Spruch:
Die Beschwerde wird verworfen.
Text
Gründe:
Der am 19.Mai 1947 geborene Angestellte Helmuth Z*** wurde mit dem Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 18.Juli 1983, GZ 16 Vr 44/83-14, - zufolge Bestätigung mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 15.März 1984, GZ 12 Os 172/83-10 (ON 20) rechtskräftig - von der wider ihn erhobenen Anklage wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB freigesprochen. Anläßlich der Ausschreibung der Hauptverhandlung verfügte der Vorsitzende, daß dem Angeklagten gemäß § 41 Abs. 3 StPO von Amts wegen ein Verteidiger beigegeben wird, worauf der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich gemäß § 45 RAO einen Rechtsanwalt bestellte, der den Angeklagten während des gesamten Strafverfahrens verteidigte (ON 5, 7, 9, 12, 13, 16, 20).
Am 26.April 1984 langte beim Erstgericht der Antrag des Amtsverteidigers ein, im Hinblick auf den rechtskräftigen Freispruch seine Kosten "nach dem autonomen Tarif der Rechtsanwaltskammer" zu bestimmen, welcher Antrag mit Verfügung vom 30.April 1984 Helmuth Z*** zur Äußerung (durch Hinterlegung am 4.Mai 1984) zugestellt wurde (ON 21).
Mit dem mit 27.April 1984 (also vor Zustellung der Äußerungsaufforderung) datierten, tatsächlich erst am 24.Mai 1984 abgefertigten Beschluß bestimmte der Vorsitzende gemäß § 41 Abs. 3 StPO antragsgemäß die Kosten des Amtsverteidigers (ON 22). Dieser Beschluß wurde dem Amtsverteidiger am 25.Mai 1984 zugestellt, während die verfügte und laut Abfertigungsvermerk auch durchgeführte Zustellung an Helmuth Z*** offensichtlich zunächst unterlassen und erst über neuerliche Verfügung am 22.Juli 1987 bewirkt wurde (S 184). Am 6.August 1987 gab der Freigesprochene eine Beschwerde zu Protokoll, die mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 19. August 1987, AZ 7 Bs 280/87, als verspätet zurückgewiesen wurde (ON 23, 25). Eine später von der Staatsanwaltschaft erhobene Beschwerde wurde als unzulässig zurückgewiesen (ON 27, 29, 30).
Rechtliche Beurteilung
Der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 27.April 1984, GZ 16 Vr 44/83-22, mit dem Helmuth Z*** der Ersatz der Verteidigungskosten auferlegt wurde, steht nach Meinung der Generalprokuratur mit dem Gesetz nicht in Einklang. Sie führt hiezu u. a. wörtlich aus:
"Das Gesetz unterscheidet die auf Antrag erfolgende Beigebung eines Verteidigers, dessen Kosten der Angeklagte niemals zu tragen hat (§ 41 Abs. 2 StPO), von der bestimmten Fällen notwendiger Verteidigung vorbehaltenen amtswegigen Beigebung eines Verteidigers, dessen Kosten der Angeklagte nur dann zu tragen hat, wenn er hiezu ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine unterhaltsberechtigte Familie zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts in der Lage ist (§ 41 Abs. 3 StPO; EvBl. 1978/143, RZ 1981/80). Anläßlich der Entscheidung über den Kostenbestimmungsantrag nach § 395 Abs. 5 StPO hätte das Gericht im Hinblick auf die aktenkundigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten - Bezug einer Arbeitslosenunterstützung von 6.500 S (S 70 dA) bzw. eines Einkommens von lediglich 12.000 S monatlich (S 108 dA) bei bestehender Sorgepflicht für ein Kind - darüber befinden müssen, ob nicht die materiellen Voraussetzungen für eine Verteidigerbeigebung gemäß § 41 Abs. 2 StPO vorlagen, in welchem Fall keine Verpflichtung zur Bezahlung der Kosten des Amtsverteidigers bestehen würde (11 Os 99/85 = SSt. 56/41). Der zitierte Kostenbestimmungsbeschluß läßt jedoch nicht erkennen, daß eine solche, durch die Aktenlage gebotene Prüfung, ob im gegenständlichen Fall die im § 41 Abs. 3 StPO vorgesehene Ausnahme von der Kostenersatzpflicht gegeben ist, erfolgt wäre. Durch diese Gesetzesverletzung, die nur im Wege einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes behoben werden kann (siehe 12 Os 137/88), wurde Helmuth Z*** insoferne benachteiligt, als er - nach Rechtskraft des gegenständlichen Beschlusses - für die Verteidigungskosten aufzukommen hätte. Demzufolge bedarf es nicht nur der Feststellung dieser Gesetzesverletzung, sondern auch der Behebung des in Rede stehenden Beschlusses (Mayerhofer/Rieder StPO2 ENr. 175 zu § 292)."
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Der Generalprokuratur ist zuzugeben, daß sich die Begründung des angefochtenen Beschlusses in der kurzen Wiedergabe des der Kostenaufschlüsselung im Spruch zugrundeliegenden Verfahrensganges und in dem Hinweis erschöpft, daß Helmuth Z*** unter Bedachtnahme auf § 395 Abs. 2 StPO die Kosten des Verteidigers gemäß § 41 Abs. 3 StPO zu tragen habe, nicht aber darauf eingeht, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 StPO diese Kostenersatzpflicht entfiele. Die Beschwerde, die nicht von einer klaren, sondern einer noch klärungsbedürftigen Vermögens- und Einkommenssituation des seinerzeit Angeklagten ausgeht, läuft daher darauf hinaus, daß der Vorsitzende bei der Bestimmung des Verteidigerkosten gemäß § 395 Abs. 5 StPO seiner Begründungspflicht nicht im ausreichenden Maß nachgekommen sei.
Tatsächlich entspricht es ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß auch Beschlüsse ohne Rücksicht auf ihre Anfechtbarkeit in analoger Anwendung des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO begründet werden müssen (SSt. 34/47, EvBl. 1987/98). Dieser (gedrängten) Begründungspflicht kam der Vorsitzende nach, indem er in Spruch und Begründung die für den Umfang der Verteidigungskosten maßgeblichen Leistungen darstellte, die aktenkundig und daher unbestritten waren, und die zur Anwendung gelangten Rechtsvorschriften anführte. Andere Tatsachen, die für die Entscheidung von Bedeutung gewesen wären, hätten nur dann einer Erörterung bedurft, wenn sie behauptet worden oder aktenkundig gewesen wären (vgl. hiezu auch § 114 Abs. 2 Geo).
Da der Angeklagte die Kosten des gemäß § 41 Abs. 3 StPO bestellten Verteidigers nur dann nicht zu bezahlen hat, wenn zur Zeit der Bestellung die materiellen Voraussetzungen nach Abs. 2 dieser Bestimmung vorlagen (RZ 1981/80), hätte das Gericht in seiner Begründung nur dann auf die Möglichkeit des Entfalls der Kostenersatzpflicht eingehen müssen, wenn entweder aus den Akten oder aus einer entsprechenden Prozeßbehauptung des Angeklagten die Möglichkeit im Raum gestanden wäre, er könne ohne Beeinträchtigung seines zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Verteidigungskosten nicht tragen (SSt. 56/41).
Aus den Akten ergibt sich aber, daß der Angeklagte zum Tatzeitpunkt (November 1982) als kaufmännischer Angestellter monatlich 12.000 S - was damals etwa dem durchschnittlichen Einkommen eines männlichen Arbeitnehmers entsprach - verdiente, für ein Kind zu sorgen hatte und häufiger Gast des Spielkasinos war. Da er anläßlich der - mit einer entsprechenden Belehrung versehenen - Ladung zur Hauptverhandlung weder einen Antrag auf Bestellung eines Verfahrenshilfeverteidigers stellte, noch einen Wahlverteidiger namhaft machte, wurde ihm auf der Grundlage der dargestellten Einkommens- und Lebenssituation am 22.Februar 1983 ein Verteidiger gemäß § 41 Abs. 3 StPO beigegeben und am 4.März 1983 bestellt (ON 7). Erst in der Hauptverhandlung am 25.April 1983 gab der Angeklagte an, nur eine Arbeitslosenunterstützung von 6.500 S zu beziehen, stellte aber keinen Antrag auf Umwandlung der Verteidigung in eine solche nach § 41 Abs. 2 StPO (ON 9). In der Hauptverhandlung am 18.Juli 1983 gab er aber wieder sein monatliches Einkommen mit 12.000 S an (ON 13). Weitere Verfahrensergebnisse zur Einkommens- und Vermögenslage liegen nicht vor, zumal - wie dargestellt - der Angeklagte sich zum Kostenbestimmungsantrag nicht geäußert hat. Diese Aktenlage findet auch in der dem Obersten Gerichtshof übermittelten, im Gerichtstag verlesenen Eingabe des Amtsverteidigers vom 24.Jänner 1989 eine Stütze, der darauf hinweist, daß er nach der gerichtlichen Kostenbestimmung ein Übereinkommen über die Zahlung der - einverständlich reduzierten - Kosten mit dem Freigesprochenen getroffen habe, der auch Teilzahlungen geleistet und sich niemals darauf berufen habe, zahlungsunfähig zu sein.
Demnach hatte der Vorsitzende zum Zeitpunkt der Kostenbestimmung keine Veranlassung, sich mit der Möglichkeit auseinanderzusetzen, daß eine Kostenersatzpflicht wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 StPO zum Zeitpunkt der Verteidigerbestellung nicht bestanden haben könnte, weil sich weder aus der Aktenlage, noch aus Behauptungen des Angeklagten dafür Anhaltspunkte ergaben. Die von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs. 2 StPO zur Wahrung des Gesetzes erhobene Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
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