OGH 6Ob573/89

OGH6Ob573/8927.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*** KG, Sattledt Nr.39, vertreten durch Dr.Peter und Dr.Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Antonia H***, Pensionistin, früher Inhaberin des unter der nicht protokollierten Firma H*** Kleiderfabrikation geführten Unternehmens, Landskron, Ossiacher Straße 2 c, vertreten durch Dr.Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 349.753,44 S samt Nebenforderungen, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 13.Januar 1989, GZ 5 R 164/88-10, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 7.November 1988, GZ 5 Cg 234/88-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben. Der angefochtene Beschluß wird im Sinne einer Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abgeändert.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 10.308,60 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin enthalten 1.718,10 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin, eine Handelsgesellschaft, führte in ihrer Klage aus, bei der beklagten Partei am 12.Januar 1988 eine - mit gegengezeichnetem Brief vom 8.Februar 1988 erhöhte - Menge an Mitte Juni 1988 auszuliefernden Damenkurzarmblusen bestellt zu haben, von welchem Vertrag sie nach fruchlosem Verstreichen einer bis 29.Juni 1988 gesetzten Nachfrist wegen Lieferverzuges der beklagten Partei zurückgetreten sei. Die säumige Vertragspartnerin schulde ihr den Ersatz des mit 349.753,44 S bezifferten Nichterfüllungsschadens. In ihrer am 11.Juli 1988 angebrachten Klage bezeichnete die Klägerin die beklagte Partei in folgender Weise:

"Firma H*** Kleiderfabrikation, Ossiacherstraße 2 c, 9523 Landskron Antonia H***".

Das Prozeßgericht richtete seinen Rückscheinbrief mit der Klagsgleichschrift und der Aufforderung zur Beantwortung der Klage an "H*** Kleiderfabrikation Ossiacherstr. 2 c 9523 Landskron". Wer diese Gerichtssendung am 14.Juli 1988 als Empfänger übernahm, kann der auf den Rückschein gesetzten Unterschrift allein nicht entnommen werden.

Die Klagebeantwortung erstattete

"Antonia H*** Pensionistin Ossiacher-Straße 2 c 9523

Landskron".

Als Beklagte wendete sie unter anderem ein, den in der Klage behaupteten Liefervertrag mit der Klägerin nicht geschlossen zu haben. Sie habe das Kleidererzeugungsunternehmen mit Wirkung vom 1. Januar 1988 ihrem Sohn Daniel H*** übereignet und sei seit diesem Zeitpunkt Pensionistin.

Hierauf beantragte die Klägerin, die Bezeichnung der beklagten Partei auf

"Firma H*** Kleiderfabrikation, Ossiacherstraße 2 c, 9523 Landskron, Inhaber Daniel H***"

richtigzustellen und die Klagsgleichschrift zu Handen des genannten

Inhabers zuzustellen.

Dazu führte die Klägerin wörtlich aus:

"Zur unrichtigen Bezeichnung des Inhabers der Firma, die stets die beklagte Partei war, kam es dadurch, daß die klagende Partei zunächst feststellte, daß die Firma der beklagten Partei im Handelsregister nicht registriert ist. Eine Auskunft am 8.7.1988 bei der zuständigen Handelskammer Villach ergab, daß die Gewerbeberechtigung auf Antonia H***, Maßatelier und Kleiderfabrikation, Ossiacherstraße 2 c, 9523 Landskron lautete. Daraus leitete die klagende Partei ab, daß Inhaber der Firma H*** Kleiderfabrikation, Ossiacherstraße 2 c, 9523 Landskron, Frau Antonia H*** sein würde. Durch das Vorbringen in der Klagebeantwortung ist klar geworden, daß der Inhaber dieser Firma Daniel H*** ist."

Die Beklagte sprach sich gegen diesen Antrag aus, da er der Sache nach auf einen unzulässigen Parteienwechsel hinausliefe. Das Prozeßgericht erster Instanz wies den Antrag der Klägerin ab, weil eine andere Rechtsperson als die durch die Klagsangaben bezeichnete als beklagte Partei in den Rechtsstreit eingeführt werden sollte.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß derart ab, daß die Bezeichnung der beklagten Partei in

"Daniel H***, Inhaber der nicht protokollierten Firma H*** Kleiderfabrikation, Ossiacherstraße 2 c, 9523 Landskron" richtiggestellt werde. Gleichzeitig hob das Rekursgericht das bisher mit Antonia H*** abgeführte Verfahren einschließlich der Klagszustellung als nichtig auf.

