Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Soweit das Rekursgericht den Beschluß vom 3. März 1989, A 85/87-49, abgeändert hat, wird die erstgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt.
Soweit die Entscheidung des Rekursgerichtes den Beschluß des Erstgerichtes vom 12. Jänner 1988, A 85/87-34, betrifft, wird sie dahin abgeändert, daß der Rekurs des Masseverwalters gegen diesen Beschluß zurückgewiesen wird.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 12. Jänner 1988, A 85/87-34, hat das Erstgericht die Gebühren des Gerichtskommissärs Dr. Arnold L*** in der oben erwähnten Verlassenschaftssache mit 53.506,80 S bestimmt. Dieser Beschluß wurde der damals wirksam bestellten Verlassenschaftskuratorin Ida T*** am 14. Jänner 1988 zugestellt.
Mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 19. Jänner 1988, S 2/88, wurde über das Vermögen der Verlassenschaft nach Adolf Paul B*** das Konkursverfahren eröffnet. Zum Masseverwalter wurde Dr. Adolf C*** bestellt.
Da gegen den Beschluß vom 12. Jänner 1988 innerhalb der Rekursfrist kein Rechtsmittel erhoben worden war, hat das Erstgericht am 10. Jänner 1989 diesen Beschluß für "rechtskräftig und vollstreckbar" erklärt.
Am 22. Februar 1989 beantragte der Masseverwalter die Aufhebung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung. Gleichzeitig stellte er den Antrag, ihm den Beschluß vom 12. Jänner 1988 zuzustellen. Am selben Tag erhob er Rekurs gegen den Beschluß vom 12. Jänner 1988.
Mit Beschluß vom 3. März 1989, A 85/87-49, hat das Erstgericht den Antrag auf Aufhebung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung und auf Zustellung des Beschlusses vom 12. Jänner 1988 abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Rekursgericht die erstgerichtliche Entscheidung bezüglich der Aufhebung der Rechtskraftbestätigung bestätigt, jedoch dem Rekurs des Masseverwalters dahin Folge gegeben, daß die Vollstreckbarkeitsbestätigung des Beschlusses vom 12. Jänner 1988 aufgehoben wurde. Schließlich hat es den Beschluß vom 12. Jänner 1988 aufgehoben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung damit, daß eine Aufhebung der Rechtskraftbestätigung im Gesetz nicht vorgesehen sei. Im übrigen aber komme eine Vollstreckbarkeitsbestätigung deshalb nicht in Frage, weil zwar ein außerstreitiges Verfahren durch die Konkurseröffnung nicht unterbrochen werde, der Masseverwalter im Konkurs über eine Verlassenschaft jedoch nach Konkurseröffnung und vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Erhebung eines Rechtsmittels berechtigt sei. Es müsse ihm daher die entsprechende Entscheidung zugestellt werden. Der Masseverwalter wäre daher zur Erhebung eines Rekurses gegen den Beschluß vom 12. Jänner 1988 berechtigt gewesen. Da dieser Beschluß keinerlei Begründung enthalte, sei er gemäß § 477 Z 9 ZPO nichtig.
Dr. Arnold L*** bekämpft diesen Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs. Dessen Zulässigkeit ergibt sich daraus, daß eine abändernde Entscheidung vorliegt, die nicht die Bestimmung von Kosten betrifft, sondern zum Nachteil des Rekurswerbers einen Eingriff in die Rechtskraft einer zugunsten des Rekurswerbers ergangenen Entscheidung darstellt.
Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Richtig haben beide Vorinstanzen erkannt, daß gemäß § 7 Abs 1 KO nur Rechtsstreitigkeiten unterbrochen werden, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist. Darunter fallen also nicht außerstreitige Verfahren (Bartsch-Pollak, KO3 74, Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 471, Wegan, Insolvenzrecht, 95). Das führt aber dazu, daß durch die Konkurseröffnung bereits laufende Rechtsmittelfristen nicht verlängert werden. Die Verlängerung von Rechtsmittelfristen ist aus § 163 ZPO abzuleiten, der sich nur auf unterbrochene Verfahren bezieht. Wird durch den Konkurs ein Verfahren nicht unterbrochen, so ist auch § 163 ZPO nicht anwendbar. Geht man daher von einer ordnungsgemäßen Zustellung des Beschlusses vom 12. Jänner 1988 an die Verlassenschaftskuratorin aus, so war die Rekursfrist zum Zeitpunkt der Erhebung eines Rekurses durch den Masseverwalter längst abgelaufen. Diesfalls stünde die fehlende Rechtskraft einer Vollstreckbarkeitsbestätigung nicht entgegen.
