OGH 2Ob514/89 (2Ob515/89)

OGH2Ob514/89 (2Ob515/89)28.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Ottilie W***, Angestellte, Bachstraße 12, D-8346 Simbach, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die Antragsgegner 1.) A*** Z***

W***, vertreten durch den Obmann Ernst P***, Dreifaltigkeitsgasse 1, 5700 Zell am See 2.) Karl W*** und Peter W***, 5700 Zell am See, Bruckberg 18, 3.) S*** AG,

5700 Zell am See, 4.) S*** Z*** AM SEE, 5700 Zell am See,

  1. 5.) Karl M***, D-8000 München 9, Tegernseer Landstraße 155,
  2. 6.) B*** S*** Betriebs-GmbH, 5700 Zell am See,

    Schmittenhöhe, alle vertreten durch Dr. Kurt Ramsauer, Rechtsanwalt in Salzburg, und 7.) R*** Ö***, vertreten durch die Ö*** B***, Forstverwaltung Zell am See,

    5700 Zell am See, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen Einräumung eines Notweges, infolge Revisionsrekurses der

    7. Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 17. November 1988, GZ 22 R 314, 480/88-20, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Zell am See vom 19. Mai 1988, GZ 5 Nc 15/88-8 und vom 3. Juni 1988, GZ 5 Nc 15/88-10, aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin hat die Kosten ihrer Gegenäußerung zum Revisionsrekurs selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beantragte, ihr auf Grund des Notwegegesetzes zugunsten des Grundstückes Nr. 152 EZ 302 KG Viehofen an den im Antrag näher bezeichneten und den Antragsgegnern gehörenden Grundstücken entsprechend dem Verlauf des sogenannten Schmittenhöhenweges die Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechtes einzuräumen. Sie begründete ihren Antrag damit, daß sie im Jahr 1983 von Franz G*** das Grundstück Nr. 152 damals EZ 42 KG Viehofen gekauft habe. Darauf befinde sich ein Bauwerk, das die Antragstellerin für Wohnzwecke verwenden wolle. Zugunsten ihres Grundstückes Nr. 152 bestehe ein Geh- und Fahrrecht über das Grundstück Nr. 889/3, das ihre Parzelle umgebe. Auf die Schmittenhöhe führe seit unvordenklichen Zeiten ein befestigter Fahrweg (Schmittenhöhenweg). Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages habe kein Zweifel daran bestanden, daß die Antragstellerin zum Befahren dieses Weges berechtigt sein werde. Die über den Weg verfügungsberechtigte Wegegenossenschaft Schmittenweg habe den Weg abgeschrankt. Die Antragstellerin habe daher gegen diese eine Klage auf Duldung der Benützung des Weges und auf Herausgabe eines Schlüssels für den Schranken eingebracht. Die Antragsgegner beantragten die Abweisung des dargestellten Antrages. Das von der Antragstellerin erworbene Haus sei ein Schweinestall gewesen, den sie nunmehr zu einem Wohngebäude ausbauen wolle. Die Einräumung eines Notweges sei daher unzulässig, weil eine nicht widmungsgemäße Benützung des Gebäudes beabsichtigt sei. Der genannte Weg diene nur als Zufahrt zu den auf der Schmittenhöhe befindlichen Gewerbebetrieben. Dies hätte die Antragstellerin bei Abschluß des Kaufvertrages ohne weiteres in Erfahrung bringen können. Da sie dies unterlassen habe, habe sie eine auffallende Sorglosigkeit bei Beurteilung der Gegebenheiten zu vertreten. Die Einräumung eines Notweges komme vor Abschluß des genannten Zivilrechtsstreites vor dem Landesgericht Salzburg nicht in Betracht. Die Antragstellerin könne im übrigen die vorhandene Seilbahn bequem erreichen und sei auf die Benützung des Weges nicht angewiesen. Außerdem sei noch eine zweite Zufahrtsmöglichkeit über die Sonnalm vorhanden.

Das Erstgericht wies den Antrag ab und erkannte der Siebentantragsgegnerin Kosten von S 6.002,50 zu. Die Antragstellerin sei nach ihrem eigenen Vorbringen nicht auf die Einräumung des Notweges angewiesen, weil sie in dem bereits vor dem Landesgericht Salzburg anhängigen Ersitzungsstreit ihr Benützungsrecht nachweisen könne. Bevor darüber nicht rechtskräftig entschieden sei, komme die Einräumung eines Notweges nicht in Betracht.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge, hob die Beschlüsse des Erstgerichtes auf Abweisung des Notwegeantrages der Antragstellerin und Zuspruch von Verfahrenskosten an die Siebentantragsgegnerin auf und verwies die Sache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Beschlußfassung zurück. Es sei zwar richtig, daß ein Anspruch auf Einräumung eines Notweges dann nicht bestehe, wenn ohnedies eine Servitutsberechtigung gegeben sei. Dies sei aber im vorliegenden Verfahren noch nicht abschließend geklärt worden. Das Verfahren 10 Cg 93/88 auf Herausgabe des Schlüssels zur Abschrankung und Duldung der Befahrung des Weges gegen die Wegegenossenschaft und ihren Obmann sei mangels Parteienidentität für das Notwegeverfahren nicht bindend. Eine Verweisung auf den Rechtsweg oder eine Unterbrechung des Außerstreitverfahrens komme nicht in Betracht. Die Aufhebung in der Sache habe auch die Aufhebung der damit hinfälligen Kostenentscheidung zur Folge.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Siebentantragsgegnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Beschlüsse des Erstgerichtes wiederhergestellt werden.

Die Antragstellerin beantragt in der Äußerung zum Revisionsrekurs, diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig (SZ 38/19; SZ 58/162; 6 Ob 804/77 ua), aber nicht berechtigt.

Die Siebentantragsgegnerin stellt sich in ihrem Rechtsmittel auf den Standpunkt des Erstgerichtes, wonach die Anhängigkeit der oben dargestellten Klage auf Herausgabe eines Schlüssels zur Abschrankung und Duldung der Befahrung des Weges die Geltendmachung eines Notweges ausschließe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden:

Es ist zwar richtig, daß die Bestimmungen des Notwegegesetzes einschränkend auszulegen sind (1 Ob 121/70; 5 Ob 179/74; 6 Ob 804/77 ua); demgemäß hat die Rechtsprechung die Einräumung eines Notweges dann abgelehnt, wenn der Antragsteller das Bestehen einer Wegedienstbarkeit behauptet hat und darüber entweder ein Verfahren anhängig war oder der Antragsteller einem solchen Verfahren durch den Antrag auf Einräumung eines Notweges ausweichen wollte (2 Ob 647/56; 7 Ob 242/55; 8 Ob 262/63; vgl. 6 Ob 804/77; 1 Ob 40/86 ua). Denn in solchen Fällen bestand keine Notwendigkeit zur Einräumung eines Notweges; der Antragsteller konnte auf die im Gesetz vorgesehenen Mittel zur Durchsetzung seines behaupteten Wegerechtes verwiesen werden.

Der vorliegende Fall ist jedoch anders gelagert. In der Klage zu 10 Cg 93/88 begehrte die Antragstellerin von zwei in das Notwegeverfahren überhaupt nicht einbezogenen Beklagten die Herausgabe eines Schlüssels zur vorgenommenen Abschrankung und die Verpflichtung zur bloßen Duldung des Befahrens des Weges. Der Notwegeantrag ist indes gegen eine gänzlich andere Personengruppe gerichtet; er ist auch inhaltlich insoweit vom Klagebegehren verschieden, als hier ausdrücklich die Einräumung der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes begehrt wird. Demnach liegt in zweifacher Hinsicht keine Identität des festzustellenden mit dem einzuräumenden Recht vor, weil einerseits jeweils andere Rechtssubjekte in Anspruch genommen werden und sich andererseits auch die erhobenen Ansprüche nicht decken. Nur bei Identität des festzustellenden oder einzuräumenden Rechtes bestünde aber regelmäßig keine Notwendigkeit zur Einräumung eines Notweges, sodaß die Antragstellerin auf die Mittel zur Durchsetzung eines behaupteten Wegerechtes zu verweisen wäre (1 Ob 40/86; 6 Ob 804/77; 8 Ob 202/63; Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 840).

Daß die Antragstellerin in einem umfassenden, alle in Betracht kommenden Grundstückseigentümer mit einbeziehenden Notwegeantrag ihren behaupteten Anspruch auf Einräumung eines Notweges geklärt wissen will, unterscheidet sich demnach wesentlich von der bloß gegenüber der Wegegenossenschaft und ihrem Obmann eingebrachten Klage. Eine Behauptung, die Antragstellerin habe mit ihrem Notwegebegehren lediglich einem Zivilverfahren gegen die sieben Antragsgegner ausweichen wollen, wird von der Rechtsmittelwerberin selbst nicht erhoben; den Anspruch der Antragstellerin auf Einräumung des Notweges aber allein mit dem Hinweis darauf abzuerkennen, daß sie zuerst einen - von ihr selbst als aussichtlos beurteilten - Prozeß führen müßte, scheitert an dem Sinngehalt der oben dargestellten Judikatur.

Die Beantwortung der weiters relevierten Frage einer auffallenden Sorglosigkeit der Antragstellerin wird von den Ergebnissen des fortgesetzten Verfahrens abhängen.

Dem Revisionsrekurs war somit der Erfolg zu versagen. Der Antragstellerin konnten Kosten für ihre Gegenäußerung nicht zugesprochen werden, weil § 25 NotwegeG zwar eine beschränkte Kostenersatzpflicht des Antragstellers, nicht aber einen Kostenersatzanspruch desselben vorsieht (SZ 26/219; 6 Ob 804/77).

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