Rechtliche Beurteilung

Der von Antonia H*** gegen die Rekursentscheidung erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die Klägerin hat nach ihren eigenen Klagsbehauptungen am 12. Januar 1988 mit dem Inhaber eines gewerblichen Erzeugungsbetriebes einen Kaufvertrag abgeschlossen, den dieser Vertragspartner trotz Nachfristsetzung nicht zugehalten habe, so daß die Klägerin vom Vertrag zurückgetreten sei. Die Klägerin behauptet einen Schaden aus der Nichterfüllung des Vertrages und verfolgt deswegen Schadensansprüche gegen ihren Vertragspartner. Über dessen Identität hat sie sich bei Vertragsabschluß offenbar nicht näher vergewissert und sich damit begnügt, daß ihr Vertragspartner im geschäftlichen Verkehr unter einer aus einem Familiennamen und dem Wort "Kleiderfabrikation" gewählten Bezeichnung auftrat. Vor der Klageerhebung stellte die Klägerin nach ihrem eigenen Antragsvorbringen fest, daß es sich bei der Bezeichnung ihres Vertragspartners um keine im Handelsregister eingetragene Firma gehandelt habe. Die Klägerin erhob, daß eine Frau unter der Unternehmensanschrift Trägerin der Gewerbeberechtigung sei, und folgerte daraus, daß diese Frau auch als Inhaberin des Unternehmens ihre Vertragspartnerin gewesen sei. In dieser Annahme bezeichnete die Klägerin ihre Prozeßgegnerin in der Klage als

"Firma ...." (Familienname ... "Kleiderfabrikation ..."

(Anschrift). Fügte dem aber den Vornamen und den Familiennamen der als Trägerin der Gewerbeberechtigung erhobenen Frau an. Erst nachdem diese Frau in ihrer Klagebeantwortung behauptete, das Unternehmen mit Wirkung vom Jahresbeginn 1988 ihrem Sohn übereignet zu haben, und damit jede Vertragsbeziehung zwischen ihr und der Klägerin und damit auch jede Haftung für den geltend gemachten Nichterfüllungsschaden bestritt, beantragte die Klägerin eine Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Partei in der Weise, daß anstelle des Vor- und Zunamens der in der Klage bezeichneten Frau nach der Bezeichnung "Inhaber" der Vor- und Zuname ihres Sohnes gesetzt werde.

Daß nach dem Klagsvorbringen der von der Klägerin geltend gemachte Schadenersatzanspruch materiellrechtlich nur gegen den Vertragspartner der Klägerin bestehen könnte, nicht aber gegen den Rechtsvorgänger eines Betriebsübernehmers, ist eine Frage der Sachlegitimation. Welche Person durch die Klage in das Prozeßrechtsverhältnis hineingezogen werden soll, muß nach den entsprechenden Angaben der Klageschrift bestimmt werden. Dazu hat die Klägerin mit ihrem Antragsvorbringen selbst in unzweifelhafter Weise dargelegt, daß ihr durch ihre Folgerung aus der Auskunft über den Gewerberechtsträger ein Irrtum über den Unternehmenseigentümer am Tage des Vertragsabschlusses und damit über den Vertragspartner unterlaufen sei.

