OGH 8Ob510/89

OGH8Ob510/899.2.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Bauer, Dr.Schwarz und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Harald V***, Student, 1070 Wien, Schottenfeldgasse 61/1/4/17, vertreten durch Dr.Margareta Appel, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Sonja D***, Handelsfrau, 1010 Wien, Dampfgasse 18-20/2/2/11, vertreten durch Dr.Otto Ackerl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 140.000,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28. Juni 1988, GZ 12 R 112/88-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 10. Feber 1988, GZ 33 Cg 235/86-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 5.657,85 (inkl. S 514,35 USt.) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger stützte - nach dem Stand des Verfahrens am Schluß der mündlichen Streitverhandlung - sein Begehren auf Zahlung von S 140.000,-- s.A. darauf, die Beklagte habe ihn am 17.2.1986 unter Ausnützung eines ihr eingeräumten Weitergaberechtes die Mietrechte an der Wohnung top Nr.17 im Hause 1070 Wien, Schottenfeldgasse 61, gegen Zahlung einer Investitionsablöse von S 240.000,-- abgetreten; der Wert der übergebenen Investitionen habe jedoch nur S 100.000,-- ausgemacht (ON 1 und 13). Die geforderten S 140.000,-- stellten demnach eine verbotene Ablöse dar.

Die Beklagte begehrte die Abweisung der Klage und wendete ein, dem Kläger stehe an der übernommenen Wohnung ein Bestandrecht auf unbestimmte Zeit zu und der von ihm zu zahlende Mietzins liege im Hinblick auf das Weitergaberecht der Beklagten wesentlich unter dem auf den freien Markt erzielbaren Mietzins. Der vom Kläger der Beklagten bezahlte klagegegenständliche Betrag entspreche dem erlangten Vorteil eines niedrigeren Mietzinses und stelle daher ein angemessenes Äquivalent hiefür dar. Die Ablösezahlung sei insoweit zulässig, als der neue Mieter durch den niedrigeren Mietzins eine Ersparnis erzielt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte folgenden, für die Entscheidung des Revisionsgerichtes noch wesentlichen Sachverhalt fest:

