OGH 2Ob150/88

OGH2Ob150/8825.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria W***, Landwirtin, Gries 1, 5134 Schwand, vertreten durch Dr. Hans Estermann und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in Mattighofen, wider die beklagte Partei WIENER S*** W*** V***,

Schottenring 30 (Ringturm), 1010 Wien, vertreten durch Dr. Robert Mayrhofer, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen S 98.435,79 s.A. und Feststellung (S 1.000,--), Revisionsstreitwert S 68.910,05, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2. August 1988, GZ 2 R 93/88-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 7. Jänner 1988, GZ 5 Cg 94/87-7, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 308,85, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Alois W*** verschuldete am 23.12.1984 als Halter und Lenker des PKW mit dem Kennzeichen O 340.783 - die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer dieses Kraftfahrzeuges - auf der Unterradenberger Bezirksstraße in Oberösterreich einen Verkehrsunfall, bei dem er selbst ums Leben kam und auch die auf dem Beifahrersitz mitfahrende Tochter der Klägerin Josefine W*** getötet wurde. Josefine W*** hatte eine am 24.1.1984 unehelich geborene Tochter namens Eva Maria W***, deren Vater Alois W*** war.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 98.435,79 sA; überdies begehrte sie die Feststellung, daß ihr die Beklagte im Rahmen der Haftpflichtversicherungssumme für den Ersatz der Pflegeleistungen, die sie gegenüber der am 24.1.1984 geborenen Eva Maria W*** erbringt, zu haften hat.

Die Klägerin stützte ihr Begehren im wesentlichen darauf, daß im Zeitpunkt des Todes ihrer Tochter deren Tochter Eva Maria W***, die Enkelin der Klägerin, 11 Monate alt gewesen sei. Da die verunglückte Tochter der Klägerin im Familienverband ihrer Eltern gelebt habe, sei es naheliegend gewesen, daß die Klägerin als Großmutter sofort die Pflege und Erziehung ihres Enkelkindes übernommen habe, das schließlich mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes auch in Pflege der Klägerin verblieben sei. Seit dem Unfallstag habe die Klägerin unter Mithilfe ihres Ehegatten und ihrer weiteren großjährigen Tochter Maria W*** jun. das Kind gepflegt und erzogen. Diese Personen hätten ihnen allenfalls zustehende Ersatzansprüche der Klägerin abgetreten. Der Klägerin stehe aus dem Titel des Schadenersatzes und der Bereicherung der Ersatz der erbrachten Pflegeleistungen gegen den Schädiger bzw dessen Haftpflichtversicherer zu.

Die erbrachten Pflegeleistungen hätten täglich zumindest drei Stunden beansprucht. Bei einem angemessenen Stundenlohn von S 50,-- ergebe sich daraus ein der Klägerin zustehender Betrag von S 4.500,-- monatlich, von dem die von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern der Enkelin der Klägerin geleistete Rente von monatlich S 854,23 abzuziehen sei. Der der Klägerin zu ersetzende Pflegekostenaufwand betrage daher monatlich S 3.645,77 und damit für die Zeit von Jänner 1985 bis März 1987 (27 Monate) S 98.435,79. Im Hinblick auf die Notwendigkeit künftiger Pflegeleistungen und die Möglichkeit der Verjährung künftiger Ansprüche bestehe ein rechtliches Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung. Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, daß der Klägerin die aktive Klagslegitimation fehle. Amtsvormund der mj Eva Maria W*** sei die Bezirkshauptmannschaft Braunau. Das Kind beziehe Waisenpensionen von monatlich S 5.069,36; dieser Betrag liege über dem für alle Unterhalts- und Pflegeleistungen erforderlichen Deckungsfonds, sodaß das Klagebegehren dem Grund und der Höhe nach nicht zu Recht bestehe. Die Klägerin habe kein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige Ansprüche. Sie habe die Möglichkeit, die dem Kind zukommenden Pensionsleistungen für dessen Unterhalt zu verwenden. Soweit sie davon nicht Gebrauch mache, verstoße sie gegen ihre Schadensminderungspflicht.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die am 24.1.1984 geborene Eva Maria W*** verblieb nach dem Tod ihrer Mutter - so wie bisher - im Familienverband der Klägerin und ihres Ehegatten Josef W***. Josefine W*** wohnte bis zu ihrem Tod am 23.12.1984 mit ihrem Kleinkind im Haus ihrer Eltern. Sie half in der Landwirtschaft der Klägerin mit und war auch bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern angemeldet.

