OGH 5Ob4/89

OGH5Ob4/8931.1.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Grundbuchssache wegen der Aufnahme einer Liegenschaft des öffentlichen Gutes in das Grundbuch auf Antrag der R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, infolge Rekurses der Eigentumsrechte an dem Grundstück 1016 Aussitzung in der Katastralgemeinde Fragant behauptetenden G*** F***, 9831 Flattach, vertreten durch Dr. Rudolf Weiß und Dr. Arno Kempf, Rechtsanwälte in Spittal an der Drau, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 29.November 1988, GZ Nc 61/88-1, womit der 1.Feber 1989 als der Tag, mit dem der vorgenommenen Ergänzung die Wirkung einer grundbücherlichen Eintragung zukommt, festgesetzt und zugleich das Verfahren zu seiner Richtigstellung eingeleitet wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Grundstück 1016 Aussitzung in der KG Fragant war bisher nicht im Grundbuch über diese Katastralgemeinde enthalten. Es bildete einen Bestandteil des öffentlichen Gutes, kam als "Aussitzung" im Grundstücksverzeichnis II vor und war in Kärnten nach § 1 Abs. 2 AllgGAG nur auf Antrag in das Grundbuch aufzunehmen. Am 26.Juni 1987 beantragte die R*** Ö*** die Einbücherung dieses Grundstückes, das den Anbruchskessel des Klausenkofelbaches umfasse und als öffentliches Wassergut nach § 4 Abs. 1 WRG im Eigentum des Bundes stehe.

Nach den Daten des Vermessungsamtes Spittal an der Drau war das Grundstück mit dem 14.Juli 1987 öffentliches Gut (Gewässer). Im Zuge des Erhebungsverfahrens behauptete die G*** F***, in deren Gemeindegebiet das einzubüchernde Grundstück liegt, dieses sei nicht öffentliches Gut, diente nicht dem Gemeingebrauch, sei schon vor der Anlegung der Grundbücher im 19. Jahrhundert Gemeindevermögen geworden und habe der Deckung der Aufwendungen durch die Gemeinde gedient.

Die Gemeinde beantragte, für das Grundstück eine neue Einlage zu eröffnen und dort das Eigentum der Gemeinde einzuverleiben. Die R*** Ö*** sei auf der Grundfläche nur auf Grund des gesetzlichen Auftrages tätig und dort von der Gemeinde geduldet worden. Die von der R*** Ö*** vorgenommene Aufforstung, Entwässerung und Begrünung könne nicht als Nutzung gewertet werden, weil sie dazu nach dem Gesetz verpflichtet war.

Die R*** Ö*** machte geltend, das Grundstück sei

früher bewaldet gewesen. In schneereichen Wintern sei es in den Jahrzehnten von 1827 bis 1882 durch Hochwasser zu Aussitzungen (Abrutschungen) und Vermurungen gekommen. Auf Grund des Gesetzes des Herzogtums Kärnten vom 20.April 1885 über die Verbauung des Klausenkofelsammelgebietes sei ein Übereinkommen über die vorzunehmenden Maßnahmen getroffen worden.

Der mit der Einbücherung befaßte Richter hat aus den Grundbuchsanlegungsakten festgestellt, daß die das öffentliche Gut betreffenden Teile fehlen, das einzubüchernde Grundstück aber seit der Grundbuchsanlegung als öffentliches Gut behandelt wurde und als "Aussitzung" (Einzugsgebiet des Klausenkofelbaches) behandelt wurde, den Entwurf der neuen Grundbuchseinlage aufgelegt, in der in BOZ 1 als Eigentümer des öffentlichen Gutes die R*** Ö*** (Land- und Forstwirtschaftsverwaltung Wasserbau) einverleibt ist, und Zeit und Ort der Auflegung durch Kundmachung verlautbart (§ 28 AllgGAG).

