OGH 7Ob627/85

OGH7Ob627/8512.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Wurz und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Wolfgang A, Akademischer Maler, Wien 1., Riemergasse 10/11, vertreten durch Dr. Walter Schuppich u.a., Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Erika B, Private, Altmünster, Württembergstraße 12, vertreten durch Dr. Erasmus Schneditz-Bolfras u.a., Rechtsanwälte in Gmunden, wegen 638.500,-- samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 30. Mai 1985, GZ 5 R 125/85-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 1. März 1985, GZ 6 Cg 166/84-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 17.290,55 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 2.400,-- S Barauslagen und 147,43 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 1.1.1984 Hauptmieter der Wohnung Nr. 11 im Hause Wien 1., Riemergasse 10. Seine Vormieterin war die Beklagte, die dem Kläger ihre Mietrechte gegen Zahlung einer Ablöse von 750.000,-- S überließ.

Das Haus steht im Eigentum der C Österreichische Versicherungs-AG. Die Wohnung war bis 14.4.1972 an die Ehegatten D vermietet. Ab 15.4.1972 wurde zugunsten der Firma E Straßen- und Tiefbauunternehmung AG ein Mietverhältnis begründet, und zwar unter ausdrücklicher Inanspruchnahme des Rechtes der Ehegatten D, die Wohnung zu gleichen Bedingungen an Dritte weiterzugeben. In diesem Mietvertrag wurde der Firma E ebenfalls das Recht eingeräumt, den Mietgegenstand bis 28.2.1981 zu gleichen Bedingungen an Dritte zu übertragen. Die Firma E hat den Vormietern für die überlassung der Mietrechte und für übersiedlungskosten sowie für Investitionen insgesamt 650.000,-- S bezahlt. Die Wohnung hat sie hierauf dem Ehegatten der Beklagten, dem damaligen Generaldirektor der Firma E, vorerst als Dienstwohnung überlassen. Schließlich wurde mit diesem von der Hauseigentümerin im Hinblick auf das der Firma E eingeräumte Recht zur Weitergabe der Wohnung am 1.1.1981 ein Mietvertrag abgeschlossen, in dem neuerlich ein Weitergaberecht für den Zeitraum von fünf Jahren festgehalten wurde. Nach dem Tod des Gatten der Beklagten ist diese in den Mietvertrag eingetreten. Im Hinblick auf das ihrem Gatten eingeräumte Recht zur Weitergabe der Wohnung unter den gleichen Bedingungen hat sie die Wohnung dem Kläger überlassen, worauf die Hauseigentümerin mit diesem einen Mietvertrag unter Zugrundelegung des bisherigen Hauptmietzinses von 4.600,-- S monatlich wertgesichert abschloß. Auf Wunsch des Klägers räumte die Beklagte die Wohnung früher als vorgesehen, wofür sie eine zusätzliche Zahlung von 50.000,-- S für Depot- und übersiedlungskosten erhielt.

Hätte der Kläger die Wohnung (ca. 180 m 2 ) nicht unter Inanspruchnahme des Weitergaberechtes der Beklagten mieten können, so hätte er einen monatlichen Hauptmietzins von rund 8.000,-- S zahlen müssen. Unter Berücksichtigung des Alters des Klägers ergibt sich daraus eine Mietzinsersparnis von insgesamt 500.781,92 S. Mit der Ablöse von 750.000,-- S sollten auch alle dem Kläger zugutegekommenen Investitionen einschließlich einiger Fahrnisse im Wert von 12.932,-- S abgegolten werden, ohne daß eine Einschränkung auf die nur von der Beklagten gemachten Investitionen erfolgt wäre. Bei den Investitionen handelte es sich vor allem um die im Jahre 1971 von den Ehegatten D durchgeführten Verbesserungsarbeiten, die von der Firma E abgelöst worden waren, ferner um Erneuerung von Anstrichen usw.. durch die Firma E oder den Ehegatten der Beklagten. Als Ersatz für die letztgenannten Investitionen hat die Beklagte von der Firma E 98.500,-- S erhalten.

Sämtliche vom Kläger übernommene Investitionen hatten zum 1.1.1984 einen Wert von 250.000,-- S, wovon, wie bereits ausgeführt, 12.932,-- S auf Einrichtungsgegenstände und der Rest (237.068,-- S) auf sonstige Investitionen entfallen.

Der Kläger verlangt den Zuspruch von 638.500,-- S samt Anhang mit der Begründung, der Wert der von ihm übernommenen Einrichtungsgegenstände und Investitionen habe zum Stichtag nur 111.500,-- S betragen, weshalb die darüber hinausgehende Ablösevereinbarung unerlaubt gewesen sei.

Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren abgewiesen und hiebei den Standpunkt vertreten, der Ablösezahlung lägen gleichwertige Gegenleistungen zugrunde. Der weichende Mieter könne nämlich auch von seinem Rechtsvorgänger getätigte Investitionen einer Ablösevereinbarung zugrundelegen. Außerdem stelle eine Ablöse für das Ersparnis eines höheren Mietzinses, der ohne diese Ablöse zu zahlen gewesen wäre, ebenfalls eine zulässige Zahlung dar. Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich die Revision unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gegen die Nichteinvernahme verschiedener Personen als Zeugen wendet, rügt sie in Wahrheit einen angeblichen Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens, dessen Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, sodaß diese Frage in der Revision nicht neuerlich aufgerollt werden kann. Nach Prüfung des Verfahrens kommt der Oberste Gerichtshof zu dem Ergebnis, daß ein primärer Verfahrensmangel nicht vorliegt (§ 510 Abs 3 ZPO).

Soweit die Revision mit der Mängelrüge Feststellungsmängel behauptet, ist dieser Teil der Rechtsrüge zuzuordnen, weshalb darauf im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung einzugehen sein wird. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß der Katalog der 'ungültigen und verbotenen' Vereinbarungen des § 27 Abs 1 MRG im wesentlichen dem des § 17 Abs 1 MG entspricht (Würth-Zingher, MRG, Anm. 1 zu § 27, Würth in Rummel, Rdz 2 zu § 27 MRG, Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 387). Demnach kann bei der Auslegung dieser Bestimmung von der Judikatur zu § 17 Abs 1 MG ausgegangen werden. Nach dieser Judikatur kann der Mietrechtsnachfolger Investitionen seines Vorgängers wie seine eigenen geltend machen (Würth in Rummel, Rdz 2 zu § 10 MRG, Würth-Zingher, Anm. 4 zu § 10 MRG, Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 265). Letzteres wurde zu § 10 MRG ausgeführt. Es ist nun richtig, daß diese Bestimmung unmittelbar nur Ansprüche des scheidenden Mieters gegen den Vermieter regelt. § 27 Abs 1 MRG verweist jedoch ausdrücklich auf jenen Aufwand, den der Vermieter dem bisherigen Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hat. Sohin haben für diesen Teil des Rückersatzanspruches die für § 10 MRG aufgestellten Regeln Geltung. Soweit es sich jedoch um einen Anspruch des scheidenden Mieters gegenüber seinem Rechtsnachfolger im Mietrecht handelt, der nicht auf Investitionen im Sinne des § 10 MRG zurückgeht, der sich jedoch deshalb nicht als unzulässig erweist, weil ihm eine gleichwertige Gegenleistung zugrundeliegt, spielt die Frage, inwieweit solche Vermögenswerte vom Mieter selbst oder von seinem Rechtsvorgänger angeschafft worden sind, keine Rolle, weil die Veräußerung von Vermögenswerten an einen Dritten gar nicht der Regelung des Mietrechtsgesetzes unterliegt. Dies gilt vor allem für die übertragung von Einrichtungsgegenständen, die vom scheidenden Mieter, wie jeder Vermögenswert, auch an seinen Nachfolger im Mietrecht zu einem angemessenen Preis veräußert werden können.

Im vorliegenden Fall handelt es sich nach den getroffenen Feststellungen seit der Aufgabe des Mietobjekts durch die Ehegatten D um eine geschlossene Kette jeweiliger Mietrechtsübertragungen, sodaß sämtliche in den Feststellungen genannten Vorgänger der Beklagten im Mietrecht auch Rechtsvorgänger der Beklagten sind. Das Mietrecht wurde jeweils von einem Mieter auf Grund einer mit dem Hauseigentümer getroffenen Vereinbarung an den nächsten Mieter übertragen. Demnach kann die Beklagte auch die in § 10 MRG genannten Investitionen nach Maßgabe dieser Bestimmung dann vom Kläger verlangen, wenn diese Investitionen von einem ihrer Rechtsvorgänger getätigt worden sind. Voraussetzung für den Anspruch ist jedoch nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG, daß keine unzulässige Vermögensvermehrung des weichenden Mieters vorliegt, weil der Ablöse eine gleichwertige Gegenleistung entgegensteht (Würth in Rummel, Rdz 6 zu § 27 MRG, MietSlg. 33.304, 20.356 ua.). Tatsächlich hat der Kläger nach den getroffenen Feststellungen für Investitionen, die unter § 10 Abs 1 und 3 MRG fallen, Gegenleistungen erhalten, deren Wert am Stichtag 237.068,-- S betrug.

Im vorliegenden Fall steht nun zwar fest, daß die Beklagte zumindest für einen Teil der Investitionen 98.500,-- S von der E erhalten hat.

Hiebei handelte es sich jedoch um eine offenbar freiwillige Leistung eines Rechtssubjektes, das dazu nicht verpflichtet war. Für einen Anspruch nach § 10 MRG ist es jedoch unerheblich, ob der scheidende Mieter die von ihm vorgenommenen Investitionen wirtschaftlich selbst getragen hat oder nicht. Eine der Grenzen für einen Anspruch nach § 10 MRG ist der seinerzeitige Aufwand für die Investition. Dieser ist auch dann maßgebend, wenn der Mieter, der sie machte, hiefür Mittel in Anspruch genommen hat, die ihm von einem Dritten (etwa schenkungsweise) zur Verfügung gestellt worden sind. Nur wenn die Investitionen bereits von demjenigen ersetzt worden wären, der gemäß § 10 MRG dazu verpflichtet war, könnte ein Ersatz nicht ein zweites Mal verlangt werden.

Wie bereits oben dargelegt wurde, kann der Mieter gemäß § 10 MRG auch Investitionen seines Rechtsvorgängers im Mietrecht (nicht seines bloßen Vormieters) verlangen. Der Mieter und seine Rechtsvorgänger im Mietrecht stellen in dieser Hinsicht eine Einheit dar. Hiebei ist es gleichgültig, wer von ihnen die Investitionen vorgenommen und wer sie wirtschaftlich getragen hat. Die Notwendigkeit einer Ablöse der Investitionen durch den Mieter gegenüber seinem Rechtsvorgänger kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Der Mieter darf sich den Aufwand seines Rechtsvorgängers vielmehr auch dann anrechnen, wenn ihm der Rechtsvorgänger diesen unentgeltlich überlassen hat, wie dies etwa im Falle einer Abtretung der Mietrechte nach § 12 Abs 1 MRG die Regel sein wird. Im vorliegenden Fall steht fest, daß Rechtsvorgänger der Beklagten im Mietrecht unter § 10 MRG fallende Investitionen mit einem Aufwand von 650.000,-- S getätigt haben und daß diese Investitionen zum Stichtag noch einen Wert von 237.068,-- S hatten. Diesen Betrag durfte daher die Beklagte vom Kläger für diese Investitionen verlangen.

Was die Frage der Mietzinsersparnis anlangt, handelt es sich um einen wirtschaftlichen Vorteil, der dem Kläger als Gegenleistung für die Ablöse zugutegekommen ist. Diese Ersparnis, die der neue Mieter dadurch erzielt, daß der Vermieter von seinem Recht, vom neuen Mieter einen höheren Mietzins zu verlangen, keinen Gebrauch macht, ist in voller Höhe als Gegenwert für die Ablöse zu behandeln (MietSlg. 23.311, 7 Ob 525/78).

Daraus ergibt sich, daß die Ablöseforderung auf jeden Fall in der Höhe der festgestellten Mietzinsersparnis von 500.781,92 S zuzüglich des Wertes der überlassenen Möbel von 12.932,-- S und des Restwertes der Investitionen von 237.068,-- S gerechtfertigt war, sodaß ein Rückforderungsanspruch des Klägers nicht besteht. Die Revision des Klägers erweist sich somit als nicht berechtigt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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