige Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Beklagten seien ihr zediert worden. Der Beklagte habe der Klägerin nicht die Möglichkeit geboten, eine Bestandsaufnahme durchzuführen. Die Versiegelung sei mangelhaft vorgenommen worden, so daß Gegenstände verschwunden und von Nichtberechtigten abgeholt worden seien. Gegenstände der Klägerin seien zu Unrecht im Konkurs der Gesellschaft vom Beklagten verwertet oder herausgegeben worden. Der Beklagte wendete Verjährung ein. Er sei am 19.4.1983 als Masseverwalter enthoben worden. Sämtliche ihm vorgeworfenen Handlungen lägen vor diesem Zeitpunkt. Im übrigen sei der Anspruch auch sachlich nicht berechtigt.
Die Klägerin replizierte, sie sei erst im Juni 1983 von Dr. Horst R*** in Kenntnis gesetzt worden, daß der Beklagte als Masseverwalter seines Amtes enthoben worden sei. In Unterlagen habe sie erst während des Sommers 1983 Einsicht nehmen können. Dadurch habe sie feststellen können, daß die von ihr vermuteten Schäden tatsächlich entstanden seien, der Beklagte habe ihr keine Möglichkeit gegeben, die Schäden durch Einsichtnahme in seine Unterlagen feststellen zu können. Sie habe zwar den Eintritt eines Schadens und den Schädiger vermutet, dies jedoch nicht positiv gekannt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB beginne mit dem Zeitpunkt zu laufen, an dem die Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Beschädiger kenne. Soweit die Klägerin geltend mache, sie hätte erst im Sommer 1983 Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände erlangt, weshalb frühestens zu diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist zu laufen begonnen habe, sei sie darauf zu verweisen, daß sie kein konkretes Vorbringen erstattet habe, welche relevanten, über ihren Wissensstand im Zeitpunkt der Enthebung des Masseverwalters hinausgehende Tatsachen sie erst im Sommer 1983 in Erfahrung gebracht habe. Das Erstgericht sei daher wegen des Inhaltes der im Konkursverfahren erstatteten Schriftsätze, in denen die Klägerin die Enthebung des Beklagten als Masseverwalter beantragt habe, zutreffend davon ausgegangen, daß der Klägerin jedenfalls bereits im Zeitpunkt der Enthebung des Beklagten als Masseverwalter das in der Klage behauptete schädigende Verhalten so weit bekannt gewesen sei, daß eine klageweise Geltendmachung der Ansprüche möglich gewesen wäre. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung habe der Gemeinschuldner einen selbständigen Schadenersatzanspruch wegen Schadenszufügung durch den Masseverwalter. Derartige auf rechtswidrige Handlungen und Unterlassungen des Masseverwalters gestützten Ansprüche könne der Gemeinschuldner auch ohne Billigung oder Zustimmung des späteren Masseverwalters und ohne Überlassung der Forderung nach § 119 Abs 5 KO im eigenen Namen geltend machen. Das Konkursverfahren wäre demnach einer klageweisen Geltendmachung der behaupteten Schadenersatzansprüche der Klägerin nicht entgegengestanden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor. Nach § 1489 erster Satz ABGB verjähren Entschädigungsklagen in drei Jahren von der Zeit an, zu welcher der Schaden und die Person des Schädigers (genauer: des Ersatzpflichtigen: Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 I 316) bekannt wurden. Die Frist des § 1489 ABGB beginnt zu laufen, wenn dem Geschädigten neben der Kenntnis des Schadens der seinen Anspruch begründende Sachverhalt so weit bekannt ist oder sein kann, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben könnte (MietSlg 38.248, 38.247; SZ 57/171; SZ 56/76; SZ 56/36 uva). Das bedeutet aber nicht, daß völlige Gewißheit über den Ausgang des angestrebten Verfahrens zu bestehen habe. Jeder Rechtsstreit, der nicht durch Anerkenntnis oder Versäumnis zum Abschluß kommt, schließt vielmehr gewisse Risiken ein. Es geht nicht an, die Verjährungsfrist erst mit jenem Zeitpunkt beginnen zu lassen, zu dem dem Geschädigten der anzustrengende Prozeß bereits mehr oder weniger risikolos erscheint. Jeder Kläger muß damit rechnen, daß sich seine scheinbare Kenntnis des Schadens und des Ersatzpflichtigen als irrig herausstellt, etwa weil Zeugen oder Sachverständige anderes bekunden. Dieses jedem anzustrengenden Prozeß anhaftende Risiko kann nicht bewirken, daß der Beginn der Verjährungsfrist hinausgeschoben würde (SZ 56/76; 10 Ob 533/87; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1489). Die von der Klägerin behauptete Handlungsweise des Beklagten war ihr, wie ihre rechtsfreundlich verfaßten Eingaben im Konkurs der Gesellschaft in der Zeit vom 17.9.1982 bis Ende 1982 ebenso bekannt wie der Umstand, daß sich diese Handlungsweise kausal auf die Vermögenslage ihres Einzelhandelsunternehmens ausgewirkt haben konnte. Daß diese Handlungsweise nach ihrer Ansicht aber zum völligen Zusammenbruch geführt hatte, mußte der Klägerin spätetestens mit der Eröffnung des Anschlußkonkurses über ihr Vermögen am 3.5.1983 bekannt sein. Die nach ihren Behauptungen ihr erst im Sommer 1983 ermöglichte Akteneinsicht konnte daher auf ihren zur Einbringung einer Schadenersatzklage ausreichenden Wissensstand und damit auf den Beginn des Laufes der Verjährung keinen Einfluß mehr gehabt haben. Der Lauf der von der Klägerin persönlich gegen den Beklagten wegen seiner Tätigkeit als Masseverwalter im Konkurs der Gesellschaft behaupteten Forderungen war durch die über ihr Vermögen erfolgte Konkurseröffnung jedenfalls in einem Fall, in dem zugleich mit der Konkurseröffnung sofort der Masseverwalter bestellt wurde (vgl. Huber in JBl 1985, 474) nicht gehemmt (SZ 42/54; GH 1930, 76; Bartsch-Pollak, KO3 84).
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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