Existieren Überträger und Übernehmer eines Unternehmens (hier: Mutter und Sohn) an dessen Geschäftsanschrift im Zeitpunkt der Erhebung der Klage gegen den Unternehmensinhaber als Vertragspartner der klagenden Partei, dann liegt in der namentlichen Bezeichnung des Überträgers (hier der Mutter) als Beklagte eine verfahrensrechtliche eindeutige Parteienbezeichnung vor, die objektiv lediglich darin unrichtig ist, daß es sich nicht um die derzeitige, sondern um die ehemalige Inhaberin des unter einer nicht protokollierten Firma geführten Unternehmens handelt. In der Ersetzung dieser namentlich eindeutig bezeichneten Person durch den des Unternehmensübernehmers (hier: namentlich bezeichneter Sohn) läge ein Parteiwechsel. Ein solcher sollte auch durch die mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingeführte Bestimmung des § 235 Abs.5 ZPO nicht zugelassen werden (vgl. die Regierungsvorlage 669 BlgNR XV.GP, 53 Erläuterungen zu Z 31 vorletzter Absatz). Ein unzulässiger Parteienwechsel ist immer dann anzunehmen, wenn unter den vom Kläger in die Klage aufgenommenen Angaben zur Kennzeichnung des Prozeßgegners, vornehmlich also durch die Bezeichnung gemäß § 75 Z 1 ZPO, objektiv eine bestimmte Rechtsperson individualisiert erscheint, an deren Stelle aber eine andere Person in die Parteistellung einrücken soll.

Hätte der von der Klägerin zur Bezeichnung der beklagten Partei angeführte zweigliedrige Ausdruck, dem das Wort Firma vorangestellt wurde, als Handelsname eine eindeutige Kennzeichnungskraft in Ansehung einer von der mit Vor- und Zunamen bezeichneten verschiedenen Rechtsperson gehabt, wäre eine aufzuklärende, in sich widersprüchliche Überbestimmung vorgelegen. Nach dem Antragsvorbringen wußte die Klägerin aber, daß unter der von ihr gebrauchten Bezeichnung keine Rechtsperson im Handelsregister eingetragen war und nahm - was sich nachträglich als Irrtum erwies - an, daß die mit Vor- und Zunamen bezeichnete Trägerin der Gewerbeberechtigung Unternehmensinhaberin sei und auch am Tage des in der Klagserzählung geschilderten Vertragsabschlusses gewesen sei. Damit erweist sich der zweigliedrige Ausdruck nach dem Wort Firma verfahrensrechtlich ausschließlich als unzutreffende Angabe der Beschäftigung der beklagten Partei, eindeutige Identifizierungskraft kommt allein der namentlichen Bezeichnung zu.

Auf die Tatsache eines unzulässigen Parteienwechsels (vgl. dazu etwa EvBl 1973/281 und SZ 54/61) weist nicht zuletzt die vom Berufungsgericht als notwendig angesehene Folgerung, das bisher gegen die Mutter geführte Verfahren für nichtig zu erklären und das klageweise erhobene Rechtsschutzbegehren gegen den Sohn durch Zustellung der Klagsgleichschrift an ihn erst streitanhängig werden zu lassen, ohne daß nach der Aktenlage der Mutter der verfahrensrechtliche Vorwurf gemacht werden könnte, sich in den Rechtsstreit eingedrängt zu haben. Hat sie doch bereits in ihrer Klagebeantwortung den Sachverhalt aus ihrer Sicht voll aufgedeckt. Der Klägerin unterlief ein Fehler in ihrer Prozeßvorbereitung. Sie bezeichnete für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch nach den Klagsbehauptungen in Verbindung mit den Antragsbehauptungen als Prozeßgegnerin eine materiell passiv nicht legitimierte Person. Diese mußte sich zur Abwehr eines drohenden Versäumungsurteiles gegen sie in den Prozeß einlassen und hat bei erster Gelegenheit die Verhältnisse zur passiven Antragslegitimation aufgedeckt. Sie hat Anspruch auf Rücknahme der gegen sie erhobenen Klage unter Anspruchsverzicht oder auf Sachentscheidung. Die Klägerin hat gegen den Sohn der Beklagten eine neue, die Pauschalgebührenpflicht auslösende Klage einzubringen. Der Fall, daß ungeachtet einer eine andere Rechtsperson treffende Bezeichnung sich die von der klagenden Partei als passiv legitimiert angesehene Person tatsächlich in den Rechtsstreit eingelassen hat (RdW 1985, 213; vgl. auch GesRZ 1977, 30), liegt nicht vor.

In Stattgebung des Revisionsrekurses der beklagten Partei war der erstinstanzliche Beschluß wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 und 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte