Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 5.657,85 (darin S 514,35 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben am 23. Dezember 1967 die Ehe geschlossen:
Sie sind österreichische Staatsbürger und römisch-katholisch. Der Ehe entstammen die am 10. Juni 1968 geborene Isabella und der am 19. September 1971 geborene Martin.
Mit der am 21. Jänner 1987 eingelangten Klage begehrt der Kläger und Widerbeklagte (in der Folge Kläger genannt) die Scheidung der Ehe gemäß § 49 EheG. Die Ehe sei auf Grund ständiger Beschimpfungen und Vorwürfe der Beklagten und Widerklägerin (in der Folge Beklagte genannt) derart zerrüttet, daß dem Kläger ein Zusammenleben mit der Beklagten nicht mehr möglich sei. Er habe deshalb die Ehewohnung verlassen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie habe keine Eheverfehlungen begangen. Die Ehe sei keineswegs so tiefgreifend zerrüttet, daß eine ihrem Wesen entsprechende Lebensgemeinschaft nicht wiederhergestellt werden könne.
Mit der am 5. Mai 1988 eingelangten Widerklage begehrte auch die Beklagte die Scheidung der Ehe gemäß § 49 EheG. Die Beklagte habe sich im November 1986 einer schweren Operation unterziehen müssen. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus habe der Kläger die Beklagte grundlos verlassen, obwohl sie wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes seines Beistandes bedurft hätte. Da seither fast eineinhalb Jahre vergangen seien, habe auch die Beklagte jedes Interesse an einer Fortsetzung der Ehe verloren.
Der Kläger beantragte die Abweisung der Widerklage. Das Erstgericht schied die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers.
Das Berufungsgericht schied die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Beklagten. Es führte eine Beweiswiederholung durch und traf folgende Feststellungen:
Die Beklagte hat den Beruf einer Köchin erlernt, war während der Ehe aber nicht berufstätig, sondern hat den Haushalt versorgt und die Kinder erzogen. Die Streitteile bewohnten vom Beginn der Ehe an das nun im Eigentum der Beklagten stehende Haus in Feldkirchen. Das Haus wurde allmählich renoviert und ausgebaut. Beide Streitteile haben mitgearbeitet. Der Kläger, der den Beruf eines Mechanikers erlernt hat, später bei einer Baufirma und in einer Schuhfabrik arbeitete und seit etwa 10 Jahren beim österreichischen Bundesheer als Ausbildner tätig ist, verlegte unter anderem Böden und Fliesen. Er arbeitete auch im Bereich des Daches, des Balkons, der Zimmerdecken usw. mit und verrichtete Arbeiten im Garten. Er half auch in der ehelichen Wohnung mit. Für die Diensteinteilung des Klägers, der mitunter rund 30 Stunden durchgehend Dienst hatte, und die dadurch eingetretenen Belastungen hatte die Beklagte wenig Verständnis.
Der Kläger hat die in den Augen der Beklagten notwendigen Arbeiten kaum oder nur teilweise selbst gesehen. Er war eher ein "Stubenhocker" und hat viel von seiner Freizeit vor dem Fernseher verbracht. Die Beklagte beschimpfte den Kläger deshalb oft mit "faule Sau" und ähnlichen Ausdrücken und warf ihm vor, daheim nichts zu arbeiten und sich um nichts zu kümmern.
Der Kläger vermochte sich gegen das von der Beklagten in zunehmendem Maß gezeigte dominante Verhalten nicht durchzusetzen, er gab Versuche, sich ihr zu widersetzen allmählich auf. Die Beklagte, die ein cholerisches Wesen und eine laute Stimme hat, hielt sich zumindest dem Kläger gegenüber nicht zurück, ihm oft ihre abfällige Meinung über ihn zu sagen. Sie war mit den Arbeiten des Klägers nie zufrieden, er machte ihr immer "alles falsch". Die Beklagte hat den Kläger als Ehegatten nicht geschätzt. Es wurde grundsätzlich das gemacht, was sich die Beklagte vorstellte.