Die Gemeinde hat nun ihre schon vorgetragenen Einwände fristgerecht mittels der Einwendungen nach § 29 Abs. 1 AllgGAG geltend gemacht und behauptet, das einzubüchernde Grundstück sei bewaldet und nie öffentliches Wassergut gewesen. Das Grundstück sei stets Gemeindevermögen gewesen, die dort errichteten Sperren der Wildbachverbauung hätten nie die ganze über 32 ha große Fläche verbaut. Eigentümer sei die G*** F*** als Rechtsnachfolgerin der G*** F***. Die R*** Ö*** habe am

Gemeindevermögen durch die Wildbachverbauung keinen Besitz erworben. Die R*** Ö*** wieder verwies auf die Eigenschaft des Grundstücks als verlassenes Wasserbett und ihre jahrzehntelang von der Wildbach- und Lawinenverbauung des Bundes durch Aufforstung, Pflege und Bewirtschaftung dieses Grundstücks gesetzten Besitzhandlungen.

Der mit der Grundbuchsergänzung befaßte Richter legte die Akten mit dem Hinweis auf die gegen den Entwurf der Grundbuchseinlage angebrachten Einwendungen und die Notwendigkeit der Einleitung des Verfahrens zur Richtigstellung im Wege des Präsidenten des Gerichtshofes dem Oberlandesgericht vor.

Das Oberlandesgericht hat mit dem nun von der G*** F*** angefochtenen Beschluß nach § 35 Abs. 1 AllgGAG den 1.Feber 1989 als den Tag festgesetzt, mit dem die gemäß § 30 Abs. 3 AllgGAG verfaßte Grundbuchseinlage als Grundbuch zu behandeln ist, und zugleich das Verfahren zu dessen Richtigstellung eingeleitet.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs der G*** F*** ist nicht zulässig.

Da es sich um eine der Rechtsprechung gehörige Beschlußfassung nach § 35 Abs. 1 AllgGAG handelt (Feil, Das öffentliche Gut und seine Verbücherung, ÖJZ 1957, 66), ist zur Behandlung des Rekurses gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes der Oberste Gerichtshof zuständig (vgl. auch SZ 28/245).

In Ermangelung von auch die Einbücherung des öffentlichen Gutes und des Gemeindegutes von Amts wegen anordnenden Bestimmungen, wie sie für die Bundesländer Burgenland, Salzburg, Tirol und Vorarlberg bestanden (MGA GBG3 Anm. 4 zu § 1 AllgGAG), waren in Kärnten das öffentliche Gut (§ 287 ABGB) und das Gemeindegut (§ 288 ABGB) nur auf Antrag in das Grundbuch aufzunehmen (§ 1 Abs. 2 AllgGAG). Zur Ergänzung des Grundbuches durch Aufnahme von Grundstücken, die bisher im Grundbuch nicht enthalten waren, etwa im Falle eines Antrages nach § 1 Abs. 2 AllgGAG dient das amtswegig durchzuführende Verfahren nach den Vorschriften des AllgGAG, wie es für die Anlegung der Grundbücher vorgesehen ist (Bartsch, BGB7 737). Nach § 65 AllgGAG gelten nur bestimmte Erleichterungen.

Es ist daher auch die Vorschrift des § 62 AllgGAG anzuwenden, der das Rechtsmittelverfahren regelt. Danach gelten für die Anfechtung der in den §§ 24, 25 und 31 AllgGAG bezeichneten Beschlüsse des mit der Anlegung des Grundbuches betrauten Richters und die Anfechtung der Beschlüsse im Richtigstellungsverfahren die Grundsätze des Verfahrens außer Streitsachen. Für die Anfechtung sonstiger Beschlüsse, die nach Eröffnung des neuen Grundbuches gefaßt werden und sich auf die im AllgGAG geregelten Angelegenheiten beziehen, gelten die Vorschriften des GBG über das Rechtsmittel. Daraus folgt, daß andere als die hier angeführten Beschlüsse im Grundbuchsanlegungs- und Grundbuchsergänzungsverfahren keiner Anfechtung unterliegen. Das Anlegungsverfahren findet von Amts wegen statt. Rechtsmittel sind entbehrlich, weil die Beteiligten ihre Rechte im Richtigstellungsverfahren geltend machen können. Nur für einzelne Entscheidungen gestattet das Gesetz (§ 62 AllgGAG) das Rechtsmittel des Rekurses und zwar gegen die Beschlüsse des mit der Anlegung des Grundbuches betrauten Richters (§ 14 AllgGAG)