Nach dem Tod der Josefine W*** wurde die Pflege und Erziehung der mj Eva Maria der Klägerin und ihrem Ehegatten zuerkannt. Amtsvormund des Kindes blieb weiterhin die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, der auch die Vermögensobsorge zukommt. Der beim Verkehrsunfall vom 23.12.1984 gleichfalls tödlich verunglückte Alois W*** war als außerehelicher Vater der mj Eva Maria zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 1.500,-- verpflichtet worden.

Die mj Eva Maria erhält seit dem 23.12.1984 aus dem Versicherungsfall des Todes nach Josefine W*** gemäß dem § 129 BSVG von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine monatliche Waisenpension von S 732,20 (14-mal jährlich). Ihre Höhe betrug im Jahr 1986 monatlich S 757,80 und seit 1.1.1987 monatlich S 786,70. Einschließlich der Sonderzahlungen erhielt sie im Zeitraum von Jänner 1985 bis einschließlich März 1987 von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern Waisenpension im Gesamtumfang von S 23.220,20.

Seit 23.12.1984 erhält sie weiters von der PVA der Arbeiter aus dem Versicherungsfall des Todes nach Alois W*** gemäß § 260 ASVG eine monatliche Waisenpension von S 2.584,60; sie betrug im Jahr 1986 monatlich S 2.674,90 und ab 1.1.1987 monatlich S 2.776,50. Einschließlich der Sonderzahlungen erhielt die mj Eva Maria von der PVA der Arbeiter im Zeitraum von Jänner 1985 bis einschließlich März 1987 an Waisenpension insgesamt S 81.959,70.

Die Summe beider Waisenpensionen beträgt im angeführten Zeitraum insgesamt S 105.179,90.

Seit dem Tod der Josefine W*** bezieht die Klägerin die Familienbeihilfe für die mj Eva Maria.

Die beiden Waisenpensionen werden monatlich auf ein Konto der R*** S***, lautend auf den Namen der Minderjährigen, überwiesen und stünden zur Gänze der Klägerin zur Verfügung. Weder sie noch ihr Ehemann haben jemals von diesen Geldern Abhebungen getätigt, weil sie sie bislang noch nicht benötigt haben. Würde von den Ehegatten W*** an die Bezirkshauptmannschaft Braunau der Antrag gestellt, ihnen diese Gelder für die Pflege und Erziehung des Kindes zur Verfügung zu stellen, würde dem seitens des Amtsvormundes zur Gänze zugestimmt werden. Da bislang derartiges nicht beantragt wurde, wurden diese Gelder im Einvernehmen mit den Ehegatten W*** in allen möglichen Sparformen veranlagt. Um bestmögliche Verzinsung zu erreichen, wurden zum Teil zeitliche Bindungen eingegangen. Zur Zeit besteht ein Sparguthaben der mj Eva Maria im Betrag von rund S 200.000,--.

Die Klägerin hat Leistungen nach der OÖ. Sozialhilfeverordnung nicht verlangt. Nach dieser Sozialhilfeverordnung hätte sie Anspruch auf finanzielle Leistungen für die Pflege und Erziehung der mj Eva Maria. Eine solche Antragstellung der Klägerin ist bislang deshalb unterblieben, weil sie befürchtet, bei Inanspruchnahme derartiger Leistungen zum Rückersatz herangezogen zu werden.

Der Pflegeaufwand der Klägerin für die mj Eva Maria beträgt täglich etwa drei Stunden. Der dafür angemessene Stundenlohn beträgt S 50,--. Darüber hinaus werden teilweise Pflegeleistungen auch von der Tochter der Klägerin Maria W*** jun. und ihrem Ehegatten Josef W*** erbracht. Weder Josef W*** noch ihre Tochter haben Ansprüche aus Pflegeleistungen für die mj Eva Maria an die Klägerin abgetreten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, der Ersatzanspruch eines Kindes nach Tötung seiner Mutter umfasse gemäß § 1327 ABGB neben den zur Deckung seines Unterhalts erbrachten Bar- und Sachleistungen auch die entgangenen Pflegeleistungen. Auf den gesamten Entgang des hinterbliebenen Kindes seien allerdings die kongruenten Leistungen der Sozialversicherungsträger in Anrechnung zu bringen. Im Umfang dieser Leistungen trete gemäß § 332 Abs 1 ASVG ein Übergang der Schadenersatzansprüche des Hinterbliebenen auf den Versicherungsträger ein. Die Leistungen der Versicherungsträger zur Waisenversorgung dienten nicht nur dem Ausgleich des Entfalles des Arbeitseinkommens des getöteten Versicherten, sondern trügen schlechthin der erhöhten Hilfsbedürftigkeit verwaister Kinder Rechnung. Die Waisenpension solle demnach auch den Entgang von Pflegeleistungen ausgleichen. Die von der PVA der Arbeiter und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern geleisteten Waisenpensionen seien daher, da neben der sachlichen auch zeitliche Kongruenz gegeben sei, auf die Ansprüche des Kindes aus entgangenen Pflegeleistungen voll anzurechnen. Zufolge der im Umfang der Waisenpensionen gemäß § 332 Abs 1 ASVG eingetretenen Legalzession könne sich die Klägerin in diesem Umfang nicht auf § 1042 ABGB stützen; es mangle ihr diesbezüglich an der aktiven Klagslegitimation. Daß die Klägerin die Leistungen der Sozialversicherungsträger tatsächlich nicht in Anspruch nehme, ändere daran nichts, zumal sie für die Nichtinanspruchnahme der Waisenpensionen keinen triftigen Grund angeführt habe. Als Großmutter sei die Klägerin gegenüber der mj Eva Maria subsidiär unterhaltspflichtig. Da sie ihre Pflegeleistungen nach dem Tod der Eltern des Kindes im Rahmen dieser Unterhaltspflicht erbracht habe, fehle es grundsätzlich an den Voraussetzungen eines Rückforderungsanspruches nach § 1042 ABGB. Das Klagebegehren sei daher auch hinsichtlich des noch verbliebenen restlichen Betrages von S 16.320,10 (Differenz zwischen den bei einem dreistündigen Pflegeaufwand pro Tag bei einem Stundenlohn von S 50,-- in 27 Monaten aufgelaufenen Kosten von S 121.500,-- und den im selben Zeitraum an Waisenpensionen erbrachten Leistungen der Sozialversicherungsträger von insgesamt S 105.179,90) als unberechtigt abzuweisen. Gleiches gelte für das Feststellungsbegehren.

Der gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes, die es bezüglich des Feststellungsbegehrens bestätigte, hinsichtlich des Leistungsbegehrens dahin ab, daß es der Klägerin einen Betrag von S 68.910,05 sA zusprach und ihr auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 29.525,74 sA gerichtetes Mehrbegehren abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des von der Bestätigung umfaßten Streitgegenstandes S 60.000,-- und der Wert des Streitgegenstandes, über den es insgesamt entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.

Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus, § 1327 ABGB gewähre bei Tötung eines Menschen den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetz zu sorgen hatte, Anspruch auf Ersatz des entzogenen Unterhalts. Dieser Ersatzanspruch umfasse nicht nur die entgangenen zur Deckung des Unterhalts erbrachten Bar- und Sachleistungen, sondern auch die entgangenen Pflegeleistungen. Ersatzansprüche nach § 1327 ABGB seien vom betroffenen Unterhaltsberechtigten selbst geltend zu machen. Für die Klägerin komme nur ein Anspruch nach § 1042 ABGB in Betracht. Soweit sie durch die Erbringung von Pflegeleistungen für ihre Enkelin deren diesbezügliche Ansprüche gegenüber der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Schädigers befriedigt habe, könne sie nach dieser Gesetzesstelle von der Beklagten Ersatz fordern. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, daß die mj Eva Maria infolge des Todes ihrer Eltern Waisenpensionen von Sozialversicherungsträgern erhalte. Die Schadenersatzansprüche des Kindes gegen den beklagten Haftpflichtversicherer im Sinne des § 1327 ABGB bildeten einen Deckungsfonds für die von der PVA der Arbeiter und der Sozialversicherungsanstalt der Bauern erbrachten Leistungen, soweit Kongruenz zwischen den Ansprüchen des Kindes und den ihm geleisteten Waisenpensionen gegeben sei. In diesem Umfang sei der Ersatzanspruch des Kindes gemäß § 332 Abs 1 ASVG auf die Sozialversicherungsträger übergegangen. Soweit also die Unterhaltsforderung des Kindes durch die Waisenpensionen der Sozialversicherungsträger gedeckt werde (soweit sachliche und zeitliche Kongruenz gegeben sei), verhindere die Legalzession nach § 332 Abs 1 ASVG die Geltendmachung dieser Ersatzansprüche durch das Kind und liege daher auch keine Anspruchslegitimation der Klägerin vor.

Leistungen des Versicherungsträgers zur Waisenversorgung bezweckten nicht nur den Ausgleich des Entfalls des Arbeitseinkommens des getöteten Versicherten, sondern sollten schlechthin der erhöhten Hilfsbedürftigkeit verwaister Kinder Rechnung tragen. Es bestehe daher kein Anlaß, den Deckungsfonds für die Leistungen der Versicherungsträger an Waisenpensionen auf die Schadenersatzansprüche der Waisen wegen entgangener Unterhaltsleistungen in Form von Bar- oder Sachleistungen zu beschränken.

Ebensowenig könne aber der Ansicht des Erstgerichtes gefolgt werden, der betreffende Deckungsfonds umfasse ausschließlich die Ansprüche des Kindes wegen entgangener Pflegeleistungen. Vielmehr würden durch die Waisenpensionen sowohl die Bar- und Sachleistungen (insbesondere der Wohnungsaufwand) als auch die entgangenen Pflegeleistungen abgedeckt. Der Anspruch der Enkelin der Klägerin auf Ersatz der Pflegekosten sei daher um den Betrag an Waisenpensionen zu kürzen, der über die dem Kind von seinen Eltern erbrachten Bar- und Sachleistungen hinausgehe; insoweit sei auch die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 1042 ABGB durch die Klägerin ausgeschlossen.

Feststellungen darüber, wie hoch die Bar- und Sachleistungen für die mj Eva Maria im einzelnen gewesen seien, habe das Erstgericht unterlassen. Es könne allerdings schon auf Grund von Erfahrungswerten mit ausreichender Sicherheit angenommen werden, daß der von der Klägerin in ihrer Berufung für einen Zeitraum von 27 Monaten dafür veranschlagte Betrag von S 52.589,95 nicht zu hoch gegriffen sei. Es entspreche dies einer Leistung von knapp S 1.950,-- im Monat, einem Betrag, der zur Deckung aller Bedürfnisse des Kindes für Nahrung und Kleidung zweifellos aufgewendet habe werden müssen. Es könne also davon ausgegangen werden, daß (zumindest) die Hälfte der Waisenpensionen notwendig sei, um den Entgang der mj Eva Maria an Bar- und Sachleistungen abzudecken und demnach nur ein Betrag von S 52.589,95 für die Abgeltung der Pflegeleistungen verbleibe. Zufolge der Legalzession nach § 332 Abs 1 ASVG werde der Ersatzanspruch des Kindes betreffend den Entgang an Pflegeleistungen (und damit auch der Anspruch der Klägerin gemäß § 1042 ABGB) daher um diesen Betrag vermindert. Unter Zugrundelegung des festgestellten täglichen Aufwandes von S 150,-- errechne sich die Pflegeleistung der Klägerin bis einschließlich März 1987 mit S 121.500,--. Nach Abzug des dem Kind in Form von Waisenpensionen zugekommenen Betrages von S 52.589,95 mit Widmung für Pflegeleistungen verbleibe demnach ein Betrag von S 68.910,05, der jenen Teil der bereits erbrachten Pflegeleistungen der Klägerin darstelle, dessen Ersatz das Kind von der Beklagten zu fordern legitimiert wäre und den daher auch die Klägerin gemäß § 1042 ABGB von der Beklagten berechtigterweise ersetzt verlange. Da die Schadenersatzpflicht einer durch den Tod des primär Unterhaltspflichtigen ausgelösten subsidiären Unterhaltspflicht vorgehe, könne die Klägerin ungeachtet einer allfälligen nach dem Tod der Eltern ihrer Enkelin eingetretenen eigenen Unterhaltsverpflichtung auf die Haftpflichtversicherung des Schädigers nach § 1042 ABGB zurückgreifen.