Im intimen Bereich gab es zwischen den Streitteilen keine Schwierigkeiten. Nach der Geburt des zweiten Kindes verlangte die Beklagte vom Kläger mit der Erklärung, es gebe sonst keinen Geschlechtsverkehr mehr, mit Erfolg, daß er sich sterilisieren lasse. Zwischen den Streitteilen bestand Einigung darüber, daß die Beklagte die gewöhnlichen und auch die außergewöhnlichen Angelegenheiten regelt, Behördenbesuche durchführt und die Einkünfte des Klägers verwaltet: Sie hat dies in der Regel auch zur Zufriedenheit des Klägers getan. Über das Gehaltskonto des Klägers waren beide Teile verfügungsberechtigt. Lange Zeit verfügte aber nur die Beklagte über Schecks und eine Scheckkarte. Als auch der Kläger dies für sich beanspruchte, gab es Streit. Die Beklagte hat dem Kläger nur ein Taschengeld gegeben, das anfangs S 20,--, später S 200,-- betrug. Fand der Kläger damit nicht das Auslangen, kam es vor, daß er ohne Wissen der Beklagten aus deren Geldbörse Geld entnahm: Die Beklagte hat deshalb dem Kläger vor anderen Leuten wiederholt ernsthaft vorgeworfen, er habe ihr Geld gestohlen. 1983 erbte die Beklagte von einer Tante etwa S 1 Mio. Sie ließ seither ihrer bestimmenden Art immer mehr Lauf und zeigte dem Kläger im Familienkreis immer mehr ihrer Mißachtung. Der Kläger wurde für die Beklagte immer mehr zur "Null", sie nannte ihn "Nichtsnutz", "Trottel", "fauler Sack".
Im April 1986 wurde der Beklagten von ihrem Hausarzt die Notwendigkeit einer Unterleibsoperation mitgeteilt. Sie war darüber sehr in Sorge. Der Kläger versuchte, die herannahende Operation zu bagatellisieren, konnte die Beklagte damit aber nicht beruhigen. Die Nörgeleien der Beklagten, ihr lautes und hysterisches Verhalten und die Beschimpfungen nahmen immer mehr zu. Wohl schimpfte der Kläger mitunter etwas zurück, von ihm gab es jedoch nur selten ein lauteres Wort. Auf die Ausfälligkeiten der Beklagten blieb er meist ruhig und ging weg.
Am 18. November 1986 wurde die Beklagte operiert. Der stationäre Krankenhausaufenthalt dauerte bis zum 30. November 1986. In der Folge hatte die Beklagte starke Schmerzen. Sie konnte außerdem nichts heben und auch nicht lange sitzen. Wegen ihrer Unterleibsoperation hatte sie Minderwertigkeitskomplexe, außerdem war sie ziemlich nervös. Obwohl die damals 18-jährige Tochter Isabella zu jener Zeit arbeitslos und auch tagsüber im Hause ihrer Eltern war, nahm sich der Kläger nach der Entlassung der Beklagten aus dem Krankenhaus Pflegeurlaub. Er versuchte gemeinsam mit der Tochter der Streitteile, während des Krankenhausaufenthaltes der Beklagten und in der daran anschließenden Woche, den Haushalt in Ordnung zu halten. Die Beklagte schimpfte aber trotzdem ständig:
Alles was der Kläger tat war falsch, die Beklagte hat "nur mehr gemeckert". Als die Schwester des Klägers am zweiten Tag nach der Krankenhausentlassung auf Besuch kam, empfing sie die Beklagte mit den Worten, sie solle gar nicht ins Haus kommen, es schaue "hier so aus".