Das Rekursgericht übersieht, daß selbst in streitigen Verfahren neuerliche Zustellungen an den Masseverwalter auch dann nicht vorgesehen sind, wenn nach Erhebung eines Rechtsmittels der Partei vor Konkurseröffnung innerhalb der Rechtsmittelfrist eine Konkurseröffnung erfolgt ist. Jene Entscheidungen, die sich mit der Unterbrechungswirkung im Revisionsverfahren beschäftigen und die daher naturgemäß nur für das streitige Verfahren gelten (EvBl 1982/119, SZ 59/45, SZ 56/32 ua.), führen nur aus, daß über von der Partei vor Eröffnung des Konkurses eingebrachte Revisionen dann nicht zu entscheiden ist, wenn vor der Entscheidung der Konkurs eröffnet wurde. Dies führt keinesfalls dazu, daß die angefochtene Entscheidung neuerlich an den Masseverwalter zugestellt werden muß. Umsoweniger kann dies aber in Verfahren gelten, in denen durch die Konkurseröffnung überhaupt keine Unterbrechung eintritt. Selbstverständlich erlangt der Masseverwalter durch die Konkurseröffnung die Legitimation, die Konkursmasse in sie betreffenden Angelegenheiten zu vertreten und diesbezüglich Rechtsmittel zu erheben. Diese Legitimation erlangt er aber erst mit der Wirkung der Konkurseröffnung, also gemäß § 2 Abs 1 KO um Null Uhr jenes Tages, an dem das Konkursedikt an der Amtstafel des Konkursgerichtes angeschlagen wird (Fasching II, 778). Rechtshandlungen und gerichtliche Akte, die bis dahin wirkungsvoll gesetzt worden sind, müssen demnach nicht wiederholt werden. War also für eine Partei (hier Verlassenschaft) ein Vertreter wirksam bestellt (im Verlassenschaftsverfahren ein Verlassenschaftskurator) und ist noch vor Eröffnung des Konkurses die Zustellung eines Beschlusses an diesen Vertreter erfolgt, so handelt es sich um eine wirksame Zustellung, die nach Konkurseröffnung nicht wiederholt werden muß. Handelt es sich hiebei um ein Verfahren, in dem die Unterbrechungswirkung des § 7 KO nicht eintritt, so laufen die Rechtsmittelfristen auch nach der Konkurseröffnung weiter. Wurde daher vom bisherigen Vertreter ein Rechtsmittel gegen eine gerichtliche Entscheidung, die diesem Vertreter noch vor Konkurseröffnung zugestellt worden ist, nicht erhoben, so kann nach Konkurseröffnung der Masseverwalter selbst ein Rechtsmittel einbringen, jedoch ist er infolge Nichtgeltung der Bestimmung des § 163 ZPO an die ursprünglichen Rechtsmittelfristen gebunden. Er kann daher im außerstreitigen Verfahren außerhalb der Rechtsmittelfrist ein Rechtsmittel nur mehr unter den Voraussetzungen des § 11 Abs 2 AußStrG erheben. Ein derartiges Rechtsmittel scheitert aber hier daran, daß durch den Beschluß vom 12. Jänner 1988 dem nunmehrigen Rechtsmittelwerber Rechte erwachsen sind.
Geht man von den aufgezeigten Grundsätzen aus, so erweist sich der Rekurs des Masseverwalters gegen den Beschluß vom 12. Jänner 1988 als verspätet. Dieser Rekurs war daher zurückzuweisen.
War aber der Rekurs des Masseverwalters gegen den oben erwähnten Beschluß infolge Verspätung unbeachtlich, so konnte der Antrag des Masseverwalters auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung nicht mehr zum Ziel führen. Daß der Masseverwalter keinen Anspruch auf Zustellung der Entscheidung vom 12. Jänner 1988 hat, wurde bereits oben dargelegt.
Inwieweit andere Bestimmungen der Konkursordnung (etwa § 6 Abs 1 KO) der Durchsetzung des dem nunmehrigen Rekurswerber mit Beschluß vom 12. Jänner 1988 zuerkannten Forderung entgegenstehen, war im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels nicht zu untersuchen.
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