Die Frage des Rückforderungswillens der Klägerin hinsichtlich der in Rede stehenden Leistungen sei im Berufungsverfahren nicht mehr zu stellen, weil die diesbezüglich beweispflichtige Beklagte eine Behauptung, der Klägerin habe der animus obligandi gefehlt, in erster Instanz nicht einmal aufgestellt, geschweige denn unter Beweis gestellt habe.

Das Leistungsbegehren der Klägerin sei daher mit S 68.910,05 samt gesetzlichen Zinsen ab Klagstag gerechtfertigt. Unberechtigt sei hingegen das Feststellungsbegehren. Da ein Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB eine bereits geleistete Zahlung oder zumindest das Eingehen einer Verbindlichkeit voraussetze, sei eine auf Ansprüche nach § 1042 ABGB gestützte Feststellungsklage nicht möglich. Im übrigen verjährten Ansprüche nach § 1042 ABGB gemäß § 1479 ABGB nach 30 Jahren. Da Verwendungsansprüche jeweils erst mit der Leistung entstünden, sei von vornherein die Notwendigkeit der Feststellung der Haftung zur Hintanhaltung der Verjährung solcher Ansprüche nicht gegeben.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft sie in ihrem klagsstattgebenden Teil aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Meinung der Beklagten im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig; sachlich ist sie allerdings nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit die Beklagte in ihrer Rechtsrüge in im Revisionsverfahren unzulässiger Weise Neuerungen geltend macht (Erbenqualität der Klägerin oder ihres Enkelkindes nach dessen getöteter Mutter, Vereinbarungen über Pflegeleistungen der Klägerin), ist darauf nicht einzugehen.

Der Schadenersatzanspruch eines Kindes nach Tötung seiner Mutter im Sinne des § 1327 ABGB umfaßt auch den Ersatz des durch den Entgang der Pflegeleistungen der Mutter entstandenen Schadens (SZ 53/113 mwN). Der Entgang von Bar-, Sach- und Pflegeleistungen des getöteten Unterhaltspflichtigen begründet nicht Ansprüche mit selbständigem rechtlichen Schicksal; es handelt sich hier nur um Posten eines einheitlichen Gesamtentganges des Hinterbliebenen. Der diesbezügliche Schadenersatzanspruch des Hinterbliebenen geht im Rahmen der Kongruenz auf den Sozialversicherungsträger über, soweit dieser entsprechende Leistungen zu erbringen hat (SZ 54/24 mwN). Bei der Berechnung des Entganges eines Kindes im Sinne des § 1327 ABGB ist die Familienbeihilfe außer Betracht zu lassen, wenn sie vor und nach dem Unfall für das Kind bezogen wird (SZ 42/106; SZ 54/24 ua). Es entspricht Lehre und Rechtsprechung, daß derjenige, der ohne eigene Verpflichtung Schadenersatzansprüche eines anderen aus einem Verkehrsunfall befriedigt hat, gegen den Haftpflichtigen einen Regreßanspruch im Sinne des § 1042 ABGB geltend machen kann (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 159; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 15 zu § 1327; SZ 40/56; VersR 1972, 1132; VersR 1975, 747; ZVR 1984/93 ua). Der Schadenersatzanspruch eines Hinterbliebenen nach § 1327 ABGB wird nicht dadurch berührt, daß statt des Getöteten ein subsidiär Unterhaltspflichtiger Unterhalt leistet. Dies wird im § 14 Abs 4 EKHG ausdrücklich bestimmt; in diesem Sinne ist auch § 1327 ABGB auszulegen (Koziol aaO und die dort zitierte Judikatur; Reischauer aaO und die dort zitierte Judikatur). Hat der subsidiär Unterhaltspflichtige nach dem Tod des primär Verpflichteten Unterhaltsleistungen erbracht, kann er vom Schädiger Ersatz nach § 1042 ABGB begehren (SZ 40/56). Dies darf aber nicht zu einer sonst nicht begründbaren Haftung des Schädigers für Drittschäden (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1042) oder dazu führen, daß der Schädiger einem nach § 1327 ABGB Anspruchsberechtigten gebührende Leistungen mehrfach (an verschiedene Personen) zu erbringen hat. Aus diesem Grund steht eine in Ansehung eines Ersatzanspruches nach § 1327 ABGB eingetretene Legalzession der Geltendmachung eines Anspruches nach § 1042 ABGB durch einen Dritten, der solche Ansprüche des Geschädigten befriedigt hat, entgegen (ZVR 1980/71). Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus der Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze, daß die Klägerin, die nach dem Tod ihrer Tochter die bis dahin von dieser erbrachten Pflegeleistungen für ihr Enkelkind erbrachte und damit Schadenersatzansprüche dieses Kindes gegen den Schädiger im Sinne des § 1327 ABGB erfüllte, grundsätzlich berechtigt ist, im Sinne des § 1042 ABGB den Ersatz der Kosten der von ihr erbrachten Pflegeleistungen von der Beklagten zu verlangen, soweit nicht derartige Schadenersatzansprüche ihres Enkelkindes auf einen Sozialversicherungsträger übergingen.

Ein derartiger Forderungsübergang kommt aber nur im Sinne des § 178 Abs 1 BSVG in Ansehung der von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern aus dem Versicherungsfall des Todes ihrer Mutter der mj Eva Maria geleisteten Waisenpension in Betracht, nicht aber im Sinne des § 332 Abs 1 ASVG in Ansehung der von der PVA der Arbeiter aus dem Versicherungsfall des Todes seines Vaters dem Kind geleisteten Waisenpension. Denn durch den Tod des Alois W*** wurden keine Schadenersatzansprüche des Kindes ausgelöst, die auf den Sozialversicherungsträger übergehen könnten, der aus Anlaß dieses Versicherungsfalles dem Kind Leistungen erbringt. Auch aus dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung besteht kein Anlaß und keine Möglichkeit der Anrechnung der aus Anlaß des Todes des Vaters bezogenen Waisenpension des Kindes auf dessen Ersatzansprüche nach § 1327 ABGB, die durch den Tod seiner Mutter ausgelöst wurden. Denn zum einen wurde der Bezug dieser Waisenpension nicht durch den Tod der Mutter ausgelöst und zum anderen bezweckt diese Waisenpension den Ausgleich des durch den Tod des Vaters verursachten Unterhaltsentganges des Kindes, nicht aber die Leistung eines Äquivalents für den Entgang von Pflegeleistungen, der durch den Tod der Mutter des Kindes verursacht wurde.

Unter diesen Umständen ist aber für die Beurteilung des hier geltend gemachten Anspruchs der Klägerin nur die dem Kind von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, nicht aber die ihm von der PVA der Arbeiter geleistete Waisenpension von Relevanz. Es begegnet keinen Bedenken und wird auch in der Revision nicht in Frage gestellt, daß ein Kleinkind im Alter der Enkelin der Klägerin einen Pflegeaufwand von zumindest drei Stunden im Tag benötigt, daß ein Pflegeaufwand in diesem Ausmaß vor ihrem Tod von der Mutter des Kindes erbracht wurde und seither von der Klägerin erbracht wird und daß das angemessene Entgelt für derartige Leistungen S 50,-- in der Stunde beträgt. Geht man davon aus, dann ergibt sich ein Verwendungsanspruch der Klägerin von monatlich S 4.500,-- bzw für den hier in Frage stehenden Zeitraum von Jänner 1985 bis März 1987 (27 Monate) von insgesamt S 121.500,--. Zieht man davon im Sinne obiger Rechtsausführungen die in diesem Zeitraum von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern dem Kind geleisteten Waisenpensionen von insgesamt S 23.220,20 ab, dann verbleibt ein Betrag von S 98.279,80, der den vom Berufungsgericht der Klägerin zugesprochenen Betrag von S 68.910,05 bei weitem übersteigt. Der Revision der Beklagten muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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