Am 4. Dezember 1986 fuhren die Streitteile mit ihrer Tochter und einer befreundeten Familie nach Tarvis, um einzukaufen. Schließlich stellten sich bei der Beklagten Schmerzen ein. Bei der Heimfahrt stieg der Kläger mit Zustimmung der Beklagten einige hundert Meter vor dem Wohnhaus der Streitteile aus und suchte ein Gasthaus auf. Er trank zwar dort nicht viel, blieb aber von etwa 14 Uhr bis nach 1 Uhr nachts. Als er heimkam, schickte ihn die Beklagte mit dem Bemerken, sie könne bei diesem Alkoholdunst nicht schlafen, ins Wohnzimmer, um dort zu nächtigen, was der Kläger auch tat. Für den 5. Dezember 1986 hatten die Streitteile eine Fahrt nach Klagenfurt zum Finanzamt vereinbart. Als der Kläger nach den Vorstellungen der Beklagten nicht rechtzeitig aufstand, warf sie ihm das vortägige "Herumsaufen" vor, fuhr mit der Tochter der Streitteile weg und meinte vor der Abfahrt, sie werde es sich überlegen, ob sie überhaupt mit dem PKW so rechtzeitig zurückkehren werde, daß der Kläger mit diesem noch rechtzeitig zu seiner Dienststelle in Villach fahren könne, um den Dienst um 13 Uhr anzutreten.
An diesem Vormittag entschloß sich der Kläger endgültig, die eheliche Wohnung zu verlassen. Er war der Meinung, daß es so nicht mehr weitergehen könne. Als die Beklagte dann doch rechtzeitig zurückkam, nahm der Kläger den von ihm bereits gepackten Koffer und verließ, ohne etwas zu sagen, das Haus. Er zog zu seiner Schwester, bei der er auch heute noch wohnt.
Auch die Tochter der Streitteile Isabella zog nach zwei Wochen zu ihrem Vater bzw. dessen Schwester. Bei einem späteren Telefongespräch äußerte die Beklagte - ohne dies allerdings ernsthaft zu meinen - dahin, daß der Kläger mit der Tochter ein Verhältnis haben müsse, sie würde sonst nicht so an ihm hängen. An einem der folgenden Tage sandte die Beklagte der Mutter des Klägers eine Weihnachtsglückwunschkarte, auf der sie unter anderem schrieb: "Mir geht es von Tag zu Tag besser. Seit das Ungeziefer aus dem Haus ist, geht es mir eigentlich hervorragend." Mit dem Wort "Ungeziefer" meinte sie den Kläger und die Tochter der Streitteile. Der Kläger hatte wegen der zunehmenden Beschimpfungen durch die Beklagte schon in den Jahren vor 1986 zumindest einmal die Absicht gehabt, die eheliche Gemeinschaft zu verlassen, sich aber dann doch nicht endgültig dazu entschlossen, bzw. sich mit der Beklagten wieder ausgesöhnt. Das Verhalten des Klägers im häuslichen Bereich war während der noch aufrechten ehelichen Gemeinschaft vor allem von geringer Aktivität bestimmt. Aussprachen mit der Beklagten hielt er grundsätzlich nicht für notwendig bzw. zielführend, er hatte zumindest in der letzten Zeit den Eindruck, ohnedies nicht ernstgenommen zu werden. Der Kläger setzte auch keine Aktivitäten zu gemeinsamen Freizeitunternehmungen, wie z.B. öfteren Urlauben, Theater- und sonstigen Besuchen kultureller Veranstaltungen usw. Allerdings kann nicht festgestellt werden, daß solche Unternehmungen einem Wunsch der Beklagten entsprochen hätten.
Der Kläger hat spätestens Anfang Dezember 1986 jede Gesinnung an der Aufrechterhaltung der Ehe verloren. Auch die Beklagte, die während der noch aufrechten Lebensgemeinschaft ein einander achtendes Gegenübertreten nicht als notwendigen Bestandteil einer funktionierenden Ehe erachtete, kam während der folgenden Zeit zum Schluß, daß die Ehe unheilbar zerrüttet und eine Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft nicht mehr möglich ist.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Berufungsgericht aus, es sei wohl auch dem Kläger vorzuwerfen, die eheliche Gemeinschaft durch sein Verhalten selbst nicht ideal gestaltet zu haben. Seine Inaktivität, Bequemlichkeit und Nachgiebigkeit im außerberuflichen Bereich und der Umstand, daß er Aussprachen mit der Beklagten aus dem Weg ging, hätten die zunehmende Verflachung der geistigen Gemeinschaft der Ehe und damit deren Zerrüttung mitverursacht. Der Kläger habe auch durch das endgültige Verlassen der Wohnung am 5. Dezember 1986 den damals noch bestehenden Willen der Beklagten, die Ehe fortzusetzen, negativ beeinflußt und allfällige Versöhnungsbestrebungen verhindert. Dem Kläger könne jedoch nicht vorgeworfen werden, er habe die Beklagte im Stich gelassen. Die Beklagte sei nach ihrer Operation am 5. Dezember 1986, wie die vorangegangenen Fahrten nach Tarvis und Klagenfurt zeigten, keineswegs mehr hilflos gewesen. Sie habe außerdem ihre Tochter im Hause gehabt. Den entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe aber habe die Beklagte geleistet. Ihr zunehmend unbeherrschtes, lautes, herabsetzendes, beleidigendes und demütigendes Verhalten habe in objektiv geeigneter und vom Kläger subjektiv auch so empfundener Weise den weitaus überwiegenden Anteil an der allmählichen Aufhebung der geistigen und seelischen Gemeinschaft der Ehegatten dargestellt. Die Fortsetzung der Ehe sei für den Kläger auch bei objektiver Betrachtung unerträglich gewesen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß das inaktive und ausweichende Verhalten des Klägers den jeweiligen Anstoß für die weit überzogenen Beschimpfungen durch die Beklagte geliefert haben dürfte. Es sei nämlich zu berücksichtigen, daß auch das ruhige, interesselose Verhalten des Klägers als Ergebnis einer gewissen Resignation gegenüber der übermächtigen Beklagten anzusehen sei. Trotz der teilweisen Wechselwirkung sei die entscheidende Erklärung für das Scheitern der Ehe im zunehmend aggressiven und beleidigenden Verhalten der Beklagten zu sehen. Es bestehe ein graduell erheblicher Unterschied im beiderseitigen Verschulden zu Lasten der Beklagten. Die Scheidung der Ehe sei deshalb aus dem überwiegenden Verschulden der Beklagten auszusprechen gewesen.
Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die von der Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit (§ 503 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die von der Beklagten angeführten Umstände, die zwar das Erstgericht, nicht aber auch das Berufungsgericht festgestellt hat, sind für die Entscheidung nicht wesentlich.
Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vertritt die Beklagte die Ansicht, der Kläger habe ihr Verhalten bis zu ihrer Operation nicht als ehezerstörend empfunden und habe dadurch, daß er die Beklagte zu seinem Zeitpunkt, in dem sie seines Beistandes bedurft hätte, grundlos verlassen habe, die Zerrüttung der Ehe aus einem alleinigen Verschulden herbeigeführt. Das Revisionsgericht schließt sich jedoch den Ausführungen des Berufungsgerichtes an. Bei der Abwägung des beiderseitigen Verschuldens sind die von den Ehegatten begangenen schweren Eheverfehlungen - unter Einbeziehung der nach Maßgabe des § 59 Abs 2 EheG auch zu berücksichtigenden verjährten und verziehenen Eheverfehlungen - in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen (EFSlg 48.817). Zu berücksichtigen ist, wer mit der schuldhaften Zerstörung der Ehe begonnen und wer einen entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geleistet hat (EFSlg 51.643). Es kommt nicht nur auf den Grad der Verwerflichkeit der einzelnen Eheverfehlungen an, sondern auch darauf, wie weit sie einander bedingten und welchen ursächlichen Anteil sie am Scheitern der Ehe hatten (EFSlg 51.648). Ein überwiegendes Verschulden ist auszusprechen, wenn die Schuld des einen Ehegatten erheblich schwerer ist und das Verschulden des anderen fast völlig in den Hintergrund tritt (EFSlg 51.658). Es muß ein sehr erheblicher gradueller Unterschied des beiderseitigen Verschuldens gegeben sein (EFSlg 51.661).