1. über die Herausgabe von Urkunden und Behelfen durch die Beteiligten (§ 24 AllgGAG),

  1. 2. über Bestand und Rang von Rechten (§ 25 AllgGAG) und
  2. 3. über die Bildung von Grundbuchskörpern (§ 31 AllgGAG) und schließlich im Richtigstellungsverfahren (Bartsch, GBG7 680; Feil aaO).

    Der Beschluß des Oberlandesgerichtes nach § 35 Abs. 1 AllgGAG iVm § 65 Abs. 1 AllgGAG zählt nicht zu den im § 62 AllgGAG taxativ angeführten Beschlüssen und unterliegt daher keiner Anfechtung, gibt es doch schon gegen Einwendungen gegen die aufgelegten Entwürfe der Grundbuchseinlagen erledigende Beschlüsse des mit der Anlegung oder Ergänzung des Grundbuches betrauten Richters kein Rechtsmittel (MGA GBG3 Anm. 1 zu § 29 AllgGAG). Außer in den angeführten Fällen steht den Parteien nämlich gegen die im Erhebungsverfahren getroffenen Verfügungen der Gerichte kein Rekurs zu (Bartsch, GBG7 743 mwH). In der Entscheidung vom 16.November 1955, 3 Ob 363/55 (SZ 28/245), hat der Oberste Gerichtshof lediglich die Anfechtbarkeit eines Beschlusses des Oberlandesgerichtes, mit welchem die Festsetzung des Tages der Eröffnung der Grundbuchseinlage (§ 35 Abs. 1 AllgGAG) verweigert wird, angenommen, im Anlaßfall aber den Rekurs gegen die Anordnung von Ergänzungen durch das Oberlandesgericht als unzulässig zurückgewiesen. Ob gegen einen das Vorgehen nach § 35 Abs. 1 AllgGAG endgültig verweigernden Beschluß des Oberlandesgerichtes mittels Rekurs Abhilfe gesucht werden kann (SZ 28/245) oder der Beschluß des Oberlandesgerichtes jedenfalls nicht anfechtbar ist, weil er im § 62 AllgGAG nicht vorkommt (Feil aaO), kann hier dahingestellt bleiben. Die für die Zulässigkeit der Bekämpfung der endgültigen Ablehnung der Grundbuchsergänzung durch die Weigerung des zur Festsetzung des Wirksamkeitstages berufenen Oberlandesgerichtes zu erwägenden Gründe treffen auf den angefochtenen Beschluß nicht zu. Im Richtigstellungsverfahren können die Beteiligten ihre Rechte immer noch durch Anmeldung oder Widerspruch geltend machen. Überdies hindert die im Rahmen der Grundbuchsergänzung vorgenommene bücherliche Eintragung den dadurch Verletzten nicht daran, sein Recht durch Klage geltend zu machen (§ 62 GBG). Falls es im Richtigstellungsverfahren nicht zu einer Einigung der beiden das Eigentum an dem einzubüchernden Grundstück jeweils für sich beanspruchenden Gebietskörperschaften (Bund und Gemeinde) kommt, wird ohnedies die Austragung des Streites im Prozeß nicht zu vermeiden sein (§ 41 AllgGAG).

    Der unzulässige Rekurs der beteiligten Gemeinde ist zurückzuweisen.

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