Der Beklagten stand das Recht zu, die Mietrechte der von ihr gemieteten Wohnung in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 61/1/4/17 weiterzugeben; sie hatte für die Einräumung dieses Rechtes nichts bezahlt. Der Hauseigentümer anerkannte den von der Beklagten als Nachmieter namhaft gemachten Kläger, ohne den Versuch zu unternehmen, von diesem einen höheren Mietzins zu erhalten; er wäre gar nicht auf eine solche Idee gekommen. Tatsächlich hätte der Hauseigentümer damals bei Vermietung auf dem freien Markt statt des auch von der Beklagten bezahlten Hauptmietzinses von S 2.400,73 einen angemessenen monatlichen Hauptmietzins von S 3.000,-- erzielen können.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, das Rückforderungsbegehren des Klägers sei nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG berechtigt, weil der Beklagten der Nachweis nicht gelungen sei, daß der Hauseigentümer wegen der an die Beklagte geleisteten Ablösezahlung auf einen höheren Mietzins verzichtet habe. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht übernahm zwar nicht die erstgerichtliche Feststellung, der Hauseigentümer wäre gar nicht auf die Idee gekommen, den Mietzins zu ändern, weil es diese Tatsache nicht für entscheidungswesentlich hielt; es ging aber davon aus, daß die Zahlung des Betrages von S 240.000,-- durch den Kläger an die Beklagte nur für Investitionen vereinbart worden sei, sodaß sich die Beklagte nunmehr nicht darauf berufen dürfe, der den Wert der Investitionen übersteigende Betrag von S 140.000,-- gebühre ihr aus einem anderen Grund. Da jedoch diese Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht einheitlich gelöst sei (MietSlg 36.374, 38.407 ua gegen 4 Ob 567/87), erachte es die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO als zulässig.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern, in eventu es aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Kläger begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 Satz 1 MRG sind Vereinbarungen, wonach der neue Mieter dafür, daß der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem früheren Mieter etwas zu leisten hat, ungültig und verboten. Im Verhältnis zum scheidenden Mieter werden daher von diesen Gesetzesbestimmungen solche Ablösezahlungen des neuen Mieters erfaßt, die zu einer unzulässigen Vermögensvermehrung des weichenden Mieters führen, weil ihnen keine gleichwertige Gegenleistung von seiner Seite entgegensteht (WÜrth in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 27 MRG; MietSlg 33.304 zur gleichlautenden Bestimmung des § 17 Abs 1 lit a MG). In dem hier zu beurteilenden Fall stellte die Beklagte dem Kläger von ihrer Seite überhaupt keinen Vermögenswert zur Verfügung. Es ist nämlich nicht einsichtig, auf welcher Rechtsgrundlage ein Mieter berechtigt sein sollte, dafür von seinem Nachfolger im Mietrecht einen Geldbetrag zu erhalten, daß der Hauseigentümer keinen höheren Mietzins begehrt, wenn dieser selbst zu einem solchen Begehren in Form einer einmaligen Zahlung nicht berechtigt wäre. Die in der Zeit vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes entstandene, aber in der Lehre (Würth in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 27 MRG) als nicht unbedenklich angesehene Rechtsprechung (so MietSlg 23.311/22 ua) ist durch die die Vertragsfreiheit einschränkenden Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes überholt. War nämlich in der Zeit der Geltung des MRÄG (1.1.1968 bis 31.12.1981) die Vereinbarung der Leistung eines einmaligen Betrages als Mietzins neben dem laufenden periodisch zu zahlenden Bestandzins zulässig (vgl MietSlg 22.309/6 ua), so sind im Anwendungsbereich des § 16 MRG - also auch in diesem Rechtsfall - Einmalzahlungen selbst dann als verbotene Vereinbarungen zu behandeln, wenn der laufende zulässige Mietzins nicht ausgeschöpft wurde, es sei denn, daß es sich um eine echte Mietzinsvorauszahlung dergestalt handelt, daß die Eimalzahlung von den Vertragsteilen von vornherein bestimmten Zeiten zugeordnet wurde (MietSlg 38.404). Könnte also nicht einmal der Hauseigentümer als Vermieter mit dem Mieter eine solche Einmalzahlung, wie sie der Kläger leistete, wirksam für den Verzicht auf das Begehren eines höheren Mietzinses vereinbaren, so könnte der Verzicht auf eine solche - unwirksame - Vereinbarung durch den Hauseigentümer mit dem neuen Mieter auch nicht dazu führen, daß der Vormieter an Stelle des Hauseigentümers in den Genuß einer solchen Einmalzahlung kommt. Die in der Revision zitierte Entscheidung 7 Ob 525/78 (= MietSlg 30.346) hatte einen in der Geltungszeit des MRÄG konkretisierten Sachverhalt zum Gegenstand, die gleichfalls zur Stützung der Gültigkeit der Vereinbarung der Beklagten mit dem Kläger zitierte Entscheidung 7 Ob 627/85 (= MietSlg 37.386) bezog sich zwar auf eine Mietrechtsweitergabe bereits zur Zeit der Geltung des MRG, doch hatte in diesem Fall der Vormieter von seinem Nachmieter nur einen Ablösebetrag bezahlt erhalten, den einer seiner Rechtsvorgänger - es war eine mehrmalige Weitergabe des Mietrechtes erfolgt - zur Zeit der Geltung des MRÄG geleistet hatte. Der Revision war daher aus den dargestellten Gründen der Erfolg zu versagen, ohne daß in dieser Rechtssache zu untersuchen wäre, ob das Recht, geleistete Zahlungen vom Vormieter zurückzuverlangen, nur vom Wert der nach dem Inhalt der Vereinbarung dem Nachmieter überlassenen Güter (6 Ob 716/87; ähnlich MietSlg XXXVIII/48 ?) oder vom Wert der tatsächlich dem Rückfordernden zugekommenen Vorteile ohne Rücksicht auf den Inhalt der diesbezüglichen Vereinbarung (so betreffend die teilweise Bezeichnung, teilweise Nichtbezeichnung verschiedener vom Nachmann übernommener und tatsächlich benützter Investitionen WoBl.1988/24) abhängt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

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