Aus den getroffenen Feststellungen geht keineswegs hervor, daß der Kläger, das Verhalten der Beklagten bis zu ihrer Operation nicht als ehezerstörend empfunden hat. Daß der Kläger, wenn ihn die Beklagte beschimpfte, ihm in ungerechtfertigter Weise Faulheit vorwarf und sich abfällig über ihn äußerte, ihr nicht in einer entsprechenden Weise entgegentrat, sondern die Demütigungen jahrelang schweigend, seiner Veranlagung entsprechend oder auch aus Resignation, über sich ergehen ließ, ohne sich gegen das von ihm zunehmend als unterträglich empfundene, unbeherrschte Verhalten der dominanten Beklagten aufzulehnen, läßt doch keinen Schluß darauf zu, daß der Kläger dieses Verhalten nicht als ehezerstörend empfunden hat. Wie sehr der Kläger unter den Herabsetzungen und Beschimpfungen der Beklagten litt, mochte er auch wegen seines nachgiebigen und auf Ruhe ausgerichteten Wesens bestrebt sein, die durch die Beklagte hervorgerufenen Spannungen nicht noch zu verstärken, zeigt, daß er schon zwei Jahre vor dem 5. Dezember 1986 die Ehewohnung verlassen hatte (auch wenn er damals nach einigen Tagen wieder zurückgekehrt war). Das Gesetz verpflichtet die Ehegatten unter anderem zur anständigen Begegnung (§ 90 ABGB). Dieser Begriff ist objektiv auszulegen. Schwere und beharrliche Verstöße gegen dieses Verhaltensgebot, in denen sich eine mangelnde Schätzung der Persönlichkeit des Ehepartners ausdrückt, stellen eine schwere Eheverfehlung iS des § 49 EheG dar.
Die Beklagte hat durch ihre Beschimpfungen und durch ihre immer wieder zum Ausdruck gebrachte Geringschätzung des Klägers aber nicht nur eine schwere Eheverfehlung gesetzt und dadurch die Zerrüttung der Ehe eingeleitet; sie leistete damit auch den entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe, denn sie hat es hiedurch auch in evidenter Weise bewirkt, daß der Kläger sie schließlich endgültig verlassen hat, um ihren ständigen Herabsetzungen, Vorwürfen und Beleidigungen zu entgehen. Es war die Beklagte, die durch ihr Verhalten die Ehe zerrütten hat, nicht etwa der Kläger, weil er die eheliche Gemeinschaft aufgehoben hat. Gewiß stellt es auch eine Eheverfehlung dar, daß der Kläger die Beklagte verlassen hat, ohne daß es sich hiebei um eine zulässige Reaktion (§ 49 Satz 2 EheG) handelte. Hätte es sich allerdings um eine solche Reaktion gehandelt - die anzunehmen ist, wenn sich ein Ehepartner als unmittelbare Folge eines grob ehewidrigen Verhaltens des anderen hinreißen läßt, in verständlicher Gemütsbewegung, die die Zurechnung seines Verhaltens als Verschulden ausschließt, eine Eheverfehlung zu setzen (EFSlg 48.723) - , könnte die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft durch den Kläger gar nicht als Eheverfehlung angesehen werden. Das Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe tritt aber doch ganz erheblich in den Hintergrund, zumal der Kläger die Beklagte keineswegs zu einem Zeitpunkt verlassen hat, in dem sie - ungeachtet des vorhergegangenen Krankenhausaufenthaltes - seines Beistandes besonders bedurft hätte. Mit Recht hat daher die zweite Instanz die Ansicht vertreten, daß das Verschulden der Beklagten an der Zerrüttung der Ehe der Streitteile erheblich überwiegt